Joseph von Eichendorff
1788 - 1857
Gedichte in zeitlicher Folge
1822
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Der Liedsprecher *).
Und wo ein tüchtig Leben,Und wo ein Ehrenhaus,Da geht der Sänger ebenGern gastlich ein und aus.Der freudige GeselleGrüßt Pfaff und Rittersmann,Und frische MorgenhelleWeht all' im Liede an.Und kühn im RossesbügelDer Ritter waldwärts zieht,Und das Gebet nimmt FlügelUnd überfliegt das Lied.
Denn ob's mit Schwert, mit LiedernSich Bahn zum Himmel schafft;S' ist eine Schar von BrüdernUnd eine Liebeskraft.Wo die vereint, da rankenSich willig Stein und Erz,Da pfeilern die GedankenSich freudig himmelwärts.Die haben diese BogenKühn über'n wilden StromEmpörter Zeit gezogenZum wunderbaren Dom.Die Burgen sahn wir fallen,Die Adler zogen aus,Wehklagend durch die HallenGehn Winde ein und aus.Doch droben auf der ZinneSteht noch der HeldengeistDer – was die Zeit beginne –Still nach dem Kreuze weis't.Es wechseln viel' GeschlechterUnd sinken in die Nacht –Steh' fest, Du treuer Wächter,Und nimm Dein Land in Acht!
Schon hat zum KreuzeslichteDein Volk sich ernst gewandt,Im Sturm der WeltgerichteTief schauernd Dich erkannt.Nun hebt sich wieder fröhlichDein Haus im Morgenschein,Die Jungfrau minneseeligSchaut weit in's Land hinein.Gesänge hör' ich schallen,Durch's Grün geschmückte Gäst'Wallfahrten nach den Hallen –Wem gilt das frohe Fest?Der Königssohn, Ihr Preußen,Weilt auf dem Ritterschloß,Das ist nach Adlers Weisen,Daß er der Höh' genoß.Das ist des Königs Walten,Was herrlich, groß und recht,Im Wechsel zu erhaltenDem kommenden Geschlecht.Er hob die HeldenmaleZu neuer Herrlichkeit,Damit das Volk im ThaleGedenk' der großen Zeit.
Das ewig Alt und Neue,Das mit den Zeiten ringt,Das, Fürst, ist's, was das treueHerz Deines Volks durchdringt.Wo das noch ehrlich waltet,Da ist zu Gottes RuhmDie Kreuzesfahn' entfaltet,Und rechtes Ritterthum.O, reicht dem Liedersprecher,Bevor er scheiden muß,Den hochgefüllten BecherZu seinem besten Gruß!Doch einzeln nicht verhallenDarf, was ich jetzt gedacht.Was Jeder meint, von Allen,Sey's freudig auch gebracht!All' ritterliche GeisterUmringen fest den Thron,Und auf zum höchsten MeisterDringt treuer Liebe Ton:Dem ritterlichen KönigHeil, und dem Königssohn!*) Das vorstehende Lied wurde am 20sten Juni 1823 während der Tafel, welche des damaligen Kronprinzen von Preußen Königl. Hoheit in dem großen Rempter des Marienburger Ritterschlosses gab, von einem Freunde des Verfassers, in dem Kostüm der alten Liedsprecher, gesungen.
Entstanden 1822, Erstdruck 1823, hier Fassung von 1826 |