Annette von Droste-Hülshoff
1797 - 1848
Gedichte
1844
Scherz und Ernst
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Die beste Politikentstanden 1841/42
Von Allem, was zu Leid und FrommenBisher das Leben mir gebracht,Ist Manches unverhofft gekommen,Und Manches hatt' ich überdacht; | |
5 | Doch seltsam! wo ich schlau und feinMich abgesorgt zu grauen Haaren,Da bin ich meistens abgefahren,Und Unverhofftes schlug mir ein.
Ein Jeder kömmt doch gern zu Brode, |
10 | Doch blieben mir die Gönner kalt,That ich gleich klein wie eine LodeGen einen mächt'gen Eichenwald;Und nur der ärmliche Student,Bei dem ich manche Nacht verwachte, |
15 | Als Mangel ihn auf's Lager brachte,Der dachte mein als Präsident.
Den Frauen will man auch gefallen,– Zumal, sieht man nicht übel aus, –In die Salons sah man mich wallen, |
20 | Verschmitzt hinein, verdutzt heraus;Und nur die täglich recht und schlichtMich wandeln sah im eignen Hause,Die trug in meine kleine KlauseDes Lebens süßestes Gedicht.
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25 | Auch Ruhm ist gar ein scharfer Köder,Ich habe manchen Tag verschwitzt,Verschnitzelt hab' ich manche Feder,Und bin doch schmählich abgeblitzt;Und nur als ich, entmuthigt ganz, |
30 | Gedanken flattern ließ wie Flocken,Da plötzlich fiel auf meine LockenEin junger frischer Lorbeerkranz.
So hab' aus Allem ich gezogenDas treue Facit mir zuletzt: |
35 | Daß dem das Glück zumeist gewogen,Der es am mindesten gehetzt;Und daß, wo Wirken ein GeschickNach eigner Willkür kann bereiten,Nur Offenheit zu allen Zeiten |
40 | Die allerbeste Politik. |