BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Friedrich Hölderlin

1770 - 1843

 

Gedichte

in chronologischer Folge

 

1801

 

Textgrundlage:

Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 2, Gedichte nach 1800

Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Cotta, 1953

 

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Die Heimath

 

Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom,

Von Inseln fernher, wenn er geerndtet hat;

So käm' auch ich zur Heimath, hätt' ich

Güter so viele, wie Laid, geerndtet.

 

Ihr theuern Ufer, die mich erzogen einst,

Stillt ihr der Liebe Leiden, versprecht ihr mir,

Ihr Wälder meiner Jugend, wenn ich

Komme, die Ruhe noch einmal wieder?

 

Am kühlen Bache, wo ich der Wellen Spiel,

Am Strome, wo ich gleiten die Schiffe sah,

Dort bin ich bald; euch traute Berge,

Die mich behüteten einst, der Heimath

 

Verehrte sichre Grenzen, der Mutter Haus

Und liebender Geschwister Umarmungen

Begrüß' ich bald und ihr umschließt mich,

Daß, wie in Banden, das Herz mir heile,

 

Ihr treugebliebnen! aber ich weiß, ich weiß,

Der Liebe Laid, diß heilet so bald mir nicht,

Diß singt kein Wiegensang, den tröstend

Sterbliche singen, mir aus dem Busen.

 

Denn sie, die uns das himmlische Feuer leihn,

Die Götter schenken heiliges Laid uns auch,

Drum bleibe diß. Ein Sohn der Erde

Schein' ich; zu lieben gemacht, zu leiden.