BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Heinrich Mann

1871 - 1950

 

Lidice

 

1943

 

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Die Wiese, wie vorher, aber ohne SS und Gestapo. Die Tänze aus der „Verkauften Braut“ werden aufgeführt, mit einer Hingabe und Besonnenheit, als wären sie nie unterbrochen gewesen. Vorn, inmitten der Kinder, machen Pavel und Lyda ihre anmutigen Schritte. Bei den Begegnungen im Tanz werden ihnen Blumen zugeworfen. Die Musikbande der Bergarbeiter ist näher gerückt. Der Primgeiger spielt Pavel ins Ohr.

Pavel: „Der Smetana war, hör ich, kein Deutscher.“

Der Gemeindevorsteher, abseits mit den älteren Leuten: „Nicht jeder kann ein Deutscher sein, daher das viele Unglück.“

Doktor Holar: „Wenn es auf der Welt keine Musik gäbe als nur die deutsche, gleich wär alles gut.“

Jaroslav: „Unsere Musik können sie uns nun einmal nicht nehmen.“

Doktor Holar: „Verbieten können sie uns die tschechischen Opern.“

Die Frau, deren Schwester von Pavel behandelt wurde: „Ist das wahr? Unsere Musik verbieten, damit sie allein welche machen?“

Pavel, führt Lyda vorüber: „Die werden so bald keine Musik mehr machen.“

Lyda: „Sie sind zu böse.“

Die Frau: „Den Magen auspumpen sollte man jedem einzeln.“

Doktor Holar: „Ich bin überlastet.“

Jaroslav: „Aus Lidice sind sie fort. Angriff abgeschlagen. Ungeordneter Rückzug.“

Der Gemeindevorsteher: „Die kommen wieder.“

Doktor Holar: „Auch wir werden wieder da sein.“

Der Gemeindevorsteher: „Wenn wir noch da sind.“

Die Tanzgruppen machen halt, die Tänzer singen im Chor. Pavel dirigiert das singende Dorf.

Pavel: „Lyda! Das ist ein singendes Dorf. Lyda! Du bist das verkaufte Bräutchen.“

Lyda: „Du, Pavel, verkaufst mich – für einen Protektor.“

Pavel: „Teuer, sehr teuer. Du, Lyda, kostest mehr, als ein Protektor wert ist.“