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- A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2
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- [166]
- Melancholie
an Laura.
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Laura – Sonnenaufgangsglut
Brennt in deinen goldnen Bliken,
In den Wangen springt purpurisch Blut,
Deiner Thränen Perlenflut
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- Nennt noch Mutter das Entzücken –
Dem der schöne Tropfe thaut,
Der darinn Vergöttrung schaut,
Ach dem Jüngling der belohnet wimmert,
Sonnen sind ihm aufgedämmert!
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- Deine Seele gleich der Spiegelwelle
Silberklar und Sonnenhelle,
Mayet noch den trüben Herbst um dich;
Wüsten öd und schauerlich,
Lichten sich in deiner Stralenquelle,
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- Düstrer Zukunft Nebelferne
Goldet sich in deinem Sterne;
Lächelst du der Reizeharmonie?
Und ich weine über sie. –
Untergrub denn nicht der Erde Veste
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- Lange schon das Reich der Nacht?
Unsre stolz aufthürmenden Palläste,
Unsrer Städte majestätsche Pracht
Ruhen all auf modernden Gebeinen,
Deine Nelken saugen süßen Duft
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- Aus Verwesung, deine Quellen weinen
Aus dem Beken einer – Menschengruft.
Blik empor – die schwimmenden Planeten,
Laß dir Laura seine Welten reden!
Unter ihrem Zirkel flohn
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- Tausend bunte Lenze schon,
Thürmten tausend Throne sich,
Heulten tausend Schlachten fürchterlich.
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- In den eisernen Fluren,
Suche ihre Spuren.
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- Früher später reif zum Grab
Laufen ach die Räder ab
An Planetenuhren.
Blinze dreimal – und der Sonnen Pracht
Löscht im Meer der Todennacht!
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- Frage mich, von wannen Deine Stralen lodern!
Pralst du mit des Auges Glut?
Mit der Wangen frischem Purpurblut?
Abgeborgt von mürben Modern?
Wuchernd fürs geliehne Roth,
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- Wuchernd Mädchen, wird der Tod
Schwere Zinsen fodern!
Rede Mädchen nicht dem Starken Hohn!
Eine schönre Wangenröthe
Ist doch nur des Todes schönrer Thron,
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- Hinter dieser blumigten Tapete
Spannt den Bogen der Verderber schon –
- [169]
- Glaub es – glaub es Laura deinem Schwärmer,
Nur der Tod ist's dem dein schmachtend Auge winkt,
Jeder deiner Stralenblike trinkt
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- Deines Lebens karges Lämpchen ärmer;
Meine Pulse, pralest Du,
Hüpfen noch so jugendlich von dannen –
Ach! die Kreaturen des Tyrannen
Schlagen tükisch der Verwesung zu.
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- Aus einander bläßt der Tod geschwind
Dieses Lächeln, wie der Wind
Regenbogenfarbigtes Geschäume,
Ewig fruchtlos suchst du seine Spur,
Aus dem Frühling der Natur
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- Aus dem Leben, wie aus seinem Keime,
Wächst der ew'ge Würger nur.
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- Weh! entblättert seh ich deine Rosen liegen,
Bleich erstorben deinen süßen Mund,
Deiner Wangen wallendes Rund
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- Werden rauhe Winterstürme pflügen,
Düstrer Jahre Nebelschein
Wird der Jugend Silberquelle trüben,
Dann wird Laura – Laura nicht mehr lieben,
Laura nicht mehr liebenswürdig seyn.
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- Mädchen – stark wie Eiche stehet noch dein Dichter,
Stumpf an meiner Jugend Felsenkraft
Niederfällt des Todenspeeres Schaft,
Meine Blike brennend wie die Lichter
Seines Himmels – feuriger mein Geist,
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- Denn die Lichter seines ew'gen Himmels,
Der im Meere eignen Weltgewimmels
Felsen thürmt und niederreißt.
Kühn durchs Weltall steuern die Gedanken,
Fürchten nichts – als seine Schranken.
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- Glühst du, Laura? Schwillt die stolze Brust?
Lern' es, Mädchen, dieser Trank der Lust,
Dieser Kelch, woraus mir Gottheit düftet –
Laura – ist vergiftet!
Unglükselig! Unglükselig, die es wagen,
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- Götterfunken aus dem Staub zu schlagen.
Ach die kühnste Harmonie
Wirft das Saitenspiel zu Trümmer,
Und der lohe Aetherstral Genie
Nährt sich nur vom Lebenslampenschimmer –
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- Wegbetrogen von des Lebens Thron
Frohnt ihm jeder Wächter schon!
Ach! schon schwören sich mißbraucht zu frechen Flammen
Meine Geister wider mich zusammen!
Laß – ich fühls – laß Laura noch zween kurze
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- Lenze fliegen – und diß Moderhaus
Wiegt sich schwankend über mir zum Sturze,
Und in eignem Strale lösch ich aus. – –
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- Weinst du Laura? – Thräne, sey verneinet,
Die des Alters Strafloos mir erweinet,
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- Weg! Versiege Thräne Sünderin!
Laura will, daß meine Kraft entweiche,
Daß ich zitternd unter dieser Sonne schleiche,
Die des Jünglings Adlergang gesehn? –
Daß des Busens lichte Himmelsflamme
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- Mit erfrornem Herzen ich verdamme,
Daß die Augen meines Geists verblinden,
Daß ich fluche meinen schönsten Sünden?
Nein! versiege Thräne Sünderin! –
Brich die Blume in der schönsten Schöne,
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- Lösch, o Jüngling mit der Trauermiene!
Meine Fakel weinend aus,
Wie der Vorhang an der Trauerbühne
Niederrauschet bei der schönsten Scene,
Fliehn die Schatten – und noch schweigend horcht das Haus. –
Y.
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