BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Ulrich von Liechtenstein

ca. 1200 -1275

 

Vrowen dienst

 

1255

 

Begegnung mit seiner neuen frouwe, in deren Dienst er tritt.

Sie erwidert seine Liebe und er widmet ihr das Lied XXXII.

Nach einem erneuten Besuch bei ihr dichtet er weitere Lieder

(Lied XXXIII, XXXIV, XXXIII, XXXV, XXXVI, XXXVII)

(Strophe 1390 - 1399)

 

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Âventiure wie der herre Ulrîch

im ein ander vrowen nam.

 

1390

Dô ich für wâr mich des bewac,

ze denken ich dô sêre pflac,

wer diu frowe möhte sîn,

an die ich den dienest mîn

5

mit triwen legt gar mîne tage.

bî mîner wârheit ich iu sage:

ich ẹrdâht si gar übẹr elliu lant,

swaz mir dô frowen was bekant.

 

1391

Mir was ir einer tugent kunt,

daz mir für wâr bî mîner stunt

nie wart sô wîplîch wîp erkant.

an ir man schœne und güete vant:

5

guot gebærde und senfte site,

dâ krœnte sî ir schœne mite.

sî was keuschẹ, ze mâzen balt:

diu reine lieplîch was gestalt.

 

1392

Ich gẹdâhte dort, ich gẹdâhte hie,

ich gedẹâht an dise, ich gẹdâht andie:

swaz mir dô frowen was bekant,

an der decheiner ich niht vant

5

tugende mêre dann an ir.

ir sült für wâr gelauben mir:

si was gar alles wandels frî,

ir was guot wîplîch güete bî.

 

1393

Dô daz erdâht gar al mîn lîp,

dô nam ich daz vil werde wîp

ze frowen in daz hertze mîn.

dô ich gẹdâht dar an stæte sîn,

5

dô reit ich balde sâ ze hant,

dâ ich die wolgemuoten vant.

der tet ich mînen willen kunt

mit worten an der selben stunt.

 

1394

Swaz sî dô sprach, des sag ich niht;

wan daz mîn munt iu des wol giht,

daz ich kom von ir hôch gemuot.

si het des reht, was sî mir guot,

5

wan sî mir was für elliu wîp.

in freuden reit von ir mîn lîp;

in hôhem muot ich von ir schiet

und sanc ze dienst ir disiu liet: 

 

Lied XXXII

Ein tanzwîse, diu zwô unde zweinzigeste

(Bechstein II,162; Lachmann 440,19)

 

1

Hôher muot, nu wis enpfangen

in mîn herze tûsent stunt.

lâ dich bî mir niht belangen.

dû bist mir ein hôher funt.

5

al mîn fröide was zergangen:

die het trûren mir benomen:

diust mir mit dir her wider komen.

 

2

Hôher muot, dâ ich dich funden

hân, dar nîge ich immer mê.

mit dir hân ich überwunden

trûren, daz mir têt ie wê:

5

dast mir gar von dir verswunden.

wol mich, wol mich, daz dich ie

mîn minne gernde herze enpfie.

 

3

Hôher muot, dich hât gesendet

mir ein wîp diu êre hât.

an die hân ich gar gewendet

mich: daz ist der minne rât.

5

under schilden sper verswendet

wirt durch sî von mîner hant,

diu dich zuo mir her hât gesant.

 

4

Hôher muot, du und diu minne

sult mir helfen dienen ir

sunder valsch mit slehtem sinne:

sô mac wol gelingen mir.

5

wirt si mîner triuwen inne,

sô tuot mir vil fröiden kunt

ir kleinvelhitzerôter munt.

 

5

Hôher muot, nâch dîner lêre

wil ich werben umbe ir lîp.

sî hât schœne, sî hât êre,

sîst ein reine süeze wîp,

5

hôch geborn, gar senfte und hêre,

guot, in rehter mâze balt:

ir lîp wîplîchen ist gestalt.

 

6

Hôher muot, du solt niht eine

vogt in mînem herzen sîn.

mit dir hât dâ stat gemeine

diu vil liebe frouwe mîn.

5

sî vil guote süeze reine

hât die minne mit ir brâht:

si habent ze hûse dâ gedâht.

 

7

Hôher muot, mîn herze grôzet

unde ist worden fröiden junc,

an die brust ez sêre stôzet,

hôhe ez springet mangen sprunc.

5

werdiu liebe drinne bôzet,

diu mich selten ruowen lât,

swie hôch doch mîn gemüete stât.

 

1395

Diu liet von rehtẹ si dûhten guot.

daz ieslîch liet sprach Hôher muot,

dâ ez sich huop: des smielte sie,

wan sîz gehôrt hât dâ vor nie.

5

si sprach: «diu liet sint minneclîch,

getihtet dêswâr meisterlîch:

si sint für wâr ze tanzen guot,

si gebent den hertzen hôhen muot.»

 

1396

Swaz ich ir mêr gedienet hân,

und waz si güet an mir begân

hât, des wil ich vil verdagen:

wan einez daz wil ich iu sagen:

5

ich sang ir lop in aller zît:

ir lop mir hôchgemüete gît,

ir lop mir offte sanfte tuot,

ir lop gibt mir hôhen muot.

 

1397

Sich fuogt abẹr von ir tugenden daz,

daz ich ir nâhen bî gesaz

und redet mit ir sus unde sô.

ich was si an ze sehen vrô:

5

von hertzen ich si gerne sach.

swaz ich des tages gegen ir sprach,

zehant dô ich dâ von ir schiet,

ich sanc von ir sâ disiu liet: 

 

Lied XXXIII

Ein tanzwîse, diu drî und zweinzigeste wîse

(Bechstein II,165; Lachmann 443,1)

 

1

Wizzet, frouwe wol getân,

daz ich ûf genâde hân

herze und lîp an iuch verlân,

daz riet mir ein lieber wân:

5

durch des rât hân ichz getân

und wil es niht abe gestân.

daz lât mir ze guote ergân.

 

2

«Sît ir dienstes mir bereit,

tuot ir daz ûf lônes reht,

sô lât mich erkennen daz,

wie der dienest sî gestalt,

5

den ich mich sol nemen an,

wie der lôn geheizen sî,

der iu von mir sol geschehen.»

 

3

Frouwe, ich wil in mînen tagen

sô nâch iuwern hulden jagen,

daz ez iu muoz wol behagen,

den muot durch iuch hôhe tragen

5

unde an fröiden niht verzagen,

iuwer lop der werlde sagen,

und des lônes noch gedagen.

 

4

«Sît ir frô, dar zuo gemeit,

mir ze dienest alse ir jeht,

ez gefrumt iuch selben baz

danne mich wol tûsentvalt.

5

tuot daz sehamelop hin dan:

mirst der spiegel swære bî,

dar inn ich mîn leit sol sehen.»

 

5

Iuwer lop die wirde hât,

daz ez wol ze hove gât,

baz dann aller künge wât

âne scham aldâ bestât.

5

«lieber herre, sælic man,

ir sît spotes alze frî.

dest unprîs, tar ichs gejehen.»

 

1398

Diu liet vil maniger niht verstuont,

als noch die tumben ofte tuont;

swer aber was sô rehte wîs,

der sî verstuont, der gabe in prîs.

5

si wâren gẹtihtet wunderlîch,

die rîme gesetzet meisterlîch:

diu wîsẹ kundẹ bezzer niht gesîn:

ich redet drinnẹ mit der vrowen mîn.

 

1399

Dar nâch ze rehter zît ich sanc

vier wîse, als mich mîn wille twanc,

ze dienest aber der vrowen mîn.

diu wîse kunde niht gesîn

5

bezzer noch für wâr diu wort:

die giengen ûz der sinne hort,

si lobten die vil guoten hô:

nu hœrt! die wîse sprachẹn alsô: 

 

Lied XXXIV

Ein tanzwîse, diu vier und zweinzigest

(Bechstein II,167; Lachmann 444,24)

 

1

Wîchet umbe balde, sorge und angest, von der strâze,

lât die wunne bernde fröide für.

ez enzimt iu beiden ûf mîn triuwe niht ze mâze,

swâ ir mit ir dringet an der tür.

5

strîchet von dem lande, sam der winder von uns hin:

lât die fröide mit dem sumer in.

 

2

Hôher muot ist her gewesen von uns lange ellende:

wol uns des, er ist nu wider komen.

nû sol unser swachez trûren haben gar ein ende,

sît uns sorge und angest ist benomen.

5

swer nu trûret, derst verzagt an guoten dingen gar:

wünschet daz er nimmer wol gevar.

 

3

Niemen kan mit trûren sîner nôt niht überwinden;

dâ von wil ich hôhes muotes sîn.

man muoz mich in hôhem muote und ouch bî fröiden vinden:

alsô wil daz spilnde herze mîn.

5

mirn gestuont der muot sô hôhe nie bî mîner zît:

wol ir diu mir hôchgemüete gìt!

 

4

Dest ein wîp diu wol ir wîpheit kan mit tugenden krœnen:

ir wîplîcher muot ist wandels frî.

ichn gesach nie wîbes lîp sô guoten noch sô schœnen:

ir ist reines wîbes fuore bî.

5

sîst ein frouwe von geburt: sô ist ir süezer lîp

von ir tugenden ein vil wîplîch wîp.

 

5

Swer ir reinen süezen lîp mit mînen ougen sæhe,

den liez ich sô lieplîch schœne sehen,

daz er ir vor allen wîben hôher êren jæhe.

kunde er alse ich wîbes tugende spehen,

5

sô müest er von wârheit sprechen «seht, daz ist ein wîp

der von rehte dienet ritters lîp.» 

 

Lied XXXV

Ein tanzwîse, diu fünf und zweinzigest

(Bechstein II,168; Lachmann 446,1)

 

1

Warnet iuch gar, junge und alde,

gein dem winder: des ist zît.

niemen blôzer vor im halde:

er sleht tiefe wunden wît.

5

lât die schilde stille ligen,

sît iu selben kleider milde:

sô mügt ir im an gesigen.

 

2

Ich wil iuch des besten wîsen.

welt ir vor im sîn behuot,

sô sult ir diu hiuser spîsen:

gein im ist iu niht sô guot.

5

swer mit witzen nû niht vert,

sît er wil diu hûs besitzen,

der ist von im unernert.

 

3

Für sîn stürmen, für sîn slîchen,

für sîn ungefüege drô,

sul wir in die stuben wîchen,

dâ mit wîben wesen frô.

5

wîbes güete dast ein dach,

daz man nie für ungemüete

alsô guotes niht gesach.

 

4

Aller guoten wîbe güete

müeze immer fröiden pflegen.

vor ir zürnen mich behüete

got: daz ist mîn morgensegen.

5

guotes wîbes werdikeit

ist für wâr gar mines lîbes

hôhster trôst für sendiu leit.

 

5

Mines herzen fröiden lêre

ist ein süezer wîbes lîp.

diust mîn trôst für herzen sêre.

sist für wâr ein wîplîch wîp

5

unde ein frouwe manger tugent.

swanne ich in ir ougen schouwe

mich, sô blüet mir fröiden jugent. 

 

Lied XXXVI

Daz ist ein tagewîse

(Bechstein II,170; Lachmann 447,13)

 

1

«Got willekomen, herre,

mîn friunt, geselle, lieber man.

mîn trûren daz ist verre,

sît ich dich umbevangen hân.

5

dû bist mir vor allen dingen süeze;

dâ von ich dich herzenlîchen grüeze.

nu küsse tûsentstunden mich:

so küsse ich zwir als ofte dich.»

 

2

«Dîn wîplîch friundes grüezen,

dîn küssen und dîn umbevanc,

kan sich sô lieplîch süezen,

daz mir diu wîle nimmer lanc

5

bî dir wirt, vil herzenliebiu frouwe.

al mîn fröide ich an dir einer schouwe.

dîn lieber man, mîn liebez wîp,

daz sî wir beidiu, unde ein lîp.»

 

3

Nâch disem friundes gruoze

mit triuten wart geküsset vil.

diu selbe süeze unmuoze

in beiden riet ein minnespil.

5

in dem spil ir beider herze jâhen,

dô sî in den ougen rehte ersâhen

ir lieplîch minnevarwen schîn,

daz er wær ir und sî wer sîn.

 

4

Nâch disem spil si lâgen

geslozzen wol nâch friundes site.

ir beider münde pflâgen

dâ sich diu liebe erzeiget mite.

5

ir vil lûter liebe slôz diu minne

mit der triuwe vaste zeinem sinne

in innerhalp ir herzen tür.

dâ rigelt sich diu stæte für.

 

5

In minnen paradîse

ir beider lîp mit fröiden lac.

dar sleich ein maget lîse:

diu sprach «nu wol ûf, ez ist tac».

5

von dem worte ir ougen über wielen,

daz die treher in ûf diu wängel vielen.

dâ wart geküsset tûsent stunt

ir ougen kinne wengel munt.

 

6

Sus wolt der tac si scheiden:

daz tet in herzenlîchen wê.

dô riet diu minne in beiden

ein süezez spil verenden ê.

5

ein ander sîz niht baz erbieten mohten:

mit armen und mit beinen lac geflohten

ir beider lîp. dô sprach diu maget

«iu beiden ez ze leide taget».

 

7

Mit linden wîzen armen

beslozzen lac des ritters lîp.

si sprach «lâ dich erbarmen,

guot friunt, mich fröiden armez wîp:

5

füere mich in dînem herzen hinnen.»

«frouwe, ich minne dich mit friundes sinnen.

du bist vogt in dem herzen mîn:

sam bin ich in dem herzen dîn.

got müeze dîner êren pflegen:

dîn wîplîch güete sî mîn segen.» 

 

Lied XXXVII

Ein tanzwîse, diu sehs und zweinzigest

(Bechstein II,172; Lachmann 449,11)

 

1

Wol   mich immer! mîn gemüete

hât ein guot wîp mit ir güete

hôh in spilnde fröide brâht.

diust mîn wunne, diust mîn frouwe:

5

al mîn fröide ich an ir schouwe.

got der hât mich wol bedâht

mit sô reinem süezen wîbe.

ich vertrîbe

trûren mit ir mînem lîbe:

10

hôhen muot ich dâ zir hol.

 

2

Wol   mich, wol mich immer mêre

des daz sî hât tugent und êre,

güete, schœne, volleclîch.

des leb ich in hôhem muote.

5

got der füege mirz ze guote.

nie man wart sô fröiden rîch,

alse ich bin von der vil süezen.

trûren büezen

kan si mit ir züchten süezen.

10

ir gruoz tuot mich fröiden vol.

 

3

Wol   wol wol mich daz die wîsen

müezen sî von rehte prîsen,

daz si daz gedienet hât.

dâ von kumt mir ofte tougen

5

fröiden tou ûz dâ zen ougen,

daz ûz herzen grunde gât.

ir lîp ist mîn fröiden lêre.

swar ich kêre,

ich bin frô des daz ir êre

10

hât behuot sich als si sol.