Minnereden
1300 - 1500
Minnereden
Quelle:Cod. Pal. germ. 313(Die Blattangaben führen jeweils zu denOriginalseiten der Heidelberger Handschrift)
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13. Hermann von Sachsenheim, Die Unminne
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[490r] | Sy es uch unverdrissen,so merckent myn gedicht.mit jagen, birsenn, schyssenwirt manig edel thier so gar entricht |
5 | das es die ruden dick und offt erlauffen.wer das nitt recht besint,den sol och nyeman tuer noch wolffel kauffen.Mang jeger thum, unwissernympt sich vil tagalt an |
10 | unnd kent doch nit die rysser,hoch abgestreiffet dort uß hirses ban,die doch ein ieglich jeger soll erkennen.die spur ist meisterlich,man soll sie billich herr unnd meister nennen. |
15 | On alle bispel dichtennist nit ein cluger sin.wer nit das krum kan schlichten,der fert billich mit andern geuchen hin.doch nit all sprach eym dichter sind erlaubet: |
20 | dem hund nit wol gelingtder uberlaufft und auch zuferr ufstaubet.Der selben bin ich eyner,ich uberlauff gar dick.vil byspil gros unnd cleyner |
25 | flicht ich zu hauff in etlich zwifell strick,das es die thumen dau-[490v]wen wenig mercken.das las ich on ein heil,gott wel unns all zu hohen selden stercken!Wer kluger syn historigen |
30 | mit byspil uber dichtet,by dem ist kunst verborgenn,doch das er die kruem hab geschlichtet,unnd nit mit etlich benczen, rimen groben,den sol man nach sym tod |
35 | gar billich ruemen, brisen und auch loben:Vonn Eschenbach der eineherr Wolffram ist genennet,vonn Labern nit der cleyne;der beyder kunst ich hann also erkennet |
40 | an ruemen, worten, silben wolgemessen.ir kunst ist meisterlichen,hoch uff gedichtes stul sind sie gesessenn.Hie mit sy angevangenein nuw gedicht unwiß, |
45 | darin ich ger der stangenals eynr der kempffen will durch lobes brisund doch nit ficht us manlichs mannes dursten:das stell ich hin zu gottvorus, dem aller hochsten himelfursten. |
50 | Mann spricht unnd ist auch war,die mynn hab gros gewalt.doch merckent sunderbarwie das es umb die unmyn sy gestalt.unmyn all mynn kann ubercluegen, |
55 | on allein die mynndie unns zu gott kan bringen unnd auch fuegen.Unmynn kann wonders vilby furstenn, grossen herren.sie schust zum aberzil |
60 | unnd acht nit ob sie etwan ein ferren.den bolcz latt sie bym aberzill lanng steckenn.wer unmyn [491r] kennen wol,der schaw den Telphin unnd die Armen GeckennUnnd annder ir genossen, |
65 | der ich nit nennen will.unmyn legt dick ein blossenund achtet nit: ja wer verlurt das spil?sie spilt den wurffel kurcz in allen schanczen.unmynn zerstoret frewd |
70 | mit eren schimpffen, singen, springen, danczen.Da unmynn ging zu schulunnd sich magistrirt,da greiff sie nach dem stullder hie wol alle cristenheit durch zirt. |
75 | ob ir der griff nun sy als wol geraten,das stell ich zu dem babstunnd allen sinen undertanen prelaten.Der datt will ich geschwigenn,es hatt ein zwifell knopff. |
80 | einer wolt die warheit gigen,da schlug man im die gigenn an denn kopff,das sie zerspranng so gar zucleynen stuckenn.doch volgent mynem ratt:hutt uch vor etlich der gelertten duecken! |
85 | Sie hannd ein wechsen nasen,das sag ich uch furwar.hett eynr zu Wien ein basenn,so sprech er bald, sie wer sin muter zwar,und wolt zu Koln ein heiltum uß ir machen. |
90 | wer mich da mit bestricht,ich swig, als drug ein muß vor mir ein bachen.Unmynn wirt nymer heysser,wie lut ist ir geschrey.o roemischer vogt und keyßer, |
[491v] | unmyn fur dich kompt dick unnd mangerley.nun bis glich in allen widerparten,bedenck auch: unmyndich hat gesmecht an dinem edeln gartten.Des soltu nit vergessenn, |
100 | so kunfftig wirt die zit,unnd huffet widermessen,unnd nit als salcz das man gestrichen gyt.man huffet antwerck schir und auch hie buchsen.zuch uber orn die hut |
105 | den schalckhafft wolffen, hunden und auch fuchsen!Ye doch soll by gewaltgenad auch hann ir sedel.unmynn ist ungestalt,sie krencket dick des suessen meyen wedel |
110 | so gar mit ungetruwenn, scharpffen winden.ich meyn die groben diet,an den man selten thutt gnad finden.Dir wirtt noch wolgelingen.darumb bis unmynn on, |
115 | hoer nit syrenen singen,hutt dich alczyt vor irem falschen donn!ich meyn die ungedruwen, argen juden;sie bellen widerstrit,als in eym hoff eyns richen meyers rueden. |
120 | Nun hin, des sy geswigenn.merck, adelicher stam:unmynn hat angesigenEva dem wib unnd auch Adam,die gott zum allerersten hatt geschaffenn. |
125 | unmyn gesiget nochan munchen, nunnen, leyen unnd auch pfaffen.Unmynn hatt angefangennach fiat bald dem wort:ich meyn der edel brangen |
130 | von Lucyfern unnd sin gesellen dort,die umb unmynn vonn himel sind gestossenn,als manchem noch besch-[492r]icht,die sich in ir geselschafft wollenn genossenn.Sust merckent mangerley |
135 | was unmynn kann gefügen:den ungedruwen Kaydenn wil ich hie mit luczel worten rügen.er schlug den fromen Abel sinen bruder;da mit bannd er sin sell |
140 | uff Lucipers hellischen falcken luder.Joseph verkauffet wardvonn sinen brudernn allen.do czogt unmynn ir artmit ungedrüwer, valscher nydes gallenn. |
145 | das doch dem Joseph kam zum aller bestennder kauff bestetigt wardden Ysmaheliten, sunder fremden gesten.Ein kauff der aller dürst,des nyemann soll vergessen, |
150 | unmynn, die ungehurst,die schuff den selben kauff zu winckelmessennin Judas hercz, dem nydisch ungedruwen.was hulff das er sich hienng?in batt doch nit sin bytter valsches ruwen. |
155 | Der kaufflutt sind genug,dy mandell unnd on fygen.es hatt nit alweg fugby siechen harpffen, rotten unnd auch gygen.wer do alles kauffen wolt volenden, |
160 | der mocht sich selber wolzujungst mit nott unnd sehenden augen blenden.Ir wisenn hannd gehoretwas unmynn kan verclugenn.myn synn sich nun enboret. |
165 | und wil unmynn zum besten wider fugen.unmynn [492v] die wil ich rumenn unnd brysenn,unmyn kann wol mit rechtunrecht mit kunst zu allem rechtenn wysenn.Heyliger vatter, merck |
170 | (ich meyn dich, babst gehur):din unmynn krefft unnd sterckuff erd genn aller valscher creatur,es syn leyen, munch unnd auch die pfaffen.unmyn soltu hann |
175 | gen allen den die unmynn wollent schaffenn.Besunder din prelatendie soltu reformirnunnd vil der advocaten,die sich mit undrw brysen und auch zirn. |
180 | das soll din heilikeit in nit gestatenunnd all hoffart wern,besunder den mit den beschornen platten.Der unkusch muß ich geschwigenn,wan sie hat obern hant. |
185 | wolt ich nach gamssen stygenn,so durfft ich wol eins ruhen velsen want.wurd mich durch has der steinbock den ab streiffen,so wutt ich durch den schne,als in dem gebirg manig jeger thut uff reiffen. |
190 | Geistlich person besunderwil ich mit straffenn luczen;wer bleczt den alten blunder,der wil sich nit mit nüwen cleydern müczen.wer singt zu lutt, der mocht wol werden heyser. |
195 | das merkent, edeln fursten,voruß der hocherwelte romisch keyser!Mit byspil underscheidennsoltu recht mercken [493r] mich.drag unmyn gen den heydenn |
200 | unnd auch gen allen falschen sunderlich,der du sichst vil umb dich mit dinen ogen.man spricht, sie zwahennt dirmit drübem wasser on all laugen.Ich meyn die procuraten |
205 | und ir genossen vil;hie vor die hann auch krattenunnd brufften auch der stunden loff unnd zil,und ist leyder nun so gar geschwigen.unadel ist zu ferr |
210 | uß dieffem dal uff hoen berg gestigenn.Vil pfiffer unnd drumpetterhannd dick ein gros geschrey;das pulver us salpetermacht man mit listen also mangerley, |
215 | das es die thurn unnd die huser kann gefellen:die frumen uff zu gott,die bosen ab zu Judas, irm gesellen!Das woll wir gott lon waltennunnd auch sin muter zart. |
220 | ir jungen unnd ir alten,secht her unnd schauwent an den mynen bart,wie der vonn alter ist so wis gewachsen.mann spricht, der edel salmder kam vonn erst vonn eynem groben lachsen, |
225 | So er die wurzel byssetdort in dem Murgental.wer sich gros schanden vlisset,der wirt nit babst zu Rom noch cardinal.o junger man, thu dich des bestenn vlissen, |
230 | hutt dich vor sund unnd schannd,so thustu an die rechten wurczel byssen!Denn hohen adel rürennwil ich on alles [493v] smeichenn.sie messenns nach den schnuren |
235 | und schnyden doch gar dick zu kurcz das zeichenn,da mit der baw wirt gancz unnd gar verhauwen.ich meyn der eren sal,den man solt billich raumen unnd schauwen.Ich meyn die herren grossenn, |
240 | die svat denn adel krenckenmit jegern ungenossen.sicht man das wilbrat an dem sattel hencken,von dem gesmack die ruden sich uß dreyen.sie habenn edel falcken |
245 | unnd beyssen doch mit rappenn und kroen.Das wer ein schad geringer,als Danckbart sprach zu Hagen.die gucken durch die fingerunnd müssen doch die burden helffen dragenn, |
250 | so man zu jungst das bad wurt uber schuttenn.ich thumer red zu vil,es mocht villicht den heiligenn man bekrutten.Des predig wenig hilffet,als auch thutt myn gedicht. |
255 | wie lutt er schrid unnd gilfet,so wil es doch der adel mercken nicht,zum eym orn yn, zum andernn uß gedrongenn.wer iecz das wider effen kann,der hat am dancz die guglin hoch gesprungenn. |
260 | Ir furstenn hochgemessenn,ich man uch drw unnd eyddas ir nit wolt vergessennann Marien, der keuschen, reynen meidt.die hat unmynn genn allen boesen dingen. |
265 | der spur der volgent nach,so mag uch hie unnd dort destbas gelingenn. |
[494r] | Die dieb unnd rauber fliehenn,hoffgallen, kleffer auch,vonn sund und schand uch ziehen, |
270 | nit gedencken als ym sumer dutt der gauch.lannd yn dem hag die edel vogel singen,ich meyn die frauwen ret,der stym hilt wol uff bergenn unnd in clingenn.Die argenn soll mann schuhen, |
275 | unreynn ist ir gewalt;dem Furstenberger dühen,also das er sin suees wol behaltunnd nit zulanng uff dreßtern lassen ligen.behelt er dann sin farb, |
280 | so mag die lenng ym nyemant angesigen.Edler leo besunder,nit hab furuebel mirdas ich dich muesch darunder;myn warnen ist in ganczen truwen dir. |
285 | huett dir vor allen falschen, untruwen vogeln,beschrot yn das gefider,ee das sie werden flück unnd hoch gein dir uff gogeln!Trett her, ir ungetruwenn,ich mein dich, swacher adel: |
290 | mit eynem byspil nuwenbeschrot ich dir mit listenn dinen wadel,und doch ein teil die federn lassen stercke;vergifft mit eynem stral,ein wund gar selten heilt on streymen, masen, fleckenn. |
295 | Wie swig ich tummer dauberalslang von hutlins teil?ich mein die dieb unnd rauber,die all zusamen horen an ein seil,der eyn zum swert, der ander hochgestricket, |
300 | den heuptman sunder auch,der heimlich pfeffer under zucker spicket. |
[494v] | Wie kund ich gar durch lutternnder welt unrein geschicht?ja, wer es win von Zuettern, |
305 | so hett ich bald unnd schnel davonn gedicht.so ist es win vonn Muscatel besunder,der edel malmasyhatt sich gemüscht mit lantwin auch darunder.Wer eynem stummen rümet |
310 | unnd wincket eynem blinden,der hatt sich gar versumet,glich als iecz den ebreyschen kindenda hilffet weder rümen noch das wincken,sie nemen den den dauff |
315 | on falschen glauben sunder struchenn unnd auch hinckenn.Mann sprichet, wa zwen blindenin einer heissen aschenein glatten pfennig vinden,von den so hebet sich ein michel daschen. |
320 | yeglicher meint, der ander hab yn funden;alsus wirtt manig stritt,und doch nit fast mit helmen uff gebunden.Undrw ist nachgebürdem adel unnd denn stetten. |
325 | es machet hagel schürund schuhet weder vesper noch die metten,cumplet und prym; das gilt yn alles gliche.nun schawend wie undrẅso offenlich genn unns zu land her schliche. |
330 | Ein gauckler unverdrossennsoll billich hann ein knecht;mit hunden ungenossenvecht man gar dick das wilpret widerrecht.ich meyn die hund, die sind der grossen herren: |
335 | in armer lutt wilpandtdie vahen ieglich rech, also thun die ferren.Zu dinst eynr werden frauwennhan ich dies [495r] red gedicht.mit eussern augen schauwen |
340 | ist mir gar fremd ir zertlich anegesicht,als ich sie sich verdacht in mynem herczenn.doch ist myn dagalt cleynmit edeln falcken beyssenn unnd auch scherczenn.Sust hann ich gutt gedruwen |
345 | zu eynem falcken gutt,der fleugt nit gernn mit huwen,als manich fremder grober blafus thutt,die sich die ülen lassen gern bekrencken.dannck hab der edelfalck, |
350 | der sinen mantel kann zubeyden syten henckenn,Da im die wind her wehenngar scharpff und auch unlind.aglastern, rappen, kroendie fligen durch einander gar geswind |
355 | unnd kunden sich als edel tuben zogen.vor den soll man sich hütenunnd nit zu gros heimliche voryn eugen.Ich meyn die ungedruwennachgaffer allgemeyn; |
360 | man solt sie billich bluwenmit knütteln gros, die weren nit zu cleyn,vor kungen, fursten, herren und auch frauwen,die mangem reynem wibmit claffen thun gancz all ir eer verhauwen. |
365 | Ein reynes wib gehürkann nymant übergesten.ich hans für abentürunnd zel mir das wol selber zu dem bestendas ich sie noch mitt innern augen schawe. |
370 | sie ist mynr frewdenn sal,ein meyen insel werd, myns herczen awe.Hie mit sy uß gesungendies red unnd hab ein end.ir alten unnd ir jungen, |
375 | nit kerent hie das antlicz zu der wend,vernempt mynn tagalt, die ist ungemessen.wer das besinnet recht,der sy geduert unnd heis der unvergessen. |
[495v] | Die unngedaufften narren, |
380 | mit sunden ubersundet,die glich ich zu den pfarrenda kein ampel nymer wirt enczundet,unnd alle lichter sind darynn verloschen;ich meyn dich, unvernunfft: |
385 | du hast dick manch ler stro gedroschenn.Wibes bild besunder,hutt dich vor argem struchen!es hatt mich fremd unnd wunder,wer sich in dem summer thut schuchen |
390 | unnd in dem wintter hicz wil ersticken.doch manig vogel wildsich vahen lat gar heimlich in den strickenn,Die im die weidlut stellenverborgen in dem wald. |
395 | gutt frawen unnd gesellen,hutt uch vor argen listen manigvalt,land uch das kuczlin also nit bedriegen!manch lümrutt under klobwirt dick gemacht mit undrw unnd mit liegenn. |
400 | Was uß dem fusß nit ysset,hort nit inden wiltpan.manig weidman des vergissetunnd nympt sich dogen edler vogel anmit falschen stricken, ricken unnd auch neczen, |
405 | und understunden auchhoch wild mit groben hunden, rüden heczenn.Da by las wirs belibenn,der deding ist genugk.solt ich es als volschriben, |
410 | der welte unfug und auch iren fug,so mocht ich wol in daben wiczen alten.nun hin, das stee zu gott,der aller ding kann pflegenn unnd auch walten.Dies sy uch, fraw, geschencket |
415 | zu wilkum, hooehe frucht!so sich myn leben krencketund hynnen fert die sell mit schneller flucht,als andern alten gewonlich in dem merczen,so brennent, gott zu lob, |
420 | fur mich zudrost, ein pfuendig wachsen kerczen, |
[496r] | Das die auch werd enczündetloblich von uwer handt.hett ich dann fast gesundet,ich mein, so wurd es als darvon zurdrant. |
425 | des hann ich hoes hoffenn unnd gedruwen,gott mus die edelnn falckenund Luciper glich all die argen huwen.Ich meyn die valckenn edel,die mann nitt sicht beschroten |
430 | an flugeln, fettich, wedeln,unnd auch nit singen alter pfiffer notten.allein die rechten musica volbringenmitt süssem seytten spilhortt man vor gott die engel loblich singenn. |
435 | Zu denn wol unns auch helffenndie konigin gnadenn vol!wir sind doch die welffenn,die von irm sun sind erquickt wol.ich meyn ein krucz, des starcken leuwen styme, |
440 | alsus er unns erlostmit hertter, bitter marter schwer unnd grymme.Amen. |