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- J o h a n n C a s p a r L a v a t e r
ü b e r d a s A n t l i t z
d e r L o u i s a K a r s c h i n
Physiognomische Fragmente,
zur Beförderung der Menschenkenntniß
und Menschenliebe, 3. Band, Abschnitt 11,
Fragment 14, Leipzig und Winterthur 1777
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Kupferstich von Johann Heinrich Lips
nach einer Zeichnung von Daniel Chodowiecki
A n n a L o u i s a K a r s c h i n
«Lieber keine Verse machen, als so aussehen!» - Ich bin mit meinem bißchen Physiognomik viel toleranter und gelinder geworden! Nein! «lieber so aussehen, und Verse machen» - denn wahrlich, das Gesicht ist doch, man mag gegen die Schönheit einwenden, was man will, äußerst geistreich, und zwar nicht nur das ganz außerordentlich helle, funkelnde, theilnehmende Seherauge - auch die, wie man sagt, häßliche Nase! Besonders der Mund - wie auch alle das übrige Muskeln- und Schattenspiel; nicht zu vergessen den ganzen Umriß von der Haarlocke auf der hohen männlichen Stirn an bis zum beinernen Kinne - weiter nicht. Besonders in der Gegend zwischen der Nase und Unterlippe schwebt unbeschreiblich viel Geist.
Die Poesie als Poesie scheint ihren Sitz in den Augen dieses Gesichtes zu haben - Sonst ist die ganze Form des Kopfes, wenigstens der Stirn und der Nase, mehr des kaltforschenden Denkers - und, wer weiß - vielleicht hätte sie, die Karschinn, noch mehr Philosophinn, als Dichterinn werden können.
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