Heinrich Lautensack
1881 - 1919
Die Samländische Ode
1918
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Der Zweite Gesang
Denn dieses Land ist Frau!Andere Länder: andere Länder sind Flammen,vom Wind hingetrieben; wie grasende Feuer der Prairie.Und wieder andere stücken sich bloß so zusammenaus totem Blendwerk; wie die Versatzteile – allabendlich - einer Fee'rie.
Andere Länder: andere Länder haften wie winzige Muscheln Schiffswanten an.Nisten gleich Vögeln in längst erstürmtem Verhau.Aber dies Land, Samland, sieh dir nicht aus Atlanten an.Dieses Land, Samland, erblüht aus dem selben Stoff wie die Frau!
Wie dieses Land's eine Frau!
Oh! auf solch selige Weitennichts als seliges Land. Nirgends nicht Mensch noch Haus.. . . . Als kleid'st du zum ersten Mal deine Geliebte aus . . . .Nichts als blühendes Korn und auf grün ausgesparten GebreitenHerdweid' und forstender Wald.
. . . . und: ohn' auseinanderzufließen!Ohne wie andere Länder oder Provinzen gleich Wein(in den Atlanten gar häufig) scheinbar vergossen zu seinund mit versprengtem Rand sich an feindliche Ränder zu schließen.
Sondern mein Samland liegt so in sich selbst wie die Brüstedeiner Vielholden du mit den Lippen abpilgerst. Liegt:golden: der Bauch einer Frau: trag' und doch in sich geschmiegt,sich in sich rundend und ruh'nd; aufruh'nd auf drei Seiten Küste!(Liegt: wie die Alten beim Essen lagen; auf Speisebetten;linken Arm aufs Rückenkissen gestützt; so liegt es da.
Liegt: – So glitt auf dem Nilstrom geschlagen in goldene Ketten,mit Caesar im Prachtschiff die junge Kleopatra!)
Nein; dieses Land ist Frau!
Mit zehntausendjährig Vergang'nem zutiefst drin im Wesen– wie Frauen so sind –: in Ostseefluten ertrunkenem Bernsteinfichtenwald,aus dem heute noch Bernstein Bernstein als goldenes Echo hallt,Samlandgold, mit den Händen am Strand aufzulesen. |