Friedrich Hölderlin
1770 - 1843
Gedichtein chronologischer Folge
1789
Textgrundlage:Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 1, Gedichte bis 1800Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Cotta, 1946
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An Thills Grab
Der Leichenreihen wandelte still hinan,Und Fakelnschimmer schien' auf des Theuren Sarg,Und du, geliebte gute Mutter!Schautest entseelt aus der Jammerhütte,
Als ich ein schwacher stammelnder Knabe noch,O Vater! lieber Seeliger! dich verlohr,Da fühlt' ichs nicht, was du mir warst, dochMißte dich bald der verlaßne Waise.
So weint' ich leisen Knabengefühles schon,Der Wehmuth Träne über dein traurig Loos,Doch jezt, o Thill! jezt fühl' ichs ernster,Schmerzender jezt über deinem Hügel,
Was hier im Grab den Redlichen SueviasVerwest, den himmelnahenden Einsamen.Und, o mein Thill! du ließst sie Waisen?Eiltest so frühe dahin, du guter?
Ihr stille Schatten seines Holunderbaums!Verbergt mich, daß kein Spötter die Tränen siehtUnd lacht, wann ich geschmiegt an seinenHügel die bebenden Wangen trokne.
O wohl dir! wohl dir, guter! du schläfst so sanftIm stillen Schatten deines Holunderbaums.Dein Monument ist er, und deineLieder bewahren des Dorfes Greisen.
O daß auch mich dein Hügel umschattete,Und Hand in Hand wir schliefen, bis Erndte wird,Da schielten keine Vorurteile,Lachte kein Affe des stillen Pilgers.
O Thill! Ich zage, denn er ist dornenvoll,Und noch so fern der Pfad zur Vollkommenheit;Die Starken beugen ja ihr Haupt, wieMag ihn erkämpfen der schwache Jüngling?
Doch nein! ich wag's! es streitet zur Seite jaEin felsentreuer, muthiger Bruder mir.O freut euch, seelige Gebeine!Über dem Nahmen! Es ist – mein Neufer. |