Jakob van Hoddis
1887 - 1942
Die Himmelsschlange
1914
Erstausgabe:in: Die AktionJahrgang 4, Nr. 1 (3. Januar 1914)
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Die Himmelsschlange
Sonne glüht und Nächte schweigen,Aus den hellen Fenstern steigenDie Gespenster,Unzucht treibendIn der Luft.Und die StadtVerhüllt der DuftIhrer Schnapsgesichter.
Laßt uns durch die großen HallenDer betörten Himmel wallen;Denn der Mond ist doch schon fern.Es verglomm der Grimm der Sterne.Ist es Funkel, ist es dunkel,Ist es Sang, Gebet, Gemunkel,Sind's Paläste oder Plunder?Schweigt, wir sind im Reich der Wunder.“
Hunderttausend Heere ziehenDurch die Wolkenplane.Hunderttausend Freunde fliehenVor der Wolken Karawane.Ach, dem Denker wird es übel,Der das Heut' bedenken soll.Steckt ihn in den Wasserkübel.Er ist toll.
Die Wolken winden sich wie Leinentuch,Im Himmel spür' ich gräßliche Exzesse.Die Engel fürchten sich vor Gottes FluchUnd haben Zigaretten in der Fresse.
Denn Luzifer ist heute eingeladenUnd geht mit einem sicherlich zu Bett.Durch sieben Himmel zieht in dicken SchwadenDampf von Tabak und Armesünder-Fett.
Erstausgabe in Die Aktion“ 1914 |