Anna Louisa Karschin
1722 -1791
Die Autorin
Anna Louisa Karsch, die Karschin, die erste deutsche Dichterin aus dem vierten Stand, wird 1722 als Tochter des Wirtshauspächters Dürbach auf der abgelegenen Meierei «Hammer» bei Züllichau im nördlichen Schlesien geboren. Ungeliebt von der Mutter und den liebenden Vater früh verlierend, verbringt sie eine leidvolle Kindheit. Einzig vier glückliche Jahre lebt sie bei einem Oheim, der ihr Lesen und Schreiben beibringt. Zurück bei Mutter und Stiefvater dient sie als Magd und Viehhirtin. Ersten Lesestoff verschafft ihr ein befreundeter Hirtenjunge. Nach dem Tod des Stiefvaters verheiratet die Mutter die Fünfzehnjährige an einen Tuchweber, der sie Schwerstarbeit leisten läßt. Nach 11 Jahren jagt er die Hochschwangere aus dem Haus. Ihre Mutter zwingt sie ein Jahr später, den trunksüchtigen und gewalttätigen Schneidergesellen Karsch zu heiraten. Mit Gelegenheitsgedichten versucht sie sich und ihren drei Kindern, das Überleben zu sichern. Ein Schulrektor fördert sie, und protestantische Geistliche ermöglichen ihr 1755, nach Glogau überzusiedeln. Ihre ersten Gedichte erscheinen als Flugblätter und verbreiten ihren Ruf als Dichterin. Vor allem die Gesänge zum Siebenjährigen Krieg begründen ihren Ruhm. Moses Mendelsohn lobt sie begeistert und nennt sie ein «ungemeines Genie». Ein Gönner, Baron von Kottwitz ermöglicht ihr den Umzug nach Berlin und die vornehmsten Adelshäuser der Hauptstadt öffnen sich ihr. Auch der Dichter Gleim bewundert hingerissen die «Wunderfrau» und nennt sie die deutsche Sappho, sich selbst ihren Phaon. Die Verliebte folgt ihm nach Halberstadt, doch Gleim weist sie ab. Erschüttert nimmt sie zur Kenntnis, daß er nie an eine Liebesbeziehung gedacht hat. Trotzdem bleiben die beiden lebenslang befreundet. Nach ihrer Rückkehr wird sie der Königin und ihrem Hof vorgestellt, und 1763 gewährt ihr Friedrich der Große die langersehnte Audienz. Er verspricht ihr ein Haus, doch löst er dieses Versprechen niemals ein. Im selben Jahr erscheint ihr erster Gedichtband, die «Auserlesenen Gedichte». Neben begeisterter Zustimmung wird auch heftige Kritik laut, und diese Kritik trifft die Karschin schwer: Der junge Gerstenberg schreibt: «Was ich fürchtete, ist eingetroffen: die Dichterin schweigt, und der Geschmack triumphirt»: Nach 1772 hat die Karschin keine größere Ausgabe ihrer Gedichte mehr zugelassen. 1787 läßt ihr Friedrich Wilhelm II. ein Haus am Hackeschen Markt bauen, in das sie 1789 einziehen kann. Doch die letzten Lebensjahre sind überschattet von Zerwürfnissen mit ihrer Tochter Caroline. 1791 stirbt die Karschin in Berlin. Ihre Grabstätte an der Sophienkirche trägt die Inschrift: Kennst Du, Wanderer, sie nicht, so gehe und lerne sie kennen.
Die Karschin nach dem Frontispiz der Gedichtausgabe von 1797 (links oben), nach einer Zeichnung von Daniel Chodowiecki ca. 1775 in Lavaters Physiognomischen Fragmenten (links unten) und nach einem Gemälde von Karl Christian Kehrer 1791 im Gleimhaus zu Halberstadt (rechts)
Das Werk
Gedichte: Die edle tugendhafte Röhrin (Trauergedicht 1755) Den 5ten December 1757 [Auf den Sieg bei Leuthen] (Flugschrift 1757) Der Vater starb und Günther weint die Zähre (Trauergedicht 1758) Den 3ten November 1760, groß durch den Sieg des Königs bey Torgau (1760) Die Spazier-Gaenge von Berlin (1761) [Mit Schneegewölken grau bekleidet] (Winter 1761/62) Idyllen. Dem Herrn Wilhelm Bachmann zugeeignet (1762) Gesänge bey Gelegenheit der Feyerlichkeiten Berlins (1763) Auserlesene Gedichte (1764, recte 1763) Gesang an die Königin (Flugschrift 1764) Einige Oden über verschiedene hohe Gegenstände (1764) Poetische Einfälle. Erste Sammlung (1764) Moralische Neujahrswünsche (1764) Kleinigkeiten (1765) Neue Gedichte (1772) An die preußische Armee bei Eröffnung des Feldzuges 1778 (Einzeldruck 1778) [Gesundheitsglück und Seelenfrieden] (1778) Meine Zufriedenheit (um 1780) Gedichte (posthum herausgegeben von der Tochter Caroline von Klenke, 1792) Gedichte in chronologischer Folge Briefe: Brief eines Unbekannten über eine Geburtstagsfeier der Karschin
Sekundäres
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