Karl Simrock
1802 - 1876
Das Nibelungenlied
Zwanzigstes Abenteuer
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Wie König Etzel um Kriemhilden sandte.
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1188 | Das war in jenen Zeiten, | als Frau Helke starbUnd der König Etzel | um andre Frauen warb,Da riethen seine Freunde | in BurgundenlandZu einer stolzen Witwe, | die war Frau Kriemhild genannt. |
1189 | Seit ihm die schöne Helke | erstarb, die Königin,Sie sprachen: «Sinnt ihr wieder | auf edler Frau Gewinn,Der höchsten und der besten, | die je ein Fürst gewann,So nehmet Kriemhilden; | der starke Siegfried war ihr Mann.» |
1190 | Da sprach der reiche König: | «Wie gienge das wohl an?Ich bin ein Heide, | ein ungetaufter Mann,Sie jedoch ist Christin | sie thut es nimmermehr.Ein Wunder müst es heißen, | käm sie jemals hieher.» |
1191 | Die Schnellen sprachen wieder: | «Vielleicht, daß sie es thutUm euern hohen Namen | und euer großes Gut.Man soll es doch versuchen | bei dem edeln Weib:Euch ziemte wohl zu minnen | ihren wonniglichen Leib.» |
1192 | Da sprach der edle König: | «Wem ist nun bekanntUnter euch am Rheine | das Volk und auch das Land?»Da sprach von Bechlaren | der gute Rüdiger:«Kund von Kindesbeinen | sind mir die edeln Könige hehr, |
1193 | «Gunther und Gernot, | die edeln Ritter gut;Der dritte heißt Geiselher: | ein Jeglicher thut,Was er nach Zucht und Ehren | am besten mag begehn:Auch ist von ihren Ahnen | noch stäts dasselbe geschehn.» |
1194 | Da sprach wieder Etzel: | «Freund, nun sage mir,Ob ihr wohl die Krone | ziemt zu tragen hier;Und hat sie solche Schöne, | wie man sie zeiht,Meinen besten Freunden | sollt es nimmer werden leid.» |
1195 | «Sie vergleicht sich an Schöne | wohl der Frauen mein,Helke der reichen: | nicht schöner könnte seinAuf der weiten Erde | eine Königin:Wen sie erwählt zum Freunde, | der mag wohl trösten den Sinn.» |
1196 | Er sprach: «So wirb sie, Rüdiger, | so lieb als ich dir sei.Und darf ich Kriemhilden | jemals liegen bei,Das will ich dir lohnen, | so gut ich immer kann;Auch hast du meinen Willen | mit großer Treue gethan. |
1197 | «Von meinem Kammergute | laß ich so viel dir geben,Daß du mit den Gefährten | in Freude mögest leben;Von Rossen und von Kleidern, | was ihr nur begehrt,Des wird zu der Botschaft | euch die Genüge gewährt.» |
1198 | Zur Antwort gab der Markgraf, | der reiche Rüdiger:«Begehrt' ich deines Gutes, | das ziemte mir nicht sehr.Ich will dein Bote gerne | werden an den RheinMit meinem eignen Gute; | ich hab es aus den Händen dein.» |
1199 | Da sprach der reiche König: | «Wann denkt ihr zu fahren |Nach der Minniglichen? | So soll euch Gott bewahrenDabei an allen Ehren | und auch die Fraue mein;Und möge Glück mir helfen, | daß sie uns gnädig möge sein.» |
1200 | Da sprach wieder Rüdiger: | «Eh wir räumen dieses Land, |Müßen wir uns rüsten | mit Waffen und Gewand,Daß wir vor den Königen | mit Ehren dürfen stehn:Ich will zum Rheine führen | fünfhundert Degen ausersehn. |
1201 | «Wenn man bei den Burgunden | mich und die Meinen seh,Daß dann einstimmig | das Volk im Land gesteh,Es habe nie ein König | noch so manchen MannSo fern daher gesendet, | als du zum Rheine gethan. |
1202 | «Und wiß, edler König, | stehst du darob nicht an,Sie war dem besten Manne, | Siegfrieden unterthan,Siegmundens Sohne; | du hast ihn hier gesehn:Man mocht ihm große Ehre | wohl in Wahrheit zugestehn.» |
1203 | Da sprach der König Etzel: | «War sie dem Herrn vermählt,Sie war so hohes Namens | der edle Fürst erwählt,Daß ich nicht verschmähen | darf die Königin.Ob ihrer großen Schönheit | gefällt sie wohl meinem Sinn.» |
1204 | Da sprach der Markgraf wieder: | «Wohlan, ich will euch sagen,Wir heben uns von hinnen | in vierundzwanzig Tagen.Ich entbiet es Gotelinden, | der lieben Fraue mein,Daß ich zu Kriemhilden | selber wolle Bote sein.» |
1205 | Hin gen Bechelaren | sandte RüdigerBoten seinem Weibe, | der Markgräfin hehr,Er werbe für den König | um eine Königin:Der guten Helke dachte | sie da mit freundlichem Sinn. |
1206 | Als die Botenkunde | die Markgräfin gewann,Leid war es ihr zum Theile, | zu sorgen hub sie an,Ob sie wohl eine Herrin | gewänne so wie eh.Gedachte sie an Helke, | das that ihr inniglich weh. |
1207 | Nach sieben Tagen Rüdiger | ritt aus Heunenland,Worüber frohgemuthet | man König Etzeln fand.Man fertigte die Kleider | in der Stadt zu Wien;Da wollt er mit der Reise | auch nicht länger mehr verziehn. |
1208 | Zu Bechlaren harrte | sein Frau GotelindUnd die junge Markgräfin, | Rüdigers Kind,Sah ihren Vater gerne | und Die ihm unterthan;Da ward ein liebes Harren | von schönen Frauen gethan. |
1209 | Eh der edle Rüdiger | aus der Stadt zu WienRitt nach Bechlaren, | da waren hier für ihnKleider und Gewaffen | auf Säumern angekommen.Sie fuhren solcherweise, | daß ihnen wenig ward genommen. |
1210 | Als sie zu Bechlaren | kamen in die Stadt,Für seine Heergesellen | um Herbergen batDer Wirth mit holden Worten: | die gab man ihnen da.Gotelind die reiche | den Wirth gar gerne kommen sah. |
1211 | Auch seine liebe Tochter, | die Marfgräfin jung,Ob ihres Vaters Kommen | war sie froh genung,Aus Heunenland die Helden, | wie gern sie die sah!Mit lachendem Muthe | sprach die edle Jungfrau da: |
1212 | «Willkommen sei mein Vater | und Die ihm unterthan.»Da ward ein schönes Danken | von manchem werthen MannFreundlich geboten | der jungen Markgräfin.Wohl kannte Frau Gotlind | des edeln Rüdiger Sinn. |
1213 | Als sie des Nachts nun | bei Rüdigern lag,Mit holden Worten fragte | die Markgräfin nach,Wohin ihn denn gesendet | der Fürst von Heunenland?«Meine Frau Gotlind,» sprach er, | «ich mach es gern euch bekannt. |
1214 | «Meinem Herren werben | soll ich ein ander Weib,Da ihm ist erstorben | der schönen Helke Leib.Nun will ich nach Kriemhilden | reiten an den Rhein:Die soll hier bei den Heunen | gewaltge Königin sein.» |
1215 | «Das wollte Gott!» sprach Gotlind, | «möcht uns dies Heil geschehn,Da wir so hohe Ehren | ihr hören zugestehn.Sie ersetzt uns Helken | vielleicht in alten Tagen;Wir mögen bei den Heunen | sie gerne sehen Krone tragen.» |
1216 | Da sprach Markgraf Rüdiger: | «Liebe Fraue mein,Die mit mir reiten sollen | von hinnen an den Rhein,Denen sollt ihr freundlich | bieten euer Gut:Wenn Helden reichlich leben, | so tragen sie hohen Muth.» |
1217 | Sie sprach: «Da ist nicht Einer, | wenn er es gerne nähm,Ich wollt ihm willig bieten, | was Jeglichem genehm,Eh ihr von hinnen scheidet | und Die euch unterthan.»Da sprach der Markgraf wieder: | «Ihr thut mir Liebe daran.» |
1218 | Hei! was man reicher Zeuge | von ihrer Kammer trug!Da ward den edeln Recken | Gewand zu Theil genugMit allem Fleiß gefüttert | vom Hals bis auf die Sporen;Die ihm davon gefielen, | hatte Rüdger sich erkoren. |
1219 | Am siebenten Morgen | von Bechlaren rittDer Wirth mit seinen Degen. | Sie führten Waffen mitUnd Kleider auch die Fülle | durch der Baiern Land.Sie wurden auf der Straße | von Räubern selten angerannt. |
1220 | Binnen zwölf Tagen | kamen sie an den Rhein.Da konnte diese Märe | nicht lang verborgen sein:Dem König und den Seinen | ward es kund gethan,Es kämen fremde Gäste. | Der Wirth zu fragen begann, |
1221 | Ob sie Jemand kennte? | das sollte man ihm sagen.Man sah die Saumrosse | schwere Lasten tragen:Wie reich die Helden waren, | ward daran erkannt.Herberge schuf man ihnen | in der weiten Stadt zuhand. |
1222 | Als die Gäste waren | in die Stadt gekommen,Ihres Aufzugs hatte man | mit Neugier wahrgenommen.Sie wunderte, von wannen | sie kämen an den Rhein.Der Wirth fragte Hagen, | wer die Herren möchten sein? |
1223 | Da sprach der Held von Tronje: | «Ich sah sie noch nicht;Wenn ich sie erschaue, | mag ich euch BerichtWohl geben, von wannen | sie ritten in dies Land.Sie wären denn gar fremde, | so sind sie gleich mir bekannt.» |
1224 | Herbergen hatten | die Gäste nun empfahn.Der Bote hatte reiche | Gewänder angethanMit seinen Heergesellen, | als sie zu Hofe ritten.Sie trugen gute Kleider, | die waren zierlich geschnitten. |
1225 | Da sprach der schnelle Hagen: | «So viel ich mag verstehn,Da ich seit langen Tagen | den Herrn nicht hab ersehn,So sind sie so zu schauen, | als wär es RüdigerAus der Heunen Lande, | dieser Degen kühn und hehr.» |
1226 | «Wie sollt ich das glauben,» | der König sprachs zuhand,«Daß der von Bechelaren | kam in dieses Land?»Kaum hatte König Gunther | das Wort gesprochen gar,So nahm der kühne Hagen | den guten Rüdiger wahr. |
1227 | Er und seine Freunde | liefen ihm entgegen:Da sprangen von den Rossen | fünfhundert schnelle Degen.Wohl empfangen wurden | die von Heunenland;Niemals trugen Boten | wohl so herrlich Gewand. |
1228 | Da rief von Tronje Hagen | mit lauter Stimme Schall:«Nun sei'n uns hochwillkommen | diese Degen all,Der Vogt von Bechelaren | mit seiner ganzen Schar.»Man empfieng mit Ehren | die schnellen Heunen fürwahr. |
1229 | Des Königs nächste Freunde | drängten sich heran:Da hub von Metzen Ortewein | zu Rüdigern an:«Wir haben lange Tage | hier nicht mehr gesehnAlso liebe Gäste, | das muß ich wahrlich gestehn!» |
1230 | Sie dankten des Empfanges | den Recken allzumal.Mit dem Heergesinde | giengen sie zum Saal,Wo sie den König fanden | bei manchem kühnen Mann.Der stand empor vom Sitze: | das ward aus höfscher Zucht gethan. |
1231 | Wie freundlich dem Boten | er entgegengiengUnd allen seinen Degen! | Gernot auch empfiengDen Gast mit hohen Ehren | und Die ihm unterthan.Den guten Rüdger führte | der König an der Hand heran. |
1232 | Er bracht' ihn zu dem Sitze, | darauf er selber saß.Den Gästen ließ er schenken | (gerne that man das)Von dem guten Methe | und von dem besten Wein,Den man mochte finden | in den Landen um den Rhein. |
1233 | Geiselher und Gere | waren auch gekommen,Dankwart und Volker, | die hatten bald vernommenVon den werthen Gästen. | Sie waren wohlgemuth:Sie empfiengen vor dem König | die Ritter edel und gut. |
1234 | Da sprach von Tronje Hagen | zu Gunthern seinem Herrn:«Mit Dienst vergelten sollten | stäts eure Degen gern,Was uns der Markgraf | zu Liebe hat gethan;Des sollte Lohn empfangen | der schönen Gotlinde Mann.» |
1235 | Da sprach der König Gunther: | «Ich laße nicht das Fragen:Wie beide sich gehaben, | das sollt ihr mir sagen,Etzel und Frau Helke | in der Heunen Land?»Der Markgraf gab zur Antwort: | «Ich mach es gern euch bekannt.» |
1236 | Da erhob er sich vom Sitze | und Die ihm unterthanUnd sprach zu dem König: | «Laßt mich Erlaub empfahn,Daß ich die Märe sage, | um die mich hat gesandtEtzel der König | hieher in der Burgunden Land.» |
1237 | Er sprach: «Was man uns immer | durch euch entboten hat,Erlaub ich euch zu sagen | ohne der Freunde Rath.Die Märe laßt vernehmen | mich und die Degen mein:Euch soll nach allen Ehren | zu werben hier gestattet sein.» |
1238 | Da sprach der biedre Bote: | «Euch entbietet an den RheinSeine treuen Dienste | der große König mein,Dazu den Freunden allen, | die euch zugethan;Auch wird euch diese Botschaft | mit großer Treue gethan. |
1239 | «Euch läßt der edle König | klagen seine Noth:Sein Volk ist ohne Freude, | meine Frau die ist todt,Helke die reiche, | meines Herrn Gemahl:An der sind schöne Jungfraun | nun verwaist in großer Zahl, |
1240 | «Edler Fürsten Kinder, | die sie erzogen hat;Darum hat im Lande | nun große Trauer Statt:Sie haben leider Niemand mehr, | der sie so treulich pflegt,Drum wähn ich auch, daß selten | des Königs Sorge sich legt.» |
1241 | «Nun lohn ihm Gott,» sprach Gunther, | «daß er die Dienste sein |So williglich entbietet | mir und den Freunden mein.Ich hörte gern die Grüße, | die ihr mir kund gethan;Auch wollen sie verdienen | Die mir treu und unterthan.» |
1242 | Da sprach von Burgunden | der edle Gernot:«Die Welt mag wohl beklagen | der schönen Helke TodUm manche höfsche Tugend, | der sie gewohnt zu pflegen.»Das bestätigte Hagen | und mancher andre Degen. |
1243 | Da sprach wieder Rüdiger, | der edle Bote hehr:«Erlaubt ihr mir, Herr König, | so sag ich euch noch mehr,Was mein lieber Herre | euch hieher entbot:Er lebt in großem Kummer | seit der Königin Helke Tod. |
1244 | «Man sagte meinem Herren, | Kriemhild sei ohne Mann,Da Siegfried gestorben: | und sprach man wahr daran,Und wollt ihr ihrs vergönnen, | so soll sie Krone tragenVor König Etzels Recken: | das gebot mein Herr ihr zu sagen.» |
1245 | Da sprach König Gunther | mit wohlgezognem Muth:«Sie hört meinen Willen, | wenn sie es gerne thut.Das will ich euch berichten | von heut in dreien Tagen:Wenn sie es nicht weigert, | wie sollt ichs Etzel versagen?» |
1246 | Man ließ Gemach bescheiden | den Gästen allzuhand.Sie fanden solche Pflege, | daß Rüdiger gestand,Er habe gute Freunde | in König Gunthers Lehn.Gerne dient' ihm Hagen: | ihm war einst Gleiches geschehn. |
1247 | So verweilte Rüdiger | bis an den dritten Tag.Der Fürst berief die Räthe, | wie er weislich pflag,Und fragte seine Freunde, | ob sie es gut gethanDäuchte, daß Kriemhild | Herrn Etzeln nähme zum Mann. |
1248 | Da riethen sie es alle; | nur Hagen stands nicht an.Er sprach zu König Gunther, | diesem kühnen Mann:«Habt ihr kluge Sinne, | so seid wohl auf der Hut,Wenn sie auch folgen wollte, | daß ihr doch nimmer es thut.» |
1249 | «Warum,» sprach da Gunther, | «ließ' ich es nicht ergehn?Was künftig noch der Königin | Liebes mag geschehn,Will ich ihr gerne gönnen: | sie ist die Schwester mein.Wir müsten selbst drum werben, | sollt es ihr zur Ehre sein.» |
1250 | Da sprach aber Hagen: | «Das sprecht ihr unbedacht.Wenn ihr Etzeln kenntet | wie ich und seine Macht,Und ließt ihr sie ihn minnen, | wie ich euch höre sagen,Das müstet ihr vor Allen | mit großem Rechte beklagen.» |
1251 | «Warum?» sprach da Gunther, | «leicht vermeid ich das,Ihm je so nah zu kommen, | daß ich durch seinen HaßLeid zu befahren hätte, | würd er auch ihr Mann.»Da sprach wieder Hagen: | «Mich dünkt es nimmer wohlgethan.» |
1252 | Da lud man Gernoten | und Geiselhern heran,Ob die Herren beide | däuchte wohlgethan,Wenn Frau Kriemhild nähme | den mächtgen König hehr.Noch widerrieth es Hagen | und auch anders Niemand mehr. |
1253 | Da sprach von Burgunden | Geiselher der Degen:«Nun mögt ihr, Freund Hagen, | noch der Treue pflegen:Entschädigt sie des Leides, | das ihr ihr habt gethan.Was ihr noch mag gelingen, | das säht ihr billig neidlos an.» |
1254 | «Wohl habt ihr meiner Schwester | gefügt so großes Leid,»Sprach da wieder Geiselher, | der Degen allbereit,«Ihr hättets wohl verschuldet, | wäre sie euch gram:Noch Niemand einer Frauen | so viel der Freuden benahm.» |
1255 | «Daß ich das wohl erkenne, | das sei euch frei bekannt. |Und soll sie Etzeln nehmen | und kommt sie in sein Land,Wie sie es fügen möge, | viel Leid thut sie uns an.Wohl kommt in ihre Dienste | da mancher waidliche Mann.» |
1256 | Dawider sprach zu Hagen | der kühne Gernot:«Es mag dabei verbleiben | bis an Beider Tod,Daß wir niemals kommen | in König Etzels Land.Laßt uns ihr Treue leisten: | zu Ehren wird uns das gewandt.» |
1257 | Da sprach Hagen wieder: | «Das laß ich mir Niemand sagen;Und soll die edle Kriemhild | Helkens Krone tragen,Viel Leid wird sie uns schaffen, | wo sie's nur fügen kann:Ihr sollt es bleiben laßen, | das ständ euch Recken beßer an.» |
1258 | Im Zorn sprach da Geiselher, | der schönen Ute Kind:«Wir wollen doch nicht alle | meineidig sein gesinnt.Was ihr geschieht zu Ehren, | laßt uns froh drum sein.Was ihr auch redet, Hagen, | ich dien ihr nach der Treue mein.» |
1259 | Als das Hagen hörte, | da trübte sich sein Muth.Geiselher und Gernot, | die stolzen Ritter gut,Und Gunther der reiche | vereinten endlich sich,Wenn es Kriemhild wünsche, | sie wolltens dulden williglich. |
1260 | Da sprach Markgraf Gere: | «So geh ich ihr zu sagen,Daß sie den König Etzel | sich laße wohlhagen.Dem ist so mancher Recke | mit Furchten unterthan,Er mag ihr wohl vergüten, | was sie je Leides gewann.» |
1261 | Hin gieng der schnelle Degen, | wo er Kriemhilden sah.Sie empfieng ihn gütlich; | wie balde sprach er da:«Ihr mögt mich gern begrüßen | und geben Botenbrot,Es will das Glück euch scheiden | nun von all eurer Noth. |
1262 | «Es hat um eure Minne, | Frau, hiehergesandtDer Allerbesten einer, | der je ein KönigslandGewann mit vollen Ehren | und Krone durfte tragen:Es werben edle Ritter: | das läßt euch euer Bruder sagen.» |
1263 | Da sprach die Jammerreiche: | «Verbiete doch euch GottUnd allen meinen Freunden, | daß sie keinen SpottMit mir Armen treiben: | was sollt ich einem Mann,Der je Herzensliebe | von gutem Weibe gewann?» |
1264 | Sie widersprach es heftig. | Da traten zu ihr herGernot ihr Bruder | und der junge Geiselher.Sie baten sie in Minne | zu trösten ihren Mut.Und nehme sie den König, | es gerath ihr wahrlich gut. |
1265 | Bereden mochte Niemand | doch die KöniginNoch einen Mann zu minnen | auf Erden fürderhin.Da baten sie die Degen: | «So laßt es doch geschehn,Wenn ihr denn nicht anders wollt, | daß euch der Bote möge sehn.» |
1266 | «Das will ich nicht versagen,» | sprach die Fraue hehr. |Ich empfange gerne | den guten RüdigerOb seiner höfschen Sitte: | wär er nicht hergesandt,Jedem andern Boten, | dem blieb' ich immer unbekannt.» |
1267 | Sie sprach: «So schickt den Degen | morgen früh heranZu meiner Kemenate. | Ich bescheid ihn dann:Wes ich mich berathen, | will ich ihm selber sagen.»So war ihr jetzt erneuert | das große Weinen und Klagen. |
1268 | Da wünschte sich auch anders nichts | der edle Rüdiger, |Als daß er schauen dürfte | die Königin hehr.Er wuste sich so weise: | könnt es irgend sein,So müst er sie bereden, | diesen Recken zu frein. |
1269 | Früh des andern Morgens | nach dem MessgesangKamen die edeln Boten; | da hub sich großer Drang.Die mit Rüdigeren | zu Hofe sollten gehn,Die sah man wohlgekleidet, | manchen Degen ausersehn. |
1270 | Kriemhilde die arme, | in traurigem MuthHarrte sie auf Rüdiger, | den edeln Boten gut.Er fand sie in dem Kleide, | das sie für täglich trug:Dabei hatt ihr Gesinde | reicher Kleider genug. |
1271 | Sie gieng ihm entgegen | zu der Thüre hinUnd empfieng Etzels Recken | mit gütlichem Sinn.Nur selbzwölfter trat er | herein zu der Fraun;Man bot ihm große Ehre; | wer möcht auch beßre Boten schaun? |
1272 | Man hieß den Herren sitzen | und Die in seinem Lehn.Die beiden Markgrafen | sah man vor ihr stehn,Eckewart und Gere, | die edeln Ritter gut.Um der Hausfrau willen | sahn sie Niemand wohlgemuth. |
1273 | Sie sahen vor ihr sitzen | manche schöne Maid.Da hatte Frau Kriemhild | Jammer nur und Leid.Ihr Kleid war vor den Brüsten | von heißen Thränen naß.Das sah der edle Markgraf, | der nicht länger vor ihr saß. |
1274 | Er sprach in großen Züchten: | «Viel edles Königskind,Mir und den Gefährten, | die mit mir kommen sind,Sollt ihr, Frau, erlauben, | daß wir vor euch stehnUnd euch melden, weshalb | unsre Reise sei geschehn.» |
1275 | «Ich will euch gern erlauben,» | sprach die Königin,«Was ihr wollt, zu reden; | also steht mein Sinn,daß ich es gerne höre: | ihr seid ein Bote gut.»Da merkten wohl die Andern | ihren abgeneigten Muth. |
1276 | Da sprach von Bechelaren | der Markgraf Rüdiger:«Euch läßt entbieten, Herrin, | Etzel der König hehrGroße Lieb und Treue | hierher in dieses Land;Er hat um eure Minne | viel gute Recken gesandt. |
1277 | «Er entbeut euch freundlich | Liebe sonder Leid;Er sei stäter Freundschaft | nun euch hinfort bereitWie Helken einst, der Königin, | die ihm am Herzen lag:Ihr sollt die Krone tragen, | deren sie vor Zeiten pflag.» |
1278 | Da sprach zu ihm die Königin: | «Markgraf Rüdiger,Wenn meines Herzeleides | Jemand kundig war,Der würde mir nicht rathen | zu einem zweiten Mann:Ich verlor der Besten Einen, | die je ein Weib noch gewann.» |
1279 | «Was tröstet mehr im Leide», | sprach der kühne Mann,«Als freundliche Liebe? | Wer die gewähren kannUnd hat sich den erkoren, | der ihm zu Herzen kommt,Der erfährt wohl, daß im Leide | nichts so sehr als Liebe frommt. |
1280 | «Und geruht ihr zu minnen | den edeln Herren mein,Zwölf reicher Kronen | sollt ihr gewaltig sein.Dazu von dreißig Fürsten | giebt euch mein Herr das Land,Die alle hat bezwungen | seine vielgewaltge Hand. |
1281 | «Ihr sollt auch Herrin werden | über manchen werthen Mann,Die meiner Frauen Helke | waren unterthan,Und viel der schönen Maide, | einst ihrem Dienst gesellt,Von hoher Fürsten Stamme,» | sprach der hochbeherzte Held. |
1282 | «Dazu giebt euch der König, | gebot er euch zu sagen,Wenn ihr geruht die Krone | bei meinem Herrn zu tragen,Gewalt die allerhöchste, | die Helke je gewann:Alle Mannen Etzels | werden euch da unterthan.» |
1283 | «Wie möchte jemals wieder,» | sprach die Königin,«Eines Helden Weib zu werden | gelüsten meinem Sinn?Mir hat der Tod an Einem | so bittres Leid gethan,Daß ichs bis an mein Ende | nimmermehr verschmerzen kann.» |
1284 | Die Heunen sprachen wieder: | Viel reiche Königin,Das Leben geht bei Etzeln | so herrlich euch dahin,Daß ihr in Wonnen schwebet, | weigert ihr es nicht;Mancher ziere Degen | steht in des reichen Königs Pflicht. |
1285 | «Helkens Jungfrauen | und eure Mägdelein,Sollten die beisammen | je Ein Gesinde sein,Dabei möchten Recken | wohl werden wohlgemuth.Laßt es euch rathen, Fraue, | es bekommt euch wahrlich gut.» |
1286 | Sie sprach mit edler Sitte: | «Nun laßt die Rede seinBis morgen in der Frühe, | dann tretet zu mir ein,Daß ich auf die Werbung | euch gebe den Bescheid.»Da musten Folge leisten | die kühnen Degen allbereit. |
1287 | Als zu den Herbergen | sie kamen allzumal,Nach Geiselhern zu senden | die edle Frau befahlUnd nach ihrer Mutter: | den Beiden sagte sie,Ihr gezieme nur zu weinen | und alles Andere nie. |
1288 | Da sprach ihr Bruder Geiselher: | «Mir ahnt, Schwester mein,Und gerne mag ichs glauben, | dein Leid und deine PeinWird König Etzel wenden; | und nimmst du ihn zum Mann,Was Jemand anders rathe, | so dünkt es mich wohlgethan.» |
1289 | «Er mag dirs wohl ersetzen,» | sprach wieder Geiselher. |«Vom Rotten bis zum Rheine, | von der Elbe bis ans MeerWeiß man keinen König | gewaltiger als ihn.Du magst dich höchlich freuen, | heischt er dich zur Königin.» |
1290 | Sie sprach: «Lieber Bruder, | wie räthst du mir dazu?Weinen und Klagen | das käm mir eher zu.Wie sollt ich vor den Recken | da zu Hofe gehn?Hatt ich jemals Schönheit, | um die ists lange geschehn.» |
1291 | Da redete Frau Ute | der lieben Tochter zu:«Was deine Brüder rathen, | liebes Kind, das thu.Folge deinen Freunden, | so mag dirs wohlergehn.Hab ich dich doch so lange | in großem Jammer gesehn.» |
1292 | Da bat sie, daß vom Himmel | ihr würde Rath gesandt:Denn hätte sie zu geben | Gold, Silber und GewandWie einst, da er noch lebte, | ihr Mann der Degen hehr,Sie erlebe doch nicht wieder | so frohe Stunden nachher. |
1293 | Sie dacht in ihrem Sinne: | «Und sollt ich meinen LeibEinem Heiden geben? | Ich bin ein Christenweib;Des müst ich billig Schelte | von aller Welt empfahn;Gäb er mir alle Reiche, | es bliebe doch ungethan.» |
1294 | Da ließ sie es bewenden. | Die Nacht bis an den TagDie Frau in ihrem Bette | voll Gedanken lag.Ihre lichten Augen | trockneten ihr nicht,Bis sie hin zur Mette | wieder gieng beim Morgenlicht. |
1295 | Nun waren auch die Könige | zur Messezeit gekommen.Sie hatten ihre Schwester | an die Hand genommenUnd riethen ihr zu minnen | den von Heunenland.Niemand doch die Fraue | ein wenig fröhlicher fand. |
1296 | Da ließ man zu ihr bringen, | die Etzel hingesandt,Die nun mit Urlaub wollten | räumen Gunthers Land,Wie es gerathen möge, | mit Nein oder Ja!Da kam zu Hofe Rüdiger: | die Gefährten mahnten ihn da, |
1297 | Recht zu erforschen | des edeln Fürsten MuthUnd zeitig das zu leisten; | das dauchte Jeden gut;Ihre Wege wären ferne | wieder in ihr Land.Man brachte Rüdigeren | hin, wo er Kriemhilden fand. |
1298 | Da bat alsbald der Recke | die edle KöniginMit minniglichen Worten, | zu künden ihren Sinn,Was sie entbieten wolle | in König Etzels Land.Der Held mit seinem Werben | bei ihr nur Weigerung fand. |
1299 | «Sie wolle nimmer wieder | minnen einen Mann.»Dawider sprach der Markgraf: | «Das wär nicht recht gethan:Was wolltet ihr verderben | so minniglichen Leib?Ihr werdet noch mit Ehren | eines werthen Recken Weib.» |
1300 | Nichts half es, was sie baten, | bis daß RüdigerInsgeheim gesprochen | mit der Königin hehr,Er hoff ihr zu vergüten | all ihr Ungemach.Da ließ zuletzt ein wenig | ihre hohe Trauer nach. |
1301 | Er sprach zu der Königin: | «Laßt euer Weinen sein;Hättet ihr bei den Heunen | Niemand als mich allein,Meine getreuen Freunde | und Die mir unterthan,Er sollt es schwer entgelten, | hätt euch Jemand Leid gethan.» |
1302 | Davon ward erleichtert | der Frauen wohl der Muth.Sie sprach: «So schwört mir, Rüdiger, | was mir Jemand thut,Ihr wollt der Erste werden, | der rächen will mein Leid.»Da sprach zu ihr der Markgraf: | «Dazu bin ich, Frau, bereit.» |
1303 | Mit allen seinen Mannen | schwur ihr da Rüdiger,Ihr immer treu zu dienen, | und daß die Recken hehrIhr nichts versagen wollten | in König Etzels Land,Was ihre Ehre heische: | das gelobt' ihr Rüdigers Hand. |
1304 | Da gedachte die Getreue: | «Wenn ich gewinnen kannSo viel stäter Freunde, | so seh ichs wenig an,Was auch die Leute reden, | in meines Jammers Noth.Vielleicht wird noch gerochen | meines lieben Mannes Tod.» |
1305 | Sie gedachte: «Da Herr Etzel | der Recken hat so viel,Denen ich gebiete, | so thu ich, was ich will.Er hat auch solche Schätze, | daß ich verschenken kann;Mich hat der leide Hagen | meines Gutes ohne gethan.» |
1306 | Sie sprach zu Rüdigeren: | «Hätt ich nicht vernommen,Daß er ein Heide wäre, | so wollt ich gerne kommen,Wohin er geböte, | und nähm ihn zum Mann.»Da sprach der Markgraf wieder: | «Steht darauf, Herrin, nicht an. |
1307 | «Er ist nicht gar ein Heide, | des dürft ihr sicher sein:Er ist getauft gewesen, | der liebe Herre mein,Wenn er auch zu den Heiden | wieder übertrat:Wollt ihr ihn, Herrin, minnen, | so wird darüber noch Rath. |
1308 | «Ihm dienen so viel Recken | in der Christenheit,Daß euch bei dem König | nie widerfährt ein Leid.Ihr mögt auch leicht erlangen, | daß der König gutZu Gott wieder wendet | so die Seele wie den Muth.» |
1309 | Da sprachen ihre Brüder: | «Verheißt es, Schwester mein,Und all euern Kummer | laßt in Zukunft sein.»Des baten sie so lange, | bis sie mit Trauer dreinVor den Helden willigte, | den König Etzel zu frein. |
1310 | Sie sprach: «Ich muß euch folgen, | ich arme Königin!Ich fahre zu den Heunen, | wann es geschehe, hin,Wenn ich Freunde finde, | die mich führen in sein Land.»Darauf bot vor den Helden | die schöne Kriemhild die Hand. |
1311 | Der Markgraf sprach: «Zwei Recken | stehn in eurem Lehn,Dazu hab ich noch manchen: | so kann es wohl geschehn,Daß wir euch mit Ehren | bringen überrhein,Ich laß euch nun nicht länger | hier bei den Burgunden sein. |
1312 | «Fünfhundert Mannen hab ich | und der Freunde mein:Die sollen euch zu Diensten | hier und bei Etzeln sein,Was ihr auch gebietet; | ich selber steh euch beiUnd willmichs nimmer schämen,|mahnt ihr michkünftig meinerTreu. |
1313 | «Eure Pferdedecken | haltet euch bereit;Was Rüdiger gerathen hat, | wird euch nimmer leid.Und sagt es euern Mägdlein, | die ihr euch gesellt,Uns begegnet unterwegs | mancher auserwählte Held.» |
1314 | Sie hatten noch Geschmeide, | das sie zu Siegfrieds ZeitBeim Reiten getragen, | daß sie mit mancher MaidMit Ehren reisen mochte, | so sie wollt hindann.Hei! was man guter Sättel | den schönen Frauen gewann! |
1315 | Hatten sie schon immer | getragen reich Gewand,So wurde des zur Reise | die Fülle nun zur Hand,Weil ihnen von dem König | so viel gepriesen ward;Sie schloßen auf die Kisten, | so lang versperrt und gespart. |
1316 | Sie waren sehr geschäftig | wohl fünftehalben TagUnd suchten aus dem Einschlag, | so viel darinne lag.Ihre Kammer zu erschließen | hub da Kriemhild an,Sie Alle reich zu machen, | Die Rüdigern unterthan. |
1317 | Sie hatte noch des Goldes | von Nibelungenland:Das sollte bei den Heunen | vertheilen ihre Hand.Sechshundert Mäule mochten | es nicht von dannen tragen.Die Märe hörte Hagen | da von Kriemhilden sagen. |
1318 | Er sprach: «Mir wird Kriemhild | doch nimmer wieder hold:So muß auch hier verbleiben | Siegfriedens Gold.Wie ließ' ich meinen Feinden | wohl so großes Gut?Ich weiß gar wohl, was Kriemhild | noch mit diesem Schatze thut. |
1319 | «Brächte sie ihn von hinnen, | ich glaube sicherlich,Sie würd ihn nur vertheilen, | zu werben wider mich.Sie hat auch nicht die Rosse, | um ihn hinwegzutragen:Behalten will ihn Hagen, | das soll man Kriemhilden sagen.» |
1320 | Als sie vernahm die Märe, | das schuf ihr grimme Pein.Es ward auch den Königen | gemeldet allen drein:Sie gedachten es zu wenden. | Als das nicht geschah,Rüdiger der edle | sprach mit frohem Muthe da: |
1321 | «Reiche Königstochter, | was klagt ihr um das Gold?Euch ist König Etzel | so zugethan und hold,Ersehn euch seine Augen, | er giebt euch solchen Hort,Daß ihr ihn nie verschwendet; | das verbürgt euch, Frau, mein Wort.» |
1322 | Da sprach zu ihm die Königin: | «Viel edler Rüdiger,Nie gewann der Schätze | eine Königstochter mehrAls die, deren Hagen | mich ohne hat gethan.»Da kam ihr Bruder Gernot | zu ihrer Kammer heran. |
1323 | Mit des Königs Macht den Schlüßel | stieß er in die Thür.Kriemhildens Schätze | reichte man herfür,An dreißigtausend Marken | oder wohl noch mehr,Daß es die Gäste nähmen: | des freute Gunther sich sehr. |
1324 | Da sprach von Bechelaren | der Gotelinde Mann:«Und gehörten all die Schätze | noch Kriemhilden an,Die man jemals brachte | von Nibelungenland,Nicht berühren sollt es | mein noch der Königin Hand. |
1325 | «Heißt es aufbewahren, | da ichs nicht haben will.Ich bracht aus unserm Lande | des Meinen her so viel,Wir mögens unterweges | entrathen wohl mit Fug:Wir haben zu der Reise | genug und übergenug.» |
1326 | Zwölf Schreine hatten | noch ihre MägdeleinDes allerbesten Goldes, | das irgend mochte sein,Bewahrt aus alten Zeiten: | das nun verladen wardUnd viel der Frauenzierde, | die sie brauchten auf der Fahrt. |
1327 | Die Macht des grimmen Hagen | bedauchte sie zu stark.Des Opfergoldes hatte | sie wohl noch tausend Mark:Das gab sie für die Seele | von ihrem lieben Mann.Das dauchte Rüdigeren | mit großen Treuen gethan. |
1328 | Da sprach die arme Königin: | «Wo sind die Freunde mein,Die da mir zu Liebe | im Elend wollen seinUnd mit mir reiten sollen | in König Etzels Land?Die nehmen meines Goldes | und kaufen Ross' und Gewand.» |
1329 | Alsbald gab ihr Antwort | der Markgraf Eckewart:«Seit ich als Ingesinde | euch zugewiesen ward,Hab ich euch stäts getreulich | gedient,» sprach der Degen,«Und will bis an mein Ende | des Gleichen immer bei euch pflegen. |
1330 | «Ich führ auch mit der Meinen | fünfhundert Mann,Die biet ich euch zu Dienste | mit rechten Treuen an.Wir bleiben ungeschieden, | es thu es denn der Tod.»Der Rede dankt' ihm Kriemhild, | da ers so wohl ihr erbot. |
1331 | Da brachte man die Rosse: | sie wollten aus dem Land.Wohl huben an zu weinen | die Freunde all zur Hand.Ute die reiche | und manche schöne MaidBezeigten, wie sie trugen | um Kriemhilden Herzeleid. |
1332 | Hundert schöner Mägdelein | führte sie aus dem Land;Die wurden wohl gekleidet, | jede nach ihrem Stand.Aus lichten Augen fielen, | die Thränen ihnen nieder;Manche Freud erlebten | sie auch bei König Etzel wieder. |
1333 | Da kam der junge Geiselher | und König Gernot,Mit ihrem Heergesinde, | wie es die Zucht gebot:Die liebe Schwester wollten sie | begleiten durch das Land;Sie hatten im Gefolge | wohl tausend Degen auserkannt. |
1334 | Da kam der schnelle Gere | und auch Ortewein;Rumold der Küchenmeister | der ließ sie nicht allein.Sie schufen Nachtlager | der Frauen auf den Wegen:Als Marschall sollte Volker | ihrer Herberge pflegen. |
1335 | Bei Abschiedsküssen hatte | man Weinen viel vernommen,Eh sie zu Felde waren | von der Burg gekommen.Ungebeten gaben Viele | Geleit ihr durch das Land.Vor der Stadt schon hatte | sich König Gunther gewandt. |
1336 | Eh sie vom Rheine führen, | hatten sie vorgesandtIhre schnellen Boten | in der Heunen Land,Dem Könige zu melden, | daß ihm RüdigerZum Gemahl geworben | die edle Königin hehr. |
1337 | Die Boten fuhren schnelle: | Eil war ihnen NothUm die große Ehre | und das reiche Botenbrot.Als sie mit ihren Mären | waren heimgekommen,Da hatte König Etzel | so Liebes selten vernommen. |
1338 | Der frohen Kunde willen | ließ der König gebenDen Boten solche Gaben, | daß sie wohl mochten lebenImmerdar in Freuden | hernach bis an den Tod:Mit Wonne war verschwunden | des Königs Kummer und Noth. |