Else Lasker-Schüler
1869 - 1945
Die Nächte Tino von Bagdads
1907
|
|
____________________________________________________________
|
|
Plumm Pascha
ALS Plumm Pascha nach Bagdad kam, sah er meinen Sohn Pull im Vorhof des Palastes auf einem weissen Elefanten reiten und hinter ihm seine Gespielen, immer längs der Mauer-Mosaik, immer rund über die grünen und blauen Steine des Vorhofs. Aber als Pull den Fürsten erblickte, sprangen seinem Winke gehorchend, die kleinen Beduinen von den Rücken ihrer Riesen und warfen sich dem hohen Gast zu Füssen. Plumm Pascha ist der liebenswürdigste Fürst Egyptens, ihm gefiel das stolze Spiel meines Sohnes, näherte sich ihm mit allerlei Zeremonien, wie vor dem Khediven selbst. Mein Sohn legte ihm huldvoll seine Kette aus jungen Krokodilzähnen um den Hals, liess sich von dem lächelnden Fürsten aus dem Sattel heben, der ihm auf beide Wangen küsste. Seine Glieder sind aus Elfenbein. Ich möchte ihn bei mir haben in der Blumenzeit in meinem Palaste an den Katarakten.“ – Nach einiger Zeit erhalten wir eine Einladung Plumm Paschas. Ich lasse Pull ein Feierkleid anfertigen aus gelber Indien-Seide mit perlengestickter Borde und auf seinen braunen Haaren trägt er einen dunkelblauen Fez mit langer Silberquaste. Seine Glieder sind aus Elfenbein“ hat Plumm Pascha gesagt und Pull quält mich, weil sie nicht aus Zucker sind. Aber kleine Segelschiffe mit lauter Süssigkeiten beladen, sendet der liebenswürdige Fürst uns zum Willkomm entgegen und er steht selbst vor dem Tore seines Gartens, meinen Sohn zu empfangen. Durch die weiten Räume des Palastes trägt er ihn auf seiner Schulter und wiehert, wie einer der Hengste der Ställe. Er lässt sich von ihm die flatternden Haare zerzausen, unternimmt allein mit ihm Fahrten auf dem Nil und füttert zu seiner Belustigung die grossen Khedivenfische mit bunten Bonbons. Aber die jungen Prinzen im Harem fürchten sich vor Pulls Tyrannei; er schlägt sie, wenn sie nicht seines Willens sind und die lieblichen Prinzessinnen weinen. Hinter Nischen hat er wieder alle ihre Puppen versteckt. Plumm Pascha wehrt ihm nicht und die Haremsdamen betrachten meinen Sohn mit missbilligen Blicken. Und seit gestern trägt er an seiner Brust den goldenen Elefanten-Orden mit dem Rubinenauge und das bedeutet, dass ihm Alle die Ehren eines Paschas entgegentragen müssen. Und verlobt hat ihn der liebenswürdige Fürst mit seinen Zwillingsprinzessintöchtern, die sind ein und ein halbes Jahr alt und haben noch keine Haare. Aber sie wollen immer mit Pulls langer Silberquaste spielen. – In Bagdad hängen schon zu unserer Ankunft buntbemalte und befranste Teppiche von den Dächern und die Stadt ist mit Guirlanden geschmückt. Und Plumm Pascha wird täglich schwermütiger und ich werde mich wohl entschliessen müssen, in seinem Palast an den Katarakten zu bleiben und seine neunundsiebzigste Frau zu werden .... |