Jakob van Hoddis
1887 - 1942
Der Tag der Stadt
1911
Erstausgabe:in: Der SturmJahrgang 2, Nr. 53 (4. März 1911)
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Der Tag der Stadt
Am Abend
Ach! die glitschig nasse PlankeWar ihm mächtig unbequem.Sass er doch auf einer BankeUnd bedachte ein Problem.
Dachte, dachte; er war wichtigDenn er gab sich das Gebot:Löse jene Frage richtigOder mach dich, bitte, tot.“
In der Bülowstrasse war es.Ja, es war ein AbenteuerHeldisch war und voll Gefahr esWard er dümmer? Ward er schläuer?
Ja! er sass auf einer BankeUnd er hatte ein ProblemUnd die pitschenasse PlankeWard ihm auch sehr unbequem.
Die Stadt
Ich sah den Mond und des ägäischenGrausamen Meeres tausendfachen PompAll meine Pfade rangen mit der Nacht.
Doch sieben Fackeln waren mein GeleitDurch Wolken glühend, jedem Sieg bereit.
Darf ich dem Nichts erliegen, darf mich quälenDer Städte weiten Städte böser Wind?Da ich zerbrach den öden Tag des Lebens!“
Verschollene Fahrten! Eure Siege sindZu lange schon verflackt. Ah! helle FlötenUnd Geigen tönen meinen Gram vergebens.
Der Traum
Jawohl! Wir träumen oft von grossen PrünkenUnd durch die goldene Stadt, als TriumphatorKutschieren wir erhaben dem Senat vorUnd nackte Mädchen stehn auf Marmelstrünken.
Der Wagen fliegt den Vogelflug der MöwenTrotzdem er köstlich teure Beute führtUnd diamantenes Geschirr umschnürtDie Löwin und den Tibetaner-Löwen.
Da stürzt der Wagen. Plötzlich! Weh, verlierenDie Löwen sich zu Wut der WüstennächteWeh! wer ist nahe der uns Hilfe brächteWeh! in der Not! – Die Bestien coitieren.Am Morgen
Er spricht: Nicht ängstlich an GestadenAuf offnem Meere will ich baden –Ha! der Vergleich ist ein gewagter!Ich werde frei vom Frohn der ZeitenZum kosmisch-schöpferischen schreiten.“ –(Kosmisch, sagt er).Er wandelt kühn um seinen Tisch, er wandelt wohl die ganze NachtBeglückt in seiner Lampe Licht,Das jetzt am Tag am Blau zerbricht.Die ganze Nacht hat er umgebracht!(So ein Kerl!)
Erstausgabe in Der Sturm“ 1911 |