BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Würzburg

um 1225 - 1287

 

Der Trojanerkrieg

 

Prolog

(1 - 324)

 

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Waz sol nû sprechen unde sanc?

man seit ir beider cleinen danc,

und ist ir zwâre doch unvil,

die mit getihte fröuden spil

5

den liuten bringen unde geben.

man siht der meister wênic leben,

die singen oder sprechen wol;

dâ von mich wunder nemen sol,

daz beide rîche und arme sint

10

an êren worden alsô blint,

daz si die wîsen ringe wegent,

die wol gebluomter rede pflegent,

diu schœne ist unde wæhe.

ich wânde, swaz man sæhe

15

tiur unde fremde werden,

daz solte man ûf erden

für manic sache minnen,

der man hie gnuoc gewinnen

und alze vil gehaben mac.

20

den weisen ie vil hôhe wac

der keiser und daz rîche,

dur daz nie sîn gelîche

wart under manigem steine.

sît man gimmen reine

25

dar umb ie künde triuten,

daz si niht al den liuten

wol veile sint, sô diuhte mich

gevellic unde mügelich,

daz guot getihte wære

30

ze hove niht unmære

durch sîne tiuren fremdekeit.

diu schrift von einem vogele seit,

der fênix ist genennet.

ze pulver sich der brennet,

35

dar ûz er lebende wider wirt,

sô daz kein ander vogel birt

sîn fleisch und sîn gebeine;

jô lebt er alters eine,

und wart nie sîn genôz erkant.

40

vlüg er ûf eines herren hant,

mich diuhte wol gefüege,

daz er in gerner trüege

denn einen sperwære,

der niht sô fremde wære,

45

noch alsô tiure worden.

ich wil den spæhen orden

getihtes ime gelîchen,

der schiere in tiutschen rîchen

sô vaste wil verswinden,

50

daz man kûm einen vinden

mac in der lande creizen,

der müge ein meister heizen

red unde guoter dœne;

dâ von getihte schœne

55

den liuten adelbære

billichen lieber wære,

denn ob der wîsen wære gnuoc,

die mit ir sange wæren cluoc

und mit ir sprechen hövelich.

60

die nû verstânt ze rehte sich

getihtes in den landen,

die trüege man ûf handen

billîche enbor durch die geschiht,

daz man ir alsô wênic siht

65

und man der vindet gnuoge,

die trîben ander fuoge

schôn unde rehte kunnent.

ist, daz ir mir sîn gunnent,

ich sage zwivalt êre,

70

die got mit sîner lêre

ûf einen tihter hat geleit.

sîn herze sunderlichen treit

ob allen künsten die vernunst,

daz sîne fuoge und sîne kunst

75

nâch volleclichen êren

mac nieman in gelêren,

wan gotes gunst aleine.

kein mensche lebt sô reine,

dem got der sælden günde,

80

daz er gelernen künde

wort unde wîse tihten.

swaz künste man verrihten

hie kan ûf al der erden,

diu mac gelernet werden

85

von liuten, wan der eine list,

der tihten wol geheizen ist

und iemer ist alsô genant.

diz ist ein êre wîte erkant

und rîlîche ein wirdikeit,

90

die got besunder hât geleit

ûf einen tihter ûz erwelt.

ein ander lop wirt iu gezelt,

dâ mite in hât getiuret got.

im gap sîn götelich gebot

95

als edellîche zuoversiht,

daz er bedürfe râtes niht,

noch helfe zuo der künste sîn,

wan daz im unser trehtîn

sinn unde mundes günne,

100

dâ mite er schône künne

gedenken unde reden wol.

swer ander kunst bewæren sol

den jungen und den alten,

der muoz geziuges walten

105

und helferîcher stiure,

mit der sîn kunst gehiure

müg an daz lieht gefliezen.

und sol ein schütze schiezen,

er muoz hân bogen unde bolz.

110

kein snîder lebt sô rehte stolz,

der sîne kunst bewære,

gebristet im der schære,

dâ mite er schrôte ein edel tuoch.

ein kurdiwæner wæhen schuoch

115

nâch lobelichen sachen

mac niemer wol gemachen,

hât er niht alen unde borst.

nieman des wilden waldes worst

ân akes mac gehouwen.

120

swer durch die werden frouwen

rîlîche sol turnieren,

den müezen schône zieren

ros unde wâpenkleider:

jô darf er wol ir beider,

125

sol im sîn frouwe nîgen.

tambûren, harpfen, gîgen

bedürfen ouch geziuges wol.

swaz künste man eht öugen sol,

die müezen hân gerüste,

130

mit dem si von der brüste

ze liehte künnen dringen,

wan sprechen unde singen:

diu zwei sint alsô tugenthêr,

daz si bedürfen nihtes mêr

135

wan zungen unde sinnes.

der wirde und des gewinnes

genüzzen si von schulden,

daz man si gerne dulden

ze hove solte und anderswâ.

140

nû tuot man in ze liebe dâ

vil harte lützel guotes.

die wilden junges muotes

an der bescheidenheite sint

sô toup und alsô rehte blint,

145

daz guotiu rede und edel sanc

si dunket leider alze kranc,

swie si doch sîn ein künstic hort.

diu swachen schemelichen wort

von künstelôsen tôren

150

baz hellent in ir ôren,

dann edele sprüche tugentsam.

ir muot der ist getihte gram,

daz prüeve ich unde kiuse:

si tuont der fledermiuse

155

gelîch, diu nahtes fliuget,

daz si der glanz betriuget

an einem fûlen spâne,

daz si lebt in dem wâne,

daz von dem holze fiuhte

160

ein wârez lieht dâ liuhte

und ein gar endelicher schîn.

sus kan ze hove manger sîn

sô vinster an dem muote

und an wîslicher huote

165

sô gar unmâzen tunkel,

daz als ein lieht karfunkel

ein fûler und ein bœser funt

in sînes trüeben herzen grunt

vür edele sprüche schînet.

170

swer sich ûf tihten pînet,

der kan sich selben tœren:

man wil ungerne hœren

wol sprechen unde singen.

unfuoge diu kan dringen

175

vür aller zühte mâze.

dar umb ich doch niht lâze

mîn sprechen und mîn singen abe.

swie cleine ich drumbe lônes habe

von alten und von jungen,

180

doch mac ich mîner zungen

ir ambet niht verbieten.

ich wil und muoz mich nieten

getihtes al die wîle ich lebe:

ze lône und z'einer hôhen gebe

185

mir selben üebe ich mîne kunst.

dur waz verbære ich die vernunst,

diu dicke und ofte fröuwet mich?

ob nieman lepte mêr, denn ich,

doch seite ich unde sünge,

190

dur daz mir selben clünge

mîn rede und mîner stimme schal.

ich tæte alsam diu nahtegal,

diu mit ir sanges dône

ir selben dicke schône

195

die langen stunde kürzet.

swenn über si gestürzet

wirt ein gezelt von loube,

sô wirt von ir daz toube

gevilde lûte erschellet.

200

ir dôn ir wol gevellet,

dur daz er trûren stœret.

ob si dâ nieman hœret,

daz ist ir alsô mære,

als ob ieman dâ wære,

205

der si vernemen künde wol.

seht, alsô wil ich unde sol

dur daz niht lâzen mînen list,

daz ir sô rehte wênic ist,

die mîn getihte wol vernemen.

210

mîn kunst mir selben sol gezemen:

wan mir ist sanfte gnuoc dâ mite.

dâ von ich mînen alten site

ungerne wil vermîden:

ich muoz eht aber lîden

215

den kumber, des ich hân gewent.

mîn sin der spannet unde dent

dar ûf mit hôhem flîze,

daz ich vil tage verslîze

ob einem tiefen buoche,

220

dar inne ich boden suoche,

den ich doch vinde kûme.

z'eim endelôsen pflûme,

dar inne ein berc versünke wol,

gelîchen man diz mære sol,

225

des ich mit rede beginne.

wil ich den grunt dar inne

mit worten undergrîfen,

sô muoz ich balde slîfen

hie mîner zungen enker.

230

mîn lop daz würde krenker,

ob ich des hie begünde,

daz ich mit rede niht künde

z'eim ende wol gerihten.

ich wil ein mære tihten,

235

daz allen mæren ist ein her.

als in daz wilde tobende mer

vil manic wazzer diuzet,

sus rinnet unde fliuzet

vil mære in diz getihte grôz.

240

ez hât von rede sô wîten vlôz,

daz man ez kûme ergründen

mit herzen und mit münden

biz ûf des endes boden kan.

daz ich ez hebe mit willen an,

245

dar ûf hât wol gestiuret mich

der werde singer Dietrich

von Basel an dem Orte,

der als ein êren borte

mit zühten ist gesteinet;

250

vor schanden ist gereinet

sîn herze alsam ein lûter golt.

dur sîner miltekeite solt,

den ich hân dicke enpfangen,

ist von mir an gevangen

255

vil snelleclîche ein ursuoch,

der zieren künne wol diz buoch

mit rede in allen enden.

geruochet helfe senden

ein meister aller künste mir,

260

sô kêre ich mînes herzen gir

mit flîze ûf einen prologum,

der nütze werde und alsô frum,

daz er den liuten künne geben

ein bilde ûf tugentrîchez leben

265

und ûf bescheidenlîche tât.

von Wirzeburc ich Cuonrât

von welsche in tiutsch getihte

mit rîmen gerne rihte

daz alte buoch von Troye.

270

schôn als ein vrischiu gloye

sol ez hie wider blüejen.

beginnet sich des müejen

mîn herze in ganzen triuwen,

daz ich ez welle erniuwen

275

mit worten lûter unde glanz,

ich büeze im sîner brüche schranz:

den kan ich wol gelîmen

z'ein ander hie mit rîmen,

daz er niht fürbaz spaltet.

280

ob sîn gelücke waltet,

und wil mir got ze helfe komen,

sô wirt ein wunder hie vernomen

von âventiuren wilde,

dâ bî man sælic bilde

285

und edel bîschaft nemen sol:

man hœret übel unde wol

gedenken hie der liute.

swer zuht und êre triute,

der biete herze und ôren her:

290

sô merket und erkennet er

überflüzzeclichen hort

von strîte, daz er hie noch dort

bevant nie grœzer slahte,

sô die vor Troye mahte

295

vil manic ellentrîcher helt.

Dâres, ein ritter ûz erwelt,

der selbe vil vor Troye streit,

swaz der in kriechisch hât geseit

von dirre küniclichen stift,

300

daz wart mit endelicher schrift

ze welsche und in latîne brâht.

dâ wider hân ich des gedâht,

daz ich ez welle breiten

und mit getihte leiten

305

von welsche und von latîne:

ze tiuscher worte schîne

wirt ez von mir verwandelt.

wird ich sô wol gehandelt

von götelicher stiure,

310

daz ich dis âventiure

mac ûf ein ende bringen,

ich sag iu von den dingen,

wie daz vil keiserlîche wîp

Helêne manigen werden lîp

315

biz ûf den tôt versêrte,

und waz man bluotes rêrte,

daz durch si wart vergozzen.

ir clârheit was geflozzen

für alle frouwen ûz erkorn.

320

des wart vil manic lîp verlorn,

der von ir minne tôt gelac:

daz man vil wol gehœren mac,

ê diz getihte neme ein zil,

des ich nû hie beginnen wil.