Heinrich Mann
1871 - 1950
Lidice
1943
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Als Heydrich sie verließ, vor wieviel Minuten, er weiß es selbst nicht, sind Wokurka und Milo Schatzova auf der Stelle verharrt. Sie lauschen. Die Schritte draußen entfernen sich.Wokurka: Milo, meine Hochachtung! Fünfzig Galgenstricke losmachen mit einer Hand, das verlangt Technik, das will eigentlich geprobt sein von zehn bis zwei, vierzehn Tage lang.“Milo Schatzova, Senkblick und herabgezogener Mund, sie zeigt ihm die Schulter.Wokurka: Nein. Der Komödiant bin ich nicht, der nicht. Ich hab auch Herz, damit ich dir's gestehe, und wär es vielleicht müde, dann danke ich dir, du hast es aufgefrischt.“Milo Schatzova: Nichts zu danken.“Wokurka: Du liebst noch die Menschen. Was du getan hast, ist schön.“ Dennoch als Schauspieler begeistert: Wie du es gemacht hast, war gut.“Milo Schatzova: Du hast recht, es befriedigt auch beruflich. Wenn ich Ärztin geblieben wäre, fünfzig Menschen auf einmal hätt ich nicht vom sicheren Tod errettet.“Wokurka: Du hast den Mann gebändigt. Der Mann rührt mich.“Milo Schatzova: Das Scheusal?“Wokurka: Ein Scheusal ist mehr als ein Kobold, der, wie ich, die blöden Menschen mit ihrer eigenen Schlechtigkeit ergötzt. Kollege Scheusal bricht mir das Herz. Hat nie geliebt und muß nun doch dran glauben.“Milo Schatzova: Hast denn du schon geliebt?“Wokurka, energisch: So nicht. Ich muß protestieren, so, ganz bestimmt nicht. Dir fünfzig meiner Opfer als Angebinde schenken und nicht einmal mehr auf der Ehrendeutschen bestehen! Bin ich ein Trottel?“Milo Schatzova, lacht kindlich auf, sie fällt ihm um den Hals und küßt ihn ab.Wokurka erwidert mit Schmollmund und strengem Gesicht, während er auf ihren Hüften Klavier spielt. |