BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johans, der Jansen Enikel

um 1230/40 - nach 1300

 

Weltchronik

 

Rehoboam, Hiob

Verse 13165 - 13456

 

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13165

Nâch Salomônes zîten

wart in Jerusalêm wîten

erkant ein künic hiez Roboam,

wan in Salomônes scham

gewan bî einem schœnen wîp;

13170

der rîchset mit sînem lîp

ze Jerusalêm sibenzehen jâr,

daz sagt uns daz buoch für wâr.

 

Für wâr ich iu gesagen kan,

ze den zîten was ein guot man,

13175

der was geheizen Job der guot,

der hêt got in sînem muot

ze allen zîten, swâ er was.

der selb lebt und genas:

aht und ahzic jâr wart im gezalt.

13180

dô er wart alsô alt,

dô sprach got von himelrîch,

man funde nindert sînen gelîch,

der alsô guot wær alsam er.

daz müet den tiufel hart sêr,

13185

daz er was sô reht guot

und daz in got hêt in sîner huot

und in sînem heiligen segen.

der tiufel sprach: «wolst dû mir geben

gewalt über den selben man,

13190

wie schier ich in hiet brâht her dan

nâch allen dem willen mîn

und daz er liez die guottæt sîn!

also wolt ich in betriegen,

wan ich kan wol liegen.»

13195

zehant sprach got der reine:

«nû hab dir gemeine

den gewalt über den guoten Job,

ob er zerbrechen well sîn lop

und sîn guottæte,

13200

die er an im stæte

hât gehabt sîn tag.

zerbricht er daz, ez wirt sîn klag

und sînes lîbes ungemach.»

der tiufel dô wider got sprach:

13205

«er kan niht sîn sô stæt

gegen dir mit sîner guottaet,

ich bring in ûz dem lob sîn,

sît ich sol sîn gewaltic sîn.»

zehant er sich sîn underwant.

13210

do er schiet von dem heilant,

dô sprach der heilant rîch:

«ich erloub dir sicherlîch,

vil bœser tiufel Sathan,

über allez daz Job ie gewan

13215

ân alein über sîn sêl,

der pfligt sant Michêl.

sînen lîp solt dû niht tœten.

welst dû in haben in nœten –

daz urloup wil ich geben dir –,

13220

sô vinst dû an dem mann schier,

ob er mir ist von herzen holt

und ich im lieber dann golt.»

 

Der vâlant dô verswant,

des mannes er sich underwant:

13225

beidiu rinder unde swîn

muosten dâ vor im tôt sîn;

daz schuof zwâr her Sathan

ze leid dem getriuwen man.

der herter kom geloufen,

13230

der begund sich selber roufen.

er sprach: «lieber herr mîn,

schâf, rinder und ouch swîn

sint mir ze veld in grôzer nôt

ûf der wisen all tôt!»

13235

dô Job des herters red vernam,

er sprach: «dîn leid und dîn scham

solt dû lâzen varen.

got gap uns bî unsern jâren

sîn genâd hart schôn,

13240

des sag ich im grôzen lôn

und lob sîner gotheit,

mîn dienst sol im doch sîn bereit.

als er dô wolt, alsô ist im geschehen,

des muoz ich von der wârheit jehen.»

 

13245

Dô der herter von im gie,

der tievel des dannoch niht enlie,

er sant daz mort in sîn ros,

daz si vielen in daz mos

und den tôt dâ nâmen.

13250

er schuof daz in allen samen

von im wê geschach.

sîn kneht gie für in unde sprach:

«herr, dû hâst diu ros verlorn!

daz ist wærlîch gotes zorn.»

13255

alsô sprach Job der guot man:

«daz süll wir allez varn lân,

wan got der uns geben hât,

der gît uns an der selben stat

vich und ros, swenn er wil,

13260

wan er hât gewaltes vil.»

 

Dô der leidic Sathan

sach an disem guotem man,

daz er niht wolt scheiden

von got: «ich muoz dir leiden

13265

dîniu vil liebiu kint.

sît mich niht vich, ros und rint

frumt an disem guotem man,

sô müezen diu kint den tôt hân

und verliesen ouch den lîp;

13270

ich lâz niht leben dann sîn wîp.»

zehant daz ouch von im geschach.

Job gesach den ungemach:

dô sprach er: «herr von himelrîch,

nu enweiz ich nindert dînen gelîch:

13275

dû gæb mir wîp unde kint,

vich, ros unde rint:

daz hâst dû in dînn gewalt genomen.

von dînen genâden wilich niht komen,

wan swer dîn genâd suochet

13280

und dîner gâb ruochet,

dem gît dîn gotheit, swenn si wil,

freud, êren und genâden vil.»

 

Dô der leidic Sathan

gesach an disem guoten man,

13285

daz er an got wolt dingen

und nâch sînen hulden ringen,

dô muost der guot man hân verlorn

wîn, weizen unde korn.

dannoch wolt der guot man

13290

der gotheit niht ab gestân.

dô daz ersach der Sathan,

dô gie er zuo dem guoten man.

er sprach: «wil dû dich an mich

lâzen, ich wil êren dich

13295

unde wil dir wider lân

allez, daz ich dir genomen hân.

ich wil dir sîn vil gereht:

vich, ros unde kneht

wil ich dir wider gewinnen;

13300

ich wil mit mînen sinnen

dir helfen schœner kindelîn,

wil dû mir undertænic sîn.»

dô sprach ez der guot man:

«allez daz ich gesehen hân,

13305

daz næm ich dar umb niht,

daz ich mit dir hiet pfliht.»

der tievel dô ûz zorn sprach:

«sô muost dû lîden ungemach

von mir mit grôzen nœten vil.»

13310

Job sprach: «daz ist als got wil.»

 

Zehant schuof dô der Sathan,

daz Job leides vil gewan.

er wart sô arm, daz ist wâr,

daz er sînen lîp gar

13315

niht gedecken moht mit sîner wât.

er gie an ein frömde stat.

er vant ein stiegen, diu was hôch;

einen mist er dar under zôch

und leit sich dar în an der zît.

13320

smerzen grôz, michel und wît

hêt er an sînem lîb genuoc:

vil blâtern er an im truoc;

ûz sînem lîb kruchen über al

maden vil âne zal.

13325

der hunger têt im grôz nôt,

daz im vil nâhen was der tôt.

er leitz vil dulticlîchen

und ruoft got an, den rîchen;

er sprach: «reiner, süezer got,

13330

sît ich von dînem gebot

hân gehabt an ditz zil

guotes und genâden vil,

wâ von solt ich den willen dîn

zerbrechen, lieber herr mîn,

13335

daz ich niht übel solt lîden?

ich wil dîn bot niht mîden.

dû wellest dich dann erbarmen

über mînen lîp vil armen,

sô lîd ichz vil gedulticlîch.

13340

herr, gip mir wan dîn himelrîch.»

 

Dô der leidic Sathan

niht vant an dem guoten man

wan triu unde rehticheit,

dô wart im ân mâzen leit,

13345

daz er disem guotem man

mit lugen niht gesiget an.

sîn wîp daz allez ane sach,

daz er sölhen ungemach

leit sô dulticlîchen

13350

durch got den vil rîchen.

si sprach: «des bist dû wol wert.

dû wær ie der genâden gert

ze himel an die gotheit,

dâ von sô wirt mir nimmer leit

13355

swaz dir wirrt an dînem lîp.

mit jâmer dû vertrîp

beidiu naht unde tac.

für wâr ich daz sprechen mac:

daz dû dîn guottæte

13360

behieltest sô stæte,

daz muoz mich immer riuwen;

mîn kumber wil sich niuwen.»

der guot Job sprach zehant:

«wærlîch mir ist daz wol erkant,

13365

wil mir got helfent sîn,

daz ich überwint den schaden mîn:

von got mich nieman bringen mac

unz an den lesten tac.»

 

Dô aber der leidic Sathan

13370

die red erhôrt von dem man,

er sprach zuo got dem rîchen:

«sich mac niht gelîchen,

herr, zuo disem guoten man;

er wil dir wesen undertân.

13375

des muoz ich von im scheiden,

ich kan im niht erleiden

rehticheit und guottæt;

er wil an dir belîben stæt.»

 

Dô daz allez geschach,

13380

dannoch leit er ungemach.

hie merket, wie alt Job was,

dô in der leid Sathanas

sô grôz pîn leget an:

von vier und ahzic jârn was er ein man.

13385

dar nâch macht in got künic zehant,

als ich an disem buoch vant.

 

Dâ mit der vâlant von im schiet.

got den guoten Job beriet,

daz er gesunt wart und frisch

13390

sam in dem wazzer der visch

und im die swer zergiengen

und die blâtern die an im hiengen.

dar nâch wart im an der stunt

von got mêr genâden kunt:

13395

er gap im kint und ander guot,

des wart er dô wolgemuot,

und gap im ander genâden vil.

freud, wunn unde spil

gap er im an den kinden;

13400

sîn kumber muost verswinden.

sîn armuot nam ein ende.

dô ract er ûf sîn hende

und danct der götlîchen êr.

zehant gap im got selber mêr

13405

zwir sô manic schâf und swîn,

fünfstunt mêr rinder unde wîn.

er gap im guotes alsô vil,

daz er hêt wunn unde spil

an lîb, an guot reht als ein man,

13410

der nie herzensêr gewan.

 

Dô daz Job ersach,

er sprach: «den grôzen ungemach

hât mir got verkêret.

nû merket, swer got êret,

13415

der gewinnet êren vil,

ich mein, der im getrouwen wil;

daz ist an mir worden schîn:

schâf, rinder unde swîn,

ros, kint unde wîp

13420

hân ich von im und den lîp.»

dô er daz allez wider hêt,

als an dem buoch geschriben stêt,

dô ract er die hend gegen got;

er sprach: «din heilic gebot

13425

und dîn heiliger gewalt,

der schînet an mir manicvalt.

dâ von sol alliu werlt leben

billîch nâch dînen hulden streben.»

 

Sîn lop gên got wart manicvalt.

13430

er wart alsô mit freuden alt,

alsô daz sîn lîp nie

gegen got dhein unbild begie.

sîn munt, sîn zung wart nie sô snel,

noch sîn ougen noch sîn kel

13435

gegen got nie sprach wan löblîch,

dâ von wart nie sîn gelîch.

sîn arm, sîn hend, sîn ruck, sîn bein

strebet allez hin gemein

gegen got ze aller stunden;

13440

die sæld hêt er funden.

dar nâch in kurzen zîten

wolt got niht lenger bîten,

er wolt sîn lop dâ mêren,

wan er im gap ze êren

13445

 und ouch der werlt lôn:

er hiez in wîhen schôn

mit dem öl nâch küniges reht.

er was von reht gotes kneht,

wan er von gold ein krôn truoc,

13450

diu was edel und rîch genuoc.

dô hêt in got ergetzet wol,

wan er was ganzer freuden vol.

Job der lebt für wâr

hundert und vierzic jâr;

13455

dô nam in got in sîn huld

und vergap im sîn schuld.