Konrad von Megenberg
1309 - 1374
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Buch der Natur
IV. VON DEN PAUMEN.
A. VON DEN PAUMENIN AINER GEMAIN.
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54.Von der weinreben.
Vitis haizt ain weinreb. der hieze paz ain staud wan ain paum. wenn man die weinper in ainen warmen ofen legt und derrt si dar inn, die haizent ze latein uva passa, daz sint geröscht weinper. des weinreben plüet ttent die slangen und der weinreben zäher, der dar auz tropfet wenn man si besneidet, vertreibt die räudichait und die schebichait. sein wurzel vertreibt die unsauberkait und daz aiter auz den ôrn, wenn man si stzt. ir saft pricht den stain in der plâtern. nim die grüen weineste wenn man si absneidet und röscht si in ainem feur, unz si des feurs enpfindent an ir prunst, und zeuch si dann her wider auz und trück dar auz wazzer, daz ist den wäzrigen augen guot und den kranken augen, wenn man daz wazzer dar ein tuot. dû scholt nâch miltem weinlesen wênig trinken und nâch klainem weinlesen trink paz und milticleicher. daz verstên ich alsô. dû scholt niht den wein trinken dar nâch und dû sein vil oder wênig hâst: dû scholt den wein dir selber trinken ze nutz nâch rehter mâz. alsô pis den milten reben arch und den argen milt. slehtez velt pringt mêr weins, aber gepirg pringt edlern wein. der sudenwint, der auster haizt, edelt den wein in den weinreben dar umb, daz er warm ist; aber der nordenwint, der aquilo haizt, mêret den wein in den weinreben, die gegen im stênt dar umb, daz er wäzrig ist. die weinper sint gesünter über drei tag ze ezzen dar nâch und man si gelesen hât, dann an dem êrsten tag, wan si plæent alsô frisch; wenn aber der plæend dunst auz gereucht, sô sint si pezzer. wer die weinper behelt und si auf hæht oder si paizt mit honig oder mit zukker in ainem ofen gerscht, die fuorent wol. der weinreb hât die art, daz er ain seit an dem ast an ainem knoden daz weinplat auzscheuzt und ander seit die weinper. wenn die weinreb geprant werdent von ainem kalten wind, sô mêrent si diu pleter und niht die weintrauben. Jacobus spricht, der weinreben zäher schad den vergiftigen tieren. mitelmæzig wein ist guot, den schol man nemen nâch der wal. Galiênus spricht, sô der wein ie elter ist, sô er ie hitziger ist. Aristotiles spricht, man versuocht an newem wein oder an most, ob wazzer dar zuo gemischt ist oder niht; wan wer ain ai dar ein legt, ist niht wazzers dâ pei, sô swimt daz ai ob, ist aber wazzer dâ pei, sô vellet ez ze podem. ganzer most hât zwair lai hitz: ain von seiner aigen nâtûr, die andern von der stat seiner gepurt, dâ in diu sunn gemacht hât, und diu zwivaltig hitz machet den most wallend in dem vaz, dar umb swimt daz ai ob; aber die hitz erlescht daz wazzer, dar umb velt dan daz ai under. Galiênus spricht, süezer wein macht durst, wan er mêret die hitz in dem menschen. Isidorus spricht, welhe menschen geschickt sint zuo der wazzersucht, die hüeten sich vor allem süezem wein. ez ist dreier lai wein. der êrsten lai ist wäzrig und dünn, der ander erdisch und dick, der drit hât ain mitel under den zwain. der lauter wirt schier gekocht in dem magen und durchgêt die âdern und pringet daz harmwazzer, und dar umb gibt man in den sühtigen läuten, wan er hitzt niht vast und beraubt der sinn niht und schadet dem hirn niht und den âdern. ist aber er gemischet, sô leschet er den durst dester paz. Aristotiles spricht, wâ gar starker wein in ainem vaz ist, der daz vaz zeprechen wil, dâ leg ain wênig kæss ein, sô erlischt sein überwal, wan der kæs ist kalt und vol löchel, dâ von zeuht er die hitzigen dünst in sich, der den wal macht, und lescht in mit seiner kelten. Isidorus spricht, die wein, die man auz korn und auz gersten macht, sint niht zimleich und lâzent sich niht wol kochen in dem magen und machent ps dünst und ps fäuhten in dem leib; si verschoppent die leber und daz milz und machent den stain in der plâtern und in den niern. er spricht auch, guot wein fuoret den leib wol und pringt und behelt gesunthait, ist daz man in zimleich trinkt von der nâtûr nôtdurft, wan sô sterket er die kochenden kraft in dem magen und in den gelidern. ez ist kain ezzen oder kain trinken, daz die nâtürleichen hitz sô vast sterk, sam der wein tuot: der benimt trauren und pringt vräud, er wandelt der sêl laster in tugent, er kêret von unmilt in milt, von unsänft in sänften muot, von hôchvart in diemuot, von trâkhait in snellikait, von vorht in kuonhait, er ändert des muotes unwitz in ain hündichait oder kluoghait und ungespræch in wolgespræch und ânsin in sinnichait, und dar umb nâmen in die weisen läut, Perse und Heleni, wenn si mit etswem weisleich reden wolten oder etswaz newes vinden oder rât geben zuo gemainem nutz der läut. der wein von dem land Neapolis hât die art, daz er print reht sam ain öl, wenn man in in ain feur geuzt, und der ist ain fuorung und ain kost. Isidorus spricht, wer ain ai drei tag oder vier in ainen ezzeich leg, sô werd sein schal sô waich, daz man ez leiht mit der hant drucken müg war ain man well und müg ez sô lang geziehen, alsô daz man ez durch ain hantvingerl zieh. Galiênus spricht, daz der ezzeich gar hilfleich sei den dingen, diu hitzig nâtûr habent, und gar schedleich den, diu kalt nâtûr habent. Platearius spricht, vindet der ezzeich den magen vol, sô entsleuzt er in, vint er in aber lær, sô besleuzt er in und zeucht in zesamen. er spricht auch, wer ainen ezzeich bewæren well, ob er guot sei, der giez in auf die erd oder auf eisen; wirt er dann wallent, sô ist er guot, wallt aber er niht, sô ist er niht guot. Galiênus spricht, lauter ezzeich mit wazzer gemischt sumerzeiten küelt und lescht den durst; wazzer mit wein oder mit ezzeich gemischt lescht den durst mêr wan eitel wazzer, wan wein und ezzeich füerent daz wazzer in die tiefen des leibes und machent ez durchprechent, wan der ezzeich hât die kraft, daz er ander ding kreft, die im zuo gesellt sint, füert in die tiefen. daz westen die unrainen juden wol, dô si unsern herren martrâten, wan dô er in seinem pittern leiden hiench an dem cräuz, dô schrai er mit lauter stimm 'mich dürstet!' und dô gâben im die juden ezzeich mit gallen, dar umb, daz der ezzeich seineu gelider durchgieng mit der gallen. ez sprechent auch etleich, daz gemischter wein mêr trunken mach wan ungemischter, wan der gemischt wein wirt behend von dem wazzer und sleuft durch. er dünst auch mêr von dem wazzer wan sunst, und der dunst oder der rauch sleht in daz haupt und macht trunken, aber diu trunkenhait wert niht sô lang sam von eitelm wein.
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