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- A n t h o l o g i e
a u f d a s J a h r 1 7 8 2
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- [163]
- An mein Täubchen.
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Geh trautes liebes Täubchen du
Zu Minna meiner kleinen,
Und was ich sag, das thu, das thu
Bei Minna meiner kleinen.
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- Siehst du zwei Augen himmelblau
Die sanft von Sehnsucht glühen,
Und Wangen, die gleich Rosenthau
In Frühlingsanmuth blühen;
Lacht aus den Bliken Himmelsruh
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- Und holde Engelreine,
O Täubchen, trautes Täubchen du,
'S ist Minna meine kleine!
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- Nun fliehe zärtlich schmeichelnd hin
Der kleinen liebzukosen,
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- Und lisple sanft in Seufzergen
Durch Düfte junger Rosen.
Ich bin ein Täubchen jung und zart
Aus Zypris Myrtenhayne,
Bin auch gar freundlich, frommer Art,
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- Heiß die verliebte kleine.
Ein Täubchen liebt mich, schöner ist
Kein Täubchen in dem Hayne,
Scherzt, tändelt, nikt und pikt und küßt,
Heißt der verliebte kleine.
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- So fließet unser Dasein hin
Wie Wonnethränchen süße,
Süß wie ein Wollustseufzergen
Im Taumel trunkner Küsse.“
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- Dann flattre zärtlich um sie her
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- Wie Rosenblüthchen schwirre
In bangem süßen Krais umher
Und liebeseufzend girre,
Bis sich die liebetrunkne Brust
Von sanfter Ahnung hebet,
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- Und schon geheimer Liebe Lust
Im bangen Busen bebet.
Dann flieh ich, zitternd fliehe ich
Zur kleinen Liebewarmen,
Ach Minna, Minna höre mich!
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- Ich sterb in deinen Armen.
X.
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