Ludwig Uhland
1787 - 1862
Gedichte
Auswahl
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Vorwort――――――――――
Lieder sind wir, unser VaterSchickt uns in die offne Welt,Auf dem kritischen TheaterHat er uns zur Schau gestellt. | |
5 | Nennt es denn kein frech Erkühnen,Leiht uns ein geneigtes Ohr,Wenn wir gern vor euch VersammeltenEin empfehlend Vorwort stammelten!Sprach doch auf den griech'schen Bühnen |
10 | Einst sogar der Frösche Chor.
Anfangs sind wir fast zu kläglich,Strömen endlos Tränen aus,Leben dünkt uns zu alltäglich,Sterben muß uns Mann und Maus. |
15 | Doch man will von Jugend sagen,Die von Leben überschwillt;Auch die Rebe weint, die blühende,Draus der Wein, der purpurglühende,In des reifen Herbstes Tagen, |
20 | Kraft und Freude gebend, quillt.
Und, beiseite mit dem Prahlen!Andre stehn genug zur Schau,Denen heiße MittagsstrahlenAbgeleckt den Wehmutstau. |
25 | Wie bei alten RitterfestenMit dem Tode zog Hanswurst,Also folgen scherzhaft spitzigeUnd, will's Gott, erträglich witzige.Echtes Leid spaßt oft zum besten, |
30 | Kennt nicht eiteln Tränendurst.
Lieder sind wir nur, Romanzen,Alles nur von leichtem Schlag,Wie man's singen oder tanzen,Pfeifen oder klimpern mag. |
35 | Doch vielleicht, wer stillem DeutenNachzugehen sich bemüht,Ahnt in einzelen GestaltungenGrößeren Gedichts EntfaltungenUnd als Einheit im Zerstreuten |
40 | Unsres Dichters ganz Gemüt.
Bleibt euch dennoch manches kleinlich,Nehmt's für Zeichen jener Zeit,Die so drückend und so peinlichAlles Leben eingeschneit! |
45 | Fehlt das äußre freie Wesen,Leicht erkrankt auch das Gedicht;Aber nun die hingemoderteFreiheit Deutschlands frisch aufloderte,Wird zugleich das Lied genesen, |
50 | Kräftig steigen an das Licht.
Seien denn auch wir VerkünderEiner jüngern Brüderschar,Deren Bau und Wuchs gesünder,Höher sei, als unsrer war! |
55 | Dies ist, was wir nicht geloben,Nein! vom Himmel nur erflehn.Und ihr selbst ja seid Vernünftige,Die im Jetzt erschaun das Künftige,Die an junger Saat erproben, |
60 | Wie die Frucht einst wird bestehn. |