BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johans, der Jansen Enikel

um 1230/40 - nach 1300

 

Weltchronik

 

David und Bathseba

Verse 11103 - 11316

 

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An den selben zîten

begund Davit dannen rîten

11105

zuo dem heidenischen man.

die arken sach er vor im stân.

dô er die arken dô ersach,

wider den heiden er dô sprach:

«lieber herr, dû solt mir

11110

die arc geben schier,

diu gehœrt di juden an.»

der künic sprach: «daz sî getân.»

des was er herzenlîchen vrô;

di arc fuort er mit im dô

11115

und nam urloup dâ zehant.

dem heiden er danct unde mant

in an die dienst sîn.

er sprach: «lieber herr mîn,

ir habt mich gehabt schôn,

11120

mîn dienst sol wesen iuwer lôn;

swann mir iuwer bot seit,

sô wil ich iu sîn bereit.»

von den heiden er dô schiet,

sîn reis ze Jerusalêm geriet.

11125

dâ wart er enpfangen schôn

und wart im an der stunt diu krôn

ûf sîn houbt gesetzet.

mit êrn wart er geletzet,

wan im diu wîch wart dâ von kunt

11130

zwâr an der andern stunt.

 

Dar nâch Davit gewaltic wart.

er betwanc mit sîner hervart

beidiu bürg unde lant

muosten warten sîner hant.

11135

er rîchset ze Jerusalêm zwâr

völliclîch wol vierzic jâr.

Davit minnet got sêr,

des gewan er michel êr.

er sant dâ man prophêten west,

11140

di nâch got wârn di best;

der kômen vil an ein stat.

zuo in kom er geriten drât.

er sprach: «ir herrn, ich wolt gern

got mit guoten dingen êrn,

11145

alsô daz er mich hiet in huot.

ein bethûs schœn unde guot

wolt ich im gern machen

mit seltsænen sachen,

und wolt ez schôn nennen,

11150

daz man ez möht erkennen.

der tempel sô wirt ez genant,

über al die werlt wol erkant.»

 

Dô di prophêten erhôrten daz

und er zuo in gesezzen was,

11155

si sprâchen: «waz ir zuo êren

tuot got dem vil hêren,

des mac er iu gedanken wol,

wan er ist genâden vol.»

dô wart niht lenger gespart,

11160

der tempel ûz gemezzen wart.

manigen mûrermeister guot

brâht man dar mit schœner huot.

dô wart ein gruntfeste

gemachet dâ, diu beste,

11165

diu ie wart oder sît.

der tempel wart alsô wît,

daz ich iu niht gesagen kan.

man sach dâ manigen meister gân,

die di mûrære

11170

lêrten âne swære,

unz daz diu gruntfeste,

diu stark und diu beste,

über die erd gebouwen wart.

die mûrer wurden Daviten zart.

 

11175

Davit hêt ouch manic wîp,

diu mint er mit sîn eines lîp.

welt ir hœren der selben zal,

wie vil ir wâren über al?

ir wârn sechzic unde mêr,

11180

diu all wârn des küniges hêr.

er hêt ouch friundinn genuoc,

der ieslîchiu bî im truoc.

er hêt ouch herzogen, dienstman,

die im wârn undertân.

11185

under den ein diener was,

der was geheizen Urias;

der hêt ein vil schœn wîp,

diu was schœn über al ir lîp.

ir hals was gedræt schôn,

11190

unde solt got nemen lôn,

er hiet verdient ze solt

mêr dann aller Kriechen golt.

dô Davit daz wîp ersach,

wider sich selben er sprach:

11195

«ich hân nie schœner wîp gesehen,

des muoz ich von schulden jehen.

sam mir sêl unde lîp,

si muoz werden mîn wîp!»

er warp umb sie biz an di zeît,

11200

daz si in zuo ir leit.

dô wart si im unmâzen liep.

si sleich zuo im als ein diep,

sô er sie haben wolde

und kurzwîln mit ir solde.

 

11205

Dar nâch verdrôz in zwâr.

er sprach: «daz ich niht offenbâr

mit ir minn haben sol,

daz tuot mir wê und niht wol.»

eines listes er gedâht,

11210

der den herren Urjam brâht

von sînem leben schier.

er sprach: «gewinnet mir

einen brief, vil lieber schrîbær,

der Urie werde swær.

11215

schrîp dem herzogen hôchgeborn,

daz er niht verdien mînen zorn;

swer im disen brief trag

und im mîn botschaft sag,

den schaff an den êrsten strît,

11220

daz man in slach bî der zît;

als lieb im mîn huld sî,

schaff in den vînden nâhen bî,

daz er niht lebentic kom von dan,

oder er muoz mînen zorn hân.»

 

11225

Dô der brief geschriben wart,

Urias huop sich an die vart

dâ er den herzogen vant;

den brief tet er im bekant.

dô er den brief dô gelas,

11230

dô sprach er: «friunt Urias,

dû solt bî uns belîben hie.»

mit armen er in umbevie.

er sprach: «dû bist ze rehter zît

her komen zuo disem strît,

11235

der morgen fruo sol ergân.

dû bist des lîbes gar ein man,

die vînt kanst dû wol rüeren.

den vanen solt dû füeren

ze strît, als er dir wol stât:

11240

daz ist mîn bet und mîn rât,

sît dich got hât zuo mir gesant.

dû wærest wol herr über ein lant

zwâr mit dîner frümcheit.

der sturmvan ist dir bereit.

11245

sô der strît dann end hât,

so enbiut ich an der selben stat

Davit an den stunden,

als ich an dem brief hân funden.»

 

Dô di red hêt vernomen

11250

Urias sprach: «ich bin niht komen,

daz ich iht well strîten;

ich wil zuo Davit rîten.

als im mîn botschaft wirt bekant,

sô kum ich dir her wider zehant.»

11255

dô sprach der herzoc wolgetân:

«ez sol zwâr alsô niht ergân;

dû muost uns helfen vor der stat,

wan ez Davit geboten hât.»

des morgens riten si an den strît.

11260

dû muost Urjas an der zît

rîten in die grôzen nôt

und muost dâ kiesen den tôt,

wan im half nieman dannen.

er verbôt sînen mannen,

11265

daz im dâ nieman solt gestân;

dâ von muost er daz leben lân.

 

Dô er dâ ertœtt wart,

der herzoc sant ûf der vart

einen boten, der reit über lant.

11270

er sprach: «tuo Daviten bekant,

daz Urias hab den tôt

erliten mit grôzer nôt,

als er mir enboten hât.»

Davit nam an der selben stat

11275

in daz hûs ze frouwen Bersabê.

im wart sît noch ê

nie sô liep dhein wîp;

si was schœn über al ir lîp.

dô im diu botschaft wart geseit,

11280

Urie tôt was im niht leit;

daz er verlorn hêt den lîp,

daz geschach alz durch sîn wîp,

daz si Davit wolt alein

und nieman mit im gemein.

 

11285

Dar nâch tet im der wîssag kunt,

wan got sprach durch sînen munt —

der wîssag hiez Natân —:

«Davit, dû hast vil übel getân,

daz Urjas hât verlorn den lîp

11290

durch Bersabê daz schœn wîp.

dar umb dir got enboten hât

umb dîn grôz missetât,

daz dû den tempel mermelîn

lâzest dar an dîn bouwen sîn,

11295

wan er umb dîn missetât

wil dînes tempels haben rât.

er ist vil zornic gegen dir,

daz solt dû wol gelouben mir.»

dô wart Daviten herzen leit.

11300

dô im der wîssag geseit

von got dis botschaft guot,

des wart trûric sîn muot.

er gedâht: ich hân übel getân,

daz ich den man ertœtt hân.

11305

dar umb ich dulde gotes zorn,

ich fürht, mîn sêl sî verlorn.

zehant macht er daz gebet sus

«Miserere mei deus»:

den salm macht er schône

11310

unserm herren ze lône.

den salter er mit wirdicheit

den juden und der kristenheit

macht [er] ze gebet gegen got;

diu frümcheit lêrt in daz gebot,

11315

als wir hiut von im hân;

er wart ein vil heilic man.