BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Novalis

1772 - 1801

 

Gedichte

 

Letzte Gedichte (1799-1800)

 

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21. ["Quo me, Bacche . . ."]

22. [An die Schwester Karoline im Namen der Mutter] [1793]

23. Zur Weinlese

24. Das Gedicht

25. An Tieck

26. [Es färbte sich die Wiese grün]

27. [Der Himmel war umzogen]

28. An Dora [Stock]

29. An Julien

30. [Verse aus dem Tagebuch vom 27. Juli 1800]

31. [Alle Menschen seh ich leben]

32. [An Karl von Hardenberg]

 

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[Der Himmel war umzogen]

 

Der Himmel war umzogen,

Es war so trüb' und schwühl,

Heiß kam der Wind geflogen

Und trieb sein seltsam Spiel.

 

5

Ich schlich in tiefen Sinnen,

Von stillem Gram verzehrt –

Was sollt ich nun beginnen?

Mein Wunsch blieb unerhört.

 

<Ach! könnte sie sich fassen,

10

Mein Bild nur von sich thun,

So gieng ich bald gelassen

Im stillen Hof zu ruhn.>

 

Wenn Menschen könnten leben

Wie kleine Vögelein

15

So wollt ich zu ihr schweben

Und fröhlich mit ihr seyn.

 

Wär hier nichts mehr zu finden,

Wär Feld und Staude leer,

So flögen, gleich den Winden

20

Wir übers dunkle Meer.

 

Wir blieben bey dem Lenze

Und von dem Winter weit

Wir hätten Frücht' und Kränze

Und immer gute Zeit.

 

25

Die Myrrthe sproßt im Tritte

Der Wohlfahrt leicht hervor

Doch um des Elends Hütte

Schießt Unkraut nur empor.

 

Mir war so bang zu Muthe

30

Da sprang ein Kind heran,

Schwang fröhlich eine Ruthe

Und sah mich freundlich an.

 

Warum mußt du dich grämen?

O! weine doch nicht so,

35

Kannst meine Gerte nehmen,

Dann wirst du wieder froh.

 

Ich nahm sie und es hüpfte

Mit Freuden wieder fort

Und stille Rührung knüpfte

40

Sich an des Kindes Wort.

 

Wie ich so bey mir dachte,

Was soll die Rute dir?

Schwankt aus den Büschen sachte

Ein grüner Glanz zu mir.

 

45

Die Königinn der Schlangen

Schlich durch die Dämmerung.

Sie schien gleich goldnen Spangen,

In wunderbarem Prunk.

 

Ihr Krönchen sah ich funkeln

50

Mit bunten Strahlen weit,

Und alles war im Dunkeln

Mit grünem Gold bestreut.

 

Ich nahte mich ihr leise

Und traf sie mit dem Zweig,

55

So wunderbarer Weise

Ward ich unsäglich reich.