Jakob van Hoddis
1887 - 1942
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Der Autor
Jakob van Hoddis (eigentlich Hans Davidsohn) wird am 16. Mai 1887 in Berlin als Sohn des jüdischen Arztes Hermann Davidsohn und dessen Frau Doris (geb. Kempner) geboren. Sein Zwillingsbruder stirbt bei der Geburt. Er ist der Älteste von fünf Geschwistern: Marie, Anna, Ludwig und Ernst. Nach externem Abitur studiert er ab 1906 an der Technischen Hochschule Charlottenburg Architektur. 1907 lernt er Kurt Hiller, einen frühen Vertreter des literarischen Expressionismus, kennen. In Jena beginnt er 1908 ein Studium der Altphilologie und Philosophie, wechselt dann aber an die Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität. Zusammen mit Kurt Hiller und anderen Gleichgesinnten gründet er 1909 die literarische Vereinigung «Der Neue Club». «Neopathetisches Cabaret» nennen sie ihre literarischen Abendveranstaltungen. Dort trägt auch van Hoddis eigene Gedichte vor. Im April 1910 reist er über Prag und Wien nach Italien. 1911 erscheint in der Zeitschrift «Der Demokrat» sein Gedicht «Weltende», die «Marseillaise der expressionistischen Rebellion» (J. R. Becher). In diesem Jahr stirbt sein Vater und die Berliner Universität exmatrikuliert ihn wegen «Unfleißes». 1912 verunglückt sein Freund Georg Heym; er reist nach München und trifft dort die Puppenkünstlerin Lotte Pritzel und die Diseuse und Schriftstellerin Emmy Hennings. Sie weckt sein Interesse für den Katholizismus, gleichzeitig nehmen beide Drogen und nach einer psychischen Krise und einem ersten schweren schizophrenen Schub begibt er sich zur Behandlung in eine Kurklinik in Wolbeck bei Münster. Nach Berlin zurückgekehrt bedroht er angeblich seine Mutter und wird zwangsweise in die Heilanstalt «Waldhaus» in Nikolassee eingeliefert. Von dort flieht er nach Paris, ist dann in München und Heidelberg, kehrt schließlich im April 1913 völlig mittellos nach Berlin zurück. Seine letzten Lesungen hält er 1914 im «Neuen Club» und bei den Autorenabenden der «Aktion». Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich und er wird 1915 zu einem Lehrer in Frankenhain in Thüringen in Pflege gegeben. Dort erreicht ihn die Nachricht vom Tod seines Bruders Ludwig als Soldat im Ersten Weltkrieg. 1918 publiziert Franz Pfemfert in seiner Buchreihe «Der rote Hahn» unter dem Titel «Weltende» 16 seiner Gedichte, die einzige Buchveröffentlichung zu seinen Lebzeiten. 1921 wandert sein Bruder Ernst nach Palästina aus. Er selbst wird 1922 in eine Pflegestelle nach Tübingen verlegt. Dort wird er auf Antrag seiner Mutter entmündigt. Er ist nun in seinem Verhalten derart auffällig, daß er schließlich 1927 in die Klinik für Gemüts- und Nervenkranke in Göppingen eingewiesen wird. Nach der nationalsozialistischen «Machtergreifung» 1933 emigriert seine Mutter mit ihren Töchtern nach Palästina, ihn selbst bringt man in die «Israelitischen Heil- und Pflegeanstalten» nach Bendorf-Sayn bei Koblenz. Am 30. April 1942 wird diese Anstalt geschlossen und er wird mit allen Insassen nach Lublin deportiert. Anschließend, im Mai oder Juni, wird er wahrscheinlich im Vernichtungslager Sobibór ermordet.
Else Lasker-Schüler schildert 1912 einen Auftritt Jakob van Hoddis':«Auf einmal flattert ein Rabe auf, ein schwarzschillernder Kopfblickt finster über die Brüstung des Lesepults. Jakob van ? Er sprichtseine kurzen Verse trotzig und strotzend, die sind so blank geprägt,man könnte sie ihm stehlen».
Das Werk
Stachlige Opuntien (1907) Von Mir und vom Ich (1908) Über griechische Lyrik (1908) Legende (1908 ?, publ. 1912) Der Oberlehrer (1908 ?, publ. 1911) Tristitia ante ... (1909 ?, publ. 1911) Aurora (1910 ?, publ. 1911) Weltende (1910 ?, publ. 1911) Italien (1910, publ. 1911) Varieté (1910, publ. 1911) Der Träumende (1910 ?, publ. 1911) Hermann Essig: Die Glückskuh (1911) Der Tag der Stadt (1911) Der Morgen des Philosophen (1912) Doktor Hackers Ende (1913) Der Freund (1913) Klage (1913) Nacht (1913) Andante (1914) Hymne (1914) Morgens (1914) Karthago (1914) Tohub (1914) Die Himmelsschlange (1914) Der Teufel spricht: (1914) Der Todesengel (1914) Der Feind (1914) Zweifel (1914) Über die deutsche Sprache (1914) Der Idealist (1914 ?, publiziert 1918) Trilogie der Leidenschaftslosen (1914) Der Visionarr (1914) Indianisch Lied (1914)
Sekundäres
Jakob van Hoddis. Bilder zu seinem Leben Jakob van Hoddis (Centrum Judaicum) Vor hundert Jahren geboren: Jakob van Hoddis (Fritz J. Raddatz, 1987) |