BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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siegreich – ein kriegerischer Jüngling! Sein reiches, über die Schultern hinabwallendes Haar giebt ihm Kraft und Anmuth. – Was soll ich sagen von den Leonardo da Vin­ci's, Luini's, Guido Reni's, welche mich umstehen und in einen Zauberkreis den Geist festbannen, dem es trotz der süßen Gefangenschaft anfängt zu schwindeln. Denn viele Ge­mälde auf einmal sehen, verursacht nur eine geistige Ueberladung. Eben hab' ich noch so viel Besinnung, mich dem Höllenbreugel zuzuwenden, der als Maler das ist, was Hoffmann als Dichter. Da hilft nichts – je toller, je besser. Auch starke Speisen curiren den Magen. Dort seh ich die Zerstörung, den Brand Sodoma's, auf Holz gemalt, hier Daniel in der Löwengrube, mit vielem Geist aus­geführt. Ich lasse seitwärts Alles Andere, und wende mich wieder meinem Hofmannischen Breugel zu. Die Hölle öf­fnet ihren Schlund. Kochen, Sieden, Braten, Drachen, Rä­der, Flammen, Dampf, Gluten, Wasser, nackte Körper und geputzte Leichname – Alles dieß wühlt durch- und in­einander, Qual auf schwarzen Klippen, Qual in den Fluthen, Qual in den Schlünden, Durst und Hunger und Nacht, so schwarz, so hoffnungslose Nacht!! – Ich lasse die Hölle   der   Bibliothek   Ambrosienne   und  trete  ein  in den wundervollen Marmor-Dom. Da bin ich keiner Sprache,   keiner   Bewunderung   mächtig.  Die  Seele  ist mir    umklammert.    Diese   Riesen-Säulen,   tragen   sie [in] den Himmel? Sind es Menschen oder Engelhände, welche   diese   Decke   einem   Gewebe   von Spitzen gleich so kunstvoll ausgeschnitten? Sind diese weiten, gemalten Bogen Fenster oder Himmelspforten? Diese beiden    Riesen-Kanzeln    von    Erz,   wie   mächtig  Alles,

 

wohin mein Auge schweift! Wie viel Hände, welch ein Aufwand gehörte dazu, diese Schöpfung hervorzurufen! Und diese Marmorsänlen, so hoch, kühn und eisern, stehen, weil Gott, der ewige Baumeister, es will, und werden sinken, wann er es will. Eben wälzt der Donner über dem Dome sich hin und seine Schläge hallen vervielfacht wieder, gleich dem Posaunenruf: Wachet auf ihr Todten! Mein Geist blickt auf zu dem erhabensten Tempel. «Der Herr ist in seinem heiligen Tempel, des Herrn Stuhl ist im Himmel, seine Augen sehen darauf, seine Augenlieder prüfen die Menschenkinder.»

 

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Ein junger Mann, in schwarzem Kirchenrocke, eine Fackel in der Hand, leuchtete uns hinab in die unter­irdische Kapelle, dem Begräbnißorte des heiligen Karl Bo­romeo. Zwei Thüren mit eisernem Gitter führen zur ersten Kapelle, Scurolo genannt. Sie ist runder Bauart; acht Mar­morsäulen tragen die Wölbung und in der Mitte ist ein Altar mit zierlicher Einfassung und seltsamen Zeich­nungen nach  dem  Plan  Pellegrini's  ausgeführt.  Von  da geht es neun Stufen tiefer. Der Sarg ist von Silber, mit kostbaren Steinen besetzt – und doch nur ein Sarg! Bas­reliefs von Silber, das Leben des Heiligen darstellend, da­zwischen acht Figuren von Silber und eine Tapete von ro­ther Seide, reich mit Gold durchwirkt, bekleiden die Wände der Capelle, in deren Mitte, hinaus durch das Git­ter sehend, man die durchbrochene Wölbung des Domes bemerkt, von wo ein Strahl des Lichts in diese Tiefe dringt.

 

 


 

 

Mailänder Dom