BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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Das Silber wird auf 4 Millionen Franken geschätzt. Eines der Basreliefs stellt die Pest in Mailand vor und den Heiligen Karl, in dem Augenblick, als er Kranke verpflegt nnd ihnen Schätze mittheilt. Der Schwarzrock bemerkte unter Anderem richtig: wie wahr und trefflich ist die Pest in Manzoni's Promessi sposi beschrieben! Aber kennen Sie Silvio Peliko? fügte ich hinzu – wie lieb sind mir seine: le mie prigioni. Die sind verboten in hiesiger Gegend, fiel er mit leiserer Stimme ein und ein Jahr ist's, daß man Haussuchungen gehalten, und jeder, der dieß Buch besaß, mußte in's Gefängniß wandern. Und wozu dieß Alles? Vielleicht weil Peliko die wahre Liebe kennt, die gerne duldet und vergiebt, wie es die Ruhe, die aus seinem Werke: le mie prigioni uns anspricht, hinlänglich beweist. Von der Außenseite des Doms, wo ein Kunstwerk an das andere sich drängt, in stolzer Pracht, und die Napoleon vollenden ließ, schweig ich lieber, was vermöchte ich auch mit allem Aufwand der mir zu Gebote stehenden Worte? Die Empfindung hat auch ihr Reich für sich.

 

 

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Mailand.   

 

Wir fuhren heute durch la porta orientale in die Umge­gend Mailands und längs den Wällen hin. Die öffent­lichen Gärten sehen zum Sprechen den Tuilerien ähnlich, nur ist hier in den Mailändischen mehr Wiesengrün, die Alleen sind  schattiger,  Alles  natürlicher  und deshalb poetischer.

 

Auch bemerkte ich das große Lazareth, was zur Zeit der Pest von dem Heiligen Boromeo erbaut worden war. Jetzt ist es von armen Leuten bewohnt, denen anderswo die Miethe zu theuer ist. Das Gebäude, ein rez-de-chaussée bildet ein weites Viereck und als Mittelpunkt des innern Raumes steht eine Kirche. Kaum gedachte ich wemüthig jener Pestkranken, die einst auf dieser Stelle ver­schmachteten, so mahnte ein anderes Gebäude mich an so manches beklagungswürdige Opfer eines irregeleiteten Pa­triotismus. Ich meine: la maison de force. Hohe Kasten, Käfichen gleich, verstecken die Gitter der Gefängnisse, die den Carbonaris angewiesen sind. Erst vor Kurzem wurden zwei Wagen dieser Unglücklichen nach Spielberg [öster­reichisches Gefängnis] abgeliefert. Dort giebt doch bald ein Grab ihnen die Freiheit, denn wenige überleben die Strafe.

 

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Um sieben Uhr war die schickliche Stunde gekommen, den Corso auf und nieder zu fahren. Zwei unabsehbare Rei­hen der prächtigsten Equipagen, mit aufgeputzten Da­men und Cavalieren oder Bürgersfrauen mit ihren schwar­zen Tüllschleiern auf dem Kopfe, Andere mit silbernen Nadeln   im   geflochtenen   Haar,   Reiter   zu   beiden Seiten,   Tausende   von   Fußgängern   wogten   auf   und nieder.   Vergebens   spähte   ich   nach   irgend   einem frischen, jugendlichen Ge­sicht, nicht eines ward ich gewahr, aber wohl glichen sie Alle Theaterhelden und Heldinnen,   denen   die   Schminke   abgewaschen.  Aber die   hübschen   Equipagen   hätten   mich   doch vergnü­gen  sollen.  Warum  bin  ich immer die Sonderbare? Wahr-

 

 


 

Das öster­reichisches Gefängnis Spielberg

 

Silvio Pellico

 

Mailand, der Corso