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- D a s D r a m a
1910
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- Nackt wie nackte Welle
Schau ich einen Menschen
Am Meerufer liegen.
Ihm zur Linken
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- Starr aus Felsen
Steilt eine Wand -
Ihm zur Rechten
Winddurchsungen dunkeln hochgereckte
Stumme Cypressen. -
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- In die Stille,
In die Meeresstille tönt mein Machtwort,
Tönt mein malmend Machtwort:
MENSCH ZUM MENSCHEN.
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Es bebt der Mensch empor,
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- Der wellennackte,
Lebensmächtig dringt aus tiefsten Quellen,
Was verhalten hallend in ihm schlief:
Quillen Qualen, funkeln Ahneshellen
Und aus Rosenschalen fluten Wellen
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- Heller Freuden, die so trunken tief
Leuchten läßt und schwellen
Heißversteckte Gier alldies durchbebend.
Denn ich rief mein allbelebend
Malmend Machtwort:
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- MENSCH ZUM MENSCHEN.
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Es reckt sich meine Hand,
Die schöpferisch gedehnte.
Was aus Gründen wuchs,
Gründend forme ich
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- In lohenden Gesichten
Zu lohenden Gesichtern,
Zu wehzerwühlten, flammzerzuckten,
Gramzerherbten Menschengesichtern.
Um sie erforme ich
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- In vulkanischen Schöpfermächten
In purpurglutflackenden Krämpfen
All' weltauszusinnende
Gestaltende Gestaltungen,
Wahnsinnsgeburten,
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- Aus den Schattenklüften des All gegriffen,
Gezerrt aus den Dunkelheiten der Feuerwelten.
Meine malmende Hand müht den Meißel.
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Der blasse Nebel sprach zu mir und sang:
Ich gab dir Sonne, gab dir weiche Wasser,
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- Darinnen rote Sonne rot ertrank,
In ihrem Spiegelbild ertrank und blasser
Als bleiche Bräute bleiche Nebel ließ,
Die kühlen dich.
Du aber hast die Hände
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- Und hast den Willen,
Hast die bleichen Nebel:
Du hast dich selbst.
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