BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Ulrich von Liechtenstein

ca. 1200 -1275

 

Vrowen dienst

 

1255

 

Eine edle Dame hört Ulrichs Scheltlieder

gegen seine frouwe und bittet ihn, damit

aufzuhören und für einen neuen

Frauendienst bereit zu sein. Ulrich befolgt

ihren Rat und singt hoffnungsvoll neue Lieder

(XXVII, XXVIII, XXIX, XXX, XXXI)

(Strophe 1375 - 1389)

 

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1375

Nâch den lieden ich gesach

ein wîp, der man vil tugende jach.

diu selbe bat des mînen lîp,

daz ich durch elliu guoten wîp

5

mîn zürnen lieze gegen ir sîn,

die ich ê hiez die vrowen mîn.

si jach, ez stüendẹ mir übel an:

dô muost ichz durch die guoten lân.

 

1376

Ichn geschalt si nimmer mê,

ichn dient abẹr ir niht mê als ê.

si het an mir alsô getân,

daz ich ein vrowen vrîer man

5

was vil gar in dem herzen mîn.

dar an sô wânde ich stæte sîn

von wîbes lop ich doch niht schiet,

in wânwîsen sang ich in liet. 

 

Lied XXVII

Ein tanzwîse, diu ahzehende

(Bechstein II, 149; Lachmann 428,1)

 

1

Nu fröit iuch, minne gernde man:

wizzet daz iuch rehte fröide machet wert,

und daz niemen werden kan

êren rîch, wan der mit fröiden êren gert.

5

mit zühten frô, daz ist ein leben

dem got vil êren hât gegeben.

 

2

Swer werder wîbe minne wil

unde ir gruoz verdienen, der sî hôchgemuot.

swie selten ich ir minne stil,

doch weiz ich wol daz guoten wîben sanfte tuot

5

der durch si zuht bî fröiden hât:

des dienest in ze herzen gât.

 

3

Wie sol ein ungemuoter man

erwerben hôchgemuotes wîbes habedanc?

wil er ir daz ertrûren an,

dazs in minne, sost sîn tumber wân vil kranc.

5

ir hôchgemuotes herzen rât

sîn trûren hât für missetât.

 

4

Mit sorgen niemen kan bejagen

werdes wîbes minne und ouch ir friundes gruoz.

trûren mac wol missehagen

guoten wîben: wan dâ von wirt êren buoz.

5

ich râte iu mannen hôhen muot,

sît wîben fröide sanfte tuot.

 

5

Ich wil hôhes muotes sîn,

und wil durch guotiu wîp gein ir mîn zürnen lân,

die ich ê hiez die frouwen mîn.

si weiz wol selbe wie si hât an mir getân:

5

daz sî verkorn durch guotiu wîp,

den immer dienen muoz mîn lîp.

 

6

Swâ ich mich her versûmet hân

an rehten fröiden, daz sol man mir wol vergeben.

wan ich wil nu êrst heben an

mit hôhem muote und ouch mit ritterlîchem leben.

5

swer von mir hôhes muotes gert,

der wirt des volleclîch gewert.

mîn muot von wîben hôhe stât:

ir güet mich zürnen niht enlât. 

 

Lied XXVIII

Ein tanzwîse, diu niunzehende

(Bechstein II,150; Lachmann 429,11)

 

1

In dem luftesüezen meien,

sô der walt gekleidet stât,

sô siht man sich schône zweien

allez daz iht liebes hât,

5

unde ist mit ein ander frô.

daz ist reht: diu zît wil sô.

 

2

Swâ sich liep ze liebe zweiet,

hôhen muot diu liebe gît.

in der beider herzen meiet

ez mit fröiden alle zît.

5

trûrens wil diu liebe niht,

swâ man liep bî liebe siht.

 

3

Swâ zwei liep ein ander meinent

herzenlîchen âne wanc

und sich beidiu sô vereinent

daz ir liebe ist âne kranc,

5

diu hât got zesamne geben

ûf ein wunneclîchez leben.

 

4

Stætiu liebe heizet minne.

liebe, minne, ist al ein:

die kan ich in mînem sinne

niht gemachen wol zuo zwein.

5

liebe muoz mir minne sîn

immer in dem herzen mîn.

 

5

Swâ ein stætez herze vindet

stæte liebe, stæten muot,

dâ von al sîn trûren swindet.

stætiu liebe ist alsô guot

5

daz si stæte fröide gît

stæten herzen alle zît.

 

6

Möhte ich stæte liebe vinden

der wold ich sô stæte sîn,

daz ich dâ mit überwinden

wolde gar die sorge mîn.

5

stæter liebe wil ich gern

und unstæte gar verbern.

 

1377

Mîn lîp, der was gar senens vrî:

des was mir vrî gemüete bî.

nâch werdem wîbe senender muot

der tuot vil wê und ist doch guot.

5

swelch hertze hôhe senen hât,

daz schamt sich aller missetât.

dâ von sô sol ein ritter wenen,

sîn hertze ûf hôhe minne senen.

 

1378

Daz ich mich in der jugent went

ûf minne sen, des hât gesent

mîn herze sich unmâzen vil.

swer werdez wîp erwerben wil,

5

der bedarf gelückes wol.

ob er ir dient reht, als er sol,

sô muoz er doch gelücke hân,

sol sî genâde an im begân.

 

1379

Daz wolde got, möht daz geschehen,

daz wîp in mannes hertze sehen

möhten, und in sam die man!

sô müeste man unstæte lân.

5

swer denne stæte wær gemuot,

der het ez gegen dem stæten guot:

sô müesten diu unstæten wîp

minnen valscher mannen lîp.

 

1380

Swie kleine mich diu minne twanc;

ze dienest ich den frowen sanc

einen reien minneclîch,

mit süezen worten dœnerîch.

5

den sanc ich gegen der sumerzît,

sô perg und tal gezieret lît,

und daz der walt hât grüene dach.

nu sült ir hœren, wie der sprach: 

 

Lied XXIX

Ditz ist ein reye

(Bechstein II,153; Lachmann 431,19)

 

1

Sumervar

ist nu gar

beide velt       anger walt

5

hie und dâ

wîz, rôt, blâ,

gel, brûn, grüen,       wol gestalt.

wünneclîch,

10

fröiden rîch

ist gar swaz diu erde treit.

sælic man,

swer sô kan

dienen daz sîn arebeit

15

im liebe leit.

 

2

Swem got gît

daz er lît

lieber, der       mac wol sîn

5

sunder leit.

imst bereit

zaller zît       meien schîn.

im ist wol,

10

swanne er sol

spiln der minne fröiden spil.

fröiden leben

kan wol geben

werdiu minne swem si wil:

15

si hât sîn vil.

 

3

Swem ein wîp

sînen lîp

minneclîch       umbevât,

5

ob der niht

sælden giht,

daz ist grôz       missetât.

imst geschehen,

10

wil ers jehen,

dâ von im wirt trûren kranc.

sunder meil

ist sîn heil,

swem von linden armen blanc

15

wirt umbevanc.

 

4

Sælden hort

ist ein wort

das ein kus       in gegît,

5

sô ir spil

minne wil

spiln und liep       liebe lît.

ob dâ iht

10

ougen liht

lieplîch sehen ein ander an?

jâ für wâr,

dâ wirt gar

minneclîchen wol getân

15

swaz ieman kan.

 

5

Minnen solt

wirt geholt

volleclîch       dâ ein man

5

unde ein wîp

umbe ir lîp

lâzent vier       arme gân,

decke blôz.

10

fröide grôz

wirt dâ beidenthalben kunt.

ob dâ niht

mêr geschiht,

kleinvelhitzerôter munt

15

wirt minnen wunt,

dar nâch gesunt.

 

1381

Dô der reie wol für quam,

und daz der sumer ende nam,

dô kom mîn hôchgemuoter lîp

aber hin, dâz ịch daz werde wîp

5

in zühten und in vreuden vant,

der ich dâ lobt ê in ir hant,

daz ich die alten vrowen mîn

niht mêre solde scheltent sîn.

 

1382

Sich fuogte von ir güete daz,

daz ich in zühten zuo ir saz.

des was ich hertzenlîchen vrô.

ich reit mit ir sus unde sô:

5

des antwurt mir diu tugend rîch

mit süezen worten minneclîch.

mit spæher rede ich von ir schiet:

dâ von sô sang ich disiu liet: 

 

Lied XXX

Ein tanzwîse, diu zweinzigeste

(Bechstein II,156; Lachmann 434,19)

 

1

Frouwe schœne, frouwe reine,

frouwe sælic, frouwe guot,

ich wæn iuch diu minne kleine

müet: des sît ir hôchgemuot.

5

wirt iu minnen twingen kunt,

iuwer kleinvelrôter munt

lernet siuften an der stunt.

 

2

«Herre, sagt mir, waz ist minne?

ist ez wîp odr ist ez man?

des enwart ich noch nie inne.

sagt an, wie ist ez getân?

5

daz sült ir mir künden gar,

waz ez sî und wie ez var;

daz ich mich vor im bewar.»

 

3

Frouwe, minne ist sô gewaltec

daz ir dienent elliu lant:

ir gewalt ist manecvaltec.

ich tuon iu ir site bekant.

5

sî ist übel, sî ist guot,

wol und wê si beidiu tuot.

seht alsô ist sî gemuot.

 

4

«Herre, kan diu minne swenden

trûren unde ouch sendiu leit,

hôchgemüete in herze senden,

füegen zuht und werdekeit,

5

hât si alles des gewalt

alse ich iu hân vor gezalt,

sost ir sælde manicvalt.»

 

5

Frouwe, ich wil iu von ir mêre

sagen. ir lôn ist wünneclîch:

sî gît fröide, sî gît êre,

sî tuot hôher tugende rîch.

5

ougen wunne, herzen spil

gît si swem si lônen wil,

der zuo hôher sælden vil.

 

6

«Herre, wie sol ich verschulden

ir lôn unde ir habedanc?

sol ich kumber dâ von dulden,

da ist mîn lîp zuo gar ze kranc.

5

leides mag ich niht getragen.

wie sol ich ir lôn bejagen?

herre, daz sült ir mir sagen.»

 

7

Frouwe, dâ soltû mich meinen

herzenlîchen alse ich dich,

unser zweien sô vereinen,

daz wir beidiu sîn ein ich.

5

wis du mîn, sô bin ich dîn.

«herre, des mac niht gesîn,

sît ir iuwer, ich bin mîn.»

 

1383

Diu liet diu wâren sinne rîch:

si dûhten manigen gämellîch.

sô seig ôt aber der sumer zuo:

man hôrte spâtẹ, man hôrte fruo

5

singen kleiniu vogelîn.

wîbes güetẹ daz hertze mîn

ze singen aber sêre twanc:

diu liet ze dienst ich in dô sanc: 

 

Lied XXXI

Diu ein unde zweinzigest wîse

(Bechstein II,158; Lachmann 436,18)

 

1

Wol dir, sumer, dîner süezen

wünneclîchen schœnen zît.

dû kanst trûren wol gebüezen.

dîn kunft hôchgemüete gît.

5

du bist süeze;

dâ von ich dich suoze grüeze.

 

2

Heide velt walt anger ouwe

sach ich nie gekleidet baz.

von dem luftesüezem touwe

sint die bluomen alle naz.

5

vogelîne

singent lop des meien schîne.

 

3

Sô sing ich von guoten wîben,

alse ich aller beste kan.

mit ir lobe wil ich vertrîben

swaz ich ungemüetes hân.

5

wîbes güete

gît mir fröiden rîch gemüete.

 

4

Wîbes schœne, wîbes êre,

wîbes güete, wîbes zuht

ist für wâr ein êren lêre,

minne gerndes herzen suht.

5

sô ist hulde

alles guotes übergulde.

 

5

Swâ ein werdez wîp an lachet

einen minne gernden man

unde ir munt ze küssen machet,

des muot mtioz gelîche stân

5

hôch der sunne.

sîn wunn ist ob aller wunne.

 

1384

Nach den lieden mir geschach

ein dinc, des ich für sælde jach

und des ich hiut und immer mêr

bin in dem hertzen muotes hêr

5

und des mîn muot muoz hôhe stân,

de wîle ich lîp und leben hân,

und des ich immer mêr bin vrô:

daz ist mîn reht: nu sî alsô!

 

1385

Waz daz sî, daz mich als hô

dô freut und wes ich immer vrô

bin bî allen mînen tagen,

daz wil ich iu vil gern sagen:

5

ich gedâht: «wie lange sol daz sîn,

daz âne vrowen daz hertze mîn

sî? daz ist mir wæn niht guot:

ich wirdẹ dâ von vil ungemuot.»

 

1386

Ich gẹdâht: «ich weiz daz wol für wâr,

swer alsô swendet sîniu jâr,

daz er niht minnet guotiu wîp

mit triuwen als sîn selbes lîp,

5

dem wirt von rehte werdecheit

in allen landen gar verseit.

swer diu wîp niht hertzen lîch

minnet, der wirt schanden rîch.

 

1387

Bî mir selben ich ez weiz:

ich weiz wol, dô ich mich ê vleiz

ze dienen schôn der frowen mîn,

dô sach man mich bî freuden sîn

5

und ouch vil ritterlîch gemuot.

dâ von was mir dienest guot.

mîn muot stuont in ir dienste hô:

ich wart durch sî vil offte vrô.

 

1388

Mîn zît mit freuden hine gie.

nu diene ich weder dort noch hie:

daz ist niht ritterlîcher muot.

sît frouwen dienest sanfte tuot,

5

sô solde ich wol ein frowen hân,

der ich mit dienst wær untertân

vil ritterlîchen gar mîn leben.

die müez mir got vil schire geben!

 

1389

Ich hân frowen vil gesehen,

den man von wârheit muoz des jehen,

daz sî sîn schœne und dar zuo guot

und für wâr wîplîch gemuot:

5

der wil ich einẹ ze frowen nemen,

des ritters dienest mac gezemen,

und wil ir wesen undertân

mit dienst, als ich beste kan.»