Rudolf Diesel
1858 - 1913
Die Entstehung des Dieselmotors
1913
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3. Versuchsreihe.(Mai - September 1894)
Diese schwierigste aller Versuchsreihen könnte als diejenige der Vergasungsversuche bezeichnet werden.Schon während der zweiten Versuchsreihe war ein sog. äußerer Vergaser konstruiert, d. h. ein für sehr hohe Drucke gebauter und mit der Düse verbundener kleiner Kessel, in welchem Petroleum durch äußere Gasheizung verdampft werden sollte, so daß beim Öffnen der Nadel nur Petroleumdampf in den Zylinder strömte. Es gelang aber nicht, mit diesem Apparat Brennstoffdämpfe von genügendem Druck herzustellen, da die Wärmeverluste des Apparates zu groß waren.Jetzt brachte ich im Innern des Verbrennungsraumes nach Fig. 10 einen sog. inneren Vergaser an, eine Stahlrohrspirale, durch die der flüssige Brennstoff erst hindurch mußte, ehe er zum Düsenraum gelangte. Die Regelung fand von Hand statt, durch das kleine Spitzventil an der Mündung der Spirale in den Düsenraum.
Durch die Verbrennungswärme sollte der Brennstoff hoch genug überhitzt werden, um beim Öffnen des Düsenventils infolge Druckentlastung gasförmig in den Kompressionsraum einzudringen. In der Düse selbst war ein Kolben mit durch die Steuerung veränderlichem Hub angebracht, welcher bei seinem Niedergang das mit ihm festverbundene Düsenventil nach innen öffnete s. auch Fig. 11; diese Anordnung hatte den Zweck, die Einspritzung der Brennstoffmenge mit dem Kolbenwege in den theoretisch erforderlichen Zusammenhang zu bringen; sie arbeitete, wie die späteren Eichungsversuche erwiesen, außerordentlich präzise und gestattete die feinste Regelung sowohl der Brennstoffmenge als der Admissionsperiode. Für diese Vorrichtung mußte ein neuer Deckel konstruiert werden, der zum erstenmal aus Gußeisen hergestellt wurde (Fig. 10) und Wasserkühlung besaß.Die Vorbereitungen zu der neuen Versuchsreihe und die Kontrolle der neuen Einrichtungen dauerte vom 31. Mai bis 28. Juni 1894. {28}Die Kolbenschmierung durch Schleppring (Fig. 8 a bis c) wurde bei offenem Zylinderdeckel bei verschiedenem Ölstand im Ölgefäß im Betriebe beobachtet; bei zu reichlicher Schmierung drang massenhaft Öl in den Verbrennungsraum und die Schmierung konnte mit dem Ölstand im Gefäß sehr gut reguliert werden.Die Kolbenreibung wurde dadurch festgestellt, daß man die Maschine von Transmission in normale Tourenzahl versetzte und dann plötzlich den Riemen ausrückte und die Auslauftourenzahl zählte. Es ergab sich dabei, daß die Kollenreibung 11 mal so groß war als die Reibung der Schwungradwelle und 4,1 mal so groß als die Reibung der gesamten Steuerung, welche selbst 2,66 mal so groß war als die Reibung der Schwungradwelle. Das waren ganz abnorme Verhältnisse.Die Versuche mit dem inneren Vergaser begannen mit Lampenpetroleum (die früheren Versuche waren mit Benzin vorgenommen worden) und ergaben nur hier und da eine heftige Explosion ohne sichtbare Entwicklung einer Verbrennungskurve, im allgemeinen aber nur Auspuff von mächtigen weißen Wolken von unverbrannten Petroleumdämpfen, s. Diagramme 13–14 (Diagrammtafel II).Kontrollversuche mit Benzin ergaben genau gleiche Erscheinungen, nur von Zeit zu Zeit heftige Explosion, im allgemeinen keine Zündung.Die gleiche Erscheinung blieb auch bei Erhöhung der Kompression auf 38 Atm. sowohl mit Petroleum als Benzin bestehen.Die Erklärung dieser Vorgänge ist heute sehr leicht. Durch die Spirale war der, wie Fig. 10 und die frühere Fig. 5 zeigen, ohnehin noch sehr zerklüftete Verbrennungsraum noch weiter unterteilt worden; der Hohlraum im Kolben war in drei Teile geteilt: den inneren und äußeren Spiralraum und den Raum außerhalb des die Spirale umgebenden Mantels. Die wenige Luft im inneren Spiralraum wurde durch die kühlende Wirkung des Brennstoffstrahls in ihrer Temperatur so stark herabgedrückt, daß der Brennstoff wohl noch zum Teil verdampfte, aber nicht mehr vergaste und nicht zündete. Außerdem war die Beimischung von Luft durch Einblasung wieder verlassen und durch die mechanische Einspritzung des Düsenkolbens ersetzt; endlich wurde die verdichtete Luft durch den in der Vergaserspirale sich bewegenden kalten Brennstoffstrom noch künstlich gekühlt.Damals wurde aber das alles noch nicht erkannt, und deshalb trat die Frage der künstlichen Zündung, wenigstens zum Anlassen der Maschine, auf, also so lange, bis durch die Verbrennung der innere Vergaser derartig geheizt wurde, daß er seinem Zwecke entsprechen konnte.So hatte ein Trugschluß eine Reihe weiterer Trugschlüsse im Gefolge, und die Versuche bewegten sich in einem circulus vitiosus. {29}Unterbrechung vom 4. Juli bis 20. September zur Anbringung eines Zündapparates im Kompressionsraume.Dieser bestand nach Fig. 11 aus einem Asbestdochtapparat, der für die erste Zündung von außen mittels Tropfventil mit Petroleum angefeuchtet und mit Magnetapparat gezündet werden sollte.
22. September 1894. Reise zu Robert Bosch nach Stuttgart zur Information über einen geeigneten Zündapparat. Einstweilen werden aber die Versuche mit einem Zündapparat von Zettler, München, begonnen.Trotz Funkenapparat und Petroleumdocht entwickeln sich beim Betriebe mit Petroleum und Benzin nur mächtige Dampfwolken ohne Zündung, ohne Diagrammbildung.Bei dem Zettlerapparat ist der Kontakt außen und im Zylinder springen bloß Funken zwischen festen Spitzen über, die in kürzester Zeit verrußen, wodurch die Isolierung aufhört. Bei dem Bosch- Apparat, welcher damals in der Entwicklung begriffen war, ist der Kontakt innerhalb des Zylinders; die Anbringung dieses Kontakts in den engen Verbrennungsraum und die Abdichtung der bewegten Teile gegen die hohe Kompression macht außerordentliche Schwierigkeiten und zerklüftet den Verbrennungsraum immer mehr. Nach Eintreffen des Bosch-Apparates wird derselbe unter persönlicher Assistenz des Herrn Robert Bosch angebracht. Der elektrische Funke soll vor dem Anlassen den Asbestdocht zünden; der ständig brennende Docht soll dann den eintretenden Petroleumstrahl zünden und soll selbst durch das einspritzende Petroleum mit Brennstoff gespeist werden. Alles das funktioniert nicht. Es hat keinen Wert, hier die Gründe näher auseinanderzusetzen, es entstehen immer nur mächtige Dampfwolken und kein Diagramm. Der Zündfunke und der Docht haben überhaupt keine Wirkung, weder mit Benzin noch mit Petroleum. Das Gleiche tritt ein, wenn der Bosch-Apparat zur Verstärkung des Funkens mit Induktionsspule verbunden wird, um kontinuierliche Funken zu geben. {30}Mit diesen entsetzlichen Versuchen waren sechs Monate vollkommen resultatlos verlaufen. Mitteilung dieser Ergebnisse an Krupp durch Brief vom 4. Oktober 1894, worin von neuem der Schluß gezogen wird, daß man definitiv zur Vergasung des Brennstoffes außerhalb des Zylinders übergehen muß. Es folgt der Antrag, einen neuen Motor für gasförmige Brennstoffe zu bauen, da bei diesen die Schwierigkeiten der Vergasung vor der Zündung nicht bestehen, und um aus diesen Versuchen dann Rückschlüsse auf die flüssigen Brennstoffe zu ziehen. Diese dritte Versuchsperiode war die schwierigste und sorgenvollste der ganzen Entstehungszeit, da sie keinen Fortschritt, sondern einen vollständigen Verlust des bisher Erreichten brachte, weil infolge eines hartnäckigen Trugschlusses eine falsche Richtung eingeschlagen worden war. Daß die maßgebenden Herren der beiden beteiligten Firmen, Herr Direktor H. Buz und die Herren Albert Schmitz, Klüpfel und Gillhausen sich damals nicht abschrecken ließen, sondern zäh durchhielten, war ein ebenso großes Verdienst um die Sache wie die ursprüngliche Anerkennung der erfinderischen Grundideen und wie die immer neue Bewilligung der beträchtlich anschwellenden Ausgaben. |