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Georg Heym
Umbra vitae



 






 




U m b r a  v i t a e

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Ludwig Meidner
Nächtliche Straße
Zeichnung 1913



Die Stadt

Sehr weit ist diese Nacht. Und Wolkenschein
Zerreißet vor des Mondes Untergang.
Und tausend Fenster stehn die Nacht entlang
Und blinzeln mit den Lidern, rot und klein.

5
Wie Aderwerk gehn Straßen durch die Stadt,
Unzählig Menschen schwemmen aus und ein.
Und ewig stumpfer Ton von stumpfem Sein
Eintönig kommt heraus in Stille matt.

Gebären, Tod, gewirktes Einerlei,
10
Lallen der Wehen, langer Sterbeschrei,
Im blinden Wechsel geht es dumpf vorbei.

Und Schein und Feuer, Fackeln rot und Brand,
Die drohn im Weiten mit gezückter Hand
Und scheinen hoch von dunkler Wolkenwand.


Mit den fahrenden Schiffen . . .

Mit den fahrenden Schiffen
Sind wir vorübergeschweift,
Die wir ewig herunter
Durch glänzende Winter gestreift.
5
Ferner kamen wir immer
Und tanzten im insligen Meer,
Weit ging die Flut uns vorbei,
Und Himmel war schallend und leer.

Sage die Stadt,
10
Wo ich nicht saß im Tor,
Ging dein Fuß da hindurch,
Der die Locke ich schor?
Unter dem sterbenden Abend
Das suchende Licht
15
Hielt ich, wer kam da hinab,
Ach, ewig in fremdes Gesicht.

Bei den Toten ich rief,
Im abgeschiedenen Ort,
Wo die Begrabenen wohnen;
20
Du, ach, warest nicht dort.
Und ich ging über Feld,
Und die wehenden Bäume zu Haupt
Standen im frierenden Himmel
Und waren im Winter entlaubt.

25
Raben und Krähen
Habe ich ausgesandt,
Und sie stoben im Grauen
Über das ziehende Land.
Aber sie fielen wie Steine
30
Zur Nacht mit traurigem Laut
Und hielten im eisernen Schnabel
Die Kränze von Stroh und Kraut.

Manchmal ist deine Stimme,
Die im Winde verstreicht,
35
Deine Hand, die im Traume
Rühret die Schläfe mir leicht;
Alles war schon vorzeiten.
Und kehret wieder sich um.
Gehet in Trauer gehüllet,
40
Streuet Asche herum.


Die Morgue

Die Wärter schleichen auf den Sohlen leise,
Wo durch das Tuch es weiß von Schädeln blinkt.
Wir, Tote, sammeln uns zur letzten Reise
Durch Wüsten weit und Meer und Winterwind.

5
Wir thronen hoch auf kahlen Katafalken,
Mit schwarzen Lappen garstig überdeckt.
Der Mörtel fällt. Und aus der Decke Balken
Auf uns ein Christus große Hände streckt.

Vorbei ist unsre Zeit. Es ist vollbracht.
10
Wir sind herunter. Seht, wir sind nun tot.
In weißen Augen wohnt uns schon die Nacht,
Wir schauen nimmermehr ein Morgenrot.

Tretet zurück vor unserer Majestät.
Befaßt uns nicht, die schon das Land erschaun
15
Im Winter weit, davor ein Schatten steht,
Des schwarze Schulter ragt im Abendgraun.

Ihr, die ihr eingeschrumpft wie Zwerge seid,
Ihr, die ihr runzelig liegt auf unserm Schoß,
Wir wuchsen über euch wie Berge weit
20
In ewige Todes-Nacht, wie Götter groß.

Mit Kerzen sind wir lächerlich umsteckt,
Wir, die man früh aus dumpfen Winkeln zog
Noch grunzend, unsre Brust schon blau gefleckt,
Die nachts der Totenvogel überflog.

25
Wir Könige, die man aus Bäumen schnitt,
Aus wirrer Luft im Vogel-Königreich,
Und mancher, der schon tief durch Röhricht glitt,
Ein weißes Tier, mit Augen rund und weich.

Vom Herbst verworfen. Faule Frucht der Jahre,
30
Zerronnen sommers in der Gossen Loch,
Wir, denen langsam auf dem kahlen Haare
Der Julihitze weiße Spinne kroch.

Wir, Namenlose, arme Unbekannte,
In leeren Kellern starben wir allein.
35
Was ruft ihr uns, da unser Licht verbrannte,
Was stört ihr unser frohes Stell-Dich-Ein?

Seht den dort, der ein graues Lachen stimmt
Auf dem zerfallnen Munde fröhlich an,
Der auf die Brust die lange Zunge krümmt,
40
Er lacht euch aus, der große Pelikan.

Er wird euch beißen. Viele Wochen war
Er Gast bei Fischen. Riecht doch, wie er stinkt.
Seht, eine Schnecke wohnt ihm noch im Haar,
Die spöttisch euch mit kleinem Fühler winkt.

45
- Ein kleines Glöckchen -. Und sie ziehen aus.
Das Dunkel kriecht herein auf schwarzer Hand.
Wir ruhen einsam nun im weiten Haus,
Unzählige Särge tief an hoher Wand.

Ewige Stille. Und des Lebens Rest
50
Zerwittert und zerfällt in schwarzer Luft.
Des Todes Wind, der unsre Tür verläßt,
Die dunkle Lunge voll vom Staub der Gruft,

Er atmet schwer hinaus, wo Regen rauscht,
Eintönig, fern, Musik in unserm Ohr,
55
Das dunkel in die Nacht dem Sturme lauscht,
Der ruft im Hause traurig und sonor.

Und der Verwesung blauer Glorienschein
Entzündet sich auf unserm Angesicht.
Eine Ratte hopst auf nacktem Zehenbein,
60
Kommt nur, wir stören deinen Hunger nicht.

Wir zogen aus, gegürtet wie Giganten,
Ein jeder klirrte wie ein Goliath.
Nun haben wir die Mäuse zu Trabanten,
Und unser Fleisch ward dürrer Maden Pfad.

65
Wir, Ikariden, die mit weißer Schwinge
Im blauen Sturm des Lichtes einst gebraust,
Wir hörten noch der großen Türme Singen,
Da rücklings wir in schwarzen Tod gesaust.

Im fernen Plan verlorner Himmelslande,
70
Im Meere weit, wo fern die Woge flog,
Wir flogen stolz in Abendrotes Brande
Mit Segeln groß, die Sturm und Wetter bog.

Was fanden wir im Glanz der Himmelsenden?
Ein leeres Nichts. Nun schlappt uns das Gebein,
75
Wie einen Pfennig in den leeren Händen
Ein Bettler klappern läßt am Straßenrain.

Was wartet noch der Herr? Das Haus ist voll,
Die Kammern rings der Karawanserei,
Der Markt der Toten, der von Knochen scholl,
80
Wie Zinken laut hinaus zur Wüstenei.

Was kommt er nicht? Wir haben Tücher an
Und Totenschuhe. Und wir sind gespeist.
Wo ist der Fürst, der wandert uns voran,
Des große Fahne vor dem Zuge reist?

85
Wo wird uns seine laute Stimme wehen?
In welche Dämmerung geht unser Flug?
Verlassen in der Einsamkeit zu stehen
Vor welcher leeren Himmel Hohn und Trug?

Ruhen wir aus im stummen Turm, vergessen?
90
Werden wir Welle einer Lethe sein?
Oder, daß Sturm uns treibt um Winteressen,
Wie Dohlen reitend auf dem Feuerschein?

Werden wir Blumen sein? Werden wir Vögel werden,
Im Stolze des Blauen, im Zorne der Meere weit?
95
Werden wir wandern in den tiefen Erden,
Maulwürfe stumm in toter Einsamkeit?

Werden wir in den Locken der Frühe wohnen,
Werden wir blühen im Baum, und schlummern in Frucht,
Oder Libellen blau auf den See-Anemomen
100
Zittern am Mittag in schweigender Wasser Bucht?

Werden wir sein wie ein Wort von niemand gehöret?
Oder ein Rauch, der flattert im Abendraum?
Oder ein Weinen, das plötzlich Freudige störet?
Oder ein Leuchter zur Nacht? Oder ein Traum?

105
Oder - wird niemand kommen?
Und werden wir langsam zerfallen,
In dem Gelächter des Monds,
Der hoch über Wolken saust,
Zerbröckeln in Nichts,
110
- Daß ein Kind kann zerballen
Unsere Größe dereinst
In der dürftigen Faust.


Die Tänzerin in der Gemme

Lange verschlossen, tief im runden Steine
Mit einem Trauerbaum und wenig Zweigen,
Noch dreht sie um den Hals den sanften Schleier
Und geht in leisem Tanz in stiller Feier.

5
Immer noch fort, wo schon die Götter starben
Über den Inseln, und draußen gezogen
Ist das Meer unter schläfrigen Wolken,
Unter den Ufern murrte die Woge.

Orpheus ging einst. Und sie sann seiner Schritte
10
Durch die Schluchten herunter zur stillen Ebene
Da sie lag im Schilf mit den wolligen Herden.
Aber ferne ging die Flöte des Gottes

Über der grünen Ruhe der toten Fluren,
Die so einsam sang ihre Traurigkeit,
15
Grauen Gewölben, über den Weiden weit,
Wo die Tiere lagen mit tiefem Horne.


Spitzköpfig kommt er . . .

Spitzköpfig kommt er über die Dächer hoch
Und schleppt seine gelben Haare nach,
Der Zauberer, der still in die Himmelszimmer steigt
In vieler Gestirne gewundenem Blumenpfad.

5
Alle Tiere unten im Wald und Gestrüpp
Liegen mit Häuptern sauber gekämmt,
Singend den Mond-Choral. Aber die Kinder
Knien in den Bettchen in weißem Hemd.

Meiner Seele unendliche See
10
Ebbet langsam in sanfter Flut.
Ganz grün bin ich innen. Ich schwinde hinaus
Wie ein gläserner Luftballon.


Pilatus

Ein Lächeln schiefen Grames, das verschwindet
Hinein in seiner Stirne weißes Tor.
Er sitzt auf seinem Stuhl. Seine Hände erhoben
Brechen den Stab und fallen von oben.

5
Aber wie eine Blume voll grüner Helle
Leuchtet im Dunkel der Höfe der König der Juden.
Und die Stirn, die sie schattig mit Dornen beluden,
Brennt wie ein Stein in fahler Grelle.

Und der Gott steigt hinauf, von den Schultern gehoben
10
Riesiger Engel, er singet, ein Schwan,
Leicht und klein fährt er auf in der strahlenden Bahn
Und der Vater, im Glanze, wartet sein droben.

Aber der Richter am blauen Gebirge
Hänget im riesigen Mantel wie faltige Frucht.
15
Wild kommt der Abend über die hallenden Öden.
Schweigsame Wasser fallen in grüner Schlucht.


Judas

Die Locke der Qual springt über der Stirne
Drin wispern Winde, und viele Stimmen
Die wie Wasser vorüberschwimmen.

Doch er rennet bei Ihm gleich einem Hunde
5
Und er picket die Worte hervor in dem Kote.
Und er wieget sie schwer. Sie werden tote.

Ach, der Herr ging über die Felder weiß
Sanft hinab am schwebenden Abendtag
Und die Ähren sangen zum Preis,
10
Seine Füße waren wie Fliegen klein,
In goldener Himmel gelbem Schein.


Der Garten

Der Mund ist feucht. Und wie bei Fischen breit
Und leuchtet rot in dem toten Garten.
Sein Fuß ist glatt und über den Wegen breit.
Winde gehen hervor aus dem faltigen Kleid.

5
Er umarmet den Gott, der dünn wie aus Silber
Unter ihm knickt. Und im Rücken die Finger
Legt er ihm schwarz wie haarige Krallen.
Quere Feuer, die aus den Augen fallen.

Schatten gehen und Lichter, manchmal ein Mond.
105
Ein Gesause der Blätter. Aus warmer Nacht
Trübes Tropfen. Und unten rufen die Hörner
Wandelnder Wächter über der gelben Stadt.


Der Baum

Sonne hat ihn gesotten,
Wind hat ihn dürr gemacht,
Kein Baum wollte ihn haben,
Überall fiel er ab.

5
Nur eine Eberesche
Mit roten Beeren bespickt
Wie mit feurigen Zungen,
Hat ihm Obdach gegeben.

Und da hing er mit Schweben,
10
Seine Füße lagen im Gras.
Die Abendsonne fuhr blutig
Durch die Rippen ihm naß,

Schlug die Ölwälder alle
Über der Landschaft herauf,
15
Gott in dem weißen Kleide
Tat in den Wolken sich auf.

In den blumigen Gründen
Ringelte Schlangengezücht,
[In] den silbernen Hälsen
20
Zwitscherte dünnes Gerücht.

Und sie zitterten alle
Über dem Blätterreich,
Hörend die Hände des Vaters
Im hellen Geäder leicht.


Hymne

Unendliche Wasser rollen über die Berge,
Unendliche Meere kränzen die währende Erde,
Unendliche Nächte kommen wie dunkele Heere
Mit Stürmen herauf, die oberen Wolken zu stören.

5
Unendliche Orgeln brausen in tausend Röhren,
Alle Engel schreien in ihren Pfeifen,
Über die Türme hinaus, die gewaltig schweifen
In ewiger Räume verblauende Leere.

Aber die Herzen, im unteren Leben verzehret,
10
Bei dem schmetternden Schallen verzweifelter Flöten
Hoben wie Schatten sich auf im tödlichen Sehnen,
Jenseits lieblicher Abendröten.


Die Städte

Der dunkelnden Städte holprige Straßen
Im Abend geduckt, eine Hundeschar
Im Hohlen bellend. Und über den Brücken
Wurden wir große Wagen gewahr,

5
Zitterten Stimmen, vorübergewehte.
Und runde Augen sahen uns traurig an
Und große Gesichter, darüber das späte
Gelächter von hämischen Stirnen rann.

Zwei kamen vorbei in gelben Mänteln,
10
Unsre Köpfe trugen sie vor sich fort
Mit Blute besät, und die tiefen Backen
Darüber ein letztes Rot noch verdorrt.

Wir flohen vor Angst. Doch ein Fluß weißer Wellen
Der uns mit bleckenden Zähnen gewehrt.
15
Und hinter uns feurige Abendsonne
Tote Straßen jagte mit grausamem Schwert.


Der Nebelstädte winzige Wintersonne . . .

Der Nebelstädte
winzige Wintersonne
Leuchtet mir mitten ins gläserne Herz.
Das ist voll vertrockneter Blumen
5
Gleich einem gestorbenen Garten.

[Alles, was ehe war,
Ist hinter den Mauern des Schlafes
Schon zur Ruhe gebracht.
Viele Winde der sausenden Straßen
10
Haben inzwischen auf frierenden Köpfen
Ein Wind-Spiel gemacht.]

Wohl war in Dämmerung noch
Blutiger Wolken Kampf
Und der sterbenden Städte
15
Schultern zuckten im Krampf.
Wir aber gingen von dannen
Zerrissen uns mit einem Mal,
Dumpf scholl ein Zungen-Gestreite
In Finsternis - Unrat - siebenfarbiger Qual.

20
Doch niemand rühret das starre
Gestern noch mit der Hand
Da der rostige Mond
Kollerte unter den [Rand]
Zu wolkiger Wolken Geknarre.


Die Vögel

Wie trübe Morgen langsamer Tage
Über den Seen und Sümpfen voll Klage
Über dem schillernden Schilf ruht die Nacht
Regen [. . .]. In den Bäumen erwacht

5
Ein Geschrei. Und huschen die Hunde
Rund um die Mauern mit heiserem Munde.
Aber die Türme steigen von Bergen, bleichen,
Hockend stumm um die verschrumpften Teiche.

Eine Fackel brennt auf Und die Vögel der Öden
10
Hoch herauf zu Himmels-Böden
Schwer flattern von den kahlen Horsten
Riesiger Bäume mit großen Schwingen zerborsten,

Langsam mit ihren gewaltigen Händen
Fassend die Nacht an den dunkelnden Enden
15
Drohend wie Schatten und böse Gedanken,
Die in brechenden Wolken schwanken.

Plötzlich stürmet vorbei an dem Mond ein Geschwirre.
Und er schreit wie ein Kind vor der Federn Geklirre.
Schlagend den Flügel, nisten sie über ihm,
20
Und krähen ein Lied aus den Schnäbeln so grün.


Meine Seele

Golo Gangi gewidmet
(Erich Loewenson)


Meine Seele ist eine Schlange,
Die ist schon lange tot,
Nur manchmal in Herbstesmorgen,
Entblättertem Abendrot
5
Wachse ich steil aus dem Fenster,
Wo fallende Sterne sind,
Über den Blumen und Kressen
Meine Stirne spiegelt
Im stöhnenden Nächte-Wind.


Die Meerstädte

Mit den segelnden Schiffen fuhren wir quer herein
In die Städte voll Nacht und frierender Häfen Schein.
Tausend Treppen leere hingen zum Meere breit,
Dunkel die Schiffer schwangen den Feuerscheit.

5
[Die Gärten der Meere mit silbernen Straßen gefüllt
Dehnten sich [. . .] unter der Sterne Bild
Und die riesigen Fische gingen im goldenen Kleid
Mit blitzenden Speeren über die Wasser weit.]

Glocken nicht brummten. Und Bettler nicht saþen am Pfad.
10
Rief kein Horn, und niemand den Weg uns vertrat.
Und die Städte alle waren wie Wände bloß.
Sterne nur gingen über den Zinnen sehr groß.

Seebäume saßen geborsten im Mauergestrüpp.
Salzig, und weite [Türme] vor unserem Fuß.
15
Brücken zerbrochen standen wie Knochengerüpp,
Ferne Feuer warfen sich über den Fluß.


Die Höfe luden uns ein . . .

Die Höfe luden uns ein, mit den Armen schmächtig,
Faßten unserer Seelchen zipfeliges Kleid.
Und wir entglitten durch Tore nächtig
In toter Gärten verwunschene Zeit.

5
Von Regenrohren fiel Wasser bleiern,
Ewig, Wolken flogen so trübe.
Und über der Starre der frostigen Weiher
Rosen hingen in Dürre vom Triebe.

Und wir gingen auf herbstlichen Pfaden, geringern,
10
Gläserne Kugeln zerrissen unser Gesicht,
Jemand hielt sie uns vor auf den spitzigen Fingern.
Unsere Qualen machten uns Feuer-licht.

Und wir schwanden so schwach in die gläsernen Räume.
Riefen voll Wehmut, da dünne das Glas zerbrach.
15
Wir sitzen nun ewig, in weißlichen Wolken, zu träumen
Spärlichem Fluge der Falter im Abendrot nach.


Die Schlösser

Alt von Blute, und manches im toten Munde
Kauen sie Dunkel - Wo große Schwerter geblitzt.
Trübe Gelage zur Nacht in der Könige Runde -
Draußen die Sonne die späte[n] Pfeile noch spritzt.

5
Wir auch gingen herum. Und kamen durch Stiegen und Gänge.
Mancher Vorhang tat sich auf und fiel zu.
Viele Schatten auf bleichen Dielen in Länge
Kamen um unseren Fuß wie Hunde in Ruh.

Über den Höfen, den dunklen voll Trauer, begannen
10
Windfahnen oben das knarrende Abendlied.
Und hoch in dem Licht der Götter große Gespanne
Schnelle rollten dahin in den festlichen Süd.


Die Messe

Bei dreier Kerzen mildem Lichte
Die Leiche schläft. Und hohe Mönche gehen
Um sie herum, und legen ihre Finger
Manchmal über ihr Angesicht.

5
Froh sind die Toten, die zur Ruhe kehren
Und strecken ihre weißen Hände aus,
Den Engeln zu, die groß und schattig gehen
Mit Flügelschlagen durch das hohe Haus.

Nur manchmal schallt ein Weinen durch die Wände,
10
Ein tiefes Schluchzen wälzt sich in der Lust.
Man kreuzet ihre hageren Finger-Hände
Zum Frieden sanft auf die verhaarte Brust.
 
 
 
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