Konrad von Würzburg
um 1225 - 1287
Der Trojanerkrieg
Paris' Kindheit und JugendHekubas Traum. Aussetzung des Paris.Jugendzeit beim Hirten. Paris und Oenone.
(325 - 812)
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325 |
En künic was ze Troye,den twanc der tugende boye,daz er nâch hôher wirde vaht.ûf êre leit er sîne maht,daz er die volleclîche erstrite. |
330 | er was rîche und wol gesite,gewaltic, milte und ellenthaft.ouch diente sîner magenkraftund sîner hende manic lant.Gelücke het ûf in gewant |
335 | vil hôher wirdikeit alsus:er was geheizen Prîamusund het ein wunneclichez wîp,diu zierte leben unde lîpmit êren und mit reiner tugent.
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340 | ir herze was von kindes jugentvor allem wandel gar behuot.diu frouwe tugentrîchgemuotwas Ecubâ genennet.man hete wîte erkennet |
345 | ir namen und îr hohen prîs.diu selbe küniginne wîswart eines kindes swanger,daz ûf der Eren angersît der tugent bluomen las. |
350 | und dô si swanger worden was,dô viel ûf si der sorgen soum,wande ir kom ein leider troumin ir slâfe nahtes für.daz schne wîp von hôher kür |
355 | bescheidenlîche dûhte,daz von ir herzen lûhte
Traum Hecubas von der Fackel, daneben Priamus
ein vackel, des geloubent mir,diu gewahsen wære ûz irund alsô vaste wære enzunt, |
360 | daz si Troye unz an den gruntmit ir fiure brande,noch in des rîches landeliez eine stütze niht bestân.der küniginne wol getân |
365 | was dirre troum vil swæreund seit in dô ze mæreder werden künige Prîamô.der wart sîn trûric und unfrô,wan er in angeslîche entsaz. |
370 | sîn herze leides niht vergazund inneclicher sorgen;sîn fröude wart verborgenund al sîn wunne diu verswant,wan er gedâhte sâ zehant, |
375 | daz sich der selbe troum gezügeûf daz kint ân alle trüge,daz diu küniginne truoc.dâ von sîn riuwic herze gnuocbeswæret wart von grunde. |
380 | dar nâch in kurzer stundediu frouwe ein knebelîn gebar,daz schein sô rehte minnevarund alsô liehter wunne rîch,daz niender lepte sîn gelîch, |
385 | noch niemer lîhte wirt geborn.liutsælic gar und ûz erkornwas sîn lîp und sîn gebâr.und dô der künic alsô clârdaz selbe knebelîn ersach, |
390 | dô wart er leidic unde sprach:Diz ist ein schedelîchiu fruht.mîn lant möht allez mit genuhtvon im zerstret werden.ob dirre knabe ûf erden |
395 | gewüehse z'einem manne,sô würde Troye dannevon sîner schulde wüeste.ê daz er leben müestemir ze schedelicher nôt, |
400 | ê tæt ich selber im den tôt,dur daz ich sorgen würde entladen.der wîse man sol sînen schadenvor betrahten und besehen.verlüste möhte vil geschehen. |
405 | der si niht wolte wenden.man sol die sorge swenden,die wîle si gefüege sî,dur daz man grôzer swære vrîbelîbe und man îr werde erlôst. |
410 | ûz einer gneisten wirt ein rôst,der niht ir zünden understât:reht alsô dringet unde gâtûz kranker swære stammevil starker sorgen flamme, |
415 | der si lât frühten unde beren.des wil ich muoten unde geren,daz mîn geburt verderbe,ê daz ich selbe ersterbeund al mîn rîche werde swach. |
420 | diu vackel, die mîn frouwe sach,dô si geleite slâfen sich,diu machet mir bezeichenlichdiz kint, daz von ir ist geborenwirt nû sîn leben niht verloren, |
425 | mîn lant zergât in kurzer vrist.ez ist vil bezzer, wizze Krist,daz ez gelige aleine tôt,dan daz ich von im kæme in nôtund allez mîn geslehte. |
430 | wâ nû zwêne knehte,die mîr zehant verderbent ez?swie got ein volleclichez mezvon sælden habe ûf ez gewant,ez muoz geligen tôt zehant. |
435 | Mit disen dingen und alsuswart der künic Prîamusze râte des ân underbint,daz er sîn eigenlichez kintverderben heizen wolte, |
440 | dar umbe daz im soltekein schade von im ûf erstân.daz kint nâch wunsche wol getânzwêne knehte er nemen liez;ze walde er si daz füeren hiez, |
445 | dur daz si tæten im den tôt.bî sîner hulde er in gebôt,daz si durch keiner slahte dincden niuwebornen jungelincliezen bî der zît genesen. |
450 | wan ez müeste ir ende wesen,ob im belibe der lebetage.sus wart hin zuo dem wilden hagedaz kint gefüeret al zestunt.des wart an hôchgemüete wunt |
455 | sîn muoter und diu hovediet.ûz vröuden sich ir herze schietdur die küniclichen fruht.dâ wart vil jâmers mit genuhtbegangen unde güebet. |
460 | der hof der wart betrüebetund al sîn massenîe.nû man diz wandelvrîekindelîn brâht in den waltund ez die zwêne knehte balt |
465 | verderben solten under in,dô wart ez von der strâze hingefüeret zuo der wüeste grôz.ein swert gar lûter unde blôzder eine ûz sîner scheiden zôch. |
470 | daz kint von edelkeite hôchwolt er dâ mite ermürdet hân,und hete im ouch den tôt getân,wær ez von gote erwendet niht.dô vor des kindes angesiht |
475 | schein daz swert sô lûtervar,und ez dar inne wart gewardes bildes und des schaten sîn:seht, dô began daz kindelîndie zwêne mortgîtigen man |
480 | sô rêhte suoze lachen an,daz si'z ungerne sluogen.an smieren und an luogenbegunde ez si dô beide,sam ûf der liehten heide |
485 | den küelen tou diu rôse tuot,dur daz si bleter unde bluotnaz unde fiuhte mache.die minnecliche sachedie knehte gerne sâhen. |
490 | si sprâchen unde jâhen:uns solte niht diu erde tragen,ob ein sô klârez kint erslagenwürde von uns beiden:wir sulen von im scheiden |
495 | und ez genesen lâzen.hie mite si dô mâzendem kinde lûterlichen prîs.si leiten ez ûf dickez rîsund in ein grüenez stûdach, |
500 | dâ von den tieren im geschachze leide keiner slahte dinc:sus wart der kleine jungelincverlâzen in dem walde.die knehte sniten balde |
505 | die zungen ûz dem mundeeim edelen jungen hunde,der in gevolget hæte.durch ein urkünde stætebrahten si die Prîamô, |
510 | dâ bî solt er gelouben dôfür ein gewislich mære,daz von in beiden wæredaz kindelîn gelegen tôt.des lônd er in mit golde rôt, |
515 | wan er gap in rîlichen soltund was in beiden iemer holt.
Ein Hirte findet den kleinen Paris im Wald
Er wânde ân allen widerstrît,daz kint daz wære bî der zîtvon ir henden tôt gelegen. |
520 | dô lac der niuweborne degendort in dem walde aleine.und dô der knabe kleinewart irre sîner ammen,seht, dô begunde enpflammen |
525 | sîn herze ûf jâmerunge.daz edel und daz jungewunneclîche süeze kintdaz weinte lûte ân underbint:wan im gebrast der lîpnar. |
530 | nû wolte got sîn nemen warmit sîner reinen huote,des liez er im ze guotedar komen eine hinden;an der begund er vinden |
535 | zehant die lîpnarunge sîn.si stuont über daz kindelîndes tages iemer drîstunt,und hienc ir brust für sînen munt,die souc der junge süeze knabe |
540 | und hete sîne genist dar abeund den lebetagen sîn.nû daz erwelte knebelînalsus lac in dem wilden hage,und sîn diu hinde eht alle tage |
545 | nam mit hôhem flîze war,dô was ein hirte komen darin den walt mit sînem vihe,der hôrte, des ich mich versihe,daz kindelîn dô weinen. |
550 | des îlt er nâch der cleinenjæmerlichen stimme lûtüber gras und über krûtund kam reht in den selben hac,dar inne ûf grüenem rîse lac |
555 | daz kint von hôher art geborn.nû was sîn lîp als ûz erkornund alsô rehte wunneclich,daz der hirte vröute sichdur sîn vil clârez bilde: |
560 | er truoc ez von der wildeund ûz dem wüesten waldeze sînem hûse balde,dar inne er sîn vil schône pflac.des hirten wîp dô kindes lac; |
565 | daz kam ze heile dirre fruht.diu frouwe leite durch ir zuhtund durch sînen clâren schînan ir brust daz knebelîn,und zôch ez minneclichen dran. |
570 | ein ander ammen si gewan,der si bevalch ir selbes kint.ir trûren wart vil gar ein wintdur den hochgebornen knaben:si wolte in verre lieber haben |
575 | danne ir kint, daz si gebar.si nam sîn vlîzeclîche warmit süezer handelunge,sô lange biz der jungewart ein wol gewahsen kneht. |
580 | got leite ûf in der gnâden rehtund alsô volleclîche tugent,daz edel knabe in sîner jugentnie wart sô zühtic, noch sô wîs;er bluote sam ein rôsenrîs |
585 | in manicvalter güete.sîn herze und sîn gemüete.stuonden ûf gerihte starc,daz er vil selten ie verbarc,swâ man' z bewæren solte. |
590 | der süeze wænen woltefür ein gewislich mære,daz der hirte wæreân allen schimpf der vater sîn;ouch tet er im die triuwe schîn, |
595 | daz er ûf in solte hânbillîche vaterlichen wân.Er zôch in schône und alsô wol,als ein kint sîn vater soldurch wâre schulde ziehen. |
600 | er kunde schande fliehenund alle untugende von im jagen.nû kam vil schiere zuo den tagender jungelinc schn unde stolz,daz er daz vihe treip ze holz |
605 | und ûf der grüenen heide velt.ez wuohs vil rîcher tugende geltûf sînes herzen acker.er was rösch unde wackerûf allen hövelichen schimpf. |
610 | schn unde guot was sîn gelimpfund alliu diu gebærde sîn.swenn er und ander hirtelîn,diu sîne gesellen wâren,ir spils begunden vâren, |
615 | sô tet er ie daz besteund was sô tugentveste,daz man in lopte denne.si wâren eteswennemit strîte sament gemellich, |
620 | alsô daz si dô teilten sichund machten krieges parte:jô was er ein griezwarteund ein guot rihter under in.wan swer den sic dô fuorte hin, |
625 | dem sazte er ûf sîn houbetein schapel wol geloubet,dâ mite er in dô krôntedaz er sô frumeclichen streit.daz er sô frumeclichen streit |
630 | unreht daz vlôch er unde meitund allen wandelbæren sin.swâ noch der apfel walzet hin,er dræjet nâch dem stamme sîn:daz wart bewæret unde schîn |
635 | an dem juncherren adellich.swie vaste er dô gesellet sichzuo den gebûren hæte,sô was er doch vil stætean allen hövelichen siten. |
640 | sô vremde pfarren dicke stritenmit den sînen von geschiht,son liez er sîn engelten niht,daz si dâ fremde wâren.er wolte rehtes vâren |
645 | und tet in guot gerihte kunt.swaz dâ gesigte bî der stunt:ez wære ein ohse, ez wære ein wider,daz reht enleit er dô niht nider,wan er im eine crône |
650 | sazt ûf sîn houbet schône.Er was an rehte vollebrâht.der arme von im wart bedâhtrehte als der vil rîche.in beiden er gelîche |
655 | rihte nâch ir schulden.daz herze sîn verduldenwolt in dem walde keinen zorn.sîn lîp von hôher art gebornmit gerihte dâ geschuof, |
660 | daz er gewan des lobes ruofund den werdeclichen prîs,daz er geheizen Pârîswart dur sîn gelîchez reht.pâr und gelîch sint ebensleht |
665 | und ist an in kein underbint,wan daz si mit den worten sintgesundert und gescheiden.ein sin lît an in beidenund ein bezeichenunge. |
670 | dar umbe daz der jungegelîche rihten wolte,als er von rehte solte,dô wart er Pârîs dô genantund alsô rehte wîte erkant, |
675 | daz er ûf allen veldenund in den wilden weldenwart der jungen hirten voget:die kâmen alle z' im gezoget,sô si krieges heten iht, |
680 | dur daz vor siner angesihtir strît würd aller hin geleit.er hete die bescheidenheit,daz er nie keinen valsch gerietund allez dinc ze rehte schiet, |
685 | daz verlâzen wart an in.er leite ûf êren sînen sinund ûf edellîchiu dinc.er was der schnste jungelinc,der ûf der erde ie wart geborn. |
690 | sîn dinc was allez ûz erkornan lîbe und an gebâre.an antlitz und an hârewas er liutsælic unde stolz.swenn er daz vihe treip ze holz |
695 | und ûf die grüenen heide,sô kunde er sîn mit weidenâch dem wunsche nemen war.Nû der juncherre wunnevarbî dem hirten sus beleip |
700 | und sîne zît alsô vertreip,daz man im hôher tugende jach,dô treip er dicke in einen bachdaz vihe trenken in dem wage,der flôz in einem schnen hage |
705 | vür eine wilde clûse.dar inne was mit hûsegesezzen ein götinne,diu leben unde sinnegar ûf Pârîsen kêrte. |
710 | sîn minne si versêrte,des wart ir herzen dicke wê.geheizen was Egenoêdiu selbe feine wilde.ez wart nie wîplich bilde |
715 | sô schne und alsô rehte fîn,sô diu gotinne kunde sînmit lîbe und mit gebærde.vil grôz wart ir beswærdenâch Pârîse z' aller stunt. |
720 | ouch wart von ir sîn herze wuntund allez sîn gemüete.si twanc gemeine güeteûf der gelîchen minne solt:si wurden beide ein ander holt |
725 | vil schiere ân allen valschen mein,wan si begunden under einir muot verstricken unde ir lîp.er wart ir man, si wart sîn wîp;si wart im trût, er wart ir liep. |
730 | Arîs, der hübsche minnediep,und diu schne Egenoê,die truogen tougen âne wêmit herzen und mit sinnez'ein ander stæte minne. |
735 | Si kunden wol ir fröude heln.sô Pârîs mohte sich verstelnze sînes herzen künigînvon der geselleschefte sîn,sô wart im inneclichen wol. |
740 | ir beider muot was fröuden volund wart ir leit verborgen,wan daz diu schne sorgenbegunde sêre z'aller stunt,daz im ander minne kunt |
745 | würd eteswenne von geschiht.ob si der vorhte hæte nihtgehabet in ir herzen,sô wære sunder smerzengewesen al ir wunne ganz. |
750 | wan dô sîn varwe schein sô glanzund er sô tugentrîche was,dô nam dick an sich unde lasvil sorgen ir getriuwer lîp.si vorhte, daz ein ander wîp |
755 | in schiede von ir minne.diz lac ir allez inneund was ir meistez ungemach,dâ von s z'einer stunde spracherbermeclichen wider in: |
760 | ach herzefriunt, wie sêre ich binbetrüebet alle stunde!mîn herze ist gar ze grundebeswæret, süezer jungelinc,dur daz vil angestbære dinc, |
765 | daz ich des grôze vorhte hân,daz mir schade an dir getânvon vremder minne werde.ich sorge des ûf erde,daz von mir dînen werden lîp |
770 | scheide lîhte ein ander wîpund mîner minne dich entwene,sô daz dîn herze nâch ir seneund mîn vergezzen müeze.nein, frouwe, sprach der süeze, |
775 | die sorge maht dû lâzen.dû solt dich leides mâzenund âne vorhte wesen vrô!sus gienc er z'einem boume dô,der nâhe bî dem wazzer stuont, |
780 | ir tuonde, als die getriuwen tuont,die liep von herzeleidenmit trôste wellen scheidenund ûz ir sorge enbinden.tief an des boumes rinden |
785 | begund er schne buochstabenmit sînem mezzerlîne graben.die sprâchen sus ze tiute:man sol daz wizzen hiuteund êweclichen iemer mê, |
790 | sô Pârîs und Egenoêvon ir minne scheidentund beide ein ander leident,sô muoz diz wazzer wunneclichze berge fliezen hinder sich |
795 | und widersinnes riuschen.sus wolt er âne tiuschenmachen si dô sicherhaft,daz si mit ganzer liebe craftversigelt im ze herzen was. |
800 | und dô si disiu wort gelas,dô wart diu wilde feineder vorhte blôz und eine,daz er iht von ir schiede sich.nû der juncherre wunneclich |
805 | sus tougenlicher minne pflacund ofte bûte disen hacbeswærde und aller sorgen vrî,dô wart ein hôchgezît dâ bîgeboten in dem lande, |
810 | dâ wunne maniger handevon küniclicher rîcheitgesehen wart und ûf geleit. |