BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Hugo Salus

1866 - 1929

 

Zwei Gedichte,

vertont von Arnold Schönberg

 

1901

 

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Der genügsame Liebhaber

 

Meine Freundin hat eine schwarze Katze

Mit weichem, knisterndem Sammetfell,

Und ich, ich hab' eine blitzblanke Glatze,

Blitzblank und glatt und silberhell.

 

Meine Freundin gehört zu den üppigen Frauen,

Sie liegt auf dem Divan das ganze Jahr,

Beschäftigt, das Fell ihrer Katze zu krauen,

Mein Gott, ihr behagt halt das sammtweiche Haar.

 

Und komm' ich am Abend die Freundin besuchen,

So liegt die Mieze im Schoße bei ihr,

Und nascht mit ihr von dem Honigkuchen

Und schauert, wenn ich leise ihr Haar berühr.

 

Und will ich mal zärtlich tun mit dem Schatze,

Und daß sie mir auch einmal «Eitschi» macht,

Dann stülp' ich die Katze auf meine Glatze,

Dann streichelt die Freundin die Katze und lacht.

 

aus: Brettl-Lieder

Arnold Schönberg: Sämtliche Werke.

Abt. 1: Lieder. Reihe A, Bd. 2, Mainz 1988, S. 109

 

 

Einfältiges Lied

 

König ist spazieren gangen,

Bloß wie ein Mensch spazieren gangen,

Ohne Szepter und ohne Kron',

Wie ein gewöhnlicher Menschensohn.

 

Ist ein starker Wind gekommen,

Ganz gewöhnlicher Wind gekommen,

Ohne Ahnung, wer das wär',

Fällt er über den König her.

 

Hat ihm den Hut vom Kopf gerissen,

Hat ihn über's Dach geschmissen,

Hat ihn nie mehr wiedergesehn!

 

Seht ihr's!

Da habt ihr's!

Das sag' ich ja!

Treiben gleich Allotria!

Es kann kein König ohne Kron',

Wie ein gewöhnlicher Menschensohn

Unter die dummen Leute gehn!

 

aus: Brettl-Lieder

Arnold Schönberg: Sämtliche Werke.

Abt. 1: Lieder. Reihe A, Bd. 2, Mainz 1988, S. 109