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- M ä r c h e n
Frühjahr 1911
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- Es war einmal eine Zeit, da alle Kinder mit goldenen Reifen spielten, da aus allen Brunnen Wein floß, und der König des Landes seinem Volke alle Tage ein prächtiges Mahl zu verzehren gab. Damals ging es nur wundervoll und herrlich her, und des Jauchzens und Singens, des Lachens und allen Übermutes war kein Ende.
Eines Tages geschah es, daß ein häßlicher Alter einwanderte, der mit seinen krummen Beinen, den Schielaugen, dicken Lippen und einer breiten und weiten Nase ganz erschrecklich anzusehen war. Dazu hatte er noch einen schauderhaften Hocker und spie jeden Augenblick auf die Erde. Wie er nun das Glück des Landes sah, lachte er höhnisch, versammelte alles Volk um sich und sprach: «Ihr Toren, was jubelt ihr und vergnügt euch so? Sehet doch zu! Blinde seid ihr, denn ihr gewahrt nicht, daß Schlamm anstatt Weines aus euren Brunnen fließt, daß eure Kinder mit gemeinen Binsenreifen spielen und eures Königs Mahl schlimm vergiftet ist!» Die Bürger erschraken heftig bei diesen Worten, und wie sie aufblickten, hatte wirklich der häßliche Alte recht geredet: Aus all ihren Brunnen floß nur Schlamm, ihrer Kinder Reifen waren nicht Gold, sondern Binsen, und das Mahl, das ihnen der König jeden Tag auftischen ließ, war von giftigem Gewürme voll. Da hub ein großes Trauern im Lande an, und jedermann konnte sich kaum genug tun an Tränen und Klagen.
So ging es eine gute Weile fort, bis einstmals ein wunderbarer Jüngling ins Land zog, der ein Mädchen an der Hand führte, wie der Himmel so schön. Beide schwangen sich lieblich ]eicht im Takte nebeneinander und sangen dazu soviel lichte und reine Lieder, wie sie nur die Freude singen kann. Als sie die Brunnen erblickten, jauchzten sie auf, und wie darauf alles Volk zusammenlief, sagten sie: «Wie seid ihr doch glücklich, daß immerwährend Wein aus euren Brunnen fließt! Und wie seid ihr doch glücklich, daß eure Kinder mit goldenen Reifen spielen!»
Die Bürger starrten erstaunt und verwirrt auf die zwei. Wie groß war aber ihre Bestürzung, als sie sich umwandten und ringsum all ihr früheres Glück wiedergewahrten! Das war denn doch allzu rätselhaft, und das ganze Land machte sich die seltsamsten Gedanken darüber. Als daher nach geraumer Zeit ein würdiger, weiser Mann zu ihnen kam, scharten sich alle um ihn und kündeten, was sie so sehr bewegte. Der schöne Weise sah lange vor sich nieder, dann lächelte er, strich sich den Bart und erwiderte: «Liebe Leute, was ihr erzählt, ist wahrlich nicht so wunderbar. Wenn ihr Wein strömen sehet, so ist es auch Wein; sehet ihr aber Schlamm fließen, so ist es auch Schlamm.» - «Das heißt uns eine billige Weisheit», spottete das Volk. Schon jedoch fuhr der Weise unbeirrt lächelnd fort: «Wenn ihr Wein seid, so sehet ihr Wein, und ist es Wein, wenn - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Damit grüßte er und zog von dannen.
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