BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Eike von Repgow

um 1180/90 - nach 1233

 

 

Sachsenspiegel

 

Praefatio rhythmica

 

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Das Sächsische Landrecht

 

Hir beginnet die vorrede des bukes der sassenspigel

Praefatio rhythmica

 

Ich tzimbere so man seget bi wege;

des muz ich mannegen meister han.

Ich have bereitet nütze stege,

dar manich bi beginnet gan.

5

Ich ne kan die lüte machen nicht

vernumftich algemeine,

Al lere ich se des rechtes pflicht,

mich ne helphe got die reine.

 

Sver mine lere nene vernemet,

10

wil he min buch bescelten san,

So tut he daz ime missetzemet;

wenne sver so svümmen nicht ne kan,

Wil he deme wazzere wizen daz,

so ist her unversunnen.

15

Se leren daz se lesen baz,

die ez vernemen nicht ne künnen.

 

Ich svige eder halde rechten strit,

neman daz irwenden kan.

Waz achte ich uf unrechten nit,

20

iegeweme ich rechtes gutes gan.

Manlich mochte unberen wol,

lieze in die gire al eine,

Des he durch recht nicht haven sol;

dar an verlure er cleine.

 

25

Manich schinet gerne gut,

sve wandelbare daz er si;

Nu nekan man leider valschen mut

nicht sien, de dat ne si dar bi.

Ich muz mich vor den huten baz,

30

de min mit worten lagen

Unde miner lere sint gehaz

unde mich doch dicke vragen.

 

Sver rechte rede verkeren wil,

der heldet lange unrechten strit;

35

Her rüfet unde scallet vil.

diz recht habent von alder tzit

Unse vorderen here gebracht,

des er nicht kan gedenken;

Wen selve hat er'z underdacht

40

unde wil uch mite bescrenken.

 

Nu merke man den man dar bi,

der nüwe recht ufbringen wil;

Wie recht daz er selven si,

so ne kan er scaden mir nicht vil.

45

Ja ist uns von den argen kunt

ein wort gesprochen lange:

Der vogel singet als ime der munt

gewaczen steit tzu sange.

 

Nu spreche manlich of her müge

50

tiefer unde vorbaz

Den ich han, so iz der werlde tüge,

tut er'z den ane widersaz,

So tut er daz e nie ne geschach

neman den lüten allen

55

Zu danke levete noch ne sprach;

man wil ouch mich verscallen.

 

Ja tzweient mit mier manege stunt,

de sich versinnen aller best,

So ist mir doch de warheit kunt

60

unde wirt min volge groz zu lest.

Solde ich na maneges mannes gere

verwandelen mine lere,

So hette ich lüte vil biz here

betrogen alzu sere.

 

65

Allen lüten ich nekan

zu danke sprechen noch ne sol;

Min buch ne horte nie der man,

deme iz al behagete wol;

Doch trostet daz wol minen mut:

70

Svaz eineme dar an wirret,

Daz iz wol tusent dünket gut,

süs blive ich unverirret.

 

Sver künde bringen an einen sin,

die dar got gesceiden hat,

75

Der were nützer den ich bin.

mit willen, worten unde mit dat

Die bosen unde die guten sint

gezweiet unde die toren

Unde die wisen unde die kint,

80

daz mach man an in horen.

 

Mich tziet manich man durch haz

worte, der ich nie ne gewuch;

Lieze er'z, ir tete baz:

so is der lüte doch genuch,

85

Die mich unsculdich witzen wol.

iz ist ein scentlich rache,

Dere neman guter phlegen sol,

lügenlich achtersprache.

 

Ich ste zu rame sam ein wilt,

90

daz die hunde buffen an.

Swem miner lere nu bevilt,

der spreche an mich joch svaz er kan.

Maniger wanet ein meister sin

binnen sineme krenge

95

Der kume bleve ein meisterlin,

liefe er mit mir die lenge.

 

Got hat die sassen wol bedacht,

sint diz buch ist vore bracht

Den lüten al gemeine;

100

doch is der leider cleine,

Die gote so eren,

daz se ire witze an gut keren.

Ein cleine wirret mir daran,

des ich gebezzeren nicht nekan:

105

Ob iz ein irrere leret,

üvel da von gemeret

Unde groz sünde;

manich ob er künde

Vil gerne scaden tete.

110

wie gerne ich got nu bete,

Daz diz buch kunde iegelich gut man,

unrechten lüten ich iz nene gan.

 

Svie unrecht si der man,

kan er sich des verstan,

115

Daz ime recht mach vromen,

kan er's denne bekomen,

Vil gerne er des genüzet;

rechtes ime aver verdrüzet

Unde dünket selden gut

120

recht, svar it scaden tut.

Man horet iz ungerne san.

daz recht nieman leren ne kan,

Daz den lüten allen

künne wol gevallen.

 

125

Sver sich rechtes versteit,

weme lieb weme leit,

Weme scade oder vrome

imber dar nach kome;

Rechte spreche her unde vare,

130

an rechte her nemanne en spare,

Die wile her sprechen wille,

oder her svige stille.

Sver buzen mine lere gat,

her sprichet lichte des er laster hat,

135

Unde tut sünde jegen got,

wende her brichet der e gebot

Sver so recht verkeret.

got unsich selbe leret,

Daz wir recht sin alle,

140

unde unrecht uns missevalle.

 

Gute lüte mane ich darzo,

ob iz imber kome also,

Daz en bejegene itteswat,

daz min tumbe sin vermeden hat

145

Unde dar diz buch nicht abe en lere,

daz manlich sinen vliz darzu kere,

Wie man iz na rechte besceide;

nu set daz uch nemannes lieve noch leide,

Noch tzorn noch gift so ne blende,

150

daz man uch von deme rechte wende.

 

Diz recht ne han ich selve nicht underdacht;

iz haben von aldere an unsich gebracht

Unse gute vore varen;

mach ich ouch, ich wil bewaren,

155

Daz min scaz under der erde

mit mir icht vor werde.

Von gotes halven de gnade min

sol al der werlt gemeine sin.

 

Kunst ist ein edele schaz unde also getan,

160

sver se eine wil han,

Se minneret ime tagelich;

des versinne de wise sich

Unde wese milde des er kan;

got deme kargen nene gan

165

Schazzes, den er hat begraben:

der riche sal den armen laben,

Den sichen der gesunde:

na wareme orkunde

So ist uns wizzenlich,

170

daz der man künsten rich,

So her andere lüte leret,

daz sin kunst dar abe gemeret,

Unde der girige behalt ir kleine,

der se haben wil al eine.

 

175

Weme lieb weme leit,

vrome unde salicheit

Ist hir an gewaxen.

spigel der Saxen

Sal diz buch sin genant,

180

wende Saxen recht ist hir an bekant,

Als an einem spiegele de vrouwen

ire antlize beschouwen.

 

Alle lüte mane ich dar zo,

daz se diz buch nützen so,

185

Als iz in zu iren eren nicht misse sta

unde ouch gnedichliche irga,

Daz se nicht ne ruwe die vart,

svenne got den spigel umbe kart

Unde unsich mischet zu der erde

190

unde lonen sol nach werde.

 

Stolzen helde siet bedacht,

na tage volget ie de nacht;

Der tach ist ouch an uns gewant,

uns siget der avent in die hant.

195

Sver an dissem buche

vrage rede suche,

Ob ime dar an icht missehage,

des ne tu er zu hant necheine clage,

unde wege de sache an sineme sinne

200

na dem ende unde na deme beginne,

Unde ervrage sich mit wisen lüten,

de die warheit künnen bedüten

Unde ouch haven die siete,

daz se recht sin da mite;

205

Ob er an in dan

ein rechtere irvaren kan,

Ich rate ime daz er alebalde

sich dar an gehalde,

wende vil wiser lüte leren,

210

die'z an gut keren,

Is bezzere denne min eines si:

ein andere merket aber da bi,

Daz niemannes mut

baz dar zu nie gestut,

215

wie her die lute gemeine

groz unde kleine

Rechtes brechte in kunde,

nach deme er sich vorstunde,

denne tut der mut min;

220

des gebe ich zu urkunde diz buchelin.

 

Groz angest get mich an;

ich vorchte sere, daz manich man

diz buch wille meren,

unde beginne recht verkeren,

225

Unde tzie des an mich;

so weiz mich got unscüldich,

den da neman kan triegen,

der witze daz se liegen,

des ne kan ich nicht bewaren:

230

alle de unrechte varen

unde werben an dissem buche,

 

Verse 232-245 und 261-273 der Pergamenthandschrift «Quedl. Cod. 81»

(entstanden um 1310, Halle, Universitäts- und Landesbibliothek)

in: Das Sächsische Landrecht, Hrsg.: Otto Goeschen, Halle: Pfeffer, 1853

 

den sende ich disse vluche,

unde de valsch hir zu scriben,

de meselsucht müze in bekliben,

235

alse se jezi tete

von heliseus gebete,

Dar af naaman wart irlost.

got heilant unde trost

Der reche'z an in also,

240

daz iz de sele unvro

werde mit sament deme libe;

des tübeles hantveste blibe

Ir scrift, daz er se habe gewis,

de wile se unverteleget is.

245

Sver des tübeles ane ende

wolle wesen, der sende

ime diz orkunde

unde vare zu der helle grunde.

 

Dennoch wirt unrecht wol bekant,

250

als ein kopper penning an der hant,

Sven ime uzblicket sin rote schin

mang penningen die gebe sin,

unde ime daz wize wirt abe geveget:

alsus wirt unrecht verleget,

255

svenne man sin ende besuchet:

vor gotte si er vervluchet,

Sver unrecht gerne sterke

oder mische zu dissem werke,

dar umbe ich lange han gedacht

260

unde durch got zu samene gebracht.

 

Nu danket al gemeine

dem von Valkensteine,

der greve Hoyer ist genant,

daz an diütisch is gewant

265

diz buch durch sine bete:

Eyke von Repgowe iz tete,

ungerne er'z aber an quam,

do er aber vornam

So groz dar zu des herren gere,

270

do ne hatte her keine were;

Des herren liebe in gare verwan,

daz her des buches began,

Des ime was vil ungedacht,

do her'z an latin hatte gebracht

275

ane helphe und ane lere;

do ducht in daz zu svere,

Daz er'z an dütisch wante;

zu lest er doch genante

des arbeites, unde tete

280

greven Hoyeres bete.