BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Friedrich Hölderlin

1770 - 1843

 

Gedichte

in chronologischer Folge

 

1787

 

Textgrundlage:

Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 1, Gedichte bis 1800

Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Cotta, 1946

 

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Klagen

An Stella

 

Stella! ach! wir leiden viel! wann nur das Grab –

Komme! komme kühles Grab! nimm uns beide!

Siehe Stellas Tränen, komme

Kühles ruhiges Grab.

 

O ihr Menschen! o so gerne wollt' ich euch

Alle lieben, warm und treu! oh ihr Menschen

Sehet diese Stella haßt ihr!

Gott vergebe es euch!

 

Reißt sie nur hinweg von mir! Quäler! ihr!

Ich will schweigen – Gott – Gott wird reden

Lebe wohl – ich sterbe bald – O

Stella! Stella vergiß mich.

 

Viele Wonnenaugenblike gabst du mir –

Vater, Vater! bebt' ich oft auf zum Ewgen

Sieh' ich liebe sie so rein dein Auge

Vater sieht ja mein Herz.

 

Stella! weinen werd' ich bis ans Grab um dich

Weinen, Stella, du um mich – weinen! aber

Am Gerichtstag will ichs sagen

Vorm versammelten Erdkreis:

 

Diese sinds, die Stella quälten – aber nein!

Gott im Himmel! nein! vergieb diesen Quälern

Laß mich sterben – oder tragen

Diese Leiden – mein Gott.