BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johans, der Jansen Enikel

um 1230/40 - nach 1300

 

Weltchronik

 

Joseph

Verse 4907 - 6172

 

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Nû lâz wir die red stân

und grîfen zuo Jacobes kinden an,

diu wir haben vor genant.

4910

diu geschrift tuot uns von in bekant,

daz si wærn wol getân.

der vater hiez si ze velde gân,

dô si sô alt wâren.

bî den selben jâren

4915

under den kinden was ein kneht,

der was im ze dienst gereht:

der selb was Josep genant,

den liuten was er wol bekant.

sîn zuonam hiez der troumær.

4920

dem vater was er niht unmær.

er enpfalh im schâf, rinder vil,

der ich niht aller nennen wil

und niht all genennen kan.

er wart zwâr ein frum man.

4925

eines tages er lac und slief.

ein troum im in sîn herz lief,

wie er sæz under einem boum.

seht! alsô was sîn troum:

wier ûf einem grüenen anger,

4930

ûf einem plân gesezzen wær

ze tal under dem breiten boum.

dô nam er aller stern goum,

die an dem himel wâren;

die sach er schôn varen

4935

an dem firmamentô,

einer nider, der ander hô;

die wârn all schœn vil gar,

als im der troum seit für wâr.

doch sach er dar under

4940

einlef stern besunder,

die lûhten ûz den andern gar,

des nam Josep vil wol war;

dar zuo sunn unde mân,

die bâten in mit den einlef [sternen] an

4945

und wurden im dienstes undertân,

die einlef stern, sunn und mân.

dô er dô entwachte,

des troumes er dô lachte,

wan er was sîn vil vrô.

4950

zuo sînem vater sprach er dô,

dô er in êrst an sach:

«vil lieber vater,» er dô sprach,

«ich bin gelegen under dem boum

dâ ist mir getroumt ein troum,

4955

wie einlef stern, sunn und mân

mich solden beten an.»

daz erhôrt diu muoter dô.

des troumes wart si vrô.

si sprach: «sun, den troum lâ stân,

4960

der sol dir wærlîch wol ergân.»

der vater sprach ouch zehant:

«mir ist an dem troum bekant,

daz dir dîn bruoder sunder wân

werdent all undertân.

4965

daz bediutent di einlef stern,

daz si dîner gnâden gern;

sô bediut der mân und sunne,

daz wir dir dîner êren gunnen,

ich und diu lieb muoter dîn,

4970

und doch in dînen gnâden sîn,

ich und dîn muoter. daz geschiht.

nû brich an uns dîn triu niht.

dû wirdest zwâr ein gewaltic man,

für wâr ich dir daz sagen kan.»

 

4975

Dâ mit diu red gelac

zwâr biz an den dritten tac.

daz vich si hinz veld triben.

Josep der was dâ heim beliben.

dô er der bruoder niht ensach,

4980

ze veld was im nâch in gâch.

dô si in verrest sâhen gên,

do begund der ein ûf stên

und sprach: «seht, lieben bruoder mîn,

Josep wil unser herr sîn,

4985

als im mîn vater hât erleit.

wir süln in vâhen, des ist zeît,

und werfen in in ein piscinam.

des muoz er sîn gehôrsam.

des mac er niht entwenken,

4990

wir süllen in ertrenken

und besehen, waz im helf sîn troum,

der im troumt under dem boum.

wir süln ouch niht vergezzen,

wir jehen, in hab frezzen

4995

ein übel tier ûf dem plân.

der red sült ir mir gestân.

ein lamp süll wir tœten

und mit dem bluot rœten

sîn gewant, daz er hât an getragen,

5000

und süllen mînem vater sagen,

ein tier hab in vrezzen gar.

daz hât mîn vater für wâr.»

der ander bruoder sprach dô:

«nein, lieber bruoder, red niht alsô.»

5005

der selb was Ruben genant.

hei wie tiur er si mant!

«wir süln sîn bluot vergiezen niht,

oder uns von got vil wê geschiht.

wir süllen im helfent wesen,

5010

daz er noch lenger müg genesen.»

er klagt des bruoder ungemach,

wan er ûz grôzen triuwen sprach:

«wir süln in hie niht tœten

noch in des tôdes nœten.

5015

wir werden an der sêl verlorn

und müezen dulden gotes zorn.

uns geschæch als Cain geschach,

der an sînem bruoder sîn triu zebrach.

recht alsô müest uns geschehen.

5020

des muoz ich von der wârheit jehen.

vil lieben bruoder, lât in genesen.

welt ir sîn aber niht entwesen,

so verkouft in in Egyptenlant,

so wirt er uns nimmer mêr bekant.»

 

5025

Di red erhôrt Joseph dô.

dô wart er trûric und unfrô.

er sprach: «lieben bruoder mîn,

lât mich von iu gescheiden sîn,

wan ich wil gern scheiden

5030

von iu zuo den heiden,

daz ir mir lât den lîp mîn

durch unsern lieben trehtîn.»

 

Nû merket, ze der selben zît

kom zuo in ein wagen wît,

5035

der truoc koufliut rîch.

die bruoder kômen gemeineclîch

zuo dem wagen gegangen.

dô wart vil wol enpfangen

die koufliut gemeine,

5040

grôz unde kleine.

si sprâchen: «welt ir koufen reht

zwâr einen frumen kneht,

den geb wir iu ringe

umb drîzic pfenninge.»

5045

dô sprach der koufman zehant:

«lât mir den kneht werden bekant

unde lât mich an im spehen,

ob ich mich gewinnes müg versehen.»

Josep wart für in dô brâht,

5050

der was in wunniclîcher aht.

zehant dô in der ein ersach,

wider sîn bruoder er dô sprach:

«ich wil in haben ringe

umb drîzic pfenninge.

5055

die wil ich iu gern geben

und wil dâ wider nimer streben.»

die bruoder tâten dar inn schîn,

daz si sîn vînt wolden sîn.

die pfenning nâmen si umb in.

5060

daz dûht den koufman guot gewin.

er sprach: «Josep, wil dû mit mir?

ich gib dir ros und kleider schier.»

des antwurt Josep dô,

wan er des koufes was vrô,

5065

er sprach: «vil lieber herr mîn,

ich wil vil gern bî iu sîn.»

si fuorten in ûf dem wagen hin

und sprâchen: «wir haben guoten gewin

an disem jüngelinge.

5070

silber und pfenninge

wirt uns umb in schôn ze solt.

ich wæn, man geb uns golt

umbe disen hübschen knaben.

daz wil ich für die wârheit sagen:

5075

wir haben gar reht getân

daz wir in gekoufet hân.»

si fuorten in in Egyptenlant.

ein richer künic was in bekant,

der was geheizen Pharô.

5080

dem verkouften si in dô,

wan er was vil starc.

er wart gegeben umb manic marc,

des si frum muosten hân.

alsô der kouf wart getân,

5085

dô hiez man in schôn kleiden

zuo den edeln heiden.

 

Nû lâz wir die red stân

und grîfen zuo den bruodern an.

dô si ze hûs giengen,

5090

ein lamp si dô viengen

unde tœtten daz zehant

und nâmen Josephen gewant

unde nezten daz mit bluot –

daz dûht si all guot –

5095

und truogenz dâ si funden stân

irn vater den biderben man.

«sich, vater, wie uns ist geschehen!

den jâmer hab wir an gesehen,

daz wir unsern bruoder mit nœten

5100

ein wilt sâhen tœten.

daz hât in vrezzen alsô gar,

daz dâ bleip weder hût noch hâr.

doch hab wir uns wol bedâht,

daz wir sîn gwant haben brâht.»

5105

dô er diu kleider ane sach,

ûz grôzem jâmer er dô sprach:

«ôwê mir mîner grôzen nôt!

ich wolt, daz ich wær für in tôt,

daz dûht mich billîch und reht.

5110

er was zwâr ein frumer kneht.»

er wart vor leid missevar

und brach ûz dem kopf daz hâr,

daz ez verr von im stoup,

als von dem boum tuot daz loup.

5115

ze aller zît er lût schrê

anders niht dann ach und wê:

«Josep, vil lieber sun mîn,

mîn herz muoz immer trûric sîn.»

er sprach: «âwê! vil wildez tier,

5120

waz hân ich getân dir,

daz dû mîn kint hâst vrezzen?

ich kan sîn niht vergezzen.

beidiu naht unde tac

geleit sich niht mîns herzen klag.

5125

ôwê der werden muoter dîn!

diu muoz immer trûric sîn.

ôwê! ich muoz vor jâmers nôt,

ich und dîn muoter, ligen tôt.

ôwê! mîn herz von freuden scheidet,

5130

daz leben mir ze aller zît leidet.

daz trûren wil mir an gesigen,

vor jâmer muoz ich tôt ligen.

ôwê der süezen sumerzît,

diu all der werlte freude gît!

5135

diu ist ein gall worden mir.

Tôt, brinc mich von dem leben schier!»

die froun viel er mit jâmer an.

alsô tet ouch diu frou irn man.

si sprach: 'Joseph, kint mîn,

5140

sol ich von dir gescheiden sîn?»

mit jâmer si trûriclîchen gie.

iren wirt si aber umbevie

mit mangen heizen zehern grôz.

daz wazzer ir über diu wang flôz.

5145

diu unmaht mit in beiden ranc,

daz si si warf ân iren danc,

daz si vielen ûf daz gras.

ir beider sin dâ von in was.

mit wazzer labt man si beid.

5150

daz geschach von ir herzen leid.

alsô lâgens unversunnen

ûf der heid bî einem brunnen.

niht grœzer moht sîn ir klag.

alsô lâgen si zwên tag.

5155

ir beider kint kômen in zuo

an dem morgen niht ze fruo

und sâhen dâ ir beider nôt,

daz si vor leid nâhen wârn tôt.

mit wazzer labten sis ze stunt.

5160

daz wazzer ran in ûz ir munt.

si jâhen: «wolt ir mit nœten

iuch vor leide tœten,

daz ist uns kinden ein slac,

daz nieman widertuon mac.

5165

daz sol man, vater und muoter mîn,

lâzen âne zorn sîn.»

mit jâmer wîsten si si beid

ze hûs ab der grüenen heid.

 

Waz sol ich mêr dâ von sagen?

5170

vil jæmerlîch sô was ir klagen.

nû sint si mit jâmer hie.

ich sag iu, wiez Josephen ergie

bî dem künig Pharaô.

er wart sô gewaltic, daz sîn drô

5175

die liut sêr vorhten,

daz si niht enworhten

daz wider sîn huld wære.

also kündet uns daz mære.

zuo marschalc macht er in zehant.

5180

er enpfalch im liut und lant,

und wart gewaltic über daz rîch;

ez muost im dienen sicherlîch

sam dem künig Pharaô.

als hart vorht man sîn drô.

 

5185

Pharô der gewaltig man

sach sînen schenken vor im stân.

er sprach: «schenk, ir sît ungereht:

ir und iuwer bœser kneht

habt mir guotes vil entragen.

5190

bî mîner wârheit wil ich sagen,

daz ir mir sît unmær.

ir müezt in einen karkær

und müezt dar inn lîden nôt

und ouch kiesen den tôt.»

5195

zehant ruoft er dem swertdegen:

«füert in hin und heizt in legen

in den karkære.

ez muoz im werden swære.»

zehant dô er ez gesprach,

5200

nâch sînem willen daz geschach.

dar nâch sant er zehant

dâ man den pfistermeister vant.

er sprach: «wie hâst dû mich betrogen

und mir mîn guot ab erlogen!

5205

über mîn guot gie der schouwer.

ez müez dir werden souwer.

als liep mir ist die triu mîn,

dîn lîp muoz verlorn sîn.

dîn übermuot wirt dir swær.

5210

dû muost in den karkær

zuo dem ungetriun schenken mîn.

dar inn müezt ir mit leid sîn.»

zehant man in dô in stiez,

als in der künic Pharô hiez.

5215

dâ lâgen si mit jâmers nôt,

vil nâhen was in dô der tôt.

 

Joseph der gewaltig man,

dem was daz rîch undertân

und ouch die liut dar inne.

5220

eines tages diu küniginne

gie mit ir juncfrouwen

in einen garten schouwen.

Joseph vant si dâ vor stân.

si was ein frou wol getân.

5225

diu kleider diu si an truoc,

diu wârn edel und rîch genuoc.

Joseph sach sie mit freuden an.

si wîst in minniclîchen dan

und sprach: «lâ dich besprechen,

5230

mîn herz wil sich brechen,

swenn ich ersich dînen lîp.

ich bin zwâr ein flætic wîp.

mîn red solt dû vil schôn verstân:

dîn will sol an mir ergân,

5235

wan ich bin dir von herzen holt.

pfenning, silber unde golt

næm ich niht für dînen lîp:

ich muoz werden zwâr dîn wîp.»

Josep mit frîem muot sprach:

5240

«diu red ist mir ein ungemach,

wan ir sült, schœniu frou mîn,

disen schimpf lâzen sîn.

min herr getrouwet mir sô wol,

daz ich an im niht brechen sol

5245

mîn triu die ich gên im hân.

dâ von sült ir die red lân.

ich næm niht daz ich ie gesach,

alsô er gên ir verjach,

«und immer mêr mac gesehen –

5250

des muoz ich von schulden jehen –,

daz ich zerbræch di triu mîn:

dâ von lât iuwer biten sîn.»

diu frou diu wart zornvar.

«dû bist ein zag, daz ist wâr,

5255

daz dû mich niht wil nackent bestân.

dû soldest nie sîn worden ein man.

sich, liep, an mînen schœnen lîp.

ich wær vil gern dîn wîp.

wil dû des niht gelouben mir,

5260

ich erzeig dir mînen willen schier.

dû kümest niht von hinne,»

also sprach diu küniginne,

«mîn will müez an dir ergân.

dû bist ein verzagter man.»

5265

dô er irn ernst ersach,

«vil schœniu küniginn,» er sprach,

«dîn will sol an mir niht ergân.

mîn triu ich ie behalten hân

an dem vil lieben herren mîn.

5270

bürg, stet und alz daz sîn

stêt vil gar in mîner hant.

enpfolhen hât er mir sîn lant

und swaz er guotes ie gewan –

daz ist mir allez undertân –,

5275

sînen hort allen gemeine

wan dich, frou, aleine.

dâ von sô lâ dînen zorn.

mîn houbt wær billîch verlorn,

bræch ich an im di triu mîn.»

5280

si sprach: «nû lâ die red sîn.

ich wil dich sîn niht erlân,

dû müezt mit mir ze bett gân.»

 

Von der froun er dô gie.

bî dem mantel si in gevie.

5285

si sprach: «dû kümst alsô niht hin,

dû hâst niht rehten sin.»

dô zuct er sich sô harte,

daz im der mantel zarte.

dô sach si wol den ernst sîn.

5290

si ruoft: «vil lieben liut mîn,

helfet mir von diser sêr:

Josep der wil mîne êr

mir hie an gewinnen.

ich mach mit mînen sinnen

5295

nindert von im bekomen.»

dô ir gesind hêt vernomen

ir kleglîchiu mære,

daz wart in allen swære.

hei wie si zuo im drungen,

5300

die alten und die jungen!

und fuorten in an der selben stat

in einen karkær drât.

dar nâch der künic zuo reit.

diu frou im irn gebresten kleit,

5305

er hiet sie gehabt in nœten.

«dar umb sol man in tœten,»

sprach der künic Pharaô.

«daz lâz ich durch niemans drô,

er muoz mir lâzen sînen lîp

5310

umbe mîn vil liebez wîp.»

 

In dem karkær Josep lac

manigiu zît unde tac

bî dem schenken zwâr

und bî dem becken, daz ist wâr.

5315

si hêten swær zît genuoc.

doch was Joseph bî in sô kluoc,

swaz in troum kômen zuo,

di erleit er in des morgens fruo.

eines nahts dô der schenk slief,

5320

ein troum im in sîn herz lief.

alsô dem becken ouch geschach.

daz was in beiden ungemach.

des morgens dô der tac erschein,

vil trûric was daz herz den zwein,

5325

dem becken und dem schenken.

si begunden in gedenken.

die troum wurden in swære,

do sprach Josep der gewære:

«wie sît ir beid sô missevar?

5330

iur herz mac sîn trûric gar.»

der schenk sprach: «lieber friunt mîn,

mîn herz hât mangen herten pîn.

von einem troum daz geschach,

daz ich lîd grôzen ungemach.»

5335

dô sprach Joseph zehant:

«lâ mir den troum werden bekant.

ich bescheid dir in ze wârheit,

daz sî dir sicherlîch geseit.»

dô sprach der schenk zehant:

5340

«mîn troum sol dir sîn bekant.

mir troumt, wie ich in der hant mîn

hiet einen becher guldîn.

an dem becher lac mîn sin.

driu wînber druct ich dar in

5345

unde truoc den becher enbor

allez dem künig vor.

dâ mit wolt ich im schenken.

nû kan ich niht gedenken,

wie mir der troum süll ergên.

5350

dâ von muoz ich in trûren stên.»

Joseph sprach: «geselle mîn,

dû solt des gar gewis sîn,

diser troum sî dir ein krôn.

der künic wil dir geben lôn,

5355

daz best daz ie man gewan.

wie wol ich dir der êren gan!

dîn sorg wert niur drî tag,

sô hât ein end dîn klag

und dîn trûriger muot:

5360

dîn herr [als ê] enphilht dir sîn guot.

sô solt dû, lieber geselle mîn,

an mich gedenkent sîn,

alsô daz ich mîns herren huld

gewinn umb mîn unschuld.»

5365

dô lobt im der schenk dô.

er sprach: «ergêt der troum alsô,

als dû mir hâst vor geseit,

ich gib dir des mîn sicherheit,

ich erlœs dich schier von nœten

5370

und lâz dich nieman tœten.»

 

Dô sprach der beck zehant:

«mîn troum sol dir ouch sîn bekant.

den solt dû mir erlegen wol.»

er sprach: «ich tuon reht als ich sol.

5375

swie er sol ergên dir,

daz bediut ich dir schier.»

er sprach: «mir troumt, wie ich solt gên

und wie ûf mînem houbt solt stên

driu hârsip michel unde wît

5380

und wie an der selben zît

brôt dar inn wære vil,

dâ mit di vogel hieten spil.

wunderlîch was ez gestalt,

daz brôt was mannicvalt.

5385

daz begunden her ûz klûben

di raben und die tûben

meisen und klein vogelîn

liezen niht dar inn sîn.

ich enmoht ir niht vertrîben,

5390

ich liez si dar inn blîben.»

dô daz Joseph erhôrt,

«den troum erleg ich an ein ort.

der ist dir niht ze guot.

ich sag dir wol waz man dir tuot:

5395

von hiut an dem dritten tag

sô wirt grôz dîns herzen klag,

sô ist dîn troum ergangen,

wan dû bist erhangen.»

dô sprach der beckære:

5400

«daz wær ein leidez mære

dem lîb und dem herzen mîn.

diser troum sol bezzer sîn,

wan dû wil mich triegen

und ûf mîn triu liegen.»

5405

«nein ich zwâr,» sprach er dô,

«ergê dir der troum niht alsô,

sô solt dû des gewis sîn,

daz ich dir lâz daz houbt mîn.»

der beck wart dô trûricvar.

5410

«ich geloub dir niht umb ein hâr,

vil rehter triegære;

dîn red ist mir unmære.»

 

Dar nâch an dem dritten tag

nâch Joseps red, nâch sîner sag,

5415

sprach der künic zuo der zît:

«ez ist nû komen mîn hôchzît,

der tac dâ ich bin an geborn,

des hiet ich gern mir erkorn

einen schenken der wære

5420

guot und êrbære –

des bedorft ich zuo der hôchzît wol –,

den all gest heten für vol

und dar zuo daz gesind mîn.

nû kan ich niht welent sîn

5425

der mir dar zuo zæme,

der sich daz amt an næme.

nû lêret mich mîn selbes muot,

daz mir ieman sî sô guot

sô der alt schenk mîn.

5430

des wil ich in lâzent sîn

und wil im geben mîn hulde

umb all sîn schulde,

die er gên mir hât getân.

sîn kumber der sol end hân,

5435

wan mir ist nieman sô guot

ze schenken, alsô seit mir mîn muot.

den becken heiz ouch für mich gân.

des lîp muoz in trûren stân

umb sîn missetât,

5440

di sîn lîp begangen hât

mit diub und mit trugheit.

daz muoz im wærlîch werden leit!

bôsheit hât er begangen,

des muoz er wærlîch hangen.»

5445

dar nâch der künic sant

dâ man des karkers meister vant.

er sprach: «lâ dich niht verdriezen,

den karker heiz entsliezen,

und brinc mir her di zwên man,

5450

als ich dir ez hân kunt getân,

den becken und den schenken.

lâ dir si niht entwenken,

als liep dir sî dîn selbes leben.

dem einen wil ich wider geben

5455

sîn amt, daz er hêt ê von mir,

den andern heiz hâhen schier,

wan ich im sîn von herzen gan.

ich wil in nimer sehen an.

den andern heiz dû komen her.

5460

diu zwei sint mînes herzen ger.»

 

Dô der meister daz ersach,

zuo dem karker was im gâch,

und nam her ûz di zwên man.

der beck sprach: «ez mac ergân,

5465

als mir Joseph hât geseit.

nû sich ich selb die wârheit.»

Joseph der ruoft den schenken an:

«her schenk, tuot als ein frum man

und tuot an mir iur triu schîn

5470

und mant den lieben herren mîn.»

der schenk lobt im dô stæt,

daz er ez vil gern tæt,

ob er gewaltic wurd als ê.

«Joseph, swie ez mir ergê,

5475

dîn sorg hât ein ende

ân alle missewende.»

 

Dâ mit den schenken fuort man dô

für den künic Pharaô.

dô in der künic an sach,

5480

ein güetlîch wort er zuo im sprach:

«swaz dû mir leides hâst getân,

daz wil ich allez varn lân.

dîn amt wil ich dir lâzen wider.

nû pflic sîn baz dann sider,

5485

oder ez wirt dir von mir swær:

ich tuon dir sam dem beckær,

der dâ ist erhangen;

der hât sînn lôn enpfangen.»

der schenk viel an sîniu knie.

5490

er wart sô vrô von herzen nie.

er sprach: «genâd, herr mîn,

dîn diener wil ich immer sîn.»

der künic hiez in ûf stên

und an sîn amt wider gên.

5495

den becken hienc man an der stat

umb sîn grôz missetât.

 

Dar nâch der künic sant

wîten ûz in diu lant

nâch herren und nâch knehten,

5500

die sich solden gerehten

zuo der grôzen hôchzît.

si riten nâhen unde wît

ûf velden und ûf strâzen.

si wolden nieman lâzen,

5505

si kæmen geriten und gegangen.

swelhiu si sâhen diu wurden gevangen,

kint, man unde wîp.

swer dâ hêt menschlîchen lîp,

die muosten all mit in varn.

5510

des fuoren si mit grôzen scharn.

swaz man dô armer liut vant,

di wurden berâten zehant,

man gap in niu kleider an.

si jâhen, ez solt nieman

5515

für den künic blôz gân

noch in swachen kleidern stân.

dâ von sach man niht alt gewant.

daz best daz man veil vant,

daz gap der künic sicherlîchen

5520

den armen und den rîchen.

di besten spîs di ieman

zuo sînem mund ie gewan,

der muost dâ ân mâz sîn.

môraz, met unde wîn

5525

gap man dô ze rehte

dem ritter und dem knehte,

biz daz diu hôchzît end nam

mit freuden gar ân alle scham.

 

Nâch diser grôzen hôchzît

5530

wart Pharaô gewaltic sît,

daz man in hart vorhte,

daz nieman niht enworhte

daz wider sîn huld wære.

alsô sagt uns daz mære:

5535

eines nahtes do er entslief,

ein troum im in sîn herz lief,

wie er gieng an ein velt,

dâ hêt er schœn korngelt.

dâ sach er siben halm stân,

5540

di wârn grôz und wolgetân

und hêten dô vil liehten schîn.

ûz ieslîchem helmelîn

mit grôzen kreften schôz

siben eher, diu wârn grôz,

5545

daz man ir niht gelîch vant

über al der heiden lant.

diu liez er wunniclîchen stân.

er begund allez für sich gân

snelliclîch ûf daz velt.

5550

im troumt, wie starken widergelt

die vogel hieten mit gesange.

di bluomen mit gedrange

stuonden ûf dem veld iesâ.

er sach ouch siben halm dâ,

5555

die wârn arm und niht rîch,

einz dem andern ungelîch,

wan er dâ nie niht korns vant.

si stuonden sam si wærn verbrant,

ir ieslîchz besunder.

5560

des nam in grôz wunder.

dar nâch dô hôrt er diezen,

ein michel wazzer vliezen.

des wazzers er nam goum.

daz geschach allez in dem troum.

5565

bî dem wazzer sach er gên

siben veist ohsen vor im stên.

dar nâch giengen siben zwâr,

die hêten niht dann hût und hâr

unde vil magerz gebein.

5570

daz fleisch was in unrein.

si hêten weder kraft noch maht.

Pharaô im dô gedâht:

herr got, wâ wellent di ohsen hin?

dô stuont ir muot und ir sin

5575

zuo den veisten an der stat.

si vrâzen si ân mâzen drât,

daz ir niht beleip zwâr

gebein, hût noch daz hâr.

dâ mit entwacht her Pharaô.

5580

des troums was er vil unfrô.

zuo sînem rât er dô gie.

er sprach: «ein troum mich hînt gevie,

der ist gewesen alsô starc,

ich wolt dar umb tûsent marc

5585

geben der mir bediutet in.

sî ieman der nû hab den sin,

der sich ez müg genemen an,

swaz mir der leides hab getân,

daz wil ich im alz vergeben

5590

ân aller hand widerstreben.»

 

Die red erhôrt der schenk dô,

des was er von herzen vrô.

er sprach: «lieber herr, wellet ir

einem nôtigen mann schier

5595

geben iur gnâd und iuwer huld,

sô wil ich in die schuld

mit samt dem selben mann stân,

ob iu der troum niht süll ergân,

als er in erleit ze rehte

5600

dem ritter und dem knehte.»

dô daz her Pharaô erhôrt,

er sprach: «nû brinc mich an ein ort

diser red, schenk mîn,

ich wil dir holt mit triuwen sîn.»

5605

er sprach: «ich sag dir bî der zît,

Joseph, der in dem karker lît,

der hât vil wol die wârheit

mir und dem becken vor geseit,

als ez uns ist ergangen,

5610

daz er ist erhangen,

und daz er mir des gunne,

daz ich dîn huld gewunne

und dîn schenk wurd als ê;

der troum mir reht alsô ergê.»

5615

dô der herr her Pharaô

di red von dem schenken dô

erhôrt, dô hiez er îlen drât;

ez was fruo und niht spât.

er sprach: «ir sült des niht enlân,

5620

ir heizt Josephen für mich gân,

und îlet drât, daz er mîn huld

niht verlies umb die schuld.»

 

Di boten îlten als si solden

und als si durch friuntschaft wolden.

5625

si kômen zuo dem karker gegân.

Josephen fundens dar inn stân,

der schenk und daz gesinde.

er sprach: «reht als mînem kinde

hân ich, Joseph, geholfen dir,

5630

daz solt dû wol gelouben mir.

nû bis gar von herzen vrô:

dir hât der künic Pharaô

sîn genâd und sîn huld geben

ân aller hand widerstreben.

5635

ez hât ende dîn swær.»

si nâmen in ûz dem karkær.

zühticlîch er mit in gie.

Pharô lieplîch in enpfie.

er sprach: «nû hab mîn hulde

5640

umb all dîn schulde.

ein red ist mir von dir bekant,

dar umb ich nâch dir hân gesant,

der ich dich niht verhelen wil.

sît dû hâst wîstuom vil,

5645

sô brinc mich von sorgen.

mir troumt hiut an dem morgen,

wie ich ze veld solt gên.

dâ sach ich siben halm stên,

und ûf ieslîchem helmelîn

5650

muosten siben eher sîn,

diu wârn korns alsô vol,

daz si mir gevielen wol.

dô kom ich fürbaz gegân.

dâ sach ich aber siben stân,

5655

dâ was niht korns inne.

nû leg dar zuo dîn sinne,

daz dû den troum erlegest mir,

des wil ich immer danken dir.

dannoch wil ich dir mêr sagen

5660

mîns troumes – lâ dich niht betrâgen –:

mir troumet, wie ich kom gegân

zuo einem wazzer, da ich vant stân

siben ohsen, di wârn veist genuoc,

daz si ir bein kûm getruoc.

5665

dar nâch sach ich gar

siben mager zwâr,

die sach ich jæmerlîchen zannen;

der hût was über ir gebein gespannen,

dhein fleisch an den ohsen was.

5670

si giengen an dem grüenen gras.

daz sach ich allez in dem troum.

der ohsen nam ich aller goum.

dô sach ich, daz di siben zwâr

die veisten vrâzen alsô gar,

5675

daz dâ niht beleip ein klô.

des troumes was ich gar unfrô.»

 

Joseph der troumære

sprach: «mir ist niht swære,

daz ich den troum erlegen sol.

5680

di halm di dâ wâren vol,

daz bediutt, daz siben jâr

werdent ân mâzen gar

guot und korns rîche

in dem land gemeineclîche.

5685

dâr nâch sag ich ein wârez mær,

daz di siben halm lær

bediutent siben hungerjâr.

daz ich sag, daz ist wâr.

dar nâch sô sag ich mînen muot,

5690

daz di veisten ohsen guot

bediutent ouch diu guoten jâr.

dar nâch sô sag ich offenbâr,

daz die siben ohsen kranc

bediutent siben jâr lanc.

5695

daz si di veisten frezzen gar,

den troum sag ich iu für wâr,

daz bediutet: alt und junge,

swer ûf tiurunge

behaltet korn und weizen vil,

5700

für wâr ich iu daz sagen wil,

daz ez die armen koufent gar,

und belîbt sîn niht umb ein hâr.

reht sam geschach dem vrâz,

dô ein ohs den andern az:

5705

alsô geschiht dem hungerjâr.

daz korn wirt verzeret gar.

dâ von wil ich iu râten reht:

heizet iuwern schaffær und kneht

daz korn koufen ân zal.

5710

daz wirt man geben über al

umb lützel pfenninge.

daz heizt iu allez bringen

unde macht grôz kasten wît,

daz wirt iu lieb ân widerstrît.

5715

ir sült di kasten gar

füllen an daz sibent jâr.

daz sibent jâr wirt ez unwert,

daz nieman niht des korns gert:

sô heizet alrêrst grîfen an

5720

und heizt ez füllen als ein man,

der di liut nern sol,

sô wirt iu schrîn und kasten vol

von silber und von golt,

dar zuo den liuten holt.»

 

5725

Der herr tet als er in hiez.

dheinen kasten er dô liez,

er fült in korns alsô vol.

daz kom den liuten dar nâch wol,

wan swaz im Joseph hêt geseit,

5730

daz was diu ganz wârheit.

der wolveil wart er inne.

er sprach: «Joseph, dîn sinne,

die lâ an mir nû schînen.

underwint dich, friunt, des mînen,

5735

der liut und des guotes mîn.

si süln dir undertænic sîn,

alle samt ze rehte

warten sam dîn knehte.»

des geseheftes er sich underwant

5740

über al des küniges lant

und macht dô kasten alsô vil,

daz ich der zal niht sagen wil;

die fult er gar mit korn vol.

daz weiz ich von der wârheit wol,

5745

daz sibent jâr wart ez unwert,

daz des korns nieman gert.

daz kund niht sô schœn gesîn,

man wurf ez allez für diu swîn.

dô daz Joseph ersach,

5750

wider die schaffer er dô sprach:

«kouft mir daz korn ring

den müt umb fünfzehen pfenning.

nemet mînen gelt, den ich hân,

und mîn silber, daz ich ie gewan,

5755

dâ kouft mir korn umbe.»

dô sprach ein kneht tumbe:

«mîn herr ist ein unwîser man,

der kan sîn guot niht legen an.

diu swîn begernt niht der korn.

5760

dâ von hât er sîn guot verlorn.»

die red liez er hin gân.

daz sibent jâr er gewan

korns vil und genuoc,

daz man im ez in stedel truoc.

5765

dô hêten ouch diu siben jâr

ein end, daz ist wâr.

 

Dar nâch, als Joseph hêt geseit,

huop sich an der werlt leit.

diu driu jâr wurden dô kranc.

5770

daz vierd wart den liuten lanc,

wan des sâmen wart dô niht.

daz was ein jæmerlîch geschiht.

dô wart der hunger alsô grôz,

daz sîn di liut verdrôz,

5775

wan man den mut gap ze der stunt

niht wan umb zehen pfunt.

daz wart dem herren kunt tân,

er sprach: «ich wil nû grîfen an

daz korn, des nieman begert.

5780

ich hânz dâ für, ez sî nû wert.»

Joseph sprach: «ez ist mir kunt,

man gît den mut umb zehen pfunt.»

der künic sprach: «gip hin,

wir haben nû schœnen gewin.

5785

ich wil di liut niht enlân,

di mir sint dienstes undertân.»

dô des di liut wurden gewar,

si liefen unde riten dar.

swem des korns wart ein teil,

5790

daz dûht in ein grôzez heil.

 

Dâ bî lac ein grôz lant,

daz selb was Chanaan genant,

dâ was gebresten alsô vil

von hunger, des ich niht enhil.

5795

dâ saz ein man inne,

der hêt wîse sinne,

Jacob, Josephs vater frum,

der hêt von got mangen ruom

erworben gar ân allen zorn.

5800

er hêt gebresten an brôt, an korn,

dâ von er sîn sün ûz sant.

er sprach: «vart in Egyptenlant

all samt gelîche.

dâ hât der künic rîche

5805

korns und spîs alsô vil,

daz er alz verkoufen wil.

nem ieslîch sun einen sac,

und vart naht unde tac,

biz ir komt in Egyptenlant.

5810

dâ wirt iu schier bekant,

wâ ir daz korn vindet veil,

und kouft daz, sô hab wir heil.»

 

Die sün bereitten sich dar zuo,

daz si spât unde fruo

5815

füeren in Egyptenlant.

dâ wart in schier bekant

des küniges schaffære,

der macht die stedel lære

und die kasten gemein.

5820

zuo dem giengen si niht sein

und fülten dâ ir seck vol.

Joseph der bekant si wol,

daz si sîn bruoder wâren.

er sprach: «wâ welt ir varen

5825

mit disem korn hin?

lât mich hœrn disen sin.

sît ir all eins mannes kint?

all die liut di nû sint,

die müezen mir der wârheit jehen,

5830

daz ir daz lant welt verspehen.»

der ein für die andern sprach:

«wir lîden groz ungemach,

wir und Jacob, der vater mîn.

in Chanaan muoz er gesezzen sîn.

5835

dâ lîdet er vil grôz nôt.

wir liezen im niur zwei brôt,

im und sînem kind Benjamin,

im mac wol hunger nâhen sîn.

ich sag dir, herr, für wâr,

5840

er hêt zwelf sün an sîner schar.

den zwelften az ein wildez tier,

daz solt dû, herr, gelouben mir;

den selben hêt er bî Rachel

und Benjamin den degen snel.»

5845

swaz Joseph mit den bruodern ret,

diu gelîch er doch nindert tet,

daz er ir sprâch kunde zwâr.

einen heiden namer ûz sîner schar,

der was tulmetsch under in;

5850

daz tet er umb den sin,

daz in ir dheiner erkant

noch ez geseit wurd in sîn lant.

 

Dar nâch hiez er si wîsen drât

in ein wîte kemnât

5855

und hiez des balde gâhen.

[si jâhen:] «man wil uns all vâhen,

wan got wil an uns rechen,»

begunden si all sprechen,

«waz wir an Joseph haben getân;

5860

des wil er uns engelten lân.»

der red lacht Joseph zehant.

sînen bruodern was dô niht bekant,

daz ez Joseph wære,

der triu und der gewære.

5865

doch hiez er ir schôn pflegen

und hiez in ûf di wegen legen

ir seck mit dem korn.

er hêt gên in dheinen zorn.

spîs man vil für si truoc,

5870

wînes gap man in genuoc.

dô si dâ gesâzen,

getrunken unde gâzen,

er sprach: «nû hœret mînen sin:

bringt mir iurn bruoder Benjamin,

5875

swenn ir her wider wellet varn,

oder ir müezt bî iuwern jârn

wærlîch ân korn sîn,

daz habt ûf di triu mîn.»

des antwurt im Ruben zehant:

5880

«herr, mir ist daz wol bekant,

er ist mîns vater liebstez kint.

er wurd ê an den ougen blint,

ê er in liez scheiden

von im zuo den heiden.»

5885

Joseph sprach: «di red lâ sîn.

er kan im niht sô liep gesîn,

in twing des hungers nôt,

so er im niht hât ze geben brôt,

daz er in wærlîch sendet mir.

5890

vart heim, ir habt verzert schier

ditz korn und ditz brôt;

ir ligt ungern des hungers tôt.»

er sprach zuo sînem kneht zehant:

«sint dir ir seck bekant,

5895

dâ stôz in daz silber in

und lâ si ez füeren hin,

daz si sîn iht werden gewar

weder still noch offenbar.»

dâ mit fuorn si ze lant.

5900

ir ieslîcher vant alein zehant

in sînem sack sîn silber zwâr,

daz er verkouft hêt gar

umb korn in Egyptenlant.

in dem sack erz allez vant.

5905

daz sagten si irm vater dô.

daz was im liep, und was sîn vrô.

er sprach: «got tuot reht swaz er wil;

er hât ze geben alsô vil,

als er vor tûsent jâren hêt,

5910

swer im getrout und bî gestêt.»

 

Dar nâch sag ich iu für wâr,

in einem halben jâr

hêten si gezzen daz korn,

[und] dô wart in leit und zorn.

5915

der vater aber wider si sprach:

«wir lîden aber ungemach,

von hunger vil grôz nôt.

vart ûz nâch korn, so gewinn wir brôt.»

des antwurt im dô Ruben:

5920

«nâch korn dû dich niht sen,

dû heizest dann Benjamin

mit uns varn nâch korn hin,

unde tuost dû des niht,

sô sag ich dir, waz geschiht:

5925

dâ wirt unser vart swær,

er leit uns in ein karkær.

daz hât er uns gelobt.

dâ von ich wærlîch tobt,

ob ich in liez hie bestân;

5930

ez müest uns an daz leben gân.»

Jacob gên dem sun sprach:

«und sol ich lîden ungemach

von des korn ende?»

er want sîn hende

5935

und sprach: «lieber sun Benjamin,

sol ich von dir geseheiden sîn,

sô lîd ich grôz nôt,

doch ist ez wæger dann der tôt.»

mit jâmer liez er in dô varn.

5940

«got der müez dich wol bewarn,

Benjamin, liebz kint mîn!

der heilig geist der pfleg dîn

hinnen für und all weg

über strâz und über steg.»

5945

dâ mit diu vart wart in bekant.

si fuoren in Egyptenlant

zuo dem schaffære,

dem wârn si niht unmære.

swie si doch wider in heten getân,

5950

sîn triu muost dô für sich gân.

er sprach: «wie habt ir iuch bedâht?

habt ir iuwern bruoder brâht,

der dâ heizt Benjamin,

sô habt ir wærlîch rehten sin.»

5955

den bruoder zeigtens im zehant.

Joseph der vie in bî der hant

und wist in an ein schœnen gemach.

wider di andern er dô sprach:

«ir sült all mit mir gên,

5960

iur dheiner sol hie vor bestên.»

nâch im si kômen gegân.

hie ûzen bleip nieman.

er hiez si gên ze tische.

hüener unde vische

5965

gap man in ân mâzen vil.

mit ezzen wart ir freuden spil

bî den selben jâren,

wan si hungric wâren.

 

Dar nâch vertigt er si wol,

5970

er gap in ir seck vol

weizen unde rocken korn.

daz liezen si âne zorn.

Benjamin hiez er stôzen

einen kopf von golde grôzen

5975

in sîn korn [und] in sînen sac.

ich sag iu reht waz er wac:

drîzic marc von golde,

als in der künic wolde.

dâ mit liez er si varn

5980

von im in den hungerjârn.

dô si gefuorn ein wîl,

niht volliclîchen ein mîl,

dô hiez er in nâch gâhen

und hiez si all vâhen.

5985

dô man si gefangen brâht,

er sprach: «wes habt ir iu gedâht?

wie sît ir sô unwîs,

dô ich iu gap mîn spîs

und edels wîns genuoc,

5990

daz iuch iur muot dar zuo truoc,

und ich iu was mit triuwen holt?

war umb habt ir mir mîn golt

genomen, den kopf guldîn?

dar umb müezt ir gevangen sîn

5995

und müezt ouch kiesen den tôt

umb mînen kopf von gold rôt.»

den bruodern den wart leide.

si swuoren triu und eide,

daz si unschuldic wæren.

6000

er sprach: «ich wil bewæren

iuwer reht diupheit.

ez müez iu wærlîch werden leit.

heizt mir die seck ûf binden,

des wil ich niht erwinden.»

6005

daz wart vil schier dô getân.

in dem einen sach man stân

den kopf, der dô was verlorn.

«ir duldet nû von schulden zorn

umb iuwer bœs missetât,

6010

die iuwer lîp begangen hât.»

dô vielen si gelîche

für den schaffer rîche,

si ruoften lût und niht stille –

daz selb was sîn wille –:

6015

«herr, genâd, schaffær,

erbarm dich über unser swær.

wir haben niht schuld an der geschiht.»

«nû wolt ir iuch erbarmen niht,»

sprach der herr schaffer zehant,

6020

«dô Joseph wart von iu gesant

und ir in gâbt vil ringe

umb drîzic pfenninge.

des müget ir gelougen niht.

daz was ein jæmerlîch geschiht:

6025

er hêt verlorn nâhen sîn leben.

stêt ûf! ich wil ez iu vergeben.

ich binz Joseph, der dô wart vlorn.

ich wil nû lâzen mînen zorn.

vart hin und bringt den vater mîn.

6030

Benjamin müez hie bî mir sîn.»

alsus er wider si dô sprach:

«vart heim an iurn gemach

und bringt mir den vater schier.

ir sült ein red gelouben mir:

6035

und wær iur drîzic stunt als vil,

ir gewinnet freud und spil

bî mir in dem lande

und lebt hie gar ân schande.»

der red wurden si von herzen vrô.

6040

ze land heim kêrtens dô.

dem vater sagtens mære,

wie in geschehen wære.

der bereitt sich dô zehant

ze varn in Egyptenlant.

6045

sîn mâg er all mit im nam

und fuort si ân alle scham.

vier und ahzic was ir zal,

di er dar fuort über al.

dô in Joseph an sach,

6050

vil lieplîch er wider in sprach:

«willikomen, lieber vater mîn,

got müez des gelobt sîn,

daz ich dich hie hân funden.

mîn trûren ist verswunden.»

6055

er bat den künic Pharaô,

daz er in bestatet dô

in ein gegent, diu was rîch.

dâ saz er vil wunniclîch

mit sînen friunden als ein man,

6060

der nie arbeit gewan.

 

Die red süll wir lâzen varn

unde grîfen zuo den jârn,

der sint vieriu dâ hin

ân spîs und ân gewin.

6065

des fünften jâres wart in niht.

daz was ein jæmerlîch geschiht,

daz man den mut gap ring

umb zweinzic pfunt pfenning.

dô des der herr wart gewar,

6070

dô sant er aber boten dar.

swie er ein heiden wære,

doch was im daz vil swære,

daz diu werlt hêt grôz nôt

und daz si lac von hunger tôt.

6075

er sprach zuo sînem schaffær:

«ginc, lâ dir niht wesen swær

und nim daz korn daz ich hân.

fünfzic stedel sint dir undertân.

dar inn lît korns vil,

6080

daz ich den liuten teilen wil.

den mut gip umb sehs pfunt,

sô werdent si vrô und gesunt.»

do begund sich aber mêren

der herr an sînen êren.

6085

daz sehst jâr wart sô kranc,

daz der herr hêt mangen danc,

wie er di liut nerte.

daz korn er mit in zerte.

den mut gap man umb drîzic pfunt.

6090

des wurdens kranc und niht gesunt

unde sturben ouch ein teil,

daz was ir grôz unheil.

der herr aber sant

boten in daz lant.

6095

er sprach: «lât iuch niht verdriezen,

heizt kasten und stedel entsliezen

und heizt daz korn verkoufen.

gebt hin die grôzen houfen.

gebt den mut alsam vert,

6100

des ist diu werlt wol wert.

dô wart sîn lop gesungen

von alten und von jungen,

über al in dem rîche

lobten si in gelîche.

6105

doch moht sich niht gelîchen

der nôt kleglîchen

zuo dem sibenden jâr.

ir hût und ir hâr

gie vor hunger ab dem lîb

6110

beidiu man unde wîb.

diu kint begundens ezzen,

die brâten ab in vrezzen.

daz begund den herrn erbarmen.

er sprach: «âwê der armen!

6115

die ligent all hungers tôt.

ich wil in geben, daz si brôt

gewinnen von dem korn mîn.

des süllen si ân angst sîn.

der hunger wert niur ditz jâr,

6120

daz sagt mir Joseph für wâr.

ich lâz mich niht verdriezen:

heiz mir die kasten entsliezen.

ich wil mich erbarmen

über di nôtigen armen

6125

und wil si freuwen mit dem korn,

ê daz si werden vlorn.

heiz di rüefer ûf stân

und heiz di armen für mich gân.

ich wil in geben korns vil,

6130

dar umb ich pfenning niht enwil.»

dô di rüefære

sagten daz mære,

daz der herr Pharaô

hiet geschaft alsô,

6135

daz man daz korn gæb umb sust,

daz was den liuten niht ein flust,

und dûht si ein grôz heil.

der liut kom dar ein michel teil.

dô di liut gewunnen brôt,

6140

dô wurdens fri vor hungers nôt.

dô sprach der herre Pharaô:

«well ieman korn, der sî vrô!

dem gip sîn alsô vil,

wan ich ez gern teilen wil,

6145

sît diu übeln bœsen jâr

sint zergangen, daz ist wâr.»

dô si die red vernâmen,

dô kom ir vil nâch sâmen,

die liut die sæwen wolden,

6150

als si von reht solden.

dô gie vil manic guot kneht

nâch dem pfluog, daz was reht.

dô wart in korns genuoc.

daz ertrîch alsam ê truoc,

6155

wan got der werlt gap sînen segen,

daz in von himel flôz der regen.

 

Joseph gewan, als im gezam,

einen sun der hiez Aram.

der selb was ein biderb man,

6160

als ich von im gehœrt hân.

ze den zîten wurden stet bekant,

erbouwen in Egyptenlant.

Memfis hiez ein stat zwâr,

diu wart gevangen wît gar,

6165

diu gewan liut ein michel teil,

daz dûht die herren gar ein heil.

dar inn rîchset Pharaô,

des gebot man vorht und sîn drô,

wan er was ein gewaltic man.

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die juden wârn im undertân

und di heiden, daz ist wâr,

dienten im ân zwîfel gar.