BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Clemens Brentano

1778 - 1842

 

Gedichte 1804 - 1815

 

1813

3. Juli: Abreise nach Wien. Dort Verbindung zum Kreis um Adam Müller.

30. August - 19. Oktober: Das Festspiel «Viktoria und ihre Geschwister»

entsteht. Die Aufführung wird jedoch von der Zensur verboten.

 

_______________________________________________________________________

 

 

 

In dir ringelt die Träne, auf dir lächelt das Mondlicht,

Welle, bald Woge, bald Strom, wie dich das Ufer umkränzt,

Gifttrank und lieblicher Wein, wie dich die Schale umfaßt.

Lethe wird nimmer in dir, Psychen ein Spiegel wohl oft,

Aber es tauchet der Schwan ins heilignüchterne Wasser

Trunken das Haupt, und singt sterbend dem Sternbild den Gruß.

 

25. Juni 1813 (Frühwald 1968)

 

 

*

 

Es leben die Soldaten,

So recht von Gottes Gnaden,

Der Himmel ist ihr Zelt,

Ihr Tisch das grüne Feld.

 

Ihr Bette ist der Rasen,

Trompeter müssen blasen,

Guten Morgen, gute Nacht,

Daß man mit Lust erwacht.

 

Ihr Wirtsschild ist die Sonne,

Ihr Freund die volle Tonne,

Ihr Schlafbuhl ist der Mond,

Der in der Sternschanz wohnt.

 

Die Sterne haben Stunden,

Die Sterne haben Runden

Und werden abgelöst,

Drum Schildwacht sei getröst.

 

Wir richten mit dem Schwerte,

Der Leib gehört der Erde,

Die Seel' dem Himmelszelt,

Der Rock bleibt in der Welt.

 

Wer fällt, der bleibet liegen,

Wer steht, der kann noch siegen,

Wer übrig bleibt, hat Recht,

Und wer entflieht, ist schlecht.

 

Zum Hassen oder Lieben

Ist alle Welt getrieben,

Es bleibet keine Wahl,

Der Teufel ist neutral.

 

Bedienet uns ein Bauer,

So schmeckt der Wein fast sauer

Doch ist's ein schöner Schatz

So kriegt sie einen Schmatz.

 

1812, aus dem Festspiel «Viktoria und ihre Geschwister» (Frühwald 1968)

 

 

*

 

Als ich jüngst nach Polen kam

Sprach eine Laus zur andern,

Jetzt machen wir die Bären zahm,

Und fressen Alexandern!

 

Als ich dann nach Rußland kam

Sprach eine Laus zur andern,

Wie bin ich diesem Klima gram,

Wir wollen heimwärts wandern.

 

Napoleon hat das Glück im Sack

Kein Unfall uns bedroht,

Fortuna trägt ihn Huckepack,

Wohin er ihr gebot.

 

Und als er an die Berezina kam

Sprach eine Laus zur andern,

Napoleon ein Gerede vernahm,

Wie Achilles von Skamandern

 

Da ging es an ein Knick, Knack, Knack,

Da ward gelaust, gefloht,

Kosak, Kosak, Kosak, Kosak

Wie bitter ist der Tod!

 

Entstanden 1813 (Boëtius 1985)

 

 

*

 

Es ist Gebrauch seit langer Zeit

Zu leben und zu sterben

Und alles, nur die Ewigkeit

Gehöret nicht den Erben

 

Die Ewigkeit gehört allein

Dem, der gelernt zu leben,

Drum faltet eure Hände rein

Sonst bleibt die Zeit dran kleben.

 

Aus ewger Lieb und ewgem Zorn

Ist Gottes Welt entsprungen,

Und mit der Rose ist der Dorn

In jeden Kranz geschlungen,

 

Und wenn der Dorn auch heute sticht

Sei's nur die Lust zu büßen,

Die Lust, die morgen Rosen bricht

Soll uns den Stich versüßen.

 

Da aber Alles Eins nur macht

Und Eins nicht ist zu trennen

So ist des Jahres älteste Nacht,

Auch jüngster Tag zu nennen.

 

Drum wer heut lügt und wer sich ziert

Sub rosa Societatis

Dem hat der Teufel angeschürt,

Ihn weiß zu brennen gratis.

 

Drum sperrt Maul, Ohr und Herzen auf

Hört die Gerichtsposaune,

Und laßt der Beichte ihren Lauf,

Und trinkt euch gute Laune.

 

Was seh ich alle stellt ihr euch

Wie Schafe, die nicht blöcken,

Zur rechten hin, doch wartet gleich

Gesell ich euch den Böcken.

 

Auf daß ich ein Exempel sei

Will ich mit mir beginnen

Die Sünden hab ich nach der Reih

Brauch mich nicht zu besinnen

 

Und wenn ich mit mir fertig bin

Dann halt ich ohne Gnade

Euch allen den Beichtspiegel hin,

Denn heut ist Bußparade!

 

Vor allem in den heilgen Geist

Hab ich zuviel Vertrauen

Denn was mein Teufel niederreißt,

Das kann mein Geist nicht bauen.

 

Auch bin ich unkeusch ganz infam

Mit Worten und Gedanken,

Die einmal in das Bett mich nahm,

Der muß ichs ewig danken.

 

Und treu bin ich aus Fantasei,

Selbst dann, wenn ichs vergessen,

Und lieb, eh noch die Lust vorbei,

Auch schon Salat zu essen.

 

Wie Herr Schelmufski allzuviel

Pfleg ich von mir zu reden,

Die Ratte, merk ich, und ihr Ziel

Ist doch kein Kauf für jeden

 

Und sag ich eine Artigkeit

Euch höflich zu verbinden

So ist die Grobheit kaum so weit,

Als Vornen ist von Hinten.

 

Ich halt mich hoch und geb mich preis

Und um mich zu staffieren

Pfleg ich das Beste, was ich weiß

So hin zu parodieren

 

Den Schuften mut ich Adel zu

Und Umfang den Beschränkten,

Und Jungfrauschaft der alten Kuh,

Und Fliegen den Gehenkten.

 

All meine Freundschaftsstifterei

Mein Lehren und Bekehren,

Es ist vielleicht, ach Gott verzeih

Ein Gernmichselberhören.

 

Ich setz mich gratis ab zum Tod

Faulenz aufs ewge Leben,

Verschwende mich aus Hungersnot

Verhungre, mich zu geben.

 

Pfui an, was bin ich für ein Kerl,

wenn ich mich laß ertappen,

Ach liebe Sau, friß nicht die Perl,

Ach friß nur meine Kappen.

 

Damit der Beichtstuhl fester steh

Will ich den Stein jetzt legen,

Und schrie der Stein auch Ach und Weh,

Setz ich doch drauf den Degen.

 

Gesell und Jungen jammern sehr

Daß sich ein Stein erbarme

Er zwingt die Saiten, meiner Ehr,

Zu klingen gleich dem Darme.

 

Ein Raisonneur ist er gar stolz

Tut alle Welt verführen,

Und zwinget selbst unschuldig Holz,

Zu lautem Raisonieren.

 

Und oft wird er sehr grad heraus,

Spricht, wenns nicht will gefallen,

Der blase mir den Hobel aus

Ein Narr genüget allen.

 

Er hat nicht Rast und hat nicht Ruh,

Liebt Nacht zu Tag zu machen,

Und sagt ihms Instrument nicht zu

Zerschlägt er es mit Krachen.

 

Andreas lieber Schutzpatron,

Das sollt er frommer singen,

So würde ihm der rechte Ton,

Wohl aus ihm selber springen.

 

Sein forte war einst allzuwild

Und gar nicht im Akkorde

Drum ist sein Piano fast so mild,

Als kam er nicht zum Worte.

 

Und jetzt macht er ein Instrument

Das also piano rauschet,

Daß erst drei Jahr nach seinem End

Ein Tauber es erlauschet.

 

Ein Mückentraum klingt noch so laut

Entfällt bei offnen Augen,

Ein Härchen einer Seelenbraut,

So muß der Ton verrauchen.

 

Doch jetzt ihr Freunde seid bereit,

Auf seiner Hut sei jeder,

Denn heute hat er sehr viel Schneid,

Er fand das rechte Leder.

 

Das ist nicht Jedermannes Kauf,

Er könnt vom Leder ziehen,

Drum heb ich seine Beichte auf,

Und laß den Vogel fliehen.

 

Und wer am Steine Anstoß nimmt,

Der mag sein Schwerd nur schärfen,

Wer ist's, der also rein gestimmt,

Ihn auf ihn selbst zu werfen.

 

Vom Steine bis zum Eckstein ist

Der Weg nur bis zur Ecke,

Ein Weg, den, was die Wand bepißt,

Schon kennt zu edlem Zwecke.

 

O Kerl gar herrlich und fidel

O Freund ganz ungeheur

Durchs Nadelöhr Kamelenseel

Schaust du ins Fegefeuer.

 

Viel Sorgen und gar keine Not,

Ein Sehnen und Besitzen,

Ein zartes Herz, Gotts Schwerenot,

Und an der Stirn ein Schwitzen.

 

Ein Held, ein Stammbuch, ein Galant,

Ein holder Ziegenhainer

Ein bittrer Schnaps, ein Zuckerkand

Ein Feinian wie keiner.

 

O Brille der Verwunderung

Hilf ewig ihm zu Kräften,

Und schneuz ihn zur Ermunterung

Ins Schweißtuch der Geschäften.

 

Kurzweilige Umständlichkeit,

O Orgellos Register

Sein Spiegel der Erkenntlichkeit

Macht schier ihn zum Philister.

 

Nein wahrlich das ist doch kurios

Ganz wunderbar und eigen,

In Windeln auf der Mutterschoß

Schiß er schon Ordenszeichen.

 

Doch redlich sei er absolviert

Von seinem Sündenbettel

Vor Gottes Thron wird honoriert

Sein Jenscher Ablaßzettel.

 

Sieht er im Elephantenschein

Die Laus gleich auf der Leber

Und stellt sich gar ein Meerschweinlein

Als wie ein wilder Eber.

 

So taucht sein Herrlichkerlenherz

In Gottes Glut doch unter,

Und fliegt als Phönix himmelwärts

Auf einem Stückchen Zunder.

 

Etzetera und stets so fort

Herr Schmiedl kommt zu beichten

Nicht abgeschnurrt, hübsch Wort für Wort

Das Waxel soll uns leuchten.

 

Er stellt sich also sänftlich an,

Und steckt voll Zorn und Galle,

Die Lippe steckt den scharfen Zahn,

Der Handschuh deckt die Kralle.

 

Und seht die Äuglein wie ein Luchs,

Der hinterm Zaune kauert,

Sehr glatt die Ohren wie ein Fuchs

Der auf die Hühner lauert.

 

Nicht stiller steht Sankt Peters Geiß

An ihrem Mannatroge

Doch desto wilder ist sein Preis,

Im Monatskataloge.

 

Sonst achtzig und jetzt siebzig nur

Doch anderswo kaum sechzig,

O antiquarische Natur,

Nach deinen Künsten fechs ich –

 

Doch was du auf dem Lager hast,

So schimmernd und so gleißend,

Und war es sündenteuer fast,

Das kaufen sie doch reißend –

 

Es ist in deinem Aug ein Licht,

Ein wundertreues Funkeln,

Das jedem recht zu Herzen spricht,

Ein glühnder Schatz im Dunkeln.

 

Ich werf den Rosenkranz hinein

Da fliehn die schwarzen Hunde,

Ich heb dich, Schatz, du bist nun mein,

In dieser Feierstunde.

 

Weil bei dem Schmiede wohl ein Pferd

Erscheinet zum Kurieren

So laß den Rau vom eignen Herd

Uns jetzt zum Notstall führen.

 

Ein Arbeitsroß schon zwanzig Jahr,

Will noch nicht paradieren,

Die Ohren voller Winterhaar

Gesund auf allen Vieren.

 

O Rau so rauh und doch so mild

Wie stark ist deine Kruppe,

Du ungebildet Ebenbild,

Von Nürnberg ohne Puppe!

 

Heilloser Heilands Christicus

Aufrichtges fein, fein Laster,

Sehr aufgeklärter Mystikus,

Himmlischer Galgenknaster.

 

Aus braungerauchtem Meeresschaum

Muß dir die Venus steigen

Und dir mit einem Deichselbaum

Ihr Myrtenkränzlein zeigen.

 

Wie lange willst du endlich noch,

So gar zu ehrlich bleiben,

Willst du dich nie dann, Tugendkoch

Am Kessel rußig reiben.

 

Erzählen mit Kavallerie

Kannst du von zarten Dingen

Doch deiner Wortinfanterie

Wills nicht so gut gelingen.

 

Der Degen des Gedankenstrichs

Schlägt ihnen an die Beine,

Nun reit er zu und merk er sichs

Wie ehrlich ich es meine.

 

Nun lasset uns auch weiter sehn,

Welch Fieber heut grassieret,

O quali passi, wunderschön,

Bei Gott der Mensch passieret.

 

Kurier o heiiger St. Anton

Ironisch cronisch Fieber,

Und laß mit blauem Aug davon

Den Glauber, Hoffer, Lieber.

 

Ach ist er gleich nicht elegant

Ist er doch elegantisch,

Ach ist er gleich kein Hauptpedant

Ist er doch sehr pedantisch.

 

Der Absatz seiner Verse klappt

Zu kurz sind seine Füße,

Er nennt das Weib, das ihn gekappt

Asiatische Banise.

 

Die Kinder lehrt rhetorisch er

Das Unser Vater lallen,

Und wahrlich Allegorischer

Kann Jakob Böhm nicht stallen.

 

Transfigurierter Tieckestee,

Und Schlegeloffenbarung

Und Hardenbergscher Wunderklee

Sind eine blähnde Nahrung.

 

Mach die Sonette noch so nett

Kanzone nicht ganz ohne,

Der Amme bestes Amulett

Fehlt doch der Amazone.

 

An beider Brüsten trankst du nicht

Und wirst drum nie dramatisch

Und nur weil dich der Haber sticht

Bist du epigrammatisch.

 

(Du bist so voller Theorie

Und darum leirisch lyrisch,

O werd empyrischer Genie,

Des Wortes Fleisch ist tierisch.

 

Befleiß dich ex officio

Nicht Kindlichkeit zu treiben,

Und bloß aus Superstitio

Ein Engelein zu bleiben.

 

So werde, der das beste will,

Zur echtbescheidnen Prosa,

Und deine Verse ein Pasquill

Der Zeit Apotheose.

 

Flieg auf und die Pantoffel laß

Hinab zur Erde fallen –

Ich weiß du trägst sie nur zum Spaß

Gott sei uns gnädig allen!

 

Nur unterm Scheffel mit dem Licht

Georg, willst du stets im Dunkeln

Magistersurrogatgesicht

Im Ofenloch karfunkeln.

 

Nun seht mir diesen Menschen an

Scheint er euch genialisch

Und doch ist er wie Kaliban

Auf Musen kanibalisch.

 

Der Gockelhahn in seiner Brust

Muß mit den Musen schmusen

Gibt ihnen, daß er seine Lust

Büßt, Bußerl auf den Busen.

 

Er läßt an sich Akkord Genie

Erst einen Dummen finden

Und treibt doch mit der Poesie

Die kleinen stummen Sünden.

 

Und dabei trägt das Ungeheuer

Nachts weiße spitze Mützen

Und kann damit im Heilgen Feur

Wie ein Philister sitzen.

 

Und keiner ist demütiger,

Und ehret so die Dichter,

Doch wer schmäht übermütiger

Zugleich den Jean Paul Richter.

 

Subtil und zart, und delikat

Und kollosal verwundert

. . . . . . . . Wunderfraßen hat

Für einen gerne Hundert.

 

Doch wenn er noch so lüstern war

Den Honig zu verspeisen,

Wagt doch der Biene niemals er

Den Arsch herabzureißen.

 

Erkennet er nicht was ihm Not

Und legt sich nicht aufs erben

Wird wahrlich selbst mit seinem Tod

Arm wie sein Oheim sterben.

 

Soll einer, der ihn auferbaut,

Ihn wieder niederreißen

Ihm würd im Schlaf zu kurz die Haut

Er müßte übel scheißen.

 

Drum mein Herr Bernhard halt er sich,

Nicht zu den alten Huren,

Den Musen rein entfalt er sich,

Sonst kommt er ins Merkuren.

 

Doch da sitzt noch ein frommer Mann

Gern geb ich ihm nen Wischer

Als Rezensent hats auch getan D

er fromme Hofrat Fischer.

 

Kein Wässerchen hat er getrübt,

Doch hat ers in dem Nacken

Drum edle Freiknecht Recht geübt

Und krieg ihn bei den Hacken.

 

Verwundbar ist er wie Achill

Allein an diesem Orte

Rinaldo Rinaldini will

Er stoßen vor die Pforte.

 

Doch geht er mit ihm selbst hinaus,

Das Wasser abzuschlagen,

Da haben sie sich vor dem Haus

Im Kreuzwasser vertragen.

 

Doch aus dem Idiotikon,

Um ihn nicht zu verdammen

Geb ich ihm die Absolution

Er tät da völli schwammen.

 

So hätt ich ihn dann auch gepfirt,

In diesem Sündenkranzerl

Es zischt halt selbst zum Höchsten Hirt

A patschet BusserlGanserl.

 

Doch dort steht noch ein neuer Mann

Ein wenig stark ästhetisch,

Wer ihn nicht praktisch schütteln kann

Den quält er theoretisch.

 

O dramaturgschen Theriak

O Taschen Apotheke

Große Rosinen in dem Sack

Und kleine Hipotheke.

 

Doch steigt, so hoch sie steigen kann

Zum Turm Madam, Courage

Apollo ist ein guter Mann

Ach Page lieber Page.

 

Der Wielandssohn der Erichson

Sind keine großen Söhne,

Trägst du gleich (deine Ehr davon,)

So ists doch auch nicht schöne.

 

Mancher wie ihr nicht bei uns seid

In Familien Mutter Kälber,

Bet Passavant nun Reu und Leid

Daß du nie bei dir selber.

 

Weltseele, als hatt Zetler dich

Aus Chaosschlamm gematschet,

Die Religion als Bettler sich

Ja Lumpen doch gehatschet.

 

O Sakrament, o Fleisch und Blut

Kindsbrei braunschweigscher Mumme,

Langweilig und hoch würdig gut –

Für Blinde, Taubstumme, Dumme.

 

Ach würde auf dem Nachstuhl nicht

Der Papst erst visitieret,

Ob ihm nicht fehlt das Kirchenlicht,

Du hättst dich selbst kastrieret.

 

Du hättest der Madonna schon

Geopfert zu Loretto,

Die Stillingsknoten ohn pardon

Den prima und den detto.

 

Als einst ein Naar der Reinlichkeit

Den Finger sich beschissen.

Schrie er, Weib, ab den Finger schneid

Sie hat ihm drauf geschmissen.

 

Das hat ihm weh und mit dem Dreck

Ist er ins Maul gefahren,

Den Keuschheitsfinger du aus Schreck

Magst anders nie bewahren.

 

Dir ist aus Gottes Pollution

Die ganze Welt entstanden

Drin schwimmst du zur Absolution

Und kannst doch nirgend landen.

 

Jed Astloch und jed Krebsloch droht

Ein Strudel deinem Boote

Ein Arsch scheint Sandbank deinem Lot,

Mystifizierte Hode!

 

Ein Kirchlein Amor dir verleih

In fettem Schneckenhause

Dort haue dir den Steiß und weich

Der Nonne die Kartause.

 

Nachdem ich das Schaf Gottes schor,

Komm ich nun an den Schäfer,

Brenn ihm ein Zeichen auf das Ohr

Wach auf die Siebenschläfer.

 

Er muß wohl ein Dragoner sein,

Zu Fuß zu Pferd servieren,

Hier gibt er es bescheiden klein,

Dort kann er schwadronieren.

 

Amphibie der Spekulation,

Apollisch, merkurialisch,

Denkt er was habe ich davon,

Und nimmts oft sehr realisch.

 

Er sollte zu Apolda sich,

Bei Weimar etablieren,

Und phrygsche Mützen richtiglich

Nach Bottcher fabrizieren.

 

Ein Kaufmann von Venedig wird

Er sonst baldigst gleichen,

Der ernst durch Shakespeare bankrotiert

Um ihn als Held zu zeichen.

 

Und will ihm ein Herr Schylock dann,

Fleisch aus den Rippen schneiden,

Wird ers sich selbst auch in der Pfann

Als Beefstück zubereiten.

 

Nun aber greif ich klimperlich

Mit meiner Zuckerzange

Daß ich fein zart und zimperlich

Die Wasserjungfer fange.

 

Hornboster deine Hörner sind

Fühlhörner kaum für vorne,

Auf Blumenfäden scheißt der Wind,

Und spießt dich an dem Dorne.

 

O weise Maus die Palmenkatz,

Sie wird dich noch nicht fressen,

Weil einen Stich am Hosenlatz

Des Eichhorns du vergessen.

 

Damals man nur noch Schlitzchen trug,

Vor einem Schneckenpfeile

Viel die Augen niederschlug,

Ward dir das Licht zu teile.

 

Doch sind in jedem Apfelkern

Die heiligen fünf Wunden

Das ganze Leiden unsers Herrn

Im Hechtstopf wird gefunden.

 

Und weil am Ende vom Geisensteiß,

Die Lorbeern sich verzettlen

Leviten, liebe Liese las

Ich dir, du liebst Episteln.

 

Von Kopf und Herz im Chaosschlamm

Justralen (?) Zettelträger

Poetscher Landwolf fürs Selam

Kalender Bettelpfleger.

 

O Bader banger Barden,

Kahler Kalender Kuppler,

Strupierten Studien Stuppler,

O Schärfer schaler Schwarten.

 

Ei, Ei wie spät her Bräutigam

Jetzt kommt er vom Umarmen,

Und sieht doch aus wie Neutiquam

Es ist recht zum Erbarmen.

 

Wer glaubte, daß von Grimma her

Er stamme (?) ganz ohn Grimme,

Bei Gott man glaubt es nimmer mehr,

Nach seiner sanften Stimme.

 

Doch hat den Pflaumenkuchen er

Wie er das Maul auch kehre,

Im Kuchengarten meiner Ehr

Gefressen mit Papiere.

 

Drum schmeckt er nach Papiere auch,

Und handelt mit Papiere,

Zart wie ein junger Gänsebauch,

Und rasselt doch gar sehre.

 

O Amme aller Almanach

O Damon dummer Damen

Anmutig armer Algemach,

Am Ahmen, ahmen Amen.

 

Stipiertes Stadt Stipendium

Bartbutzer banger Barden

O Kraß Kraft Kramer Gremium

Schwertschwinger schwacher Schwarten.

 

Zart zimperlicher Zimmetzahn

Kahler Kalender Kuppler

Uranias UrUrian

Stupender Studien Stuppler.

 

Bald bös bist Bengel beim Bier baß

. . .

 

Johanniswürmchen reißen nicht

So grobe Bauernzoten

Als er, wenn er genotzüchtigt

Frau Mobb in Zuckerschoten.

 

Auf Mandelkern geht er zu Schiff,

Kolumbus auf der Sahne,

Wird Robinson am Felsenriff

Von einem hohlen Zahne.

 

Und neulich hat im Grase er

Die neue Welt gefunden

Es fiel die Fräulein Base, er

Ach er sah sie von unten.

 

Da fiel er übers Osterei,

Und stach sichs an der Klette,

Da war der zarte Spaß vorbei,

Hornbostel schrieb die Wette.

 

So wird nach irdischem Tournier

Der fromme Held Hornbostel

Im Gänselhimmel von Papier

Selig einst ein Apostel.

 

Aus Krebsen macht er nun geschwind

Geharnischt rote Ritter,

Skelette aus Froschbeine sind

Ihm artge Leichenbitter.

 

Absolution sei Fleisch und Fisch

Die Beichte ist geschlossen,

Nun munter zu dem vollen Tisch

Das Abendmal genossen.

 

Die letzte Ölung gebt dem Jahr

Laßt Zwölf die Gläser schallen,

Im nächsten Jahre wird kein Haar

Ohn Gottes Wille fallen.

 

Kein Spatz vom Dach, kein Dach vom Spatz,

Kein Kopf von einem Haare,

Auch wärst du bei mir jetzt mein Schatz,

Ich wollt dich zum Neujahre.

 

Mit allen diesen frommen Herrn

Hier ins Gebet einschließen

Und so muß ich, im Morgenstern

Prost Neujahr, dir eins nießen.

 

Entstanden zum Jahreswechsel 1813/14 oder 1814/15 (Boëtius 1985)