BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johans, der Jansen Enikel

um 1230/40 - nach 1300

 

Weltchronik

 

Adam und Eva und ihre Kinder

Verse 497 - 1670

 

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Nû lâz wir die rede stân

und grîfen zuo Adam an.

der was der êrst mensch ein,

500

der ûf daz ertrîch ie erschein,

und was der êrst man,

den got machen began.

von leim und von ertrîch

machet er in wærlîch.

505

dô er in dô gemachet hêt,

als sîner gotheit wol an stêt,

dô segent er in mit sîner hant,

der vil süez heilant.

er sprach: «erkenn mich, ich bin got,

510

dû solt leisten mîn gebot.»

Adam sprach: «lieber herre mîn,

dîn will müez ervollet sîn

an mir hiut und alle stunt.

dîn genâd ist mir worden kunt.»

515

dô got Adams red erhôrt

unde sîn getriuwe wort,

diu im an der selben stunt

wart von Adâmen kunt,

er gedâht in sînem muot:

520

zwâr ez ist niht guot,

daz ein alsô biderb man

süll ein ûf der erden gân.

im sol wonen ein gemechît bî,

daz im selb gelîch sî.

525

vil güetlîch er gên im ret.

er sprach: «ich sag dir hie ze stet,

dû maht niht ein genesen,

dir sol ein wîp bî wesen.»

der red antwurt Adam dô,

530

wan er was sîn vil frô:

«herr, swaz dir liep sî,

dâ sol mîn will wesen bî.»

dô macht got der rîche

ein wîp im gelîche.

535

dô er was entnucket,

dô hêt im got enzucket

ein ripp von der sîten sîn,

der vil lieb trehtîn.

er brach ez ûz dem lîp

540

und macht im ein wîp.

die nant er Viragô -

des wîbes was er vil frô -.

der nam ir wart mit sinne,

daz si hiez ein menninne.

545

dar nâch wart si Evâ genant,

als si noch hiut ist bekant.

 

Dar nâch sprach sicherlîche

got von himelrîche,

dô er si nakent vor im sach stân:

550

«vil lieber friunt, froun Even man,

ich enpfilch dir daz wîp

ûf dîn sêl und [ûf] dînen lîp,

daz dû ir pflegest alsô wol,

als ein frumer man sol

555

pflegen sînes wîbes,

ir êren und ir lîbes.

alsô enpfilch ich dir Evâ

dînen man aldâ,

daz du pflegest sînes lîbes wol,

560

als ein frum wîp sol.»

dô sprach Adam, froun Even man:

«herre, dîn will sol ergân

an allen dingen, swâ dû wil,

wan ich von dir freuden vil

565

hân, die wîl ich leb.

wider dîn gebot ich nimmer streb.»

dô sprach got alzehant:

«Evâ, ich tuon dir mêr bekant:

ich enpfilch dir aber dînen man.

570

dû solt im wesen undertân

beidiu tac unde naht,

als ich mir vor hân gedâht.

dar umb wil ich ze lône

iu beiden geben die krône

575

und mîn vil werdez paradîs.

dar inn sült ir werden wîs.

nû gêt mit êrn dar in,

diu zît gê iu mit freuden hin!»

 

Dô si dar în bequâmen,

580

vil wunn si dâ vernâmen.

dô Adam dâ die wunn ersach,

ein wort er frœlîchen sprach:

«ich hân hie freud und wunne

und liuht reht als diu sunne.

585

hei waz si liehter varb hânt,

die bluomen di hie vor uns stânt!

daz kund ich niht volsagen gar

zwâr in einem ganzen jâr,

wan si gebent sô liehten schîn,

590

daz ez niht naht dâ mac gesîn.

ez ist dâ ze allen zîten tac,

wan ez niht schœner wesen mac.»

dô Evâ ouch die wunn an sach,

wider Adam si dô sprach:

595

«Adam, mîn vil lieber man,

die wîl und wir daz leben hân,

süll wir von hinnen nimmer mê.

hie stêt gras, bluomen unde klê.

schœner wunn mîn ougen nie gesach.

600

wir haben hie guoten gemach.»

Adam nam Even bî der hant

und wîst si da er die boume vant.

er sprach: «Evâ, liebez wîp,

swie alt, swie kranc wirt unser lîp,

605

ezz wir diser reinen fruht,

wir sîn gar frî vor der suht,

vor allem siechtuom gemeine,

ezz wir daz obz reine.

dhein hunger uns niht bestêt,

610

wan al bôsheit von uns gêt

und al frümkeit ist uns bî.

aller sorgen werd wir frî.

dhein frost uns niht entuot.

swie heiz diu sunn ist als ein gluot,

615

diu ist uns als ein balsamsmac.

dâ von uns niht geschaden mac.

uns ist dhein durst bî,

swie nâhen uns daz wazzer sî.

noch kan sô süezez niht ensîn,

620

als diu kleinen voglîn

singent dâ ir süezen sanc.

dâ von diu zît ist niht lanc,

wan tûsent jâr ist ein tac,

wan ez niht süezer wesen mac.

625

heiâ wie mangen süezen dôn

singent diu kleinen voglîn schôn

hie bî uns in dem paradîs!

bî den sô werd wir nimmer grîs.

mit êren sî wir hie vil wol,

630

sît unser lîp ist freuden vol.»

 

Do bevalch in got der reine

daz paradîs gemeine.

er sprach zuo in: «sît ich bin got,

sô sült ir leisten mîn gebot,

635

wan ir habet wîse sinne.

der lât iu niht zerinnen.»

er sprach zuo in vil schôn:

«ditz paradîs sî iuwer lôn.

dâ von, Adam, bevilch ich dir:

640

den einen boum lâ mir -

di andern sîn dir undertân -

und tuo daz ich gesprochen hân,

wan izzest dû den apfel rôt,

sô muost dû wærlîch ligen tôt.»

645

dô sprach Adam: «herre mîn,

swaz dû wil daz sol sîn.

dû bist mîn herr und mîn got.

ich leist geren dîn gebot.

ich nim daz leben für den tôt,

650

wan mich twinget grôz nôt.

ich wil sîn bî der voglîn sanc,

wan vil süez ist ir klanc,

der ûz ir werdem munde gât,

wan ez in wunniclîch an stât,

655

ir lieplîchez singen.

swan ich sich her für dringen

die schœnen bluomen ûz dem gras» - -

hei wie schœn der vîal was!

und ouch die liehten rôsen rôt,

660

die stuonden als in got gebôt,

der klê und ouch die liljen wîz,

als ez got worht mit flîz -,

«der smac der von in gêt

und daz obz daz ûf dem boume stêt,

665

der smeckt als der balsam schôn.

daz gît dir got und mir ze lôn»

sprach er zuo sînem wîbe.

«freud hab wir an dem lîbe.

wie mac uns immer missegên,

670

swenn wir vor unserm trehtîn stên,

der uns sô schôn beschaffen hât

ân aller hant missetât?»

dô gie Adam und Evâ lîs

ze tal in dem paradîs.

675

dâ was in ân mâzen wol,

wan si wârn ganzer freuden vol.

 

Dô hêt ouch Lucifer vernomen,

daz Adam und Evâ was komen

in das paradîse,

680

do gedâht er in manger wîse,

wie er Adam und Evam

bræht von irr gehôrsam.

er hiez im bringen sîn gesellen.

schalkeit kund er snellen

685

an manger hant dingen.

nâch bôsheit kund er ringen

beidiu tac unde naht.

daz was sîn freud und sîn aht.

er was geheizen Sathanas,

690

wan er ein bœser wiht was.

dô in Lucifer ersach,

wie güetlîch er wider in sprach:

«Sathanas, lieber friunt mîn,

dû solt von mir enpfangen sîn.

695

ich wil dir klagen mîniu leit,

diu mîn lîp unsanfte treit.

got hât gemachet einen man,

dem wil er daz pardîs lân,

im und sînem wîb Evâ.

700

diu selb sol ouch belîben dâ.

daz ist mir leit und ungemach.»

alsô er wider in verjach:

«Sathanas, nû tuo schîn,

ob dû ein schalc mügest gesîn,

705

und var zuo Adâmen

und sæ dînen sâmen,

alsô daz Evâ und Adâm

in dem pardîs iht bestân.

nû var, vil lieber Sathanas,

710

rât Adam und Even daz,

daz si daz bot zerbrechen,

und wir uns an in rechen.»

 

Dô sprach der tiufel Sathanas,

der ein trugnære was:

715

«Lucifer, lieber meister mîn,

ir sült des vil gewis sîn,

daz Adam nindert ist sô wîs,

ich bring in ûz dem paradîs.

ich tuon dir wærlîch bekant,

720

ich wil varn in den serpant,

sît si schôn gêt ûfgereht,

reht als ein kerz sleht.

dar inn wil ich erwerben wol,

daz ich si beid verrâten sol,

725

Even und ouch Adâmen.

ich teil in mînen sâmen

mit, alsô daz Adam

entrinnet her ûz mit scham.

daz weiz ich sicherlîchen wol,

730

wan ich bin aller untriun vol.

dâ von rât ich froun Evâ,

daz si niht lenger dâ

belîbent in dem paradîs,

swie karc si sint und swie wîs,

735

sît si mit ir sinnen

wellent unsern kôr gewinnen,

als dû mir selb hâst geseit.

daz hân ich für ein wârheit.

si wellent mit irn witzen

740

unsern kôr besitzen,

dâ von wir vorstôzen sîn

von dem heiligen trehtîn.

ich wil ir trahten understân.

ir freud diu muoz ende hân.

745

si müezen ezzen den tôt.

ich bring si schier in grôz nôt.»

 

Dô Lucifer dô erhôrt

Sathanas des tiufels wort,

er sprach: «gesell, lieber kneht,

750

wirp mir und dir die botschaft reht.

sô gib ich dir ze lône

die fiurînen krône

und tuon dir sicherlîchen kunt,

ich setz dich in der helle grunt

755

und gib dir, liep geselle,

halp mîn grimmige helle.»

dô sprach her Sathanas,

dem alsô verfluochet was:

«versmâhet mir die gâbe,

760

sô wær ich ungehabe,

wan in die hell kumt werlt vil,

die ich gern mit dir teilen wil.»

dô fuor er zuo dem paradîse

in einer slangen wîse.

765

hei wie er umbe rant,

unz er froun Even vant!

 

Dô er froun Even ersach,

ein wort er hinz ir sprach

sanft unde lîse:

770

«sît ir frou in dem paradîse

und über daz obz al eine,

und iuwer wirt gemeine,

wie wol dir dann ist geschehen,

solt dû die schônheit teglîch sehen!»

775

dô sprach Evâ diu rein:

«jâ ich bin frou al ein

über daz paradîse.

dâ von bin ich wîse

und pfleg sîn alles gemeine

780

wan des boumes eine.»

«wer hât den verboten dir?

daz solt dû, frou, sagen mir.»

«daz hât der almehtig got.

dar an lît sîn gebot.»

785

«war umb hât er daz getân?

daz solt dû mich wizzen lân.»

«daz tet er durch min selbes nôt:

æz ich daz obz, sô wær ich tôt.»

dô sprach her Sathanas,

790

der in der nâtern beslozzen was:

«du geloubest an got stæte,

sîn wort und sîn ræte,

und hâst ez für ein wârheit.

ez wirt dir noch her nâch leit.

795

ich bin ein nâter triuwen vol.

daz solt dû mir gelouben wol,

daz ich durch lieb noch durch neît

breche mîn wârheit.»

alsô sprach si an der stat:

800

«weist, umb wiuz verboten hât

dîn meister über daz paradîs?

daz dû iht werdest alsô wîs

als er an der selben stat:

dar umb er dirz verboten hât.

805

dû wærest als schœn sam er ist

 

[Zusätzlicher Text aus HS B]

«er müest ouch sîn dîn eigen.

dâ von sô ist sîn zeigen

an disen boum gewesen,

daz er dîn eigen niht müest wesen

5

hiut und immer mêre.

nû volg mîner lêre.»

 

zwâr in vil kurzer frist:

dar umb hât er ez getân.

des solt dû dich an mich verlân.»

dô sprach Evâ daz wîp:

810

«sam mir sêl unde lîp,

west ich daz für ein wârheit,

swem ez wær liep oder leit,

ich wær dar zuo alsô kluoc,

daz ich des obzs æz genuoc.»

815

dô sprach diu nâter: «gloub mir daz,

dir mac nimmer werden baz.

brich den apfel an der stunt

und iz ir einen in den munt

und brinc den andern dînem man,

820

sô wirt er wunniclîch getân

und traget die öbristen krôn

vor got in dem himel schôn.

sô habt ez himel und paradîs.

allerêrst sô sît ir worden wîs.»

 

825

Evâ geloubt der nâtern dô.

des wart si trûric und unfrô.

si brach einen apfel dâ,

Adames wîp frou Evâ,

und az in an der selben stunt

830

und tet daz ouch Adâmen kunt.

si sprach: «ich hân mich wol bedâht,

ich hân dir einen apfel brâht,

den schœnsten den ich indert vant.

bî dem sô tuon ich dir bekant,

835

daz er ist bezzer dann golt,

wan ich bin dir mit triuwen holt.

lieber Adam, nim in in den munt,

sô wirst dû an der selben stunt

vor allem ungelücke vrî.

840

sæld und heil wonet dir bî,

und wirst zwar als wîse

als der beschuof daz paradîse.

diu nâter hat mir daz geseit

für die ganzen wârheit.»

845

dô sprach ez Adam zehant:

«wâ wart ez dir bekant?

ôwê! wâ hast dû ez genomen?

von wannen ist ez dir bekomen?»

si sprach: «Adam, daz sag ich dir,

850

wil dû ez gelouben mir.

ab dem boum nam ich in drât,

den uns got verboten hât.»

dô sprach ez Adam:

«izz ich daz obz, sô lîd ich scham

855

und hiet zerbrochen daz gebot,

daz mir verbôt der liebe got.

daz wil ich niht zerbrechen.

waz sold ich an mir rechen?

sold ich umb disen apfel rôt

860

lîden den bitterlîchen tôt?»

dô sprach ez frou Evâ:

«swîc und iz den apfel sâ,

und brichest dû hiut daz gebot,

sô wirst dû schœner dann got.

865

daz weiz ich von der wârheit,

swem ez sî liep oder leit.

solt ich niht lieber frou sîn,

und daz der himel wære mîn

und ouch daz paradîse,

870

sô wær ich vil unwîse.»

vil dick si wider Adam sprach,

dô si den apfel an sach:

«Adam, dû bist ein vorhtic man,

dâ von maht dû niht êre hân.

875

des muost dû haben mînen haz.

wem solt ich êrn gunnen baz

dann mîn selbes lîbe?

die êr ich niht vertrîbe.»

Adam vorhticlîchen sprach:

880

«und ist daz ich lîd ungemach

daz ist von dîner schulde

verlius ich gotes hulde.

swaz mir dâ von mac geschehen,

des wil ich vor got verjehen,

885

daz ez von dînen schulden vert,

wan uns beidiu nieman nert.

wir müezen umb die schulde

verliesen gotes hulde.»

daz wîp Evâ aber sprach:

890

«dû lîdst dar umb niht ungemach.

hab ez für die wârheit,

daz ich dir vor hân geseit.»

dô sprach ez aber Adam:

«wir müezen beidiu lîden scham.

895

nû gip mir her den apfel rôt.»

gegen dem mund er in bôt

und az den apfel dô zehant.

dô wart im an der stat bekant

beidiu scham und ungemach.

900

wider Even er ûz zorn sprach:

«Evâ, waz haben wir getân?

unser beider êr muoz zergân.»

dô er der scham wart gewar,

dô brach er ûz dem kopf daz hâr,

905

wan er schrei mit grimme

mit vil lûter stimme:

«ôwê mir armen diser nôt!

ich hân den bitterlîchen tôt

gerüeret an mit mîner hant.

910

Evâ, ich bin von dir geschant,

wan dû vil übel hâst getân.

daz gebot daz ich zerbrochen hân

daz kumt von dîner schulde

daz ich verlius gotes hulde.

915

nû muoz ich decken mîn scham,

ich vil armer man.

daz hân ich allez von dir.

got müez mich an dir rechen schier.

 

[Zusätzlicher Text aus HS B]

nû hab mit mir dise nôt,

dû hâst als ich verdient den tôt.

wir wæren ê nie tôt gelegen

und heten gehabt gotes segen.

 

in dem pardîs wær wir bliben,

920

dâ hiet uns nieman von getriben.

besich, wie wir gevarn hân,

ob wir iht übel haben getân.

ginc hin und brich uns bêden krût,

daz wir verdecken unser hût,

925

und bint uns wedel für die scham.»

alsô sprach her Adam:

«wie bin ich worden ze spot!

ich wil mich bergen vor got,

wan ich fürht sêr sînen zorn.

930

siht er mich, sô bin ich vlorn.»

daz wort Adam dicke sprach,

sô er froun Evam an sach:

«âwê vil armiu Evâ,

waz ræch dû an uns beiden dâ,

935

daz dû mir bræch den apfel rôt,

dar an ich hân verdient den tôt?

daz ist mir ân mâzen leit,

wan ich muoz lîden arbeit

und vil grôzen smerzen

940

an lîb und an herzen.

 

Ir red, ir werc wart bekant

dem vil süezen heilant.

der kom dar vil lîse

in daz schœn paradîse.

945

er sprach: «Adam, wâ bist hin?

war kom dîn wîsheit, dîn sin,

daz dû zerbræch daz gebot,

daz dir verbôt dîn werder got?»

mit riuwen gienc her für Adam

950

und Evâ mit grôzer scham.

dô Adam got selben sach,

ein wort er bermeclîch sprach:

«genâd, herr», sprach Adam,

«ich hân die gehôrsam

955

zerbrochen und ouch mîn wîp.

erbarm dich, herre, übr mînen lîp,»

Adam wider got verjach.

ein wort er dô mit jâmer sprach:

«herr, dô ich dich erhôrt

960

und dîn zorniclîch wort,

dô west ich daz ich was verlorn

und barc mich vor dînem zorn.»

des antwurt im got zehant,

dô er in nackent vant:

965

«waz gie des, armer, dich nôt,

daz dû verdienet hâst den tôt

und dir ist doch gewesen wol?

dîn lîp muoz werden leides vol.»

ûz grôzem jâmer sprach Adam:

970

«herr, dar umb lîd ich scham.

mir riet ez daz wîp mîn.

herr, lâ dînen zorn sîn,

wan ich bin, lieber herre mîn,

betrogen von der rede dîn.

975

herr, bî dîner hulde

jâ hân ich niht vil schulde.

mir riet ez Evâ mîn wîp.

ze riuwen müez ir ir lîp

werden an dirre stunt.

980

diu unsæld wart mir von ir kunt.»

 

Dô sprach got hinz Evâ:

«war umb hâst dû verrâten sâ

dînen man und dînen lîp?

zwâr dû bist ein armez wîp,

985

daz dû verriet dînen man.

dû hâst vil übel getân.

wâ von ist ez zem êrsten komen,

daz dû daz obz hâst genomen,

dâ mîn gebot an lac?

990

dar umb dû mangen leiden tac

muost lîden, grôzen smerzen

an lîb und an herzen,

wan dir verfluochet müez sîn

ûf dem ertrîche mîn:

995

Adam dîn herr müez wesen.

ân in sô mügest dû niht genesen.

dû müezt ouch heizen sîn wîp.

an maht, an kraft sî dir der lîp

krenker dann er im sî:

1000

elliu krancheit sî dir bî.

der fluoch sî hiut dîn:

undertân müezt dû im sîn.

als er dich mit ruoten welle bern,

sô mügest dich sîn niht erwern,

1005

und alz daz von dir künftic sî,

diu sîn des fluoches niht frî,

daz einem ieslîchem man

sîn wîp müez wesen undertân.

daz hâst dû in verdienet zwâr.

1010

si füeren in der engel schar.

alliu wîp und alliu kint,

diu her nâch dir künftic sint,

diu müezen dîn engelten.

si geniezent dîn vil selten.

1015

noch tuon ich dir einen fluoch,

den man her nâch an diu buoch

schrîbet durch rehter klage nôt,

wan von dem fluoch lît manic [wîp] tôt,

diu wol nâch wunn hiet gelebt

1020

und nâch freuden hiet gestrebt,

ob dû daz obz hetest vermiten.

diu werlt wær mit guoten siten

gewesen in dem paradîs;

nimmer wær si worden grîs,

1025

wan ir wær gewesen wol.

ir lîp wær aller freuden vol,

wan alliu kleiniu kindelîn,

diu geborn solden sîn,

diu wærn geborn âne smerzen

1030

an lîb und an herzen,

daz muoter und ouch kindelîn

dhein leit kund geschehen sîn

von der geburt natouwer.

nû müez si dir ein schouwer

1035

werden und allen wîben.

diu müezen vertrîben

ir geburt mit jæmerlîchen siten,

sît dû daz obz niht hâst vermiten.»

 

Dô sprach Evâ: «herre mîn,

1040

dû solt mir genædic sîn.

diu slang hât verrâten mich,

herre got, daz klag ich

dir und dîner gotheit,

dâ von ich nû arbeit

1045

lîd und vil grôz nôt,

dâ von ich muoz ligen tôt.

dâst von der slangen geschehen,

daz muoz ich von wârheit jehen,

sol ich von den genâden sîn -

1050

nein! vil lieber trehtîn.»

dô sprach got der rîche

vil gar zorniclîche:

«diu nâter hab den fluoch,

daz ir nieman enruoch,

1055

und werd als eislîch getân,

daz beidiu wîp unde man

und allez daz ûf erde

von wîben geborn werde,

dem sol diu nâter sîn unwert.

1060

beidiu mit kolben unde swert,

mit steinen und mit stecken

süllens die nâtern wecken

alsô ungefuoge,

daz si sîn hab genuoge,

1065

und süllen ir ouch vâren

immer bî irn jâren.

si gie als ein kerz sleht

ze allen zîten ûfgereht.

ich wil ir einen fluoch geben,

1070

daz si immer bî ir leben

müg ûfgerihtes gên;

si müez ûf irr brust stên

umb ir bœse missetât,

die ir lîp begangen hât.»

 

1075

Dar nâch sprach got der guote

ûz vil frîem muote

zuo dem engel Cherubin:

«ginc zuo Adam hin,

ginc zuo Even, nim daz swert

1080

und trîp si ûz, des sint si wert.»

dô gie der engel zehant,

da er Adâmen und Even vant.

er sprach: «Evâ, nim dînen man,

ginc ûz, dû bist vertân.»

 

 

[Zusätzlicher Text aus HS B]

niht lenger sült ir iuch sûmen,

daz paradîs sült ir rûmen.

 

1085

dô er daz wort vollengesprach,

Adam den engel an sach.

sîn varb sich verkêrte.

sîn leit sich vast mêrte,

wan im vil übel geschach,

1090

dô der engel wider in sprach:

«dû solt dich niht sûmen,

daz pardîs solt dû rûmen.»

dâ mit treip der engel wîs

Adam [und Even] ûz dem paradîs.

1095

er sprach: «Adam, unsælic man,

dû solt niht lenger hie bestân,

wan got hât dich verfluochet,

daz er dîn niht enruochet.»

dô er dô her ûz gie,

1100

ein riuwe er in sîn herz vie,

wan er ein zornige red vernam,

dô er her ûz gegangen quam,

wan Cherubin, der engel guot,

sprach ûz frîem muot:

1105

«dir enbiutet got und dînem wîb,

daz ir verdienet mit dem lîb

mit sweiz iuwer teglîch brôt,

daz iu gê für des hungers nôt.

der fluoch sî Even und Adam

1110

und sîner afterkunft alsam.

Adam, diu nôt, diu arbeit,

diu all der werlt ist ûf geleit,

daz ist daz dû, unsælic man,

wær dînem wîb undertân

1115

irr ræt und ir gebotes

noch mêr danne gotes.

dâ von bist dû von schulden

von unsers herren hulden.»

 

Daz buoch uns von im seit,

1120

daz Adam vil tiuwer kleit

und ouch sîn wîp Evâ,

daz sölcher jâmer aldâ

sit noch ê wart vernomen,

wan si wârn nâhen komen

1125

von irn sinnen sicherlîch,

wan irr klag was niht gelîch.

ez was ouch Evâ und Adam

niht beliben âne scham

wan siben wîl - daz ist wâr,

1130

daz sag ich ân zwîfel gar -

in dem paradîse -

dâ von wârn si unwîse -,

ê daz si ûz wurden getriben.

niht lenger wârn si dâ beliben.

1135

merk, ob daz niht wære

ein kurz wîl ân swære,

wan ein ieglîch tac

niht lenger wîl gehaben mac

wan zwelf. daz ist diu wârheit.

1140

daz predigt man uns und seit.

der zwelf wurden in siben ze wîz.

dô rûmten si daz paradîs,

Evâ und ouch Adam,

mit jâmer und mit scham.

 

1145

Adam daz wort vil dicke sprach:

«ôwê! des leiden ungemach,

daz ich daz pardîs rûmen sol,

dâ mir inn ist gewesen wol!

ich hân dâ wunn sô vil verlân,

1150

daz ich sîn niht gesagen kan.»

dô gie Adam der guote

mit trûrigem muote

ûz dem paradîse

vil drât und niht lîse,

1155

wan in der engel jeit.

den jâmer er vil dicke kleit.

vil dick er hinder sich sach.

ein wort er jæmerlîchen sprach:

«ôwê! daz ich sô stæte

1160

volget Even ræte!

dâ von bin ich von schulden

von unsers herren hulden.

Evâ, waz hâst dû getân!

süll wir nû blôz und nackent gân

1165

und decken uns von schame nôt

immer unz an unsern tôt?

nû derret uns die hût der wint.

sô wir nû beidiu gewinnen kint,

ôwê! wie sol den geschehen?

1170

vil jâmers müez wir an in sehen.»

dâ mit gedâht Adam,

wie er verdaht sîn scham.

der schâf hiez er mit nœten

ein michel teil tœten.

1175

diu vel er an sich hienc.

nû merket, wie er gienc!

daz fleisch er an den stunden

warf sînen hunden.

er sprach: «mîn freud ist al dâ hin,

1180

wan ich vil gar ân sinne bin,

und bin ouch worden gar unwîs,

sît ich schiet von dem paradîs.

ôwê der süezen voglîn sanc,

da bî tûsent jâr niht wær lanc!

1185

die wîl ich in dem pardîs lac,

driu tûsent jâr was niht ein tac.

ôwê der liehten bluomen schîn,

vor den ez naht niht mac gesîn!

wan die bluomen sint sô lieht,

1190

daz dâ nieman vinster siht.

 

[Zusätzlicher Text aus HS B]

ez ist dâ zallen zîten tac,

wann ez niht naht dâ wesen mac.

 

da was ich mit aller freude bî,

swie mir nû verfluochet sî.

Evâ, daz hân ich von dir vlorn.

des muoz ich lîden gotes zorn.

1195

ôwê! daz got der rîch

gegen mir wart zorniclîch,

dô er dich mir ze wîbe

gap! wê dînem lîbe!

nû hab ein trûrigen muot,

1200

sît dû niht freud hêtst für guot.

ich muoz ouch trûren mit dir.

got müez mich an dir rechen schier!

mich hungert, des tet ez ê niht.

ôwê der jæmerlîchen geschiht!

1205

mich dürstet nû, des was ich frî.

jâ wæn ich mir verteilet sî.

ich hab nû niht, daz ich mich lab.

mîn hût ist swerzer dann ein rab

und dicker dann ein rinderhût.

1210

daz hân ich von mîner brût.

got hêt uns bêden êr gegeben,

dâ begund si wider streben. -

nû lîd mit mir die arbeit,

di dû uns beiden hâst bereit.

1215

doch kan ich niht vergezzen,

well wir für hunger ezzen,

sô müez wir arbeiten

und uns dar zuo bereiten.»

dô sprach Evâ: «Adam, nû sprich,

1220

swaz dû wil, daz tuon ich.»

 

Si giengen arbeiten beide

in holz und in heide,

daz in beiden tet vil wê.

si ruoften beidiu dick «ôwê!

1225

vil werdez paradîse!

wie sanft und wie lîse

wir dar inn sîn gewesen!

des müez wir beid nû entwesen.»

dô sprach ez her Adam:

1230

«disiu arbeit und diu scham

und dar zuo alle smerzen

an lîb und ouch an herzen,

daz kom von dînem râte.

dîn klagen ist ze spâte

1235

und ouch daz mîn besunder.

doch klag ich ein wunder,

daz diu afterkunft mîn

an disem obz sol schuldic sîn,

und klag ouch daz obz gemeit,

1240

daz uns vil dick was bereit.

swann ich des einn apfel truoc,

sô hêt ich aller hant genuoc.

ir geloubet endiclîche,

daz ûf dem ertrîche

1245

der wunn kan niht gelîch sîn,

sô diu kleinen voglîn

singent in dem paradîs,

der stimm ist klein, lût und lîs.

die freud muoz ich alle lân,

1250

wan mir sîn got niht engan.»

 

Do gedâht Adam und Evâ,

wie si sich ernerten dâ,

wan si gewunnen kint genuoc,

diu Evâ alliuh ein truoc,

1255

zwên und drîzic sün guot

und als manic tohter wol gemuot.

dô Adam diu kint all an sach,

wider sîn wîp er dô sprach:

«wir süln die werlt niht lân zergân.»

1260

alsô sprach froun Even man:

«diu kint süll wir zesamen kêrn,

daz sich diu werlt müg gemêrn,

und daz si kint zesamen bringen,

diu nâch gotes hulde ringen

1265

baz dann wir haben getân.

diu werlt sol niht zergân.»

der red wart frou Evâ frô.

diu kint kômen zesamen dô

und gewunnen kint genuoc,

1270

der ieslîchz sîn muoter truoc.

dô wart diu werlt gemêrt,

als si ir vater lêrt.

 

Diu êrsten kint diu Evâ truoc,

diu wârn in beiden liep genuoc.

1275

daz wurden zwên degen hêr.

des lobten si got vil sêr.

ir namen wurden dô bekant.

der ein wart Abel genant.

der ander der hiez Cain,

1280

der selb hêt vil bœsen sin.

eins tages Adam gedâht,

daz er ze himel brâht

ein opfer daz got zæme

und ouch für wird næme.

1285

ein kalp er verbrant.

den rouch er ze himel sant.

daz tet er got ze êrn

und begund daz ouch lêrn

sîniu kint, den selben sin,

1290

Abel und ouch Cain,

daz si got opfern solden

schôn als si wolden.

er sprach: «ein opfer sendet got!

ir sült ouch leisten sîn gebot

1295

baz dann wir getân hab,

und gestêt des nimmer ab,

und volget ouch niht stæte

iuwer wîbe ræte,

als ich ê selb hân getân.

1300

daz ich daz pardîs hân verlân,

daz geschach von mînem wîb.

wê geschech irem lîb!»

diu kint lernten den sin,

Abel und ouch Cain.

1305

do brâht Abel al eine

ein opfer, daz was reine.

ein lamp er dô verbrant,

gegen himel er ez sant.

er sprach: «herr, reiner got,

1310

ditz ist dîn opfer und dîn gebot.

besich, herr, wie ez dir gevall.

ich nam daz best in mînem stall.»

 

Dar nâch kom Cain gegân:

«herr, mîn opfer daz sich an.»

1315

zehant brant er einen schoup.

der rouch vast gên himel stoup.

daz was Abeln swær,

daz er sînem schepfær

ein sölich opfer hêt verbrant

1320

und ez ze himel hêt gesant,

und daz er daz an sach.

wider Cain er dô sprach:

«Cain, lieber bruoder mîn,

dîn opfer solt wol bezzer sîn.»

1325

des antwurt im Cain zehant dô,

wan er der red was unfrô,

[er sprach:] «Abel, dîn gespotheit,

diu wirt dir ûf mîn triuwe leit,

wan sol ich dhein wîl leben,

1330

dîn hût muost dû dar umb geben.»

dô sprach aber gotes kneht:

«dû tuost mir wærlîch unreht,

wan ichz in triuwen hân getân.

dâ von solt dû den zorn lân.»

1335

Cain hêt untriuwen vil.

er sprach: «den zorn ich lâzen wil,

den ich, bruoder, gegen dir hân.

wol dan! wir süllen ze velde gân.»

dô sprach Abel: «bruoder mîn,

1340

swâ dû wil, dâ wil ich sîn.

dû bist mir liep von herzen.

ich wünsch dir freud, niht smerzen.»

dâ mit giengens beide

ûf ein schœne heide.

1345

vil lieplîch Abel mit im gie.

Cain einen kolben gevie

und sluoc den bruoder an den nac,

daz er an der erden lac.

alsô daz mort dô geschach,

1350

wider sich selben er dô sprach:

«den spot den dû mir hâst getân,

wie wol ich dir den vergolten hân!

du gespotest nimmer mêr mîn.

ich wil vrî vor dir sîn.»

 

1355

Dô west got der rîche

daz mort sicherlîche.

er sprach: «sag dû mir, Cain,

wâ ist dîn bruoder Abel hin?»

Cain antwurt dô,

1360

wan er was trûric und unfrô,

er sprach: «vil lieber herre mîn,

sîn hüeter mac ich niht gesîn.»

daz was ein stimm diu daz sprach

und wider Cain verjach -

1365

ûz den wolken sprach si her,

des erkom Cain vil sêr -,

si sprach: «waz hâst dû getân?

dîns bruoder bluot rüeft mich an.

war umb hâst dû in erslagen?

1370

sîn sünd muost dû für in tragen.

der fluoch müez werden dîn

ûf dem erdrîch mîn.»

Cain wart ân mâzen leid

bî der stimm ûf der heid.

 

1375

Die bêd wârn diu êrsten kint,

diu von Evâ geborn sint.

ez was unbillîch genuoc,

daz ein bruoder den andern sluoc.

diu andern kint besunder

1380

diu funden michel wunder:

weben, smiden, mangen list,

der mangen liuten frömd ist,

zimmern unde buochstaben,

als wir si noch von in haben,

1385

frömdes listes vil und gnuoc.

si bouten daz daz ertrîch truoc

in wald, in veld, in wert,

daz sich diu werlt dâ von ernert.

vil mangen list man dâ vant.

1390

ir erb gie über alliu lant.

dô Cain sînen bruoder sluoc,

den doch ir beider muoter truoc,

dô was Abeln gezalt,

er wær zwei und drîzic jâr alt,

1395

dô daz vil bitter mort geschach

in einem tal, daz er got sach.

daz tal was Damascus genant,

dâ man Abeln tôten vant.

 

Ez hêt ouch Evâ und Adam

1400

einen sun alsô lobesam.

Enoch sô was er genant,

dem lieben got wol bekant,

wan er was ein heilic man,

als ich von im gelesen hân.

1405

got selb gap im den wîstuom,

daz er was biderb und frum,

wan er lebt nach gotes lêr,

des gewan er frum und êr.

got tet im die wîsheit bekant,

1410

daz er die êrsten buochstaben vant,

wan in diu wîsheit dar zuo truoc,

daz er selb schreip buoch genuoc.

dar nâch über manic jâr

enpfalch im got offenbâr,

1415

wan er was gegen got wîs, -

daz er im daz paradîs

enpfalch und dar în liez,

da er sînen vater ûz stiez

und sîn muoter Evam,

1420

si beidiu mit vil grôzer scham.

da besaz er mit guotem sinn

und ist ouch noch dâ inn.

ich sag ouch daz ân allen wân,

Enochs alter ich geschriben hân:

1425

driu hundert und sehs und sehzic jâr -

also hân ich gesagt sîn alter gar -,

diu Enoch lebt mit schœner wîs,

ê er kom in daz paradîs.

 

 [Textvariante aus HS B]

driu hundert jâr lebt er ân wân,

als ich ez vant geschriben stân,

und dar zuo sehs und sehzec jâr.

nû hân ich iu gesaget gar

5

sîn alter und sîn werde wîs,

ê er kom in daz paradîs.

Adam der hêt ein tohter guot,

1430

diu was biderb und wol gemuot.

Neoma sô was si genant.

ir tugent zieret alliu lant.

si was ouch frum an frümecheit,

wan alliu bôsheit was ir leit.

1435

ab den schâfen schar si woll -

des wart ein michel knoll -

unde vant den list zehant,

als ich ez geschriben vant:

diu selb frou zeisot unde span,

1440

unz si ein wullîn tuoch gewan.

den list vant diu frouwe guot.

des wart der vater wol gemuot.

dannoch vant si einen list,

der mangen liuten nütz ist:

1445

weben si ze dem êrsten vant

und macht die gespunst zehant

ze tuoch, als ir wol zam.

si sprach: «vater mîn Adam,

ich bin dir ie gewesen trût,

1450

des wil ich, vater, dir dîn hût

hüllen unde decken,

wan si sol dir niht blecken.

nim daz tuoch daz ich hie hân,

dû solt niht lenger blôz gân.»

1455

durch daz tuoch si im ein loch sneit.

niht anders wart der roc bereit.

dheinen gêrn man dar inn vant

noch dheinen ermel man da erkant,

wan ez was dannoch ân swær

1460

in der werlt dhein snîdær.

daz wort Adam dicke sprach,

dô er den roc an sach:

«nû lôn dir unser trehtîn!

tohter, ich wil dir holt sîn

1465

mit vil ganzen triuwen.

ez sol dich niht geriuwen

diu gâb di ich von dir hân.

dû hâst vil wol an mir getân.»

diu tohter zuo dem vater sprach:

1470

«noch hân ich einen ungemach,

daz ich den roc sich offen stân,

den ich dir selb gegeben hân,

ze den beiden sîten sîn.

daz gêt mir an das herze mîn.

1475

des hân ich funden einen list,

jâ wæn ich er dir guot ist.»

si gie dâ si ir spindel vant

und spîlt im zuo den roc zehant.

daz dûht in ein sæligiu vart,

1480

daz sîn roc dô ganz wart.

den list man dannoch niht vant

daz man di arm unz ûf di hant

daht mit dem selben tuoch.

er hêt ouch dannoch dheinen schuoch.

 

1485

Dô unser vater her Adam

den êrsten roc an sich genam,

gên der tohter er dô sprach:

«dû hâst mir mîn ungemach,

tohter, ein michel teil benomen,

1490

sît dû mir ze staten bist komen,

daz ich sol decken mîn scham.»

alsô sprach her Adam:

«sich, liebiu tohter, dise wat,

wie reht wol si mir an stat!

1495

daz hân ich von den triuwen dîn.

sô dû sælic müezest sîn,

swenn ez dir selb liep sî,

sô sî dir alliu freude bî!»

dô diu tohter dô gehôrt

1500

des vater getriuwez wort,

si sprach: «vater, gehab dich wol!

ich gib dir, als ich tuon sol,

ein guot tuoch von woll.

des muoz sîn ein guot knoll.

1505

daz schir ich ab den schâfen.

ich wil dester minner slâfen

und wil ouch niht erwinden,

ich geb dînen kinden

und ouch dir selb guotiu kleit,

1510

des bin ich dir wærlîch bereit.»

dô sprach Adam der guot:

«got hab dich in sîner huot,

 

[Zusätzlicher Text aus HS B]

daz dû mich also decken wil,

des hân ich von dir êren vil

 

und dar zuo diu kint mîn,

diu süllen dir dienent sîn.

1515

got durch sîn güete

dîr sêl und lîp behüete.»

 

Adames sun der fünfte vant -

Jobel sô was er genant -,

daz er im und sînem wîb

1520

bouwet mit sînem lîb

ein schœn hûs, des muoz ich jehen,

wan vor nie dheinz wart gesehen.

des wurden sîn bruoder vrô,

daz er den list hêt funden dô.

1525

des wurden sî wol ze muot

unde lobten got den guot.

 

Cain, Adames êrstez kint,

der vant list die frömde sint,

wan er bowet die êrsten stat

1530

vil gar ân alle missetât.

diu wart von im Enos genant,

wan er den list alrêrst vant

und herr in der stat wart,

daz er die bürgtor verspart,

1535

wan alle [die] di dar inn wârn,

die muosten sînes willen vârn,

beidiu wîp unde man:

diu wârn im alle undertân.

 

Der sehst sun, Adames kint,

1540

der vant list die frömd sint:

musicam die vant er,

der selb degen alsô hêr.

diu ist ein kunst alsô guot,

daz si der pfafheit frum tuot,

1545

wan die begeben liute

schrîbent an die hiute,

wan si den dôn nâch singent,

di nâch gotes hulden ringent.

 

Der sibent sun hêt starken sin,

1550

der was genant Tubalcain.

daz sag ich für die wârheit,

er vant ein kunst, dâ von man seit

immer, wan si frömd ist.

ez was zwâr ein nützer list.

1555

smiden er ze dem êrsten vant,

als ez hiut ist bekant.

daz dûht ein michel wunder,

daz er die kunst besunder

hêt funden, diu sô nütz ist.

1560

daz dûht die liut ein starker list.

daz wizzet sunder wân:

des listes niemen enbern kan.

 

Daz buoch tuot uns bekant,

daz man zen zîten liute vant,

1565

als uns diu korônik seit,

die wârn unmâzen breit

und wâren drîzic dûmellen lanc.

si hêten engstlîchen ganc.

 

Dô Adam wart gezalt,

1570

er wær niun hundert jâr alt

und ouch drîzic jâr dar zuo,

dô wart er kranc spât und fruo.

dô wolt im an gesigen der tôt,

wan in der krancheit gie nôt.

1575

er sprach zuo sînem sun: «ginc her!

sun, dû weist niht wes ich ger.

nû lâ mich dir enpfolhen sîn

und tuo daz durch den willen mîn -

gedenk, daz ich dîn vater bin -

1580

und ginc zuo dem pardîs hin.

dâ vindest dû den engel sitzen.

zuo dem sprich mit witzen:

iu enbiutet, lieber herre mîn,

mîn vater den gebresten sîn,

1585

daz er vil krancheit an im hât

an einer ieslîchen stat.

an sînem lîb über al

rüert in sîn krancheit âne zal.

sîn lîp ist jæmerlîch gestalt

1590

und ist ouch ân mâzen alt.

er bitet iuch, lieber herre, sêr,

daz ir ez tuot durch iuwer êr,

daz ir im sendt ein apfel rôt -

sô læt in frî noch der tôt -

1595

ûz dem paradîse,

sô wirt er kreftic und wîse.»

 

Dô der sun erhôrt

des vater kleglîchiu wort,

dô gie er vil drât,

1600

als in sîn vater bat,

zuo dem paradîse.

dâ vant er den engel wîse,

als im sîn vater hêt geseit.

daz was diu ganz wârheit.

1605

zuo dem engel er dô gie.

der engel in vil schôn enpfie.

«genâd, herr,» sprach der man,

«ûf genâd bin ich her gegân.

mîn vater hât mich her gesant,

1610

Adam sô ist er genant.

er bitet iuch, lieber herre mîn,

daz ir iu lât geklaget sîn,

daz er vil krancheit an im hât.

sîn leben kumberlîchen stât.

1615

des bitet er iuch flîziclîchen

durch got den vil rîchen,

daz ir im sendt der epfel einen -

und nimmer mêr dheinen -,

der fruht ûz dem paradîs,

1620

sô wirt er kreftic und wîs.»

dô sprach der engel guot

ûz vil frîem muot:

«gesell, lâ dir niht wesen leit.

ich wil dir sagen die wârheit:

1625

zuo wiu ist im der apfel rôt?

so du zuo im kumst sô ist er tôt.»

dô er erhôrt die wârheit,

die im der engel hêt geseit,

dô gâht er heim balde

1630

in holz und in walde,

unz er kom heim mit grôzer nôt.

dâ vant er sînen vater tôt,

als im der engel hêt geseit.

daz was diu ganz wârheit. 

1635

als er den vater tôten vant,

sînen lîchnam er zehant

nam und bestatet in an der stat,

reht als in sîn wille bat,

in einem tal daz er dô vant,

1640

daz was Calvarie genant.

dô er dâ in der erde lac

beidiu naht unde tac,

dô wart er ûz gegraben sider

und wart vil schôn bestatet wider,

1645

wan ouch sîn gebeine

wart allez gemeine

gefüeret in Ebrôn

und wart ouch dâ bestatet schôn,

wan ez gotes wille was,

1650

als ich an dem buoche las,

wan von dem selben ertrîch

hêt in got vil sicherlîch

gemacht mit sîn selbes hant,

der vil süez heilant.

1655

zuo dem selben ertrîch

muost er werden sicherlîch

und muost ouch ân alle wende

erbeiten der urstende.

 

Ich wil iu bescheiden:

1660

Adam was ein heiden.

sin sêl muost lîden scham

umb sîn ungehôrsam,

wan si ze hell muost varn -

dâ maht si sich nicht vor bewarn -

1665

und muost dâ sîn fünf tûsent jâr.

nû hân ich iu gesaget gar

von Adames sêl und von dem lîb

und ouch von sînem wîb.

diu muost ouch lîden die selb nôt

1670

zwâr nâch ir beider tôt.