Eduard Mörike
1804 - 1875
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Mozart auf der Reise nach Prag
Erstdruck im «Morgenblatt»
1855
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Morgenblattfür gebildete Leser.Nr. 30. 22. Juli 1855.―――――――
Wenn Mozart, statt stets für seine Freunde offne Tafel und Börse zu haben, sich eine wohlverschlossene Sparbüchse gehalten hätte, wenn er mit seinen Vertrauten im Tone eines Predigers auf der Kanzel gesprochen, wenn er nur Wasser getrunken und keiner Frau außer der seinigen den Hof gemacht hätte, so würde er sich besser befunden haben und die Seinigen ebenfalls. Wer zweifelt daran? Allein von diesem Philister hätte man wohl keinen Don Juan erwarten dürfen, ein so vortrefflicher Familienvater er auch gewesen wäre.» Oulibicheff.*)
*) Zitat aus der Mozart-Biographie Alexander Oulibicheffs, das Mörike der ersten Folge seiner Novelle im «Morgenblatt» vorangestellt hat. (Alexander Ulybyschew: Nouvelle biographie de Mozart, Moskau 1843; deutsche Übersetzung: Mozart's Leben, Stuttgart 1847).
Morgenblattfür gebildete Leser.Nr. 31. 29. Juli 1855.―――――――
Lasset heut' am edlen OrtErnst und Lust sich mischen,Geist an Herzen, Ton am WortFeierlichst erfrischen.Froh genießet eurer Lage;Denn man sezt nicht alle TageSich zu solchen Tischen.Goethe.*)
*) Zitat aus Goethes Tischlied zu Zelters siebzigstem Geburtstag (1828), das Mörike der zweiten Folge seiner Novelle im «Morgenblatt» vorangestellt hat.
Morgenblattfür gebildete Leser.Nr. 32. 8. August 1855.―――――――
Theseus:The poet's eye, in fine frenzy rolling,Doth glance from heaven to earth, from earth to heaven;And, as imagination bodiesThe forms of things unknown, the poet'sTurns them to shapes and gives to airyA local habitation and a name.Shakespeare.*)
*) Zitat aus Shakespeares Sommernachtstraum, 5. Akt, 1. Szene, das Mörike der dritten Folge seiner Novelle im «Morgenblatt» vorangestellt hat.
Dulce est desipere in loco.Horaz.*)
*) Zitat aus dem vierten Buch der Oden des Horaz, Carm. 12, v. 28, das Mörike der dritten Folge seiner Novelle im «Morgenblatt» vorangestellt hat.
Morgenblattfür gebildete Leser.Nr. 33. 12. August 1855.―――――――
Leicht entzündbare Sinne und ein philosophischer Geist, ein von Zärtlichkeit überfließendes Herz und ein für den Calcul wunderbar organisirter Kopf; auf einer Seite Hang zum Vergnügen, eine Mannigfaltigkeit von Liebhabereien und Neigungen, welche ein sanguinisches Temperament charakterisiren, auf der andern Seite diese Tyrannei einer ausschließlichen Leidenschaft, diese todbringende Uebertreibung der geistigen Arbeit, welches die Attribute der melancholischen Temperamente sind – dieser Art ungefähr war Mozart, der unerklärbare Mensch, weil er der Universalmusiker war, der in allem andern als in seiner Kunst sich als der lebendige Widerspruch und die personificirte Schwäche zeigte.Oulibicheff.*)
*) Zitat aus der Mozart-Biographie Alexander Oulibicheffs, das Mörike der vierten Folge seiner Novelle im «Morgenblatt» vorangestellt hat. (Alexander Ulybyschew: Nouvelle biographie de Mozart, Moskau 1843; deutsche Übersetzung: Mozart's Leben, Stuttgart 1847). |