Friedrich Hölderlin
1770 - 1843
Gedichtein chronologischer Folge
1785
Textgrundlage:Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 1, Gedichte bis 1800Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Cotta, 1946
|
|
______________________________________________________________________________
|
|
Alexanders Redean seine Soldaten bei Issus
[In der «Historia Alexandri Magni» des Curtius Rufus wird über diese Rede nur kursorisch berichtet (vgl. Q. Curtius Rufus, lib. III, 10, 3-10). Es handelt sich also um ein eigenständige Arbeit Hölderlins und nicht um eine Übersetzung, wie die Frankfurter Hölderlin-Ausgabe annimmt. (U.H.)]
Erhaben glänzend sieht, und wie ein GottAuf seine Schaaren Alexander hin,Wo jeder Spieß dem weit zerstreuten FeindVereint durch gleichen Muth die Flucht empfiehlt.Sein scharfer Heldenblik belebt das Heer,Das jede drohende Gefahr vergißt.Sein rasches Pferd, das Siegesfreude schnaubt,Trägt ihn durch ihre Glieder; dan spricht er:Ihr Macedonier, ihr deren MuthAthen einst, das an Tapferkeit euch glich,Unwissend schwacher Flucht, bezwang:O tapfre Krieger, die ihr Philipps ThronBevestigtet, um auch mir treu zu seyn!Es hob sich euer Schwerdt, ihr wart nicht mehrMit dichten Mauren, voll von Todt, umringt.Erst fiel Böotien; die stärkste StadtDaraus (stark war der Mauren Wehr)Auch sie fiel gänzlich unter euren Fuß. –Und, Krieger, wie begierig waret ihrWeit von dem Hellespont im OrientEuch Siege zu bereiten; muthig flogDie Zierde meines Reichs mir zu, um treuKein Schwerdt des Kriegs, und nicht Gefahr zu scheun.Und nun, ihr tapfre Macedonier,Hier ist der Sieg, hier eures Muths Triumph –Der Sieg, der schon aus euren Augen blikt,Wird des Tyrannen hartes Sclavenjoch,Womit er all diß Volk despotisch plagt,Zerreißen, und ihr, Freunde, werdet seynUnd jedes Nahme, wie einst Hercules.Seht, wie ein jedes Volk euch Sieger nennt,Wie es gehorsam euern Arm verehrt,Der keine Fesseln braucht; ein jeder dientEuch willig. – Kinder, glaubts, kein Thracien,Kein steinigtes Illyrien wird's seyn,Nein! Bactra, und das schöne Indien,Des Ganges Fluren sind der Sieger Siz:Da ist der Lohn der Sieger Überfluß.O! Helden! seht, wie euer schöner Sieg,Wie er zu glänzen angefangen hat:Seht euer Rüken, nie von Flucht beflekt,Hat lauter Ruhmstrophäen hinter sich.Und du, muthvolle Schaar von Griechenland,Du wirst zu deinen Füßen ausgestrektDie Schößlinge von Xerxes ÜbermuthUnd all die grausame Verwüster sehn.Dein Vaterland, dein Wonsiz – war er dein?Wem war die Quelle deines Wanderers,Wem deine Saat? – war sie des Schweißes Lohn,Den ihrer Mutter Bau dich kostete? –Sie sinds, durch ihre Menge fiel dein Volk;Der Götter Hallen, welche du verehrst,Und deren Heiligkeit nur sonst der RaubZum Schauer anderer antastete,Die lagen da, verheert, von Blut besprizt,Und von der Asche deiner Stadt bedekt.Ihr, Söhne Thraciens, ihr deren HandNur tapfre Waffen eures Sieges kennt,Seht, wie der Feind von Gold belastet ist,Euch, Brüder, ziert es besser, denen's nichtDie Weichlichkeit als Sclaven geben wird,Euch mahnts an euern Muth, an euren Sieg.Geht, raubt den Memmen ihre Last, ihr Gold,Bewohnt statt eurer nakten Hügel EisUnd alt bemooste Felsen, eures FeindsVergnügenvoller Fluren Fruchtbarkeit. |