Friedrich Hölderlin
1770 - 1843
Gedichtein chronologischer Folge
1792
Textgrundlage:Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 1,1Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Kohlhammer, 1947
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Hymnean die Freiheit
Wonne säng' ich an des Orkus Thoren,Und die Schatten lehrt' ich Trunkenheit,Denn ich sah', vor tausenden erkohren,Meiner Göttin ganze Göttlichkeit;Wie nach dumpfer Nacht im PurpurscheineDer Pilote seinen Ozean,Wie die Seeligen Elysens Haine,Staun' ich dich geliebtes Wunder! an.
Ehrerbietig senken ihre Flügel,Ihres Raubs vergessen, Falk und Aar,Und getreu dem diamantnen ZügelSchritt vor ihr ein trozig Löwenpaar;Jugendliche wilde Ströme standen,Wie mein Herz, vor banger Wonne stumm;Selbst die kühnen Boreasse schwanden,Und die Erde ward zum Heiligtum.
Ha! zum Lohne treuer HuldigungenBot die Königin die Rechte mir,Und von zauberischer Kraft durchdrungenJauchzte Sinn und Herz verschönert ihr;Was sie sprach, die Richterin der Kronen,Ewig tönts in dieser Seele nach,Ewig in der Schöpfung Regionen –Hört, o Geister, was die Mutter sprach!
«Taumelnd in des alten Chaos Woogen,Froh und wild, wie Evans Priesterin,Von der Jugend küner Lust betrogen,Nannt' ich mich der Freiheit Königin;Doch es winkte der VernichtungsstundeZügelloser Elemente Streit;Da berief zu brüderlichem BundeMein Gesez die Unermeßlichkeit.»
«Mein Gesez, es tödtet zartes Leben,Künen Muth, und bunte Freude nicht,Jedem ward der Liebe Recht gegeben,Jedes übt der Liebe süße Pflicht;Froh und stolz im ungestörten GangeWandelt Riesenkraft die weite Bahn,Sicher schmiegt in süßem LiebesdrangeSchwächeres der großen Welt sich an.»
«Kann ein Riese meinen Aar entmannen?Hält ein Gott die stolzen Donner auf?Kann Tyrannenspruch die Meere bannen?Hemmt Tyrannenspruch der Sterne Lauf? –Unentweiht von selbsterwählten Gözen,Unzerbrüchlich ihrem Bunde treu,Treu der Liebe seeligen Gesezen,Lebt die Welt ihr heilig Leben frei.»
«Mit gerechter Herrlichkeit zufriedenFlammt Orions helle Rüstung nieAuf die brüderlichen Tyndariden,Selbst der Löwe grüßt in Liebe sie;Froh des Götterlooses, zu erfreuen,Lächelt Helios in süßer RuhJunges Leben, üppiges GedeihenDem geliebten Erdenrunde zu.»
Unentweiht von selbsterwählten Gözen,Unzerbrüchlich ihrem Bunde treu,Treu der Liebe seeligen Gesezen,Lebt die Welt ihr heilig Leben frei;Einer, Einer nur ist abgefallen,Ist gezeichnet mit der Hölle Schmach;Stark genug, die schönste Bahn zu wallen,Kriecht der Mensch am trägen Joche nach.
Ach! er war das göttlichste der Wesen,Zürn' ihm nicht, getreuere Natur!Wunderbar und herrlich zu genesenTrägt er noch der Heldenstärke Spur; –Eil, o eile, neue Schöpfungsstunde,Lächle nieder, süße güldne Zeit!Und im schöner'n, unverlezten Bunde,Feire dich die Unermeßlichkeit.
Nun, o Brüder! wird die Stunde säumen?Brüder! um der tausend Jammernden,Um der Enkel, die der Schande keimen,Um der königlichen Hofnungen,Um der Güter, so die Seele füllen,Um der angestammten Göttermacht,Brüder ach! um unsrer Liebe willenKönige der Endlichkeit, erwacht! –
Gott der Zeiten! in der Schwüle fächelnKühlend deine Tröstungen uns an;Süße rosige Gesichte lächelnUns so gern auf öder Dornenbahn;Wenn der Schatten väterlicher Ehre,Wenn der Freiheit lezter Rest zerfällt,Weint mein Herz der Trennung bittre ZähreUnd entflieht in seine schön're Welt.
Was zum Raube sich die Zeit erkohren,Morgen steht's in neuer Blüthe da;Aus Zerstörung wird der Lenz gebohren,Aus den Fluthen steigt Urania;Wenn ihr Haupt die blaichen Sterne neigen,Stralt Hyperion im Heldenlauf –Modert, Knechte! freie Tage steigenLächelnd über euern Gräbern auf.
Lange war zu Minos ernsten HallenWeinend die Gerechtigkeit entfloh'n –Sieh! in mütterlichem WohlgefallenKüßt sie nun den treuen Erdensohn;Ha! der göttlichen Catone ManenTriumphiren in Elysium,Zahllos weh'n der Tugend stolze Fahnen,Heere lohnt des Ruhmes Heiligtum.
Aus der guten Götter Schoose reegnetTrägem Stolze nimmermehr Gewinn,Ceres heilige Gefilde seegnetFreundlicher die braune Schnitterin,Lauter tönt am heißen Rebenhügel,Muthiger des Winzers Jubelruf,Unentheiligt von der Sorge FlügelBlüht und lächelt, was die Freude schuf.
Aus den Himmeln steigt die Liebe nieder,Männermuth, und hoher Sinn gedeiht,Und du bringst die Göttertage wieder,Kind der Einfalt! süße Trauligkeit!Treue gilt! und Freundesretter fallen,Majestätisch, wie die Ceder fällt,Und des Vaterlandes Rächer wallenIm Triumphe nach der bessern Welt.
Lange schon vom engen Haus umschlossen,Schlummre dann im Frieden mein Gebein! –Hab' ich doch der Hofnung Kelch genossen,Mich gelabt am holden Dämmerschein!Ha! und dort in wolkenloser Ferne,Winkt auch mir der Freiheit heilig Ziel!Dort, mit euch, ihr königlichen Sterne,Klinge festlicher mein Saitenspiel! |