BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Daniel Stoppe

1697 - 1747

 

Erste Sammlung von Daniel Stoppes Siles.

Teutschen Gedichten

 

1728

 

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S. 17

Vier Gedanken.

 

Daß schmausen, da man häuffig trincket,

Was altes und nichts neues ist,

Ist eine Wahrheit, die nicht hincket,

Ein Satz der gantz natürlich flüßt.

Fragt nur die buntgestickten Felder,

Ja fragt die Schattenreichen Wälder,

Was gilts? Die Antwort stellt sich ein:

Es müsse brav gesoffen seyn;

Ihr Leben muß vor Durst verschmachten,

Ihr Wachsthum ist vor nichts zu achten,

Wenn nicht der feuchte Thau der Nacht

Die trocknen Stämme truncken macht.

Die Aecker schmausen ja mit Hauffen,

Und lassen sich den leeren Bauch,

Wie sonst bey Burschen der Gebrauch,

Voll nasser Feuchtigkeiten lauffen,

So offt auf unsre Unter-Welt

Der Regen Hauffenweise fällt.

Die Frucht davon pflegt sich zu zeigen,

Wenn fette Aehren aufwerts steigen;

Hingegen steht die Saat betrübt

Und hängt den Kopff, wie Hannsens Schimmel,

So offt der allzu karge Himmel

Die Erde nichts zu schmausen giebt.

Wer will es demnach Burschen wehren,

Die noch in ihrer Freyheit stehn,

Und sich um keinen Menschen scheeren,

Wenn sie manchmahl zum Schmause gehn.

Das hiesse die Natur verklagen,

Und ihre Triebe rückwerts jagen.

Der Jugend unumschränckte Lust

Läst sich nicht leicht Gesetze schreiben,

Noch von dem alten Rechte treiben

Das von der alten teutschen Welt

Auf uns an statt der Erbschafft fällt.

Den Nutzen merckt man im Gemüthe.

Sieht dieses wie ein wüstes Hauß

Voll ungereimter Grillen aus,

Indem das stockende Geblüthe

Gleich als ein höltzerner Magnet

Bey nah auf einer Stelle steht;

Wenn über dies die Last der Sorgen

Auch selbst den angenehmsten Morgen

Durch einen finstern Nebel deckt:

So schwemmt ein voller Trunck die Schmertzen

Mit leichter Mühe von dem Hertzen,

Das sonst in Gram und Harme steckt.

So redet ihr, ihr Bacchus-Brüder,

Euch eurer Meynung nach das Wort;

Doch saufft die nassen Freunde nieder,

Saufft eure Humpen hurtig fort,

Ja stürtzt die vollgeschenckten Krüge

Durch eure Folianten-Züge

Auf einen eintzgen Ansatz um,

Schraubt euch mit jederman herum,

Bis daß bey eurer Bacchus-Freude

Der Witz im Glase Schiffbruch leide.

Gnug! wisset, daß ihr Mörder seyd

Und eure Leiber vor der Zeit

Zu kräncklichen Maschinen machet.

Laß seyn, daß euch kein Tag vergnügt,

An dem ihr nicht im Luder liegt,

Laß seyn, daß ihr nur drüber lachet,

Wenn euch mein Kiel zur Rede setzt

Und euch vor Höllenbrände schätzt,

Ihr werdet davor sattsam büssen

Und eure Straffe zahlen müssen,

Wenn ihr dereinst der Wassersucht

Und denen ungezähmten Plagen,

Worüber Podagristen klagen

Aus eigener Erfahrung flucht.