Friedrich Hölderlin
1770 - 1843
Gedichtein chronologischer Folge
1801
Textgrundlage:Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 2, Gedichte nach 1800Hrsg. von Friedrich Beißner, Stuttgart: Cotta, 1953
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Heidelberg
Lange lieb ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust,Mutter nennen und dir schenken ein kunstlos Lied,Du der VaterlandsstädteLändlichschönste, so viel ich sah.
Wie der Vogel des Walds über die Gipfel fliegt,Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänztLeicht und kräftig die BrükeDie von Wagen und Menschen tönt.
Wie von Göttern gesandt, fesselt ein Zauber einstAuf der Brüke mich an, da ich vorüber giengUnd herein in die BergeMir die reizende Ferne schien,
Und der Jüngling, der Strom, fort in die Ebne zogTraurigfroh, wie das Herz, wenn es, sich selbst zu schönLiebend unterzugehenIn die Fluthen der Zeit sich wirft.
Quellen hattest du ihm, hattest dem FlüchtigenKühle Schatten geschenkt, und die Gestade sahnAll' ihm nach, und es bebteAus den Wellen ihr lieblich Bild.
Aber schwer in das Thal hieng die gigantischeSchiksaalskundige Burg nieder bis auf den Grund,Von den Wettern zerrissen;Doch die ewige Sonne goß
Ihr verjüngendes Licht über das alterndeRiesenbild, und umher grünte lebendigerEpheu; freundliche WälderRauschten über die Burg herab.
Sträuche blühten herab, bis wo im heitern Thal,An den Hügel gelehnt, oder dem Ufer hold,Deine fröhlichen GassenUnter duftenden Gärten ruhn. |