B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Georg Wickram
um 1505 - vor 1562
     
   



D a s   R o l l w a g e n b ü c h l i n .

X C V I I .
Aus der Ausgabe C (1557)


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[182] ‹Riiijr›

      Einer trûg layde für seinen
      Vatter / inn einer Gelben Kappen.


      ZU Colmar im Elsaß waren zwen Gebrúder / ir Vater war ein Schûmacher / ein alter betagter Mann. Der elter Son was auch ein Schûmacher / gar ein bescheydener Mann. Der Jünger was ein Mahler / gar wild / wunderbarlich / und gantz verthonig und zerhafft / wie dann der Mahler gebrauch ist / Dann so bald er ein Batzen verdient / so waren sechs Creützer zuvor verthon: kam oft darzû / daß er Kunst und Kunstladen versatzt damit er gelt zum schlamm uberkäme. Es begab sich / das ir Vatter mit todt abgieng / und man in nach Christlicher Ordnung solt zu Grab tragen. Der Elter son thet sich gantz schwartz an / hieng ein Leydzypffel an sein halß / wie sich dann gebürt. Der Jung aber hat ein gelbe Frantzösische kappen / die er gewon was zu tragen / kam darinn in seins vatters hauß wolt auch der Leich nachgehn. Sein brûder und‹Riiijv› andere freündschafft sagten / er solte seines Vatters seligen schwartzer röck einen anthûn / dann es gebüret sich nit / das er also inn der gelben Kappen der Leich nachgieng / dieweil sein Vatter so ein ehrlicher Mann und des Raths gewesen wäre. Er aber beharrt in seiner Kappen / Als nun die freündschafft nit nachlassen wolt / er solt ein schwartzen Rock anlegen. Sagt er / «das euch botz martter all mit einander ob einem hauffen schend / Es ist mir der Tod meines Vatters / wol so laid in meiner gelben Kappen / als meinem Brûder / Schwager / und euch allen mit einander in eüwern schwartzen Röcken / ir werdt mir auch keinen andern Rock zû disem mal anbringen.» Also mûßten sie im gleich sein weiß lassen.