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Gedichte
1930
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Zwiegespräche
Alexandros und Aristoteles
Cäsar und Brutus
Friedrich und Franziskus
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ALEXANDROS UND ARISTOTELES
ARISTOTELES
Ja laßt mich scheiden Herr! Seit eures vaters aschen
Die urne birgt bedeuten Thebens trümmer,
Zu kalt und langsam ward euch meine lehre.
Gönnt diesem haupt die ruh. Ich weiß nun: eure weisheit
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5 | Die höhere die ich neidlos ehre ist die tat.
ALEXANDROS
Müßt ihr mir schmeicheln? Wie doch euer lächeln ausweicht,
Wie eure leise stimme tadelt und mich höhnt!
Ich flehe – euer könig fleht euch an:
Seht mir ins auge! Trotzt mir, aber blinst nicht so
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10 | An mir vorbei mit einem leeren blick als wäre
Ich euch im weg vor würdigerer schau.
ARISTOTELES
Dem lehrer ziemt nicht den entwachsnen zögling
Zu mahnen was er ihm verdankt. Da euer auge
Meins nicht mehr sucht, laßt diesem seinen weg!
ALEXANDROS
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15 | Ihr Weisen o ihr Ältren ihr gepanzert
Mit euren harten jahren lächelt lächelt,
Wenn wir in nackter jugend euch bestürmen.
Ihr kennt ja alle worte die euch treffen sollen,
Eh wir sie stammelnd noch geformt.
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20 | Und warum habt ihr recht? Es gilt nur weil ihr selbst
Gesetze gebt: dies ist geirrt, dies wahr. Ihr habt
Vergessen was ihr wart und das nennt ihr die weisheit
Und toren uns die wortlos glühn.
ARISTOTELES
Vergessen?
Seh ich nicht täglich neu wie schwall von flut
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25 | In euch sich bahn bohrt? Doch der weich ich aus.
ALEXANDROS
Wißt ihr wohin? Meister! Weißt du wohin
Die qual mich stößt die mich zersprengen will?
Gedanken die sich schon auf sternen wiegten
In trunknen abenden umflattern sie
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30 | Mit heißem odem diese brust und fordern blut –
Weß nahrhaft blut? Wem soll ich opfern?
Wem von den göttern gieß ich es aus?
Sehnsüchtig dampft gen himmel blut und wein . .
Begierig trinkt die erde blut und wein
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35 | Und nirgend hör ich antwort. Und ihr ihr
Vertrautester der götter warum schreckt ihr so
Und fröstelt? Sprach aus mir ein gott? rauscht dieser mund
Wahnwitz? Nein seid gewiß, ihr mißverstandet mich.
Ich schweige . . denn ich fühle, wie verworrner gischt
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40 | Beschäumt euch geist und odem des verzückten hirns.
ARISTOTELES
Ertrüg ich euch wenn ich euch so nicht kennte?
Ihr seid es noch der grenzen jetzt beraubt
Und keines zieles sicher. So war auch das kind
Das mir zuerst gelauscht, erhitzt vom rossetummeln,
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45 | Vom speerschwung schon den zarten arm gekrampft,
Des stifts nicht mächtig, bebend jede fiber –
So zuckte dieses auge tränend und entrückt
Beim ruhm Achills.
ALEXANDROS
Saht ihr mich so und wußtet
Aus mir nicht mehr zu schaffen? Zeigtet ihr die veste
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50 | Das drehende gewölbe nur um mir
Den weg hinein zu wehren? Grenzen da und dort!
War dies für mich genug und waren all die götter
Nur klein damit ich mich nicht größer dünkte
Als diese spanne knechtischen kots und euer Griechenland
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55 | Wo jede tugend ihre fesseln trägt den weg
Den warnend sie das scheue laster weist?
ARISTOTELES
Ich bot entsagend euch von tag zu tag
Was euer vater heischte daß ihr tüchtig würdet
Und klug und kühn für solch ein königreich.
ALEXANDROS
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60 | Und eure weisheit?
ARISTOTELES
War: daß ich euch schwieg
Von meiner weisheit: wie auf heißem herd
Ein wassertropfe wäre sie zersprüht
An eurem herzen.
ALEXANDROS
Nur nach ihr verlangte mich,
Nach euch! Was jedem wird ziemts mir?
ARISTOTELES
Vor allen.
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65 | Ich wars drum der euch gab was alle wollen.
ALEXANDROS
Was allen nützt . . nie was ich suchte.
ARISTOTELES
Nie.
Soll ich dreimal so alt als ihr aus hohler luft
Zu körpern ballen was vorflatternd dem noch dumpfen
Hungrigen geist die kindlichen träume verhießen?
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70 | Ich durfte nicht in überhitzter jagd
Euch folgen durch zerspellte himmel.
ALEXANDROS
Meister des wissens
Dazu durchwühlt ihr die entlegnen schlüfte
Der toten erden, dazu den gedrungnen bau
Des Alls? Dazu zerfetzt ihr der vergangenheit
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75 | Verkohlten leichnam und den zukunftschleier
Und sagt dann nein wenn euch ein knabe bittet:
«Weist mir den weg.»
Geht mir! Ihr häuft zur not durchwachter nächte
Den wahn des lebens das sich selber frißt
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80 | Und ladet listig beide auf uns blinde frager.
Ihr biegt den süchtig ausgespannten flügeln
Sinnreich die weichen federn krumm bis laues blut
An ihren wurzeln quillt. Preist euer glück
Daß erst der abschied euch enthüllt!
ARISTOTELES
So fordert –
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85 | Nicht eigen ist euch euer wort – der heiße hauch
Der jungen seele hastig stets gebilde
Jenseits von tag und raum · von aug und hand.
Noch hinter jeden spiegel greift sie rasch
Und spiegel wird was sie umgibt.
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90 | Und glitzernd und beschattet wird euch euer bildnis
Endloser wände reihn entlang geworfen
Vom blick zum blick, vom wunsch zurück zum wunsch.
Entgegen stürzt ihr weiten arms: «o götter!
O liebe strahlst du so! Ruhm wie du lockst!
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95 | Ich fand dich meine sehnsucht»
Da schlägt das fiebernde herz ans kalte glas.
Nun seht ihr erst und flucht · meint zu verschmachten
Und höhnt euch . . «klirre falsche scheibe!» Und ihr schwört
Euch selbst zu finden hinter jeder scheibe!
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100 | Kein leib · kein gott antwortet euch! Da lacht und friert
Und schweigt das bild das bild euer eigen bild.
ALEXANDROS
Heißt dies: daß ihr mir so ein spiegel wart
Und ich der tor mit weit gestrafften armen?
ARISTOTELES
Es heißt auch dies, doch dieses nicht allein.
ALEXANDROS
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105 | Nie wart ihr mir so offen.
ARISTOTELES
Ihr der offenheit
Nie so bedürftig.
ALEXANDROS
Nie so arm. Ich merke
Zum mitleid ward ich lebenssatten greisen.
Zum mitleid ich! Ich euch! Der könig euch!
Bangt euch nie daß ich mich bedenke wer ich bin
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110 | Und diese spiegel zerschelle – die lästig weisen?
ARISTOTELES
Ihr dürft was ihr vermögt. Doch eure spiegel unzerbrechlich
Tragt ihr mit euch durch paradies und wüste.
ALEXANDROS
Verzeiht mir! Wie ich euch verzeihe daß ihr recht habt.
Werd ich an einem letzten blick auf euch erblinden?
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115 | Schon weiß ich nicht: bin ich blind oder sinds die spiegel?
ARISTOTELES
Sucht mich nicht mehr und sucht euch selber nicht
Und flieht euch selber nicht. Wer hetzt euch so?
ALEXANDROS
Ich brenne, ich verbrenne.
Hier welch ein flammenabgrund keucht und kreist.
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120 | Ihn füllt nicht eine welt, und welt auf welten
Sie überstürzen ihn nicht. Doch es bedarf der opfer.
Die götter hüllen sich und euer spruch versagt
Vor alter heiser.
ARISTOTELES
So horcht was euch die eigne glut
Bescheidet! Folgt ihr, seis euch auch zur qual!
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125 | Mich fragt nicht mehr! Nur gleichnis weiß ich euch.
ALEXANDROS
So taucht zurück in euer umwölktes reich
Und lockt die geister denen statt des blutes
Ein magischer spruch genügt. So lest am boden
Durch zeichen ob im kerne feuer gärt ob schlamm.
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130 | Weiß ichs doch allzugut! Mich peitscht der gott.
Auf glühendem rad jagt er mich durch die nacht.
Ich schau ihn nicht, doch ahn ich: mir im busen
Gebietet er wie in dem herzen meines sterns.
Er lenkt auf meiner zunge eure taten.
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135 | Mit meinem wahnsinn dürft ich eure weisheit nicht,
Mit eurer seligkeit nicht meine marter tauschen.
So spricht er. Daß ihr ihn vernähmt!
ARISTOTELES
Ich höre.
Gut . . unser keiner sucht im andern mehr
Was er nicht birgt. Ihr tut, ich schaue. Fliehn wir uns!
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140 | Zu andren bahnen ward mein stern als eurer
Seit sie vom Innesein sich beide lösten,
Zu schöpferischer eintracht nie vermischt.
Nur trüber lichtschein durch des weltalls nebel
Drang über ihren kreis. Wozu noch hehlen
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145 | Was euch der durst, mich die entsagung lehrt?
ALEXANDROS
Wie gütig klug habt ihr so lange mein geschont,
Beim trügerischen abschluß mich zu greifen . .
Ein seltsam lebend tier das sich in peinen windet
Damit ihr lerntet! Seht mich an: so leiden
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150 | Die könige gekerkert in der welt
Und seht: so nagen sie das enge gitter an . . vielleicht
Der krampf ein sieg – und unterm krachen schwinge ich
Mich durch den trümmerkreis ins wogende all.
ARISTOTELES
Mir bangt ihr werdet zwischen den gewölken
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155 | Hintaumeln und von gier zu der vergoldeten gier
In irrer qual euch drehn. In jedem klaffenden himmel
Dem ihr geschwellt euch zudreht lischt die leuchte
Und staubige nacht geballt preßt euch den atem.
Wölbt früh um euch dies kühle wissen:
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160 | Kein becher sättigt euch, er berge denn gift.
Was euch zufliegt versengt vor der berührung
Die loh die aus euch schlägt. Eh eure steile
Ein mensch erklimmt sind ihm die glieder lahm vor frost . .
Und fände sich einer heiß wie ihr und hungrig
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165 | Wie ihr: an euch zerschmilzt er oder ihr an ihm,
Wenn ihr nicht in getrennten sphären rollt,
Nur zwischen euch des schwarzen raums erstickte dünste.
ALEXANDROS
Der fluch gilt mir nicht mehr und drum vergeb ich euch.
Mich kennt ihr nimmer und ihr redet noch
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170 | Zu Philipps trotzigem sohn. Der bin ich nicht.
Nur meine schale staunt ihr an. Das feuer
Deß rauch euch so entsetzt loht nicht nur hier.
Auch droben glüht es wo ihr welten meßt.
Ihr weiser späher, fandet ihr es nie
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175 | Im innersten des alls und saht ihr es noch nie
Durch amethystne wölbung donnernd brechen
Wenn Zeus die brauen zuckt, mein vater Zeus? . .
Doch ich begriff ihn. Ja das wollte sein dunkler ruf
In den erhöhten nächten die ihr taub durchschlaft,
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180 | Ihr grübler blind durchwacht. So rief er mich bedräuend:
«,Sohn warum säumst du? Seit die welt mir enge ward
Fand sie noch keinen herrn!» So rief er mich bei namen
Und rollte wie zum spiel die erde vor mir her
Durch wallenden dampf der nacht ein flammenzeichen . .
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185 | Ich komme vater, ich komme und lasse dich nicht.
ARISTOTELES
Ihr fiebert, selbst euch fremd!
ALEXANDROS
Er wirkt in mir.
Laß dein gefäß mich sein mein Zeus! Dein bild, ich bin
Wie du aus trüber gärung zum geschick
Des reingestalten tags emporgestiegen.
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190 | Nicht einzeln stieg ich aus dem schoß der dich gebar.
ARISTOTELES
Wie quälts mich den beherrscher so zu schaun!
Entfahrend der verzweiflung, raserei im haar.
Ihr sprüht vom dumpfen sud der untern schlüfte
Und ihr verfallt blutgeistern die ihr nährt.
ALEXANDROS
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195 | Nicht in meiner macht
Liegt was mich treibt. So weise ihr seid, schweigt drum!
Was eh mir trauer schuf ward blitz. Der kennt
Sich wohl und seinen weg. Er muß: so ist er weise.
ARISTOTELES
Ich scheide. Möchtet ihr so trunken bleiben
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200 | Daß ihr die hefe niemals schmeckt! Mir bangt
Die welt wird stöhnen machen was euch nur betäubt.
ALEXANDROS
Gedenkt der götter wenn erhitzt mein flügelwagen
Den staub von Asien zu den sternen wirbelt!
Bald hallen an euren starren tempeln die hymnen
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205 | Von meinem heiligen Indus trunken wieder:
Schwellende ewigkeit dir Dionysos!
Lauscht selber durch die donner und opfert ihm gläubig!
Mißgönnt der gierigen erde nicht den wein
Wenn vom uralten altar staunender völker
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210 | Die brände lodern dem neuen dem freudigen gott!
CÄSAR UND BRUTUS
CÄSAR:
Gerettet! Bist du heil geliebter feind?
Ich habe mehr für dich gefürchtet als
Von dir. Laß dich umschließen! Wenn ich erst
Dich schützen kann werd ich dich halten können.
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5 | Du solltest mich nicht hassen und der kampf
Ist nun zu ende den kein haß dir riet.
BRUTUS:
Ich darf nicht danken daß du mich geschützt.
Ich will mich deinen armen nicht entziehn,
Und wenn dirs dank genug ist – ich bekenne:
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10 | Dich haß ich nicht. Doch traure ich um uns
Daß ich nicht lieben darf wie ich dich möchte:
Aus der gerechtigkeit.
CÄSAR:
So liebe mich
Wie du vermagst: aus blut . . . O Brutus lüge
Dein pochen dein erröten diese tränen,
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15 | Die mir beglücktem dich verraten, nicht
Mit einem worte tot. Gerechtigkeit! . .
Sieh hier bin ich und hier bist du: zwei wesen
Einander atmend in die offenen sinne,
Einander spürend fassend und gefüllt
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20 | (Du ebenso wie ich gesteht dein auge)
Bis an den rand mit männlichem vertrauen.
Und draußen war die schlacht, vor unsrem zelt
Die breite blutige erde . . luft und stoff
Woraus wir eigentum und fremdtum wählen –
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25 | Auch wirklich, ja . . das Andre das Umher.
Das alles trennt dich nicht von mir. Dein schwert
Nach mir gezückt verbot dir nicht zu beben
An meiner brust als art von meiner art.
Und nun «gerechtigkeit»: dies ohne-uns
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30 | Das uns nicht schuf, das wir nicht schufen, das
Nicht liebt nicht haßt soll uns verfehden, uns
Dies unbehauste Nichts!
BRUTUS:
O sähst du sie
So wahr wie dich und mich! Cäsar sie west
Und ich für sie und du nicht ohne sie.
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35 | Soll denn nur gelten was du schmeckst und greifst?
CÄSAR:
Nein: doch nur was mich wirkt und was ich wirke,
Blind oder sichtig – gleichviel, doch in mir.
Du und dein schmerz und dein wahnschaffner groll,
Der widersacher brandung, unser Rom
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40 | Das will und unwill seit sechshundert jahren,
Gereift aus ahnen, zu gesetz erstarrt,
Flut oder mauer von geblüt und brauch
Furcht oder gier und die gepflügte erde –
Das gilt, das muß ich tun, das will ich leiden,
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45 | Das hat und fordert raum und recht von mir.
BRUTUS:
Und die verweigerst du . . . Ich wehr mich nicht
Und dulde deine dringliche gewalt
Aus kraft und milde – ein geschöpf der zeit.
Weh dir und mir wenn wir nichts andres wären!
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50 | Weh dir daß du ihr fronst, mir daß ich dir
Muß widersagen, großer blinder mensch!
Du willst mir nah sein, ja du wirbst um mich
(Wie ließ' ich gern mich werben!) und du meinst
Es sei mein buch das deinen frevel rügt
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55 | Und nicht mein blut das zittert deinetwillen!
Du lugst nach wirklichem und ahnst in mir
Nicht meinen gott der mehr als stern und same
Die seele schafft um die du dich bemühst.
Du rühmst dich mittler Roms und Reichs und spottest
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60 | Der ordnung draus sie wurden wie du selbst,
Der weisen und der väter die sie wiesen,
Der zeitiger des dauernden gebots.
Was vor und nach dir waltet und durch dich
Hindurchscheint wie die strahlen durch das leere:
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65 | Die weihe des geschehens leugnest du
Und zeihst das herz worin sie lebt des wahns.
CÄSAR:
Nicht solch ein herz mein Brutus! Daß es schlägt
Und edel sinnt und lauter ringt und würde
Durch leib gebaren taten rede strömt
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70 | Das ehr ich weil es ist, und frage nicht
Nach kinderart warum, noch tast ich äffisch
Ins innre des vollendeten gesichts.
Hier ist dein ewiger anfang und dein ziel,
Des da-seins kugel das ich knapp umspanne.
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75 | Was drin sich spiegeln mag und wie es dann
Sich abstammt auslegt das ist trüb und schief.
All dein gefühl ist minder als du selbst
Und was die väter fugten und befahlen,
Von sternen oder göttern hergedacht,
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80 | Wird erst gesetz durch seine zeitigung –
Durch andre zeitigung wieder ungesetz.
Kein gott und stern kommt andren weg zu uns
Kein licht kein ewigtum kein urgewölb
Als aus dem blick und blut geborner menschen.
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85 | Hier ist der innerste beginn, nicht dort –
Hier wo die macht ist . . und die macht bin ich,
Bist du, sind menschen. Unsre not und liebe
Muß not und liebe die zu stein gefror
Mit immer neuen wuchten gegenwägen
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90 | Und was nicht satzung wird muß frevel sein.
Wenn ich nicht dich durch meine macht erringe,
Gerechtester, will ich kein recht. Den krieg
Laß mich gewinnen zwischen herz und herz
Wie ich den ausfecht zwischen welt und welt.
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95 | So du mir glauben kannst hab ich gesiegt.
Besiegt bin ich weil ich nach dir verlange,
Der starr bleibt wo ich schmelze.
BRUTUS:
Wirb um Rom
Wie du um mich wirbst, und du wirst mich finden
So frei so dein wie unsrem vaterland.
CÄSAR:
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100 | Rom bin ich mehr als du und heg ich mehr,
Mich selbst kann ich nicht werben . . aber dich
Bedarf ich und mein Rom: mein werk in dir.
Fremd ist mir dein gesetz – was sollt ich lügen?
Dem meinen muß ich folgen ohne schacher
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105 | Und wärst du selbst der preis der mich verlockt.
BRUTUS:
Du sprichst mein eigen urteil aus . . . Gewisser
Als dich fühl ich das Recht das du verneinst.
CÄSAR:
Hilf mir dran glauben. Wenn ich lernen kann
Ist es durch dich. Gehorchen sollst du nicht,
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110 | Nur merken wie ich muß. Was liegt an sieg
Wenn deine seele sich nicht wandeln läßt!
BRUTUS:
Ich hasse nicht. Ich trotze nicht . . ich leide.
Gib mir die hand.
CÄSAR:
Sei wie du mußt und trau!
FRIEDRICH UND FRANZISKUS
Friedrich:
Dich recht zu finden, mann der heiligen flucht,
Entschlug ich mich der macht dich zu befehlen
Und suche meine antwort weit vom thron
Des reichs in deiner klause.
Franziskus:
Deinen thron
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5 | Trägst du mit dir.
Friedrich:
Der büßer und verwerfer
Huldigt dem herrn der welt mit schmeichelei?
Aus deiner grünen unschuld, im gezirp
Des flatternden geschwisters und im hauch
Der blumenkinder, vor den nackten balken
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10 | Der Heilands-zelle ehrst du meinen thron?
Franziskus:
Ich wehr ihm, kaiser . . daß du nicht vertraust
Mich zu entheimlichen, wenn du herab
Auf meine spreu trittst, statt mich zum gerüst
Von gold und purpur mit gewalt zu holen.
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15 | Was dem bescheid dich öffnet den du brauchst
Und den zu spenden meine demut heischt,
Mein hochmut zagt, ist nicht herablassung,
Kein müßig spiel der hoffart ohne krone
Noch lässige nachsicht des verwegnen sinns.
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20 | Du bringst die taubheit deiner neugier her,
Dein auge glaubt an seine blendungen,
Dein durst nach wissen hält dich ab vom quell.
Friedrich:
Wodurch erfahr ich dich als aus dem grund
Des nötigen willens, der dich reizt und schont?
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25 | Gott gab mir herrschaft und ihr darf ich nicht
Auch wenn ich möchte, heimwehkrank nach Ihm,
Entweichen in die süßigkeit des nicht-
Mehrmüssens . . in die schwebe des Warum
Die windig alle schranken wegwischt, jeden
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30 | Beding verstäubt in aschen jüngsten tags.
Was unterm himmel lebt planetenhörig
Muß ich, gotthörig, kennen . . laus und leu
Ysop und zeder, vesten und gezeiten
Haus gruft . . was wallt und wurzelt, und weshalb –
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35 | Der ewigen ordnung vogt in raum und zeit.
Verboten sind mir rätsel, nicht gesperrt . .
Und meinem fug getreu such ich dich heim
Den fremdling, neuling, daß ich ihm bestimme
Stätte und werk.
Franziskus:
Ich steh dir rede.
Friedrich:
Nein:
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40 | Du trotzest mir aus demut und du scheust
Die marter nicht womit man dich bedroht,
Gelockt vielleicht, als die dem untertan
Der unbarmherzige Antichrist verhänge.
Hoffe kein kreuz von mir und schände nicht
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45 | Mein amt mit dem verdachte des versuchers.
Franziskus:
Wer fragt versucht. Doch du bist der versuchte,
Gefragt vom geist dem Gott die grenzen wies:
Beginn und end, erkenntnis und begier.
Friedrich:
Da du mich kennst und mahnst an jenen sturz
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50 | Mit gleichem angst- und hoffensreinen blick
Wie du die rehe atzest und dein kraut
Benetzest, brüderlich beflissen um
Heimfall des nächsten abends, pflege mein,
Deß notdurft wissen ist, und sage mir
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55 | Dein eigenes bewenden . . ohne graun
Vor meiner grenze – gnade oder recht.
Franziskus:
Mein tun liegt offen vor dir.
Friedrich:
Nicht sein sinn.
Ich weiß daß du die heiligen gebote
Glaubst und befolgst auf Christi spur . . ein hort
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60 | Der armen, nackten, brestigen . . das üben
Des wortes fromme fröner lang, sich selbst
Drüben zum lohn und hier zur eitelkeit
Der niedertracht und zitternd vor der hölle,
Aus wollust unter schauervollem zwang.
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65 | Verrate mir das herz das deine blöße
Stolz, dein erbarmen froh macht und dich wagt
Neidlos vor meinen glanz!
Franziskus:
Könnt ichs durchschaun
Wie du verlangst, so wär sein licht getilgt,
Ein funken der in klares wasser fällt.
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70 | Die gottes-glut ist ausgeteilt an scheine,
Das wort in fleisch, das einmal wissen ward,
Damit die tausend zungen nicht erstummen
Im schwatz von Babel. Daß die tausend augen
Nicht ganz erblinden an dem einen licht,
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75 | Brach es sich in die farben und gestalten,
Drum du dich mühst, gott-abwärts. Mich vollzieht
Sein atem in sein ausgelassen all,
Die liebe Gottes schöpft mich in die wesen
Wie er in Jesus unsereins geworden,
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80 | Und unterging in sterblichen geschöpfen,
Bis er in jedem einzeln auferstand.
Friedrich:
Erinnre dich in Ihn zurück. Ich will
Vergessen, um sein Außen wach zu wirken
Und nicht zu löschen in der holden nacht.
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