BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

III. HIR HEBT AN DAZ DRITT

STÜCK DES PUOCHS

VON DEN TIERN

IN AINER GEMAIN

 

B. VON DEM GEFÜGEL

IN AINER GEMAIN

 

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62.

Von der nahtigal.

 

Phylomena haizt ain nahtigal. diu ist sô lustig in irm gesang, daz si selten izzet. aber wenn si izt, daz tuot si gar snell und fürdert sich wider zuo dem gesang. si singet neur in dem lenzen, daz ist in der zeit von sant Peters tag, als er auf den stuol gesetzt wart, unz an sant Urbans tag und dar nâch die rehten sumerzeit, aber in dem winter singt si nümmer. si singt gar ämsicleich und gar fräuenleich über ir kraft alsô grœzleich, daz si sô krank wirt, daz si sterben muoz, und welt ê den tôt, ê daz si von irm gesang lâz. dar umb haizt si ze kriechischer sprâch phyl?mena, daz ist sô vil gesprochen sam ain liepswinderinne, wan si swindet und nimt ab von rehter lieb irs gesanges unz in den tôt. dû scholt auch wizzen, daz zehant wenn diu nahtigal geunkäuscht hât, sô verleuset si die klârhait irr stimm, sam Plinius spricht, und gewinnet ain ander stimm und verändert auch ir varb. diu nahtigal unkäuscht etswenn mit der spirken und læzt sich drucken von der spirken. ach, wölt got, daz ich des niht west von dem zarten vogel! diu nahtigal hât ain gar dünn zungen, daz kain ander vogel sô ain dünne zungen hât. Pei der nahtigal verstên ich die rehten maister der geschrift, die tag und naht mit überigem grôzem gelust lesent die geschrift und tihtent new lêr alsô vast, daz irs leibes kraft abnimt und ir antlütz plaich wirt. wenn die unkäuschent und si die sperken diser werlt druckent, daz sint diu unkäuschen weip, sô verändernt si ir stimm guoter lêr und enpfärwent sich paideu leipleich und gaistleich.