Friedrich Hölderlin
1770 - 1843
Gedichtein chronologischer Folge
1803
Textgrundlage:Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 2, Gedichte nach 1800Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Cotta, 1953
|
|
______________________________________________________________________________
|
|
Andenken
Der Nordost wehet,Der liebste unter den WindenMir, weil er feurigen GeistUnd gute Fahrt verheißet den Schiffern.Geh aber nun und grüßeDie schöne Garonne,Und die Gärten von BourdeauxDort, wo am scharfen UferHingehet der Steg und in den StromTief fällt der Bach, darüber aberHinschauet ein edel PaarVon Eichen und Silberpappeln;
Noch denket das mir wohl und wieDie breiten Gipfel neigetDer Ulmwald, über die Mühl',Im Hofe aber wächset ein Feigenbaum.An Feiertagen gehnDie braunen Frauen daselbstAuf seidnen Boden,Zur Märzenzeit,Wenn gleich ist Nacht und Tag,Und über langsamen Stegen,Von goldenen Träumen schwer,Einwiegende Lüfte ziehen.
Es reiche aber,Des dunkeln Lichtes voll,Mir einer den duftenden Becher,Damit ich ruhen möge; denn süßWär' unter Schatten der Schlummer.Nicht ist es gut,Seellos von sterblichenGedanken zu seyn. Doch gutIst ein Gespräch und zu sagenDes Herzens Meinung, zu hören vielVon Tagen der Lieb',Und Thaten, welche geschehen.
Wo aber sind die Freunde? BellarminMit dem Gefährten? MancherTrägt Scheue, an die Quelle zu gehn;Es beginnet nemlich der ReichtumIm Meere. Sie,Wie Mahler, bringen zusammenDas Schöne der Erd' und verschmähnDen geflügelten Krieg nicht, undZu wohnen einsam, jahrlang, unterDem entlaubten Mast, wo nicht die Nacht durchglänzenDie Feiertage der Stadt,Und Saitenspiel und eingeborener Tanz nicht.
Nun aber sind zu IndiernDie Männer gegangen,Dort an der luftigen Spiz'An Traubenbergen, wo herabDie Dordogne kommt,Und zusammen mit der prächt'genGaronne meerbreitAusgehet der Strom. Es nehmet aberUnd giebt Gedächtniß die See,Und die Lieb' auch heftet fleißig die Augen,Was bleibet aber, stiften die Dichter. |