Der Welsche Gast - I
by Thomasin von Zerklaere
ed. HEINRICH RÜCKERT
(Quedlinburg/Leipzig 1852)
machine-readable text by Minoru Shigeto (Tokyo, 1997)
conversion from TUESTEP format by Ute Recker (Tübingen, 1999)
corrections and HTML rendering by Steven M. Wight (Los Angeles, 1999)
Prose
Prologue -
Teil 1: [Vorrede][1.1][1.2][1.3][1.4][1.5][1.6][1.7][1.8][1.9][1.10][1.11] - Teil
2 - Teil 3 -
Teil 4 - Teil 5 -
Teil
6 - Teil 7 -
Teil 8 - Teil 9 - Teil
10 Swer gerne list guotiu mære,
ob er dan selbe guot wære,
sô wære gestatet sîn lesen wol.
Ein ieglîch man sich vlîzen sol
daz er ervüll mit guoter
tât [5]
swaz er guots gelesen hât.
Swer guotiu mær hœrt ode list,
ob er danne unguot ist,
wizzet
daz sîn übel und sîn nît
verkêrt daz guot zaller zît. [10]
Swelich
man gerne seit
eins andern mannes vrümkeit,
der sol sich vlîzen des vil
hart
daz er kome in sîne vart,
wan sich ein ieglîcher vlîzen
sol [15]
daz man von im ouch spreche wol.
Man
sol von vrumen liuten lesen
unde sol doch gerner selbe wesen
ein biderbe
man: daz ist ein rât
der allen liuten wol an stât. [20]
Ich hân gehœret lange vrist
daz in der werlde gevrumt ist
von vrumen liuten harte vil:
nu ist zît daz ich sagen wil
waz vrümkeit und waz zuht
sî [25]
und waz tugende unde wî
beidiu wîp
unde man,
swerz von im selben niht enkan,
ze guoten dingen komen sol.
Swer zühte lêre merket wol, [30]
ez mag im vrumen an der
tugent
bêdiu an alter unde an jugent.
Hie wil ich iuch wizzen lân,
swie wol ich Welhische kan,
sô wil ich doch in mîn getiht
[35]
Welhischer worte mischen niht.
Der zühte lêre gewant sol gar
von
sîme gebote sîn einvar.
Daz ensprich ich dâ von niht
daz mir missevalle
iht [40]
swer strîfelt sîne Tiusche wol
mit der
Welhsche sam er sol;
wan dâ lernt ein Tiusche man,
der niht Welhische
kan,
der spæhen worte harte vil, [45]
ob erz gerne tuon wil.
Ich
vürht, ob ich iuch lêren wolde
wie man Welhische sprechen solde,
daz mîn
arbeit wær verlorn:
ich hân einn andern sin erkorn, [50]
daz ich
mich des gern vlîzen wil
und wil dar ûf gedenken vil
daz man mir verneme
wol;
dar nâch ich immer ringen sol.
Dâ von sult ir mir merken
niht, [55]
ob mir lîhte geschiht
etlîchen rîm ze
überheben,
daz er nien werde reht gegeben.
Mir muoz ouch
werren vil dar an
daz ich die sprâche niht wol kan. [60]
Dâ von sô
bite ich elliu kint,
des wîse liute gebeten sint
stunt von ir gewizzen
muote
und von ir sinne und von ir guote,
daz siz
lâzen âne râche [65]
swes mir gebreste an der sprâche.
Ob
ich an der Tiusche missespriche,
ez ensol niht dunken wunderliche,
wan
ich vil gar ein walich bin:
man wirtes an mîner Tiusche inn.
[70]
Ich bin von Frîûle geborn
und lâze gar âne zorn
swer âne spot mîn
getiht
und mîne Tiusche bezzert iht.
Ich heiz Thomasîn von
Zerclære: [75]
bœser liute spot ist mir unmære.
Hân
ich Gâweins hulde wol,
von reht mîn Key spotten sol. [Bild
1]
Swer wol gevellt der vrumen schar,
der missevellt den
bœsen gar. [80]
Swer vrumer liute lop hât,
der mac wol
tuon der bœsen rât.
Ist iemen vrum der rehte tuot,
daz dunket niht den
bœsen guot,
wan swaz der vrume guots tuon mac, [85]
daz muoz
sîn der bœsen slac.
Tiusche lant, enphâhe
wol,
als ein guot hûsvrouwe sol,
disen dînen Welhschen gast
der dîn
êre minnet vast. [90]
Der seit dir zühte mære vil,
ob du in
gern vernemen wil.
Du hâst dicke gern vernomen
daz von der Welhsche ist
genomen,
daz hânt bediutet Tiusche liute. [95] [Bild
2]
Dâ von solt du vernemen hiute,
ob dir ein Welhischer
man
lîht ouch des gesagen kan
Tiuschen daz dir müge gevallen.
Des
vlîzet er sich gern mit allem [100]
sînem sinne und sînem muot:
Got gebe daz ez dich dunke guot:
wan swaz er sprichet, er hât ez niht
genomen von Welhischer schrift.
Doch ist der ein guot
zimberman [105]
der in sînem werke kan
stein und
holz legen wol
Dâ erz von rehte legen sol.
Daz ist untugende niht,
ob ouch mir lîhte geschiht [110]
daz ich in mîns getihtes
want
ein holz daz ein ander hant
gemeistert habe lege mit list,
daz
ez gelîch den andern ist.
Dâ von sprach ein wîse man: [115]
“Swer
gevuoclîchen kan
setzen in sîme getiht
ein rede die er
machet niht,
der hât alsô vil getân,
dâ zwîvelt nihtes
niht an, [120]
als der derz vor im êrste vant.
Der vunt ist worden sîn zehant.”
Ez ist in mînem willen wol
daz man sîn rede stætigen sol
mit ander vrumer liute lêre:
[125]
niemen versmæher, daz ist êre.
Hûsvrouwe, nu wis des gemant,
swenn dir mîn buoch kumt ze hant,
missevellt dir ihts dar an,
daz lâ
büezen einen man [130]
der gar âne wandel sî.
Swer vor unstæte ist niht vrî,
den solt duz niht lâzen sehen.
Ein bœse man phlegt ze spehen
ein guote rede dar umbe mêre
[135]
daz erz verwerf denn durch die lêre.
Der bose man unde die bosheit [136a]
sulen hie werden so bereit
daz si uz minen Wælihischen gast,
vor den tugenden vlihen vast.
[136d]
Hie sol mîn vorrede ende hân,
ich wil ein ander heben an;
ich ger
dar an von gote sinne:
mîns
buoches ich alsô beginne [140]
[1.1] Ich hân gehôrt unde gelesen,
man sol ungerne müezec wesen.
Ein ieglîch biderbe man
sol
zallen zîten sprechen wol
ode tuon ode gedenken:
[145]
von dem wege sol er niht wenken.
Muoze ist jungen liutn
untugent;
trâkeit ist niht wol bî jugent.
Swenn man niht ze tuon hât,
man habe den sin und ouch den rât [150]
daz man eintweder spreche
wol
od gedenke daz man sol.
Swer hüfsch wil sîn unde gevuoc,
der
gewinnet immer gnuoc
materge an den drin dingen; [155]
im mac
dar an vil wol gelingen.
Swer junger lebet müezeclîchen,
der ruowet alter lesterlîchen,
wan er niht tuon enwolde,
dô er mohte, daz er solde. [160]
Swer an
unzuht sîn jugent wendet,
der hât sîn alter gar geschendet.
Swer alter
wil mit êren leben,
der sol nâch êren junger streben.
Man læt vil selten di untugent,
[165]
was man dran
stæte in der jugent.
Swenne des obezes niemêr ist,
sô vert daz kint zuo
der vrist
in dem boumgarten hin und her;
sîn gelust wirt michels
mêr. [170]
Dem spiler tuot daz spiln baz,
swenner nien hât, wizzet daz.
Dem vrâze ist nâch ezzen nôt;
der
trinker ist nâch trinken tôt:
swenner niht ze trinken hât,
[175]
sô wil ers dan niht haben rât.
Alsam dem alten manne geschiht:
er
kan sich enthaben niht
der undinge noch der untugent
der er phlac in
sîner jugent. [180]
Dâ von sô gib ich mîne ræte
daz man
sîn jugent wol bestæte
an hüfscheit und an guoten dingen:
uns mac dar an
niht misselingen.
Ich gibe den
kinden dise lêre [185]
(ob si ir iht dan wellent mêre,
daz
mugen si dar nâch gewinnen,
ob si sichs vlîzent von ir sinnen):
si sulen
schamen sich ze mâzen,
wan swer sich schamt, der muoz verlâzen
[190]
ruom, lüge, spot und schalkeit,
und manger slaht
unstætekeit.
An drin dingen man haben sol
scham, swer ir
wil phlegen wol:
ein, daz man niht spreche unêre, [195]
diu
ander, daz man habe die lêre
daz man gebâr reht unde wol,
diu drite, daz
man tuo daz man sol.
Swâ ein vrouwe reht tuot,
ist ir gebærde niht
guot [200]
und ist ouch niht ir rede schône,
ir
guot getât ist âne krône,
wan schœne gebærde und rede guot
die krœnent
daz ein vrouwe tuot.
Ich sagiu daz ir guot getât [205]
mac ouch
nimmer wesen stât,
kan si niht gebâren wol
und reden daz si reden sol.
Unschœne gebærde bezeigt unstât,
nâch bœser rede kumt
missetât. [210]
Etlîchiu wænt tuon vröuwelîchen
swenn si gebârt hôhverticlîchen:
diu muoz sich vor hôhvart bewarn
diu vröuwelîchen wil gebârn.
Si suln bêde schamec sîn,
[215]
juncherren unde vröuwelîn.
Ruom, lüge, spot, swer die drî
hât, der mac
niht heizen vrî,
wan der ist schalc der schalkeit,
im sî mîn dienest
widerseit. [220]
Daz ist der zühte gebot
daz niemen
habe des andern spot,
und daz weder wîp noch man
niht enliege den andern an.
Ruom ist diu meiste schalkeit;
[225]
spot von ruom nimmer gescheit.
Der ruomær ist aller schame vrî,
die
lüge sint im nâhen bî.
Ruomte er sich an der wârheit,
sô brichet er vil
lîht sînen eit. [230]
Dar umbe sol ein ieglîch man
der
hüfschiu dinc erkennen kan
vor ruom sîn vil wol behuot.
Er sol hân in
sînem muot
“Eintweder ich ensprich niht wâr [235]
od
ich bin meineide gar;
wan ist ez wâr, ich lobte daz,
daz
ichz niht sagen solt vürbaz.”
Swelch man zîhlîchen tuot,
der ist vor
ruom niht wol behuot. [240]
Der rüemt sich tœrschen sicherlîchen
swer gebâret zîhlîchen.
Swer durch ruom nahts umbe rît
ode bî einem
zûne lît,
den kumt an niht vergeben [245]
daz ich im wolde umb sus
geben.
Ich zeig mit schœnem
rehte wol
daz man sich niht rüemen sol:
wan swer ein biderb man ist,
man weiz wol daz er die list [250]
hât daz er wol werven kan
swaz werven sol ein biderb man.
Sîn ruom ist gar ein niht,
wan des
ein iegelîcher giht
daz er kan erwerven guote minne, [255]
kêrt er dar an sîne sinne.
Ist aver er ein bœsewiht,
ern dars sich rüemen dâ von niht,
daz man in handel deste baz.
Er
erwirbt mit ruome niwan daz, [260]
daz ein ieglîch man giht
daz siz tæte durch einn bœsewiht
und daz si sî ein übel wîp,
daz si
gelastert habe ir lîp.
Swelich man sich rüemen wil, [265]
der
erwirvet lasters harte vil
den wîben und im kleine êre:
ez ist gar wider
zühte lêre.
Niemen sich baz loben kan
der vrümkeit dan der bœse
man. [270]
Niemen wirt ze eim ruomære
wan der
vrouwen ist unmære.
Swer den vrouwen ist enwiht,
der enist âne rüemen
niht.
Dehein dinc stât sô bœslîchen [275]
dem man sô rüemen
sicherlîchen.
Doch stât rüemen einem wîbe vil
wirs, swer
ez verstên wil.
Ob si ir manne saget daz,
wer umbe sî werb, si swige
baz. [280]
Ir ruom und ir lôsheit
vüegent ir
manne grôzez leit
unde ir selben arcwân,
wan ir getrouwet wirs ir man,
und vüeget ir vriunden grôzen haz, [285]
den in ir man treit, wizzet
daz.
Si verliuset ouch ze jungest den
der ir gerne
dient etwenn.
Ein wîp mac ân ruom wol
tuon daz si dâ tuon
sol. [290]
Er guot getât ist gar enwiht,
hüet
si sich vor ruome niht.
Ir sult wizzen sicherlîchen,
diu tuot alsô
bœslîchen,
diu vor ruom nien ist behuot, [295]
sô diu
diu unreht tuot.
[1.2] Schallen und
geuden sint mir swære:
man seit des phlegen tavernære;
jâ phlegents
leider ouch diu kint
die in guoten hoven sint. [300]
Si schallent unde geudent mêre
dan schœniu hovezuht si lêre.
Der ungeslahten kinde spil
ist schallen unde geuden vil.
Swenn si
von hove komen sint [305]
ze herberge, daz unedel kint
schallet “Wîn und met her!
Seht, ich gib daz, sô vil geb
der,
und mîn geselle ouch alsô vil,”
unde übergêt geudent daz
zil [310]
daz sîn geselle leistend ist,
und
müet in alsô zaller vrist.
Sô schallet iegelîches kneht
“Daz ist
billîch unde reht.”
Swenn diu volge ist getân, [315]
hât
niemêr er, er muoz lân
sînen mantel zer taverne,
er tuoz gerne od
ungerne.
Vil ungeslehticlîchen tuot
der sînen
gesellen alsô muot. [320]
Sô schallent dan diu selben kint
diu
ungeslahtes muotes sint
“Werfe wir noch umbe wîn,
jâ suln wir
niht arc sîn.”
Si wænent vliehen di arkeit [325]
und
koment in die leckerheit.
Swer dâ hât schœnen sin,
der ist unsælic under
in.
Swer ouch hât ze verspiln niht,
der sol gar sîn ein
bœsewiht. [330]
Si schallent alle über den
unedelîchen etewenn.
Der sich daz an nemen wolde
daz er dâ milt wær
dâ er solde,
er bedorfte des geudens niht [335]
des dâ
gert ein bœsewiht.
Ich wil daz edeliu kint
die zühte lêre volgent sint:
schallen, geudn sî gar unmære;
man sol ez dem bœsen
tavernære [340]
lân, wan ez ir ambet ist
daz si
schallent zaller vrist.
Swenn si von hove komen sint,
sô suln dan diu
edeln kint
gedenken ân schallen in ir muot [345]
“Alsô
tet hiute der rîter guot
ze hove, ich wil michs vlîzen hart
daz ich kome in sîne vart.”
Swer niht merket daz er siht,
ern
bezzert sich dâ von niht. [350]
Im möhte sîn alsô mære
daz er dâ ze holze wære
sô dâ ze hove. Dâ von sint
dick von hove komen tœrschiu kint,
daz ein kint niht merken
kan [355]
waz ze hove tuot ein biderb man.
Ich
wil iu sagen daz der per
wirt nimmer ein guot singer.
Alsam tuont diu
unedeln kint:
swenn si ie mêr ze hove sint, [360]
sô si ie
mêr werdent enwiht:
si merkent daz bœs, daz guote niht.
Ich wil ouch daz mîniu kint
diu von adel komen
sint
handeln ir gesellen wol. [365]
Ein ieglîch edel kint sol
mit werken unde mit dem muote
sînem gesellen tuon ze guote.
Verstêt
im inder sîn phant,
daz sol er im lœsen zehant. [370]
Swaz im
durch in ze tuon geschiht,
daz sol er im verwîzen niht.
Ich wil daz einr
den andern êre,
wellnt si volgen zühte lêre.
Ir deheiner sol zeiner
tür [375]
den andern allen dringen vür.
Bêde vrouwen unde herren
sulen vrömede liute êren.
Ist sîn ein vrömeder man niht wert,
si
habent sich selben geêrt. [380]
Ist sîn aver wert der,
sô habent si
sîn bêde êr.
Man enweiz niht wer der vrömede ist,
dâ von êre man in zaller vrist.
Swenn ze hove kumt ein vrömeder
gast, [385]
diu kint suln im dienen vast
sam er
wær ir aller herre,
daz ist der zühte wille und lêre.
Si sulen haben
kiuschiu wort,
wan daz ist der zühte hort. [390]
Ein vrouwe sol sich sehen lân,
kumt zir ein vrömeder man.
Swelihiu sich niht sehen lât,
diu sol ûz
ir kemenât
sîn allenthalben unerkant; [395]
büeze
alsô, sî ungenant.
Ein vrouwe sol niht vrevelîch
schimphen, daz stât
vröuwelîch.
Ich wil ouch des verjehen,
ein vrouwe sol niht vast an
sehen [400]
einn vrömeden man, daz stât wol.
Ein
edel juncherre sol
bêde rîter unde vrouwen
gezogenlîche gerne schouwen.
Ein juncvrouwe sol
senfticlîch [405]
und niht lût sprechen sicherlîch.
Ein
juncherre sol sîn sô gereit
daz er vernem swaz man im seit,
sô daz ez
undurft sî
daz man im sage aver wî. [410]
Zuht wert den vrouwen alln
gemein
sitzen mit bein über bein.
Ein juncherr sol ûf ein banc,
si
sî kurz ode lanc,
deheine wîse stên niht, [415]
ob er einn rîtr dâ sitzen siht.
Ein vrouwe sol ze deheiner
zît
treten weder vast noch wît.
Wizzet daz ez ouch übel stêt,
rît
ein rîtr da ein vrouwe gêt. [420]
Ein vrouwe sol sich, daz geloubet,
kêren gegen des pherftes houbet,
swenn si rîtet; man sol wizzen,
si
sol niht gar dwerhes sitzen.
Ein rîter sol niht vrevelîch
[425]
zuo vrouwen rîten; sicherlîch,
ein vrouwe erschraht hât dicke getân
den sprunc der bezzer wær verlân.
Swer sînem rosse des verhenget
daz
ez eine vrowen besprenget, [430]
ich wæne wol daz sîn wîp
ouch âne
meisterschaft belîp.
Zuht wert den rîtern alln gemein
daz si niht dicke
schowen ir bein,
swenn si rîtnt; ich wæne wol [435]
daz man
ûf sehen sol.
Ein vrowe sol recken niht ir hant,
swenn si rît, vür ir
gewant;
si sol ir ougen und ir houbet
stille haben, daz
geloubet. [440]
Ein juncherr und ein rîter sol
hie
an sich ouch behüeten wol,
daz er sîn hende habe still,
swenner iht
sprechen wil.
Er sol swingen niht sîn hende [445]
wider
eins vrumen mannes zende.
Swer der zuht wol geloubet,
der sol setzn ûf
niemens houbet
sîn hant, der tiuwerr sî dan er,
noch ûf sîn ahsel, daz
ist êr. [450]
Wil sich ein vrowe mit zuht bewarn,
si sol niht âne hülle varn.
Si sol ir hül ze samen hân,
ist si der garnatsch ân.
Lât si am lîbe iht sehen par,
[455]
daz ist wider zuht gar.
Ein rîter sol niht vor vrouwen gên
parschinc, als ichz kan verstên.
Ein vrouwe sol niht hinder sich
dicke sehen, dunket mich. [460]
Si sol gên vür sich geriht
und sol vil umbe sehen niht;
gedenke an ir zuht über al,
ob si
gehœre deheinen schal.
Ein juncvrouwe sol selten iht [465]
sprechen, ob mans vrâget niht.
Ein vrowe sol ouch niht sprechen vil,
ob si mir gelouben wil,
und benamen swenn si izzet,
sô sol si
sprâchen niht, daz wizzet. [470]
Man sol sich zem tiseche vast bewarn,
der nâch
rehte wil gebârn,
dâ hœret grôziu zuht zuo.
Ein iegelîch biderb wirt der
tuo
war ob si alle habent genuoc. [475]
Der gast der sî sô gevuoc
daz er tuo diu glîche gar
sam er dâ nihtes neme war.
Swelich man
sich rehte versinnet,
swenner ezzen beginnet, [480]
so
enrüer niht wan sîn ezzen an
mit der hant, deist wol getân.
Man sol daz
brôt ezzen niht
ê man bringe d' êrsten riht.
Ein
man sol sich behüeten wol [485]
daz er niht legen sol
bêdenthalben
in den munt.
Er sol sich hüeten zuo der stunt
daz er trinke und spreche
niht
di wîl er hab im munde iht. [490]
Swer mit dem becher zem
gesellen
sich kêrt sam er im geben welle,
ê ern von dem munde tuo,
den hât der wîn gebundn derzuo.
Swer trinkend ûz dem becher
siht, [495]
daz stât hüfschlîche niht.
Ein man
sol niht sîn ze snelle,
daz er neme von sîme gesellen
daz im dâ gevellet
wol,
wan man sînhalb ezzen sol. [500]
Man sol ezzen zaller vrist
mit der hant diu engegen ist.
Sitzet dîn gesell ze der rehten hant,
mit der andern iz zehant.
Man sol ouch daz gerne wenden
[505]
daz man nien ezz mit bêden henden.
Man sol ouch niht sîn ze snelle,
daz man tuo mit sîme gesellen
in die schüzzel sîne hant,
wan er nimt
si ûz zehant. [510]
Der wirt sol ouch der spîse enpern
der sîn geste niht engern,
diu in ist ungemeine.
Der wolf izzet
gerne eine:
der olbent izzet eine niht, [515]
ob er
des wilds iht bî im siht.
Dem volget der wirt mit êren baz
danne dem
wolve, wizzet daz.
Der wirt nâch dem ezzen sol
daz
wazzer geben, daz stât wol. [520]
Dâ sol sich dehein kneht
denne
dwahen, daz ist reht.
Wil sich dwahen ein juncherre,
der sol gân einhalp
verre
von den rîtrn und dwahe sich tougen: [525]
Daz ist
hüfsch und guot zen ougen.
[1.3] Ein ander lêre suln diu kint
behalten die dâ edel sint:
si suln lachen niht ze vil,
wan lachen
ist der tôren spil. [530]
Bi ir rede ist niht grôzer sin,
swâ
zwêne lachent under in.
Dâ von mac ein ieglîch man
der sich wol verstên
kan
lâzen ân nît, hœrt er niht [535]
des ein man lachende giht.
Dehein man sol hân den muot
daz er ze sîme
gesellen muot
daz er im diu tougen sîn
ûf tuo, daz ist diu lêre
mîn. [540]
Man sol sich vast vor
dem bewarn
der sîn tougen wil ervarn,
wan man dicke gerne seit
des
man sô genôte vreit.
Ein iegelîch juncherre
guot [545]
sî sîner
zühte sô behuot,
swaz im sîn geselle sage,
daz erz mit triuwen wol
verdage
seit erz unde wirt ers inn,
er getrout im immer
min. [550]
Daz man tougenlîchen seit,
daz wirt dicke ûz gebreit.
Ich wil iu
sagen, swelich man
mit sinne niht erahten kan
von wem, ze wem, waz, wie
und wenne [555]
er rede, ez schadet im etwenne.
Man
sol sehen von wem man seit:
der vrum ist von dem bœsn gescheit.
Dehein
man sol dem klaffære
sagen tougenlîchiu mære. [560]
Swer hât
tugenthaften muot,
der sol niht sprechen niwan guot.
Daz guot man
güetlîchen sol
sprechen, swer wil sprechen wol.
Swelich man kan merken
wenne [565]
er spreche, der spricht nâch rehte
denne.
Diu kint suln ir rûnen lân,
wan rûnen ist niht ân arcwân.
Vil selten zuht und êre hât
daz man
ungern wizzen lât, [570]
wan daz man offenlîchen seit
sol sîn
geziert mit hüfscheit.
Von rûnen harte dicke geschiht
daz einer wirt dem
andern niht
ze holt, wan er wænet wol [575]
er
gedenke sîn niht als er sol.
Swenn diu kint vür ir herren
gênt
ode vor ir herren stênt,
rûnen, lachen, umbe sehen
sol von in
dâ niht geschehen. [580]
[1.4] Die driten lêre wil ich
niht verdagen:
vil vernemen, lützel sagen.
Hœren daz enschât uns
niht:
von rede uns dicke leit geschiht.
Swîgent
man daz lernen sol [585]
daz man dar nâch wil sprechen wol.
Swer swîgent niht lernen wil,
der spricht unnützer dinge vil.
Man
sol daz zieren heimlîchen
daz man wil sprechen offenlîchen.
[590]
Daz kint mit vorhten lernen sol
swaz er dernâch
wil sprechen wol.
Diu vorhte diu ist dâ vür guot
daz si dem kinde bereit
den muot
ze hœren unde ze verstên. [595]
Ez mag ein kint niht schiere
vergên
swaz ez mit vorhten glêret ist,
wan sîn muot gert des zaller
vrist.
Swelch kint wehset âne vorht,
daz hât verlorn der lêre
port. [600]
Dâ von suln diu edelen kint
diu âne
meisterschefte sint
dar ûf gedenken unde wachen
daz si in selben vorhte
machen.
Ir scham in vorhte machen sol, [605]
daz si
niht sprechen min dan wol,
nien wider zuht noch wider êre.
Si suln haben
dise lêre
von ir sinne und von ir muot:
der ist edel der daz
tuot. [610]
Swâ meisterschaft noch vorht ist,
zuht und êre dâ gebrist.
Ein ieglîch edel kint mac
sich selben meistern alle tac.
Sehende, hœrende, ob er wil,
[615]
und gedenkent lernt man vil.
Er sol ouch haben den muot,
merke waz der beste tuot,
wan die vrumen liute sint
und suln sîn
spiegel dem kint. [620]
Daz kint an in ersehen sol
waz stê
übel ode wol.
Siht er daz im mac gevallen,
daz lâz niht von sîm muote
vallen.
Siht er daz in niht dunket guot, [625]
daz
bezzer er in sînem muot.
In sînem muot man stille sol
einn vrumen man
erweln wol
und sol sich rihten gar nâch im,
daz ist tugent unde
sin. [630]
Er sol die naht und den
tac
an in gedenken, ob er mac.
Ern sol des verlâzen niht,
und swaz
im ze tuon geschiht,
dâ volge mit dem biderben manne: [635]
im mac
niht misselingen danne.
Swer nâch der snuor kan snîden wol,
der snîdet
glîche als er sol.
Swer vrumen liuten volgen kan,
der ist selbe ein
biderbe man. [640]
Ein kint sol haben den muot
daz in dunke, swaz
er tuot,
daz in sehe ein biderbe man:
er hüet sich baz vor schanden dan,
wan er sich vor im schamen muoz, [645]
ob im zundingen slîft der
vuoz.
Man sol gern volgen dem man
der bezzer ist ze sehen an
denn ze hœren; daz ist der
der alsô hât
der zühte lêr [650]
daz er nâch sîner rede guot
baz
danner spreche tuot.
Swer ze hove wil wol
gebârn,
der sol sich deheime bewarn
daz er nien tuo
unhüfschlîchen, [655]
wan ir sult wizzen sicherlîchen
daz
beidiu zuht und hüfscheit
koment von der gewonheit.
Swelch kint schimpht, der schimphe alsô
daz man
dervon nien werde unvrô. [660]
Bœs ernst kumt von bœsem schimphe:
man sol schimphen daz ez glimphe.
Bœs schimphe mit der wârheit
machent dicke herzen leit.
Nu merket daz der gebûre [665]
schimpht
und tagalt harte sûre.
Bœser schimph macht haz, zorn, nôt,
zorn
vîntschaft, vîntschaft tôt.
Bœser schimph macht undr gesellen
grœzern
nît dan under gellen. [670]
Swer volget dem nîde ode dem zorn,
der hât sîn
zuht gar verlorn.
Swer volget dem zorn, spricht unde tuot
daz in dar
nâch niht dunket guot.
Dâ von sol man sich wol bewarn [675]
daz man
sînn zorn niht lâz volvarn.
Man sol in mit des sinnes bant
binden zuo
der zühte want.
Swer in zorn hât schœne site,
dem
volget guotiu zuht mite. [680]
Swer nîdet des andern sælikeit,
daz
kumt von herzen blœdikeit.
Nît und zorn machent dicke
vil trüeben muot
und krumbe blicke,
unnütze rede, dwerhen ganc, [685]
seltsæne
gebærde und vil gedanc.
[1.5] Swer sich an rede bewaren wil,
der sol sich hüeten vor dem spil
daz uns vil bœse rede bringet
und
wider schœne zuht ringet. [690]
Selten spilt dehein man,
und wirt er
verliesent dran,
ern spreche des genuoc
daz ein hüfsch man und gevuoc
möhte vil ungerne sprechen. [695]
Wie mac sich ein man harter
swechen,
der umbe kleine vlust wil
sich mit rede schenden vil?
Hiet
er verlorn swaz er hât,
er möht dannoch gern haben rât [700]
daz er
niht enseite daz er seit;
daz machet grôz unstætekeit.
Daz spil gît
hazzes, zornes vil;
girde und erge ist bî dem spil.
Dem muoz vil wê nâch
guote sîn [705]
der daz sîn wâget durch daz mîn.
Rehte wol und eben lît
daz spil rîchtuom niht engît,
wan ieglîcher
hiet daz spil erkorn;
die tugende wæren gar verlorn. [710]
Swer vil gereit, der ist ein kint,
wîse liute hânt in vür ein rint.
Dâ von sol sîn ein kint
behuot
daz er nien habe sô ringen muot,
ern müge sîn zungen stille
hân. [715]
Wan swelch kint wil daz verlân,
der
hât niht ze gedenken muoz,
im slîfet lîht der zungen vuoz.
Man sol ze vil doch swîgen niht,
wan von vil swîgen dicke
geschiht [720]
daz von vil klaffen mac geschehen.
Man sol die mâze wol ersehen
an allen dingen, daz ist guot:
ân mâze
ist niht wol behuot.
Swer gar sînn willen
spricht und tuot, [725]
der hât genuoc vihlîchen muot.
Der man der sol sinne hân,
wan daz vihe ist sinnes ân.
Anders ist niht zwischen in
niwan tugent unde sin. [730]
Der sin
bescheidet einen man
von dem vihe daz niht kan.
Swelch man vihlîch herze
treit,
der hât geschendet sîn menscheit.
Swer hât untugent und niht
enkan, [735]
ist inne vihe und ûzen man.
Swen
niht enriuwet daz er ist
ein man, der vlîz sich zaller vrist
daz er habe
eins mannes muot
alsô der lîp ist, daz ist guot. [740]
Hât er
eins mannes antlütze,
eins vihes herze ist im unnütze.
Dem vihe dunket
niht ze vil
ze tuon swaz ez tuon wil,
wan ez des
sinnes niht enhât [745]
der im ze rehte gebe rât.
Mit sinne
man sîns willen phlege,
daz man niht trete ûz dem wege.
Der sin des
werkes sî geleit
dem der ze tugent ist bereit. [750]
Swer wænet wizzen âne lêre,
der volget dem vihe
harte sêre.
Swer niht enlernt die wîl er mac,
der hât verlorn sînen tac.
Vil grôz verlust an tagen lît: [755]
uns widergêt niht diu zît.
Swer wænt sîn wîse in kintheit,
wirt alter voller nerrescheit,
wan
er niht lernen wolde,
dô er mohte, daz er solde. [760]
Sich suln kint dunken tôren,
si suln lesen unde hôren
vil
wundergerne guotiu mære,
diu bœsen suln in wesen swære.
Der gerne hœret bœse geschiht, [765]
dern
bezzert sich dervon niht.
Dâ von suln wîp unde man,
swer sich ze guot
verstên kan,
kêren dar an sînen muot
daz si vernemen waz sî
guot [770]
und waz rehte sî getân:
die bœsen
sol man lâzen gân.
[1.6] Juncvrouwen bezzernt klein ir
sinne
von der schœnen küneginne
diu wîlen dâ ze Kriechen
was; [775]
diu tet unreht diuz
êrste las,
wan bœse bilde verkêrent sêre
guote zuht und guote lêre.
Wir mugen doch bœsiu mære lesen,
daz man ir baz künn âne
wesen. [780]
Ders niene kan, dern weiz niht wol
wâ vor er sich behüeten sol.
Swa ein wîp hât einn reinen muot,
hœret
si dan übel ode guot,
daz mag ir werren nihtes niht. [785]
Hœrt si
iht übeles ode siht,
daz mant si daz si sich behuote.
Dâ wider gît ir
bilde dez guote
daz si tuo reht unde wol,
und zeigt ir waz si volgen
sol. [790]
Swer nien mac nemen bilde guot
dâ
von daz er siht daz man tuot,
der gedenke waz man tuon sol
und neme dâ
von bilde wol.
Swelich wîp und swelich man [795]
an
rehten dingn niht ahten kan,
der nimt von übel und von guot
bœsiu bilde,
wan ir muot
der ist zem bœsten ie bereit.
Sumelîchiu wîp sint gemeit, [800]
swenn si mugen hœren iht
daz einem andern wîbe geschiht
daz geziuht zunrehten dingen.
Si
sprechent “Uns mac misselingen
niht, tuo wir daz diu hât
getân, [805]
und wart ir holder sît ir man.”
Dehein biderb wîp sol,
daz getar ich râten wol,
sich des vreuwen, ob ein wîp
hât nâch rehte
niht ir lîp. [810]
Wan ich sagiu daz vür wâr,
der und
diu triegent sich gar
die mit einer andern unstæte
wænent heln ir
missetæte.
Dâ von ein biderbe wîp sol [815]
trûric
sîn, tuot niht wol
ein ander wîp. Der missetât
sol ein guot wîp
machen stât,
wan si sol ir vürhten hart
daz si niht kome in ir
vart. [820]
Die vrouwen suln nemen sin
von der vrouwen
ungewin
diu dâ Helenâ was genant.
Ze Kriechen über elliu lant
was si
gwaltigiu küneginne. [825]
Si het vil schœne und lützel sinne.
Ir schœne vuogt ir grôze schant:
schœne ist ân sin ein
swachez phant.
Ein vrouwe sol haben die sinne,
swer mit
ir ret von minne, [830]
si sol halt haben den muot,
swaz man
ret übel ode guot,
daz si antwurte zuo der vrist
dar nâch unde der man
ist
und dar nâch und er habe gegert, [835]
sô ist
diu vrouwe und er gewert.
Ein vrouwe hât an dem sinne genuoc
daz si sî
hüfsch unde gevuoc,
und habe ouch die gebærde guot
mit schœner rede, mit kiuschem muot. [840]
Ob si
dan hât sinnes mêre,
sô hab die zuht und die lêre,
erzeig niht waz si
sinnes hât:
man engert ir niht ze potestât.
Ein man sol haben künste
vil: [845]
der edelen vrouwen zuht wil
daz ein
vrouwe hab niht vil list,
diu biderbe unde edel ist:
einvalt stêt den
vrouwen wol.
Doch ist reht daz ein vrouwe sol [850]
haben
die lêre und die sinne
daz si sich hüete vor unminne.
Man heizet minne
ofte daz
daz man unminne hieze baz.
Swer ir niht unrehte tuot, [855]
ich schilt die minn
niht, diu ist guot.
Schœne, vriunt, geburt, rîchtuom, minne
sint umberihtet âne sinne.
Schœne ist enwiht, dâne sî
sin und ouch
zuht bî. [860]
Swelich man niht sinnes hât,
der gît
sîm vriunde bœsen rât.
Ist ein man ân sin wol geborn,
sîn edeltuom ist
gar verlorn.
Eins mannes rîchtuom ist enwiht, [865]
wirt er
mit sinne geteilt niht.
Diu minn wirt dicke zunminne,
si enwerde
gerihtet mit dem sinne.
Wîp schœne ân sin und ân lêre,
diu hât ir lîp
mit kleiner êre. [870]
Diu schœn vil lîhte den êren
scheit,
wirt si niht mit dem sinne beleit.
Ist âne sinne ein schœne wîp,
diu hât zwei gebende an ir lîp
diu si ziehent zundingen, [875]
ir mac ouch nimmer wol
gelingen.
Diu schœne macht daz man si bite,
sô hilfet der unsin vast dâ
mite
daz er ræt der vrouwen wol
ze tuon daz si niht tuon
sol. [880]
[1.7] Durch bœsen kouf ze markte gât
swer umbe schœn sîn êre lât.
Der ist gewesen harte vil,
vür wâr ichz
iu sagen wil,
die durch schœne gâbn ir êre, [885]
und rou
si sît harte sêre.
Gar ist verlorn des wîbes schône,
sin
werde geziert mit zühte krône.
Ziert si den lîp und niht den sin,
si
zieret sich ûf ungewin, [890]
wan si dem vogelære seit
daz er zem
kloben sî bereit.
Swer sînen lîp zieret vil,
ob er dan niht rehte wil,
diu suht diu innerthalben ist, [895]
diu sleht her ûz in kurzer
vrist.
Die reife brestent harte schier
von starkem wîne, daz hab wier
gehœret dicke: alsam tuot
swaz ist übels in dem muot.
[900]
Daz bringet man harte snelle vür
mit bœsen werken ûz der tür.
Ob in
einem vaz vil wazzers ist,
ez rinnet ûz zetlîcher
vrist.
Swer an sînem muote siecher lît, [905]
sîn lîp
wirts inn vor langer zît.
Swer ouch da inne wær gesunt,
sîn lîp ouch des
vil wol enphunt.
Her ûz kumt ze deheiner vrist
niwan daz innerthalben
ist, [910]
ez sî übel od ez sî guot.
Der lîp wandelt sich nâch dem
muot.
Des lîbes gebærde uns dicke bescheit,
hât ein man lieb ode leit.
Dâ von mac ein ieglîch man, [915]
der die gebærde bescheiden
kan,
bî der gebærde, ob er wil,
verstên dinges harte vil.
Ein ieglîch tuc hât
sîn gebærd, swer hât den rât
[920]
daz erz erkennt und ouch den sin.
Ir gebærd hât ouch diu minn.
Ich
sagiu von der wârheit,
vorht, nît, haz und girescheit,
lieb, leit, milt,
erge unde zorn [925]
hânt ir gebærde niht verlorn.
Doch
sint der liute reht genuoge
die dâ helnt mit gevuoge
beidiu haz und zorn
mit sinne,
daz sîn niemen mac werden inne, [930]
wan der
wîsen liute schar
ist ûz der tôren regel gar.
Man mac der tôrn gedanke
vil
bi ir rede verstên, swerz tuon wil.
Swer den wîsen erkennen
sol, [935]
der bedarf ouch sinnes
wol.
Wil man ervarn sînen muot,
dâ zuo hœrt kleiner sin guot.
Am sehen triuget man sich
dicke:
jâ sint niht tag all liehte blicke; [940]
allez
daz man wîzez siht,
daz ist snê zallen zîten niht.
Beidiu man und ouch
wîp
erzeigent oft daz in ir lîp
und in ir herzen niender
ist: [945]
daz machet gar ir bœser list.
Gar ist niht schœn diu in ir
muot
hât deheiner slahte guot.
Wan swie schœne ein wîp sî,
ist
untriwe und unzuht derbî [950]
so ist ir ûzer schœn enwiht,
si ist
schœne innerthalben niht.
Ich næme ein guot niht schœne wîp
vür einn
schœnen unvertigen lîp,
wan si hât ir schœne in ir gemüete:
[955]
schœne ist ein niht wider güete.
Ich werte gerne mîne schulde,
vür
silber kuphers übergulde.
Valsch schœniu wîp man ahten sol
ze kupher
überguldet wol [960]
daz an im lützel goldes hât.
Under
schœnem vel ist valscher rât.
Man sol wizzn daz valsche liute
hânt niht
mêr schœne wan ir hiute.
Man gît vergift mit honic wol, [965]
swenn uns diu süeze
triegen sol.
Zunge valscher wîbe honic ist,
ir
wille ist eiter, wizze krist.
Der valsch zimt niemen wol:
ein vrouwe sich
behüeten sol [970]
vor valsche harter dan ein man;
valsch stât den vrouwen wirser an.
Sô stât milte allen liuten wol:
ein ieglîch vrowe milt wesen sol;
doch zimt diu milt den rîtern
baz [975]
denne den vrouwen, wizzet daz.
Diemüete zimt in beiden wol:
ein rîter und ein vrouwe sol
diemüete
sîn; doch stêt diemüete
den vrouwen baz, wan ir güete [980]
sol sîn
geziert mit der tugent
beidiu an alter und an jugent.
Dem rîter zimt wol
vrümkeit,
den vrouwen triuwe und wârheit.
Der rîter zage ist
enwiht: [985]
daz valsche wîp ist ouch
ze niht.
Der rîter arc ist gar ân êre:
daz tumbe wîp an
güete lære.
Dem rîter zimt niht schalkeit:
ein vrowe sol vor
unstætekeit [990]
und vor untriuwen sîn behuot
und vor
hôhvart, daz ist guot.
Sint dise tugende an ir niht,
so ist ir schœne
gar enwiht.
[1.8]
Ist ein wîp schœn ân ander güete,
[995]
vor der mich
unser herre behüete
daz ich ir nimmer wol getriuwe.
Swerz tuot, er kumts
in grôze riuwe,
wan er ervert ir valsch vil gar
und ir untriuwe, daz ist wâr. [1000]
Swenn si im aller liebest
ist,
so erzeigt si im ir bœsen list.
Der tôren netze
ist wîbes schœne;
swer kumt drin, der hât sîn hœne.
Der kumt drin der
sînen rât [1005]
an ein wîp vil gar verlât
durch ir
schœn niht durch ir güete;
wan hât si danne valsch gemüete,
sô ist im
danne daz unheil
vil gar bereitet âne teil. [1010]
Im ist
halt unsælikeit
mit allem ir gesinde bereit.
Ist
triuwe, stæte und senfter muot
an schœnem wîbe, so ist si guot.
Diu mac
mich âne netze gereichen, [1015]
durch sî wil ich mîn herze weichen,
und wil daz ir einvaltic herze
sî gar mîn angel âne smerze,
daz si
mich ziehe swar si wil;
swaz si gebiut, dunkt mich niht vil:
[1020]
wan guotes wîbes reiner muot
den widerwiget dehein guot.
Ich hân geseit daz bœsiu mære
diu suln kinden wesen swære,
und hân geseit welch diu sint.
[1025]
Nu wil ich sagen waz diu kint
suln vernemen unde lesen
und waz in
mac nütze wesen.
Juncvrouwen suln gern vernemen
Andromaches, dâ von si
nemen [1030]
mügen bilde und guote lêre,
des habent si beidiu vrum und êre.
Si
suln hœren von Ênît,
daz si die volgen âne nît.
Si suln ouch
Pênelopê [1035]
der vrouwen volgn und Oenonê,
Galjênâ und Blanscheflôr,
Botinia unde
Sôrdâmôr.
Sint si niht alle küneginne,
si mügen ez sîn an schœnem
sinne. [1040]
Juncherren suln von Gâwein
hœren, Clîes, Êrec,
Îwein,
und suln rihten sîn jugent
gar nâch Gâweins reiner tugent.
Volgt Artûs dem künege hêr, [1045]
der treit iu vor vil guote
lêr,
und habt ouch in iuwerm muot
künic Karln den helt guot.
Lât
niht verderben iuwer jugent:
gedenket an Alexanders tugent,
[1050]
an gevuoc volgt ir Tristande,
Seigrimos, Kâlogrîande.
Wartâ, wartâ,
wie si drungen,
die rîter von der tavelrunden,
einr vürn ander ze
vrümkeit. [1055]
Kint, lât iuch niht an trâkeit
und
volget vrumer liute lêre,
des komt ir ze grôzer êre.
Irn sult hern Key
volgen niht
von dem mir vil unwirde geschiht: [1060]
der
tuot mir allenthalben nôt.
Jâ ist her Key noch niht tôt
und hât dar zuo
erben vil;
ichn weiz war ich mich kêren wil.
Sîniu kint heizent alsam er: [1065]
ê was ein Key, nu ist ir
mêr.
Ez schînt daz Parzivâl nien lebet,
wan der her Key nâch êren
strebet
mit lüge und mit unstætekeit,
mit spotte und mit
schalkeit. [1070]
Gelouben sult ir mir ein mære,
ob
ichz Parzivâl wære,
daz ich etlîchen Key stæche
daz ich im ein rippe
noch zebræche.
Ouwê, wâ bistu Parzivâl? [1075]
Wan
wær noch inder dehein grâl
und stüende er umb einn phenninc phant,
in
erlôst niht Keyes hant.
Ir habt nu vernomen wol
waz ein kint hœrn und
lesen sol. [1080]
Ave die ze sinne
komen sint
die suln anders dann ein kint
gemeistert werden, daz ist wâr.
Wan si suln verlâzen gar
diu spel diu niht wâr sint:
[1085]
dâ mit sîn gemüet diu kint.
Ich enschilte deheinen man
der âventiure
tihten kan:
die âventiure die sint guot,
wan si bereitent kindes
muot. [1090]
Swer niht vürbaz kan vernemen,
der
sol dâ bî ouch bilde nemen.
Swer schrîben kan, der sol schrîben;
swer
mâlen kan, der sol belîben
ouch dâ mit; ein ieglîcher sol
[1095]
tuon daz er kan tuon wol.
Von dem gemâlten bilde sint
der gebûre und daz kint
gevreuwet oft: swer niht enkan
verstên swaz
ein biderb man [1100]
an der schrift verstên sol,
dem sî
mit den bilden wol.
Der pfaffe sehe die schrift an,
sô sol der ungelêrte
man
diu bilde sehen, sît im niht [1105]
diu schrift zerkennen
geschiht.
Daz selbe sol tuon ein man
der tiefe sinne niht verstên kan,
der sol die âventiure lesen
und lâz im wol dermite wesen,
[1110]
wan er vindet ouch dâ inne
daz im bezzert sîne sinne,
swenner vürbaz
verstên mac,
sô verlies niht sînen tac
an der âventiure
mære. [1115]
Er sol volgen der zuht lêre
und
sinne unde wârheit.
Die âventiure sint gekleit
dicke mit lüge harte
schône:
diu lüge ist ir gezierde krône. [1120]
Ich
schilt die âventiure niht,
swie uns ze liegen geschiht
von der âventiure
rât,
wan si bezeichenunge hât
der zuht unde der wârheit:
[1125]
daz wâr man mit lüge kleit.
Ein hülzîn bilde ist niht ein man:
swer ave iht verstên kan,
der mac daz verstên wol
daz
ez einen man bezeichen sol. [1130]
Sint die âventiur niht wâr,
si
bezeichent doch vil gar
waz ein ieglîch man tuon sol
der nâch vrümkeit
wil leben wol.
Dâ von ich den danken wil [1135]
die
uns der âventiure vil
in Tiusche zungen hânt verkêrt:
guot âventiure
zuht mêrt.
Doch wold ich in danken baz,
und heten si getihtet
daz [1140]
daz vil gar ân lüge wære;
des
heten si noch grœzer êre.
Swerz gerne tuon wil,
der mag uns sagen harte
vil
von der wârheit, daz wær guot. [1145]
Er bezzert ouch unsern
muot
mit der wârheit michels baz
denn mit der lüge, wizzet daz.
Swer
an tihten ist gevuoc,
der gewinnet immer gnuoc [1150]
materje an der wârheit:
diu lüge sî von im gescheit.
Dâ von sol ein
hüfsch man
der sich tihten nimet an
vil wunderwol sîn bewart
[1155]
daz er niht kome in die vart
der lüge; ist er lügenære,
sô sint
danne sîniu mære
gar ungenæme. Ein man sol,
swer iht kan sprechen wol, [1160]
kêrn
sîn rede ze guoten dingen,
sô mag im nimmer misselingen.
[1.9] Ich hân vertreten mîn zil,
und hân geseit des
harte vil
des ich nu niht hiet geseit, [1165]
solt
ez den kindn niht wesen leit.
Ich wolt habn ander rede gevangen,
die hân
ich durch si übergangen;
und wær sîn zît, ich wolde doch
von rîtern und
von vrouwen noch [1170]
sagen wie si solden leben,
ob si
nâch êren wellent streben,
alsô ich hân hie vor geseit
an mîm buoch von
der hüfscheit
daz ich welhschen hân gemacht. [1175]
Ich
seit daz man der minne kraft
mit schœnem sinne tragen sol,
swer âne
schant wil leben wol.
Der minn natûre ist sô getân:
si machet wîser
wîsen man, [1180]
und gît dem tôrn mêr närrischeit,
daz ist der minne gewonheit.
Die sporn vüerent durch die boume
daz
ros daz dâ vert âne zoume:
alsam vert der der âne sinne [1185]
wænt
spiln mit der vrouwen minne.
Si vüert in hin über die boume,
riht ers
niht mit des sinnes zoume.
Daz viwer ist nütze unde guot,
swer im niht
unrehte tuot. [1190]
Gewinnt daz viwer überkraft,
daz man im læt die meisterschaft,
so ist verlorn und
wüeste gar
swaz ez begrîfet, daz ist wâr.
Al dazselbe ist umb die
minne, [1195]
ob si undermacht die sinne;
si
blendet wîses mannes muot
und schendet sêl, lîp, êre und guot.
Swer zem
viwer nâht ze hart,
der besengt dick sînen bart. [1200]
Ich lêrt daz man mit guoten
dingen
solt sîn vrouwen des betwingen
daz si an im stæte wære.
Swer
si sperret sunderbære,
der sparte si mit dienste baz. [1205]
Nu
sage mir, waz hilfet daz,
ob ich ir lîp sperre wol,
ist dann ir will
niht als er sol?
Dehein slôz verhabt den muot:
lîp ist ân herze ein
schwachez guot. [1210]
Diu slôz vüegent grôzen haz:
guot
handelunge versliuzet baz.
Gezoubert und betwungen minne
und gekouft sint unminne.
Swer mit zouber umbegât, [1215]
wizzt
daz er genôtzogt hât
swelhe er gewinnt dâ mite;
er hât unhüfsches mannes
site.
Er hât gar einn unhüfschen muot,
der den wîben gwalt
tuot. [1220]
Ich lêrte, swer guot minn hân wolde,
daz ers
mit gâb niht werven solde.
Swer umbe minne wirbt mit guot,
der erkennet niht des wîbes muot,
ob si im sî von herzen
holt [1225]
od ob si neme vür in golt.
Ern
weiz sîn selbes hüfscheit,
ob si werd durch in gemeit.
Wirt aver er dar
nâch inn
daz si kêrt ir gemüet an in, [1230]
bedarf
si dann iht des er hât,
so gebez ir von mînem rât.
Ich weiz wol daz
disiu mære
sint den bœsen vil unmære,
dâ von daz ein
bœsewiht [1235]
kan mit hüfscheit werven niht.
Sîn
gewerft ist setzen phant;
er nimt unde gît zehant.
Swer mit hüfscheit
niht werven kan,
der wirt billîch ein koufman. [1240]
Gekouft minn hât niht minne kraft:
sine kumt niht in eigenschaft.
Ein ieglîchr hât wol die sinne
daz er weiz, möht man koufen minne,
daz diu minn wær eigen
gar: [1245]
sus ist diu minne
vrî, deist wâr.
Swer wænet koufen minn umb guot,
der erkennet weder minn
noch muot,
wan bêdiu muot und minne
suln uns bejagen unser
sinne [1250]
und unser zuht niht unser guot.
Man sol muot geben umbe muot,
man sol mit triuwe triuwe gern,
mit liebe sol man liebe wern,
man sol mit stæte stætekeit
[1255]
vesten und die wârheit.
Swer mit gâb
wænt machen guot
daz übel, den triugt sîn muot.
Ein man der nie kunde geben
lützel noch vil gar sîn leben [1260]
weder durch êre weder
durch Got,
der gît im selben dick ze spot
und ze laster ein grôz guot
einem wîbe diu ir muot
von im kêrt. Diu hât in ouch
[1265]
vür einn tôrn und vür ein gouch.
Si zeigt im liebes harte vil,
swenn
si iht anders tuon wil;
wan gît ir ein ander mêr,
sô ist aver ir lieber
der. [1270]
Ich enmeine dehein wîp guot
diu dâ
hât tugenthaften muot.
Sô ist aver ein
ander man
der ze hüfscheit niht enkan,
der gît eim wîbe swaz si
wil, [1275]
diu von ir selben hât zevil.
Ein andriu diu dâ niht enhât
belîbt ân helfe und âne rât.
Daz ein man spart sînem lîbe,
daz gît er dicke einem wîbe
[1280]
diu noch wirser ist dan er:
swaz man erwirbt mit unêr,
daz sol man
verliesen gar
ouch mit unêren, daz ist wâr.
Gæbe erz doch eim armen
wîbe, [1285]
daz er spart sînem lîbe,
des hiet
er lîhte danc von Got.
Sus macht er ûz im selben
spot,
daz er niwan den geben wil
die von in selben hânt ze
vil [1290]
nu wizzet von der wârheit,
daz
macht erge und nerrescheit.
Ein man der ist niht sinnic wol
der dâ gît
dâ er niht ensol:
sô ist der ân erge niht [1300]
dem
niht ze geben geschiht
dâ erz von rehte solde geben;
der hât ein
lesterlîch leben.
Ein tœrscher man der siht ein wîp
waz si
gezierd hab an ir lîp. [1305]
Er siht niht waz si hab dar inne
an guoter tugende und an sinne.
Sô merket ein biderb
man guot
ir gebærde und ouch ir muot.
Hât ein ros satels
niht, [1310]
ez ist dar umbe niht enwiht.
Ist
ein guot wîp niht ze rîche,
ir ist doch harte ungelîche
ein iegelîch
rîchez wîp
diu nâch unreth hât ir lîp. [1315]
Ob ich
ein ros koufen solde,
den zoum ich niht schouwen wolde
mêr dan daz ros;
ich wolde halt
sehen wie ez wære gestalt
und welch bein und welhe
vuoz [1320]
ez hiet. Daz selbe tuon muoz
swer ein guot wîp welen wil.
Ern sol ahten niht ze vil
waz si habe,
merke daz
ob si sî guot: er tuot baz;
[1325]
wan mit eim armen wîbe guot
mac man wol hân vrœlîchen muot,
und mit
eim rîchn unguotem wîp
mac man hân unvrœlîchen lîp.
Ich lêrt daz dehein biderbe
man [1330]
niht enkêr sînn muot dar an
daz er abe preche eim wîbe ir guot.
Wan swelch wîp daz getuot,
ez stât ir vil bœslîche:
doch
stât ez wirser ungelîche [1335]
einem man, daz sult ir glouben.
Wizzt daz ich gerner wolde rouben.
[1.10] Ich lêrt waz einer vrouwen zeme
daz si von ir vriunde neme:
hantschuoch, spiegel, vingerlîn,
[1340]
vürspangel, schapel, blüemelîn.
Ein vrouwe sol sîn wol behuot
daz si
niht neme grœzer guot,
ezn wær daz sis bedorfte wol:
so erloube ich ir
dan daz si sol [1345]
nemen mêre und niht sô vil,
sin
erzeige wol daz si wil
daz ir der vriunt sî vür daz guot,
wan anders
hiet si valschen muot.
Ob ir ze nemen iht geschiht [1350]
mêr,
bedarf sis danne niht,
ir ist der vriunt niht liep gar,
daz sol man
wizzen wol vür wâr.
Swaz ich hie vor habe geseit,
ich sprich nu von
der wârheit [1355]
und stætig ez mit mînem rât
daz die vrouwen wesen stât
an ir mannen,
wan trûtschaft
hât nuo ze hüfscheit kleine kraft.
Daz macht valsch,
ruom, bœse huot, [1360]
unstætekeit und übermuot.
Swelch
vrouwe kiusche ist in ir jugent.
Hât si dar zuo dan dise tugent
daz si
vor hôhvart sî behuot.
Und daz si meine ir man mit guot [1365]
und sî
im ouch mit triwen holt,
diust ein gimm vür allez golt.
Daz selbe sprich
ich umbe den man:
ja ensol er sich niht kêren an
ander wîp; swer eine
hât, [1370]
der mac der andern haben rât.
Mir was ie liep der vrouwen
êre;
kund ich iht daz in nütze wære,
ich kêrt ez gerne an ir dienest.
Mir ist an einer vrowen ez liebest [1375]
daz si vor valsche sî
behuot.
Valsch kêrt minn zunminne, unde guot
ze übelen dingen, und daz
wîze
ze swarzem mit al sînem vlîze.
Ze bitter gall kêrt valsch die
süeze [1380]
und ze ungnâdn ir schœne grüeze.
Lüge ir geheiz, ir senfte ist zorn,
ir lachen weinn, ir linde dorn.
Valscher liute rede, gebærde, will,
diu driu hânt ungelîchez
zil. [1385]
Schilt valscher liute wesen muoz
schœne gebærde und rede suoz.
Ir übel wille der ist ir swert
daz niht wan ungemaches gert.
Swer wol erkennet valschen
muot, [1390]
ez ist im dick vür schaden guot.
Ich lêrt daz dehein biderbe wîp
sol ane grîfen lân ir lîp
deheinn man der sîn niht reht hât;
daz ist
der wîbe zuht rât. [1395]
Ich lêrt ouch daz dar zuo
daz ez
dehein man tuo.
Ich lêrte ouch daz dehein man
der ze hüfschen dingen kan
dehein biderbe wîp bite, [1400]
ern
vüege ê mit schœnem site
daz er ir gevalle wol:
diu zuht wil daz manz
tuon sol.
Swer bitet umb ein kleine dinc,
der trit ûz der zühte
rinc, [1405]
wil er biten sâ zehant,
ê denn er
werde dem erkant
den er dâ iht biten wil,
ez sî lützel ode vil.
Dâ
bî sol ein ieglîch man [1410]
der guotiu dinc erkennen kan
merken daz er lange sol
mit zuht einr vrouwen dienen wol,
ê er si
des dinges bite
dâ von si mac ir guote site, [1415]
ir
kiusche, ir guot getæte,
ir triwe und ouch ir stæte,
ir prîs und ir
hüfscheit,
ir guoten namen und edelkeit,
ir tugent gar
zebrechen [1420]
und sich selben
swechen.
Der ist ein wunderlîcher man,
swenner alrêst sihet an
eine
vrouwen, daz er wil
daz si verlies durch in sô vil. [1425]
Der vrouwen sol gevallen niht,
swenn ez durch übermuot
geschiht
daz er alsô vaste gâhet
unde ir mit rede sô nâhet.
Doch wil
ich iu sagen daz: [1430]
sumelîch sich dunkent
baz
und wellents haben grôze êre,
swenn man sis ie bitet mêre.
Swenne ein wîp in ir bette lît,
sô gedenkt si zuo der zît [1435]
“Der hât durch mich sô
vil getân;
sô hât aver der ander man
umbe mich geworben
mêr;
sô hât danne aver der
grôz bete her ze mir
geleit. [1440]
Ich weiz wol von der wârheit
daz ich bin schœne unde wert,
sît dise herren sô geêrt
her ze mir gerent minne
mit allm ir herzen und ir
sinne.” [1445]
Sô wirt si dan sô nœtlîch
daz si
wænet niemen hân gelîch.
Swie rîche sî ein arger man,
man bit in harte
lützel, wan
bit man in, er gît doch niht. [1450]
Dem
milten manne dem geschiht,
swie arm er sî, daz man in bite:
daz tuot man durch sîn milte site.
Umbe ein vrowen ist
semelîch.
Diu dâ ist der tugende rîch, [1455]
swie
vrô si sî und swie schône,
treit si der stætekeit krône,
sine getar ein
bœsewiht
noch ein valscher biten niht.
Ob si arm der tugende
ist, [1460]
man ziuht ir zuo zaller vrist.
Ist si ouch niht ein schœne wîp,
hât si einn unvertigen lîp,
si gewinnt der ungevuogen
und der valschen minner gnuoge,
[1465]
die si bitent umb ir minne
durch ir êren ungewinne.
Wan der valsche der enwil
dehein wîp biten ze
vil,
wan dâ erz vindet bereit. [1470]
Er schiuhet gerne d'
arbeit.
Des küneges kamer ist bewart
wol vor den diebn, si vürhtent
hart.
Swie si dem silber sîn holt,
dem edeln gesteine und dem
golt, [1475]
si wellent zuo der kamer niht,
wan
in dâ nemen niht geschiht.
Swâ si wizzen einn armman
der sich niht
behüeten kan,
si brechent sînn zûn und sîn want [1480]
und
nement dâ ein lîhtez gwant.
Alsam ist umbe den valschen man
der sich minne nimet an:
swa er erkennet ein wîp
diu niht versagen kan ir lîp, [1485]
da îlet er dan balde hin
und wirbt mit allem sînem sin
daz si tuo daz si gerne tuot;
sô ist
im wol in sînem muot.
Swenner danne erworven hât [1490]
kleine
êr mit valschem rât,
in dunket daz dervon ein êre,
daz er dâ von mache
mære.
Dar umbe sagich iu vür wâr
daz diu vrouwe ist betrogen
gar [1500]
diuz vür êre haben wil
daz man si
bite des dinges vil.
Ich hânz iu nu genuoc geseit,
man tuotz niht durch
ir werdekeit,
ave dâ von daz si hât den muot [1505]
daz
man weiz daz siz gerne tuot.
Der mac sich tiwer dunken niht
dem vil wîp
ze hân geschiht.
Diu wîp tuont durch nieman sô vil
sô durch den der sis
biten wil. [1510]
Ist ein man ein petelære,
daz sint
kleiniu hovemære.
[1.11] Swenn mir ein altez wîp seit,
waz kumbers und waz arbeit
man durch si hiete in ir jugent,
[1515]
si tuot mir ûf gar ir untugent.
Daz tet man gern, wær mans bereit,
swaz man im alter gerne seit.
Den alten hât genomen vil
ir unmaht
niht ir unwill. [1520]
Ir maht zergât, aver ir sunde
ist bî dem willen zaller stunde.
Sprichet dort ein altez
wîp
“Ich het einn sô schœnen lîp
daz mir durch mîne
schœnheit [1525]
wâren all ze dienste bereit.
Nu sint diu jungen wîp enwiht;
umb si wirbt nu niemen
niht.
Man phlac in mîner kintheit
vröude und grœzer
hüfscheit.” [1530]
Alsô spricht si tag und naht:
dâ
ir zerunnen ist ir maht,
dâ leitet si ein ander hin;
si het und hât noch
kleinen sin.
Ich lêrt daz swelich man [1535]
zeinr vrouwen niht
verdienen kan
noch enmac daz si durch in tuo,
daz er die sinne kêr dar
zuo
daz er güetlîch von ir kêre.
Er sol haben dise lêre
[1540]
daz er ir gruoz und gar ir hulde
nien verlies von sîner schulde.
Der
lastert sîn selbes lîp
der dâ von schiltet ein wîp
daz si durch in niht
tuon wil. [1545]
Er schendet sich halt gar ze vil
und hât mit ir lîbe ouch ir muot
verlorn, ob er daz selbe tuot.
Habt irz gemerkt, ich hân
geseit
ein teil von der valscheit. [1550]
Swer sîn wil vernemen
mêre,
er mac hœren manic lêre
die ich wider die valscheit
in Welhscher zunge hân geseit.
Ich tet ez einer vrowen ze
êre, [1555]
diu bat mich der selben lêre.
Ich
lêrte wie ein vrouwe solde
diu sich gern bewaren wolde
erkenn die
valschen minnære
die sich bewegen hânt der êre. [1560]
Ich
lêrte mangen schœnen list,
daz man baz sîn êre vrist
vor den valschen
ungetriuwen:
swer durch si tuot, ez muoz in riuwen.
Man sol den man erkennen
wol [1565]
dem man sîn herze enphelhen sol.
Jâ sol wizzen ein biderbe wîp
wem
si enphelhen welle ir lîp;
wan si ouch lîht wizzen wolde
wem si ir guot
enphelhen solde. [1570]
Swer niht mit êren mac hân guot,
der kêre dâ
von sînen muot,
wan guot ân êre ist enwiht:
ich woldez alsô haben niht.
Schâchære, diebe, untriu wîp [1575]
gebent durch guot êre und
lîp.
Si gebent gar ir sælikeit
und ir sêl durch girescheit.
Unvertigiu wîp und diebe
die sint mir gelîche
liebe. [1580]
Ein biderbe man sol hân den muot,
bewar vor dieben sîn guot,
und vor dem unvertigen wîp
bewar noch
harter sînen lîp.
Daz selbe ein biderbe wîp sol [1585]
ir lîp bewarn harte wol,
bit si ein untugenthaft man
der ze stæte niht enkan.
Swelhiu wil hân guote minne,
diu sol hân ouch
die sinne [1590]
daz si zir genôzen kêre,
daz ist
der guoten minne lêre.
Ist er niht ir genôze gar,
hât si ervarn wol vür
wâr
daz er sî biderbe unde guot, [1595]
ich wilz vertragen, ob siz
tuot.
Swie edel und swie rîch er ist,
hât er dar zuo bœsen list
und
wil er sîn ein ruomære,
er sol den vrouwen sîn unmære; [1600]
wan
wizzet daz ein bœsewiht
der ist den vrouwen gar ze niht.
Man sol immer
kêrn dâ hin
dâ man vinde tugent und sin.
Swer tugent unde sinne
hât, [1605]
dâ sol man hin suochen rât.
Ein wîp gedenket lîhte daz
“Mir wirt mit einem tôren baz
dan mit einem wîsen man
der allez daz merken kan [1610]
daz ich tuon ode
sprich.”
Mit den gedanken triugt si sich.
Ein wîs man übersiht vil
des ein tôr niht übersehen wil
und niht übersehen kan.
[1615]
Wizzt daz der unwîse man
der verkêret aller slaht,
sô hât der wîs die meisterschaft
daz erz allez kêrt ze
guot.
Si habent ungelîchen muot. [1620]
Dâ von sag ich iu vür wâr
daz
daz ein guot wîp lebet baz
mit dem wîsn denn mit dem tôren,
daz
sult ir wizzen unde hôren.
Ein vrouwe sol gedenken niht [1625]
“Tuon ich durch einn
bœsewiht,
er muoz ez vil gar verdagen,
wan er getar ez
niht gesagen.
Seit aver erz, man sprichet wol
daz man im
niht gelouben sol.” [1630]
Verlât iuch an die rede niht,
und
wizzet daz ein bœsewiht
sich harte wol gerüemen tar:
daz gehœrt zer
bôsheit gar.
Man geloubet zaller zît [1635]
von
den wîben harte wît
daz man seit; wan diu eine
tuot daz wirret dan
gemeine.
Doch spricht alsô etelîch
“Spricht man von mir
bœslîch, [1640]
ezn wart nie dehein liet sô
lanc,
ezn würde vür brâht mit gesanc.
Swenn manz nuo
verredet gar,
sô swîgt man lîhte hin ze jâr.”
Der ist ein vil
armer trôst, [1645]
dâ mit ist niemen wol erlôft.
Wan
swer mîn bôsheit niht ensagt
dâ von daz ez in betrâgt,
der tuot rehte
sam der
dern andern ziuhet hin und her
[1650]
in daz hor ein lange vrist,
und læt in dâ ez tiefer ist.
Swer ave
nien mac bœslîchen
von mir sprechen sicherlîchen,
der muoz mich mit êren
lân: [1655]
des swîgens sol man vreude hân.
Ich lêrte daz ein ieglîch man
der sich hüfscheit nimet an
sich vil harte behüeten sol
daz er nien
spreche min dan wol [1660]
von deheiner vrouwen man
wider si,
wan ob si kan
ze reht verstên ihtes iht,
er hât ouch si geêret niht.
Swer einer vrouwen vriunt od man [1665]
schilt, er schilt ouch si
dar an.
Swer sich selben loben wil,
den lobent danne
niht ze vil
sîn nâchgebûrn. Swer schelten kan,
den hât ez niht ein
biderbe man [1670]
gelêrt. Swer
ouch wirbt dâ mite
umb minne, der hât seltsæne site.
Solt man dermit
erwerven minne,
sô heten wol gelîche sinne
der tôre und der wîse
man, [1675]
wan der tôre ouch schelten kan.
Ich lêrt waz tugent vrouwen
töhte,
und wie ein edel rîter möhte
tuon daz er würde genæme,
und
waz den vrouwen wol gezæme, [1680]
und waz die vrouwen solden
phlegen,
wie gebâren, wie gereden
wider alt und
wider junge.
Daz seit ich in welhscher zunge,
und solt ichz entiusche
gerechen, [1685]
ich enmöhtz niht gâhs gesprechen:
ûz mîner materje kœme ich verre
und hiet vervüeret mîne lêre.
Den
vüert man hin, der dicke rît
hin dan verr von sîm hâmît.
[1690]
An mîn materje wil ich kêren:
ich wil iu sagen von den
herren
wie si ir tugende suln phlegen.
Swer des iht lât under wegen,
der hât sîn tugent gar verlorn. [1695]
Den herren sol niht wesen
zorn:
Sumelîcher wænt sîn tugenthaft,
der niht erkennet tugende kraft.
Daz ich si lêrt, des wær ze vil,
idoch sag ich iu daz ich
wil, [1700]
ob ez iuch alle dunket guot,
erzeigen dar an mînen muot,
ob ich ez kunde, daz ichz tæte:
mîn will
sol sîn vür die getæte.
Ich hân verent daz êrste
teil: [1705]
Got gebe uns zuo dem andern
heil!