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- O d e n u n d E l e g i e n .
A b s c h i e d s o d e a n G i e s e k e .
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- Geh! Ich reise mich los, obgleich der männlichen Tugend
Thränen zu weiblich nicht sind.
Geh! Ich weine nicht, Freund; ich müste mein Leben durchweinen,
Weint' ich dir, Gieseke, nach.
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- Denn so werden sie alle dahingehn, ein jeder den andern
Einsam verlassen, und fliehn.
So zertrennet der Tod zween göttliche Gatten; der Mann kam
Weinend im Ocean um;
Sie am öden Gestade, wo von dem gebeinvollen Meersand
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- Sturmwind ihr Grabmal erhöhn.
So liegt Miltons Gebein, entfernt vom Gebein Homerus,
Und kein Cypressenbaum rauscht
Von dem Grabe des einen zum Grabe des andern hinüber,
Noch ein beweinender Laut.
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- Also schrieb unser aller Verhängnis auf eiserne Tafeln
Der im Olympus, und schwieg.
Was der in dem Olympus geschrieben, verehr' ich im Staube;
Weine gen Himmel nicht auf.
Geh, mein zärtlichster Freund, die segnen deine Getreuen
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- Auch vielleicht thränenfrey nach;
Wenn die Seele nicht Zähren, den freundschaftslosen unweinbar,
Bang und erbebend vergiest.
Eile zu Hagedorn hin, und wenn du genug ihn umarmt hast,
Wenn euch die erste Begier,
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- Euch zu sehen, gestilt ist, wenn alle Thränen der Freude,
Redlich verweint sind, und fliehn;
Gieseke, sag ihm alsdann nach drey genossenen Tagen,
Daß ich ihn liebe, wie du!
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