BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Eilhart von Oberg

um 1170/80

 

 

Tristrant

 

Kehenis und Gariole

(7865 - 8134)

 

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7865

Dô saz ein rîcher herre

von Karahes nicht verre:

der hîz Nampêtenîs

und hâte dicke hôen prîs

mit ritterschaft gewunnen.

7870

nû hâte her des begunnen,

daz he stête birsete und jagete.

ein schônez wîp her habete,

die was Garîôle genant.

der hûte der wîgant

7875

sô freislîchen sêre,

daz her sîn selbes êre

dâ mete hâte gekrenkit.

mich wundert, wes he denkit

der sînes wîbes hûtet,

7880

wen stât ir ir gemûte

nicht williglîchen dar,

sô mag he nimmer sie bewarn

mit allen sînen sinnen.

wen, wil sie einen minnen,

7885

sie tût ez âne sînen dang,

ez were korz adir lang:

daz wart an desin dingen schîn.

noch hûte des wîbes sîn

Nampêtenîs der hêre alsô,

7890

daz he lîz gar hô

sîne borchmûre bewerkin.

dese hûte sullit ir merkin:

dar umme gîngen drî grabin.

tîf und wît, hôrte ich sagin,

7895

ieglîcher grabe dâ wêre.

he was dâ portenêre

selbe zû sîner borch.

des was im doch kein nôtdorft,

wen he hâte lûte genûg;

7900

die sluzzele he [dâ] selbir trûg.

swen he ergin ûz reit,

ez wêre in lîp adir leit,

do enwas nîman sô junge,

noch sô alt, noch sô tumme,

7905

der in dar umme torste biten,

daz er in nâch vrûntlîchen siten

dar ûf lîze belîben.

des muste mit den wîben

Garîôle belîben eine:

7910

daz vordrôz sie nicht cleine.

 

Daz was der helt Nampêtenis,

von dem dâ vor Kehenis

vil nâ was gevangin.

dô was daz sô ergangen,

7915

daz he sich schildes hâte begebin.

al sînen vlîz gab der degin,

wie he behûte sîn wîp

und wie her vrauwete sînen lîp

mit hetzene und mit jagene

7920

so ich eir begunde ze sagene;

wen als he von der borch reit,

die lûte her alliz ûz treib,

sie wêrin eigin adir vrî.

der selbin portin wârin drî.

7925

die beslôz der degin alle.

sêt, wie ûch daz gevalle!

die sluzzele he mit sich vûrte.

swer denne quam ze der porte,

wêrez ouch die koningîn,

7930

die en lîz nîman ûz noch în

biz daz he wedir quême.

swer ir ouch den lîp nême,

alle die dar inne wârin

des ûz komenes entbârin,

7935

der enmochte nîman komen dare.

des plag he vil nâch alle tage,

daz her wilt jagete unde schôz.

sîn wîb daz sêre vordrôz,

als ez ouch wol mochte.

7940

er enrûchte ab ir die hûte tochte,

wen he was ein vreislich man.

swen sô he zu hûs quam,

si entorste nîman an sên.

wie mochte ir ummer wers geschên?

7945

Nû hâte die vrawe lîse

gelabit Kehenîse

eir sie einen man nême,

ab he zû ir quême,

sie wolde in ummevân.

7950

doch was ez nicht sô irgân,

wen ez mochte nicht vulkomen:

daz gelobede hâte vornomen

Nampêtenis ir man.

sô schiere, sô her sie genam,

7955

do geschûf he dise hûte.

doch hâte in irem mûte

die vrauwe Kehenîsen liep.

her vorgaz ouch ir niet:

daz ted he harte wol schîn,

7960

daz he mit allen sinnen sîn

an ire minne gedâchte.

die hêre dô vulbrâchte

sînes willin ein teil:

eins tagis lîz her ez an ein heil

7965

dô Nampêtenis jagete.

ûf sînem rosse her drabete

heimlîche aleine dar,

dô wart die vrauwe sîn gewar,

wen sie was ûf die mûre gân.

7970

do entvîng sie den helt sân

und hîz in willekome sîn.

«nû lône ûch mîn trechtîn!»

sprach he zû ir inniglîchen

«got mûze on ummir geswîchen

7975

der dese borg beslozzin habe

daz ich ûch nicht mag gesagin,

war umme ich her komen bin,

doch wêre mir daz ein gewin»

(daz mochte man wol schauwin),

7980

«wolden ûch dese vrauwen

eine wîle entwîchen

daz ich ûch offenlîchen

sagete mîne boteschaft.»

zu hant sie zû den vrauwen sprach

7985

daz sie ûf hôer woldin gân.

daz tâtin die vrauwin sân.

nû was daz wetir stille,

daz was ir beidir wille.

Kehenis sie dô manete

7990

swes sie im gelabit habete

eir sie iren man nême

und sagete ir, sie enquême

nî ûzer sînem mûte.

«dar umme, vrauwe gûte,

7995

saltû mich des genîzen lân!»

dô sprach die gûte «wol an,

Kehenis, dû wêre mir î lîp,

des enmag ich gelouken nît:

wen daz ez nicht mochte sîn,

8000

sô hête ich den willen dîn

vil harte gerne getân:

den selbin mût ich noch hân,

ab ez geschên mochte

daz ez uns beiden tochte:

8005

nû sîstû wol, wie ez um mich stât:

mîn hêre mich beslozzen hât

daz nîman zû mir komen mag.»

îdoch sie wêrlîchen sprach

daz sie ez im wol gunde,

8010

ab he daz geschaffen kunde,

daz he zû ir mochte komen.

sie sprach «dû hâst wol vornomen,

wie mîn hêre mîner hûte,

îdoch stât mîn gemûte

8015

sô williglîchen hin zu dir,

machst dû komen her zu mir,

daz ich dînen willen tû.»

dô wart der hêre vil vrô

und dankete der vrauwen sêre

8020

und begunde dannen kêren.

Kehenis der rîche

gedâchte vlîzlîchen,

wie he komen mochte

daz ez in beidin tochte

8025

zu Garîôlen der vrauwen.

dar umme mochte man in schauwen

in gedanken manichvalt.

dô kunde der helt balt

nicht gedenkin dar zû,

8030

wedir spâte noch vrû,

wie he zû ir quême

daz ez im kein schade wêre.

zu Tristrande he dô quam,

sînen rât her dar zû nam,

8035

wie he zû der vrawen mochte komen.

dô Tristrant hâte vornomen,

waz die frauwe im sagete

und ouch vornomen habete

daz sie sô wol was behût,

8040

he sprach «selle, mir dunket gût

daz dû betist die vrauwen

daz sie dir die sluzzele tougen

in wachs wille drucken

und heimlîche dese stucke

8045

dir werfe obir den grabin.

saltu denne gelucke habin,

sô kumestu zû ir denne wol.

nâch dem wachse man dan sol

andere sluzzele gîzen,

8050

sô machstû selbe ûf slîzen

die borg unde gân dar în.

nû ich dîn râtgebe bin,

daz dunket mir daz beste:

sô kumestu in die veste.»

8055

Kehenis wart gar vrô,

sîme sellin dankete he dô

sînes râtes sêre.

er tet die widerkêre

und sagete daz der vrauwin.

8060

sie sprach bî iren trûwen

«dir wirt daz wachs harte wol:

sage, wen wilt dû daz holn?»

he sprach «biz mântag.»

«sô schicke ich ez, ab ich mag,

8065

daz ez dir danne bereit sî.»

nû wârin der vrauwen drî

die desin rât wisten.

die schûfen mit listen

daz daz wachs wart bereit.

8070

was daz Kehenîse leit?

nein ez, wêrlîche.

he quam sicherlîche

an dem dritten tage dare.

dô wordin die vrauwen sîn geware

8075

und worfin daz wachs obir den grabin.

dô he daz ûf hâte gehabin,

dô wart he vrôlîches mûtes.

«got lône ûch allis gûtes»

sprach her «lîbe vrauwe mîn!»

8080

und hîz sie gesund sîn.

vrôlîchen kârte he dannen,

wen ez was im wol irgangin.

dô er daz wachs habete,

dannen er dô drabete

8085

als dicke der man tût

der dâ wendet sînen mût

an ein ding daz er tûn wil:

der besten smede besprach er vil

und sûchte sie obir al daz lant

8090

daz her nergin einen vant,

der sich des undirwunde

und im mit ichte kunde

die sluzzele machen:

do vorgîng im daz lachin

8095

und der grôzen vroude ein teil:

ez dûchte in ein michel unheil.

 

Zu sîme gesellin he abir quam.

sînen rât he dar umme nam:

he sprach «lîber geselle mîn,

8100

nu bedarf ich wol des râtes dîn.

ich habe daz wachs gewunnen.

nû ist mir misselungen

daz ich nîman vinde

der sich der sluzzele undirwinde.»

8105

[Tristrant sprach] «vindestû keinen,

ich wêne ich habe der smede einen

der si wol gemachen kan,

wiltû sie den machen lân.

der ist nâch mir obir mere

8110

von Tintanjôl komen here

und ist alhie in desir stad.»

Kehenis dô sêre bat

daz he on vorsûchte sân.

daz wart schîre dô getân:

8115

Tristrant sande nâch dem smede

und hîz im sagen daz er nicht mede,

er quême daz wachs schauwin;

und bat in daz er tougen

im die sluzzele machete.

8120

der smid dô sêre lachete

und sprach «hêre, wolt ir icht stelin?

daz wil ich ûch nicht helfin helin,

ich enmach ir nicht dar zû.»

«enrûche dich, waz he dâ mete tû!»

8125

sprach Kehenis der degin rîche:

«ich gelobe dir wêrlîchen:

machestû die sluzzele gût,

daz he dir alsô lîbe tût,

daz ez dir nicht darf rûwen.»

8130

dô sprach der smed «in trûwen,

ich wil sie rechte gût machin.»

do begunde abir lachin

Kehenis der wîgand:

sîn trûren dô vorswand.